Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie werden meine Rede wahrscheinlich etwas weniger euphorisch in die eine wie in die andere Richtung finden als die des Kollegen Koch.
Wir beraten - das hat der Kollege angesprochen heute den ersten Nachtrag zum Haushalt 2009/2010, damit das Konjunkturpaket II des Bundes in Schleswig-Holstein möglichst zeitnah umgesetzt werden kann. Das zugrunde liegende Gesetz sagt im Titel bereits aus, worum es bei den Maßnahmen geht, nämlich um die Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in dieser Krise, die uns vor eine ganz besondere Verantwortung stellt.
Nach wie vor hat die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen für uns einen herausragenden Wert. Aber wir befinden uns im Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit antizyklisch wirkender Impulse in der Krise und der Verantwortung für eine nachhaltige Haushaltspolitik. Der Landesanteil des Programms wird - das ist richtig - aus Rücklagen finanziert. Das klingt erst einmal gut, das bedeutet aber insbesondere, dass der Puffer für zukünftige Einnahmenausfälle kleiner wird. Hiermit werden wir uns zu gegebener Zeit auseinanderzusetzen haben, wenn im Mai die regionalisierten Steuerschätzungen vorliegen.
Man mag einige Programmpunkte kritisch bewerten - das tue ich auch - vor allem hinsichtlich ihrer Effekte und Nachhaltigkeit. Es handelt sich aber bei dem, was uns heute betrifft, um ein Bündel von Maßnahmen, von denen vorher zwar niemand mit Sicherheit sagen kann, in welchem Umfang sie wirken werden, wichtig ist aber, dass sie mit einem
breiten Förderspektrum in verschiedene Bereiche einwirken, was in Schleswig-Holstein zum Beispiel durch die Einbeziehung der Städtebauförderung gelungen ist. Ich glaube, das ist eine gute Maßnahme, dass wir so verfahren sind.
Mit den eingesetzten Mitteln werden Arbeitsplätze in den kleinen und mittleren Unternehmen in Schleswig-Holstein gesichert. Deshalb ist es auch richtig, dass ein Großteil der damit ausgelösten zusätzlichen Investitionen von den Kommunen verantwortet wird. Hier liegt dann auch eine ganz besondere Verantwortung vor Ort, nämlich tatsächlich auch das heimische Handwerk mit diesen Aufträgen zu betrauen. Da bin ich aber zuversichtlich. Die Gespräche zwischen dem Handwerk und den Kommunen laufen und sind auf einem guten Weg und werden auch von Seiten des Handwerks insgesamt sehr positiv bewertet.
Auch wenn mit diesem Programm Summen bewegt werden, die bis vor Kurzem noch unvorstellbar waren, können damit nicht alle Wünsche erfüllt werden. Das zeigen die Anmeldungen schon jetzt. Den Eindruck sollten wir auch nicht erwecken. Deshalb gibt es natürlich ein Auswahlverfahren. Wichtig ist, dass die einzelnen Programmteile in Auswahl und Vergabe schnell und unkompliziert bearbeitet werden. Die Richtlinienentwürfe orientieren sich an bestehenden Verfahren. Sie sind in den Verwaltungen bekannt. Von daher wissen die Leute, was auf sie zukommt, und das deutet auch darauf hin, dass schnell abgearbeitet werden kann. 2009 soll die Hälfte der Mittel Verwendung finden, bis 2011 müssen sie komplett abgeflossen sein. Das wird für alle Beteiligten eine ganz enorme Herausforderung werden.
Gleichzeitig müssen die Länder gegenüber dem Bund den Nachweis über die zweckentsprechende Verwendung erbringen. Im Entwurf der Landesregierung waren drei zusätzliche Stellen für das Controlling vorgesehen. Wir sind der Auffassung, dass dies aus dem bestehenden Personal dargestellt werden muss. Ein entsprechender Änderungsantrag wurde im Finanzausschuss einstimmig angenommen.
Ich will noch kurz auf einen Änderungsantrag eingehen, den wir heute leider sehr kurzfristig vorgelegt haben, den wir gern im Nachtrag unterbringen wollen. Vor einigen Tagen hat ein Gespräch zwischen Staatskanzlei und Landesrechnungshof stattgefunden, in dem deutlich wurde, dass die Garantien für die Kulturbetriebe des Landes aufgrund rechtlicher Voraussetzungen für einige Einrichtungen nicht gültig sind, für die diese Garantien aus
Wir würden den Antrag heute gern ins Verfahren einbringen, um sicherzustellen, dass diese Garantien auch von diesen Einrichtungen in Anspruch genommen werden können. Dies könnten wir natürlich auch in einem späteren Nachtrag machen. Sollte aber in der Zwischenzeit ein Garantiefall eintreten, was in den vergangenen zwanzig Jahren nicht passiert ist, wäre dies ausgesprochen unglücklich. Daher bitte ich um Zustimmung, auch wenn dieser Antrag heute sehr kurzfristig vorgelegt worden ist.
Für die Fraktion der FDP erteile ich dem Herrn Oppositionsführer, dem Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kubicki, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Rede des Kollegen Koch muss man befürchten, dass vor Plenartagungen morgens in der CDU-Fraktion Drogen verteilt werden. Wenn Sie erläutern, wir sollten unserer staatstragenden Verantwortung gerecht werden und uns darüber freuen, dass jetzt durch die Mithilfe des Bundes der Investitionsstau in Schleswig-Holstein aufgelöst werde, bitte ich Sie zu erklären, wie viele Weltwirtschaftskrisen wir noch brauchen, damit der Investitionsstau, der im Lande besteht, aufgelöst wird.
Ich bitte Sie, die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern und damit auch zur Kenntnis zu nehmen, dass all diese wunderbaren Erklärungen, die Sie abgegeben haben, bedauerlicherweise durch dieses Programm nicht umgesetzt werden können; denn es muss sich hierbei um zusätzliche Investitionen handeln, Herr Kollege Koch. Außerdem sind sie nur in ganz bestimmten Bereichen vorzunehmen. Wir sind sehr gespannt darauf, welche Auswirkungen von den Verwaltungsvorschriften im Land und von der Verteilung der Mittel ausgehen.
Herr Kollege Koch, die Gießkannenausschüttung pro Kopf wird dazu führen, dass bei den Kreisen und Gemeinden nicht die Effekte entstehen, die Sie sich wünschen, weil die Mittel teilweise nicht ausreichen, um die entsprechenden Projekte zu finanzieren, und weil außerdem Projekte in den Kommunen teilweise gar nicht vorhanden sind, um
48 Tage war das Haushaltsjahr 2009 alt, da legte am 17. Februar die Landesregierung ihren Gesetzentwurf über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan für die Jahre 2009 und 2010 vor. 137 Seiten stark ist der Nachtragshaushalt der Regierung. Doch wer substanzielle Änderungen an der Haushaltspolitik oder eine haushaltspolitische Reaktion auf die weltweite Rezession sucht, der findet allerdings nichts. Das Einzige, was die Landesregierung macht, ist, das Konjunkturpaket II der Bundesregierung haushalterisch umzusetzen. Dafür schafft sie nebenbei auch noch fünf neue Stellen, davon drei eigenfinanziert.
Ich erinnere mich an große Debatten über die Tatsache, dass wir entbürokratisieren wollen, dass wir Planstellen einsparen wollen, dass es ein Personalentwicklungskonzept gibt. Jetzt wird uns gesagt, dass wir dieses Programm der Bundesregierung nur umsetzen können, wenn drei zusätzliche Stellen geschaffen werden. Die Regierung ist nicht mehr in der Lage, aus ihrem bestehenden Bestand heraus für eine Übergangszeit drei Personen aus den verschiedenen Ministerien umzusetzen, um das Projekt abzuwickeln.
Gnade uns Gott, dass der Bund nicht auf die Idee kommt, uns weitere Auflagen aufzuerlegen; denn dann würden sich die Überlegungen der Union, zu Personaleinsparungen zu kommen, in Luft auflösen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer die dringend notwenigen Änderungen, zum Beispiel die Auswirkungen der weltweiten Rezession auf die Steuereinnahmen, sucht, der sucht leider wieder vergeblich. Denn weiterhin nimmt die Landesregierung an, dass in den beiden kommenden Jahren erhebliche Mehreinnahmen zu verzeichnen sind. Im Haushaltsjahr 2010 sollen die Einnahmen aus Steuern und Abgaben im Vergleich zum Referenzjahr 2008 weiterhin um 20 % höher liegen, und das, obwohl jeden Tag eine neue Horrormeldung über das Zusammenbrechen eines Wirtschaftszweiges auf uns niedergeht.
Nach den Ausführungen von Herrn Boss vom Institut für Weltwirtschaft können wir uns darauf einrichten, dass wir im laufenden Jahr zwischen 500 Millionen € und 700 Millionen € weniger Einnahmen in Schleswig-Holstein zu verzeichnen haben. Der Nachtragshaushalt, über den wir heute
Der Nachtragshaushalt baut auf einem Wirtschaftswachstum von 2 % für 2009 auf. Nur einmal zur Erinnerung: Nach der aktuellen Prognose des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle vom 17. März, dem sich aller Voraussicht nach die Bundesregierung anschließen wird, wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 4,8 Prozent schrumpfen. CDU und SPD glauben aber offenbar immer noch, dass dies keinerlei Auswirkungen auf Schleswig-Holstein hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Haushalt zeigt, dass wir nur über die Einnahmenseite eine Konsolidierung der Landesfinanzen erreichen werden, und zwar durch Wachstum, durch Stärkung der Kaufkraft und durch die damit einhergehenden Steuermehreinnahmen. Bereits heute nimmt Schleswig-Holstein im Vergleich zu den anderen westdeutschen Flächenländern pro Kopf 120 € weniger an Steuern ein. Das liegt nicht an zu niedrigen Steuersätzen, sondern an zu geringem Wachstum. Herr Koch, auch der Nachtragshaushalt beseitigt diese strukturellen Probleme bedauerlicherweise nicht.
Es fehlt uns jedes Konzept für die wirtschaftspolitische richtige Ausrichtung des Landes SchleswigHolstein in Zeiten der Krise.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Vorlage einer mittelfristigen Finanzplanung nicht zustimmen müssen. Ich glaube immer noch, dass sich die Regierung rechtskonform verhält und dass sie Beschlüssen des Landtags Folge leistet. In der Vergangenheit musste man zwar gelegentlich daran zweifeln. Heute werden wir aber noch darauf zurückkommen.
Es gibt einen Beschluss des Finanzausschusses. Der Finanzausschuss hat auf Antrag der FDP-Fraktion am 4. Dezember 2008 - übrigens gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Folgendes beschlossen: Der Finanzausschuss erwartet, dass die Landesregierung auch bei Doppelhaushalten jährlich die mittelfristige Finanzplanung fortschreibt und dem Landtag jährlich vorlegt.
Insofern begrüße ich Ihre Initiative. Ich gehe davon aus, dass dieser Aufforderung des Finanzausschusses Rechnung getragen wird. Ansonsten müssten sich die Abgeordneten von CDU und SPD ernsthaft fragen, ob sie von dieser Regierung noch ernst genommen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben im Finanzausschuss begründet, warum wir dem Nachtragshaushalt nicht zustimmen. Ich habe heute noch einmal versucht, dies zu begründen. Es fehlt jede Konzeptionierung. Allein die Verteilung der Bundesmittel auf den Landesetat reicht uns nicht aus.
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden, dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Einbringung des Nachtrags für den Landeshaushalt hat der Finanzminister erklärt, dass der Landesanteil am Konjunkturpaket aus der Risikovorsorge finanziert wird. Das ist toll, aber leider haben Sie in der Begründung für den Nachtragshaushalt offen erklärt, dass mögliche Auswirkungen der konjunkturellen Entwicklung sowie der steuergesetzlichen Änderungen frühestens nach der Mai-Steuerschätzung abgebildet werden können und daher noch nicht in den Nachtragshaushalt einfließen.
Herr Minister, natürlich können Sie nicht vorhersagen, wie sich die Krise oder die Steuereinnahmen entwickeln werden. Was Sie jetzt aber vorgelegt haben, ist angesichts dieser Aussage völlig bar jeder Realität.
Die Landesregierung rechnet immer noch mit einer Steigerung des Bruttoinlandprodukts von 0,2 % für 2009. Selbst wenn das so bliebe, würden die Steuereinnahmen allein wegen der im Konjunkturpaket beschlossenen Steuersenkungen drastisch sinken. Sinkt aber gar das Bruttoinlandsprodukt um 3 bis 5 % ab, wovon mittlerweile alle Experten ausgehen, dann sausen Ihre Steuereinnahmen weiter in den Keller. Dafür ist in diesem Nachtragshaushalt keine Vorsorge getroffen worden. Allein deswegen ist dieser Haushalt in keiner Weise zustimmungsfähig, Herr Koch.
Meine Damen und Herren, wenn aber dann noch das Land eine Schuldenbremse übergestülpt bekommt und der Vorsitzende der CDU-Fraktion davon ausgeht, dass sei kein Problem, dann erwarte
ich, dass wir realistische Zahlen auf den Tisch bekommen. Deswegen haben wir einen Antrag auf Vorlage einer mittelfristigen Finanzplanung gestellt. Es ist richtig, das ist schon im Finanzausschuss beschlossen worden, aber es ist schon vieles im Finanzausschuss beschlossen worden.
- Der Respekt geht verloren, wenn sich der Finanzausschuss nicht selbst ernst nimmt und wenn die Regierungsparteien sich nicht als Kontrolleure der eigenen Regierung verstehen. Das ist das Problem, Herr Vorsitzender.