Protocol of the Session on March 25, 2009

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile für die Fraktion der FDP dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesplanung hat als Weichenstellung für die wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Entwicklung des Landes insgesamt, aber auch für einzelne Regionen eine große Bedeutung.

Es geht um Fragen der Möglichkeiten der Wohnbebauung, der Möglichkeit von Gewerbeansiedlungen, der Einstufung für Tourismusvorhaben, der Versorgung mit Schulen, Krankenhäusern und anderen regional bedeutsamen Einrichtungen, und um die Versorgung mit Infrastruktur wie Verkehrswege, Strom und Telekommunikation.

Nach dem Raumordnungsgesetz unseres Landes ist für die Erstellung des Landesraumordnungsplans, der ja nun Landesentwicklungsplan heißt, das als Fachbehörde zuständige Innenministerium - für die Aufstellung und die Feststellung dieses Plans - zuständig. Diese Regelung hat sich in den letzten Jahrzehnten trotz mancher Unterschiede in den Bewertungen der Raumordnungspläne bewährt.

Mit dem Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans und den massiven Bedenken auf über 2.000 Seiten Stellungnahmen hat sich zumindest unsere Sichtweise auf diese Praxis geändert. Nach meiner Erfahrung war insbesondere aus dem ländlichen Raum der Widerspruch zu einem Landesraumordnungsplan noch nie so groß wie bei dem Entwurf für diesen Landesentwicklungsplan, der ja noch unter der Leitung des damaligen Ministers Dr. Stegner erstellt wurde. Das ist sicherlich auch ein Ergebnis der breiten Beteiligungsmöglichkeit, die erstmalig bei diesem Landesentwicklungsplan eingeräumt und sichergestellt wurde.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Kommunen, die in der Vergangenheit Verhandlungen im Innenministerium geführt haben, um kleine Zielabweichungen vom Raumordnungsplan zu erreichen, haben erfahren, wie starr und teilweise unflexibel die Vorgaben des Landesraumordnungs

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

plans sind. Darüber hinaus soll der jetzige Landesentwicklungsplan bis zum Jahr 2025 gelten. Es wird also der planerische Rahmen für die nächsten 16 Jahre festgelegt. Daher war es richtig und konsequent, dass sich der Landtag auch aufgrund der Initiative der FDP intensiv und detailliert mit den Vorgaben des Entwicklungsplans beschäftigt und den Prozess weiter aktiv begleitet, obwohl wir als Abgeordnete nach dem Landesplanungsgesetz weder für die Aufstellung noch für die Feststellung des Landesentwicklungsplans zuständig sind.

Wir von der FDP fragen uns allerdings, warum wir als Landtag eigentlich nicht selbst den Landesentwicklungsplan feststellen sollten.

(Beifall bei der FDP)

Wenn er für uns wirklich diese Bedeutung hat und wir als Parlament auch wirklich Einfluss auf die künftigen Inhalte der Landesplanung, die über die generellen Vorgaben des Landesentwicklungsgrundsätzegesetzes hinausgehen, haben wollen, dann ist es nur konsequent, dass wir den Landesentwicklungsplan selbst beraten, beschließen und damit feststellen. Dies wird auch in einer Vielzahl der Stellungnahmen deutlich. Ich möchte nur beispielhaft aus der Stellungnahme des Gemeindetags zitieren, die sich insbesondere die ländlichen Gemeinden zu eigen gemacht haben. Dort steht:

,,Die große Bedeutung des Planes und die Eingriffe in die kommunale Planungshoheit machen eine Entscheidung durch den Landtag und eine sorgfältige Prüfung der Folgen und Alternativen erforderlich."

Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass diese Forderung berechtigt ist. Wir sollten uns als Landtag nicht nur auf die Moderations- und Bewertungsebene zum Landesentwicklungsplan begeben. Wir sollten darüber entscheiden.

(Beifall bei der FDP)

Aus diesem Grund haben wir den entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht. Es handelt sich hierbei um ein Vorschaltgesetz, da das Landesplanungsgesetz sowohl sprachlich - weil es noch vom Landesraumordnungsplan spricht - als auch nach den Diskussionen um eine weitere Kommunalisierung der Landesplanung inhaltlich geändert werden muss. Bis das geschehen ist, wollen wir mit unserem Gesetzentwurf sicherstellen, dass der Landtag die Entscheidung über den nächsten Landesentwicklungsplan trifft, ihn also feststellt.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Werner Kalinka.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hildebrand, natürlich kann man über manches nachdenken. Ihr Vorschlag, den Landesentwicklungsplan per Gesetz zu regeln, ist aber schon formal kritisch zu sehen. In einem laufenden Verfahren so etwas zu machen, halte ich für falsch.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Es gibt derzeit auch keine inhaltliche Notwendigkeit. Das Parlament ist nicht nur ausreichend, es ist außerordentlich - um nicht zu sagen vorbildlich eingebunden. Sie haben dazu selbst einiges gesagt.

Wir hatten im Mai 2008 die Debatte, wir haben eine Information über alle Stellungnahmen, wir haben eine Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss durchgeführt, im Raumordnungsbericht haben wir einiges diskutiert. Der Innenminister hat uns eingeladen, sich mit Vorschlägen an dieser Diskussion zu beteiligen.

(Zurufe von der SPD)

Und - das kann ich durchaus deutlich sagen - der Innenminister hat die Anregungen und Bedenken nicht nur sorgfältig geprüft, er hat auch schon wesentliche Veränderungen vorgenommen. Er hat Wort gehalten. Das darf man an dieser Stelle auch einmal feststellen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das gilt im Übrigen auch für die gesamte Landesregierung. Auch unser Ministerpräsident hat sich in diese Debatte nicht nur einmal intensiv eingeschaltet.

Wir haben wesentliche Veränderungen beim Thema Wohnbebauung - die Erhöhung der Grenzen von 8 und 13 % auf 10 und 15 % -, dass gewerbliche Flächen nicht nur für den örtlichen Bedarf festgelegt werden, touristische Erweiterungen, Entwicklungsachsen, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch das Thema Breitband und DSL hat eine hohe Prio

(Günther Hildebrand)

rität bei der Landesregierung. Wir hatten dazu schon 2005 einen Beschluss gefasst.

Im weiteren Ablauf wird es so sein, dass wir hier wahrscheinlich im Mai 2009 eine Debatte führen werden. Dann ist jeder eingeladen, eigene Vorschläge zu machen, darzulegen, welche Prioritäten er sieht. Die CDU-Landtagsfraktion hat im Herbst vergangenen Jahres bereits ihre Position festgelegt. Im Mai wird das Kabinett noch einmal intensiv beraten und weitere Entscheidungen treffen. Von daher ist die parlamentarische Beteiligung in völlig positiver Form sichergestellt.

(Günther Hildebrand [FDP]: Alles Good- will!)

- Nein, Herr Kollege Hildebrand, das ist nicht Goodwill, das ist ein abgestimmtes, gutes Miteinander, das an diesem Beispiel für die Große Koalition deutlich wird. Das möchte ich hier auch einmal sagen.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und SPD)

Man muss nicht nur streiten, man kann auch konstruktiv miteinander etwas verändern, wie man sieht. Ich glaube, das haben wir an diesem Punkt gezeigt.

Wir haben kein Defizit an parlamentarischer Beteiligung, wir haben die Notwendigkeit und das Ziel, einen möglichst breiten Konsens bei diesem Thema herzustellen. Denn das ist eine Entwicklungsplanung für die nächsten 15 Jahre. Städte und ländlicher Raum sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir wollen wirtschaftliche Entwicklungen ermöglichen, aber natürlich auch die gebotenen Umweltgesichtspunkte mit beachten.

Ich kann Sie nur bitten: Arbeiten Sie konkret und intensiv mit, suchen Sie das Gespräch mit dem Innenminister! Knien Sie sich in die 2.100 Seiten hinein! Das ist auch eine richtige Fleißarbeit, sich da durchzuwühlen und das im Einzelnen abzuwägen. Tragen Sie mit uns gemeinsam diese Diskussion. Wo wir uns einigen können oder wo das vielleicht nicht der Fall ist, wird sich zeigen. Sie sind herzlich eingeladen, mit der Koalition zusammen zu einem gemeinsamen Weg zu kommen. Denn für die Gemeinden und die Bürgerinnen und Bürger ist nicht entscheidend, wer in Kiel etwas beschließt, entscheidend ist, dass das Richtige beschlossen wird.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Kalinka. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Regina Poersch.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will es gleich zu Beginn auf den Punkt bringen: Was die FDP mit ihrem vorliegenden Gesetzesantrag fordert, nämlich eine gesetzliche Regelung, durch die der Landesentwicklungsplan durch das Parlament festgestellt werden soll, ist nicht nur unnötig, sondern das genaue Gegenteil von der sonst gerade von Ihnen in der FDP geforderten Deregulierung.

Das Parlament verabschiedet Gesetze, die Regierung handelt entsprechend. Das nennt man Gewaltenteilung, und das soll auch so bleiben. Wir haben erklärt, dass wir den Entwurf des LEP auch im Parlament debattieren - das ist in der letzten Sitzung geschehen - und dass wir dann auch über die erforderlichen Änderungen im LEP entscheiden werden. Dabei bleiben wir.

Welches Ziel verfolgt die FDP eigentlich? Man muss schon Verschwörungstheoretiker sein, um den Entwurf des LEP als Entwurf eines einzelnen Menschen zu bezeichnen, wie Kollege Hildebrand es auch heute wieder Ralf Stegner als damaligem Innenminister unterstellt hat. In meiner Zeit in einer kommunalen Planungsbehörde habe ich selbst erfahren, wie viel Zeit, Verwaltungsarbeit und Verwaltungswissen in so einem Entwurf steckt und wie wenig politische Handschrift. Lieber Kollege Hildebrand, Sie sollten sich darüber vielleicht einmal in einer Planungsbehörde informieren.

(Beifall bei der SPD)

Inhaltlich sind wir seit der letzten Tagung zum LEP ein gutes Stück weitergekommen. Ich bedanke mich nochmals für die Bereitschaft des Innenministeriums und besonders bei den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die guten Änderungsvorschläge nach einem wirklich beispielhaften Anhörungsverfahren, die die Grenzen des Kompromisses zwischen Landes- und Kommunalinteressen erreicht haben. Insgesamt erleben wir gerade ein konstruktives, ein gedeihliches, ein wirklich gutes Miteinader.

Die Vorschläge werden nun eingearbeitet und von der Landesplanungsbehörde nach Zustimmung der Landesregierung und wiederum Beratung im Landtag noch in diesem Jahr festgestellt.

(Werner Kalinka)

Der LEP ist zu wichtig, um ihn durch unnötige weitere Regularien, wie sie die FDP wünscht, zu gefährden.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Die Menschen in den Kommunen brauchen möglichst bald den LEP und die Änderung des Landesplanungsgesetzes, um unter anderem die wichtigen Themen Wohnungsbauentwicklung, Tourismus und Windenergie in eigener, kommunaler Verantwortung voranzubringen.

Ein guter Indianer stellt irgendwann fest, dass das Pferd, auf dem er reitet, tot ist, und steigt ab. Deswegen empfehle ich der FDP-Fraktion, ihren Gesetzentwurf zurückzuziehen. Andernfalls werden Sie möglicherweise als letzter Mohikaner im ländlichen Raum einsam in die Geschichte einziehen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU] und Lars Harms [SSW])

Leider handelt es sich bei der Initiative um einen Gesetzentwurf, und es ist gute Ordnung, Gesetzentwürfe nicht gleich grundweg abzulehnen, sondern sie nach erster Lesung zunächst an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Das beantrage ich hiermit. Dort werden wir den Gesetzentwurf mit aller Fachkunde beraten. Aus meiner Sicht könnten wir ihn dann ablehnen.