Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wo immer ich in den vergangenen Monaten hingegangen bin, sei es in Betrieben, in Vereinen, bei öffentlichen Veranstaltungen oder auch bei Gesprächen an der Haustür, habe ich vor allen Dingen die Frage gehört: Wieso gebt ihr eigentlich den Banken so unglaublich viel Geld? - Die Lieblingsfrage der Opposition „Wie konnte die HSH so versagen?“ beziehungsweise „Wer eignet sich am besten als Sündenbock?“ hörte ich weniger. Dennoch möchte ich darauf eingehen. Gleichwohl ist unsere Hauptverantwortung, das zu entscheiden, was für die Zukunft entschieden werden muss.
Warum geben wir den Banken beziehungsweise jetzt ganz konkret der HSH Nordbank so viel Geld durch Kapitalaufstockung und milliardenschwere Garantien? Wir werden am 3. April schweren Herzens dem Staatsvertrag zustimmen, weil es keine vernünftige und verantwortbare Alternative gibt.
Bert Brecht hat formuliert: Von den sicheren Dingen das Sicherste ist der Zweifel. - Ja, wir haben erhebliche Zweifel, wir haben Bedenken und Sorgen, die einen mehr, die anderen weniger. Die Regierung hat aber plausibel dargelegt, dass eine Abwicklung der Bank uns alle deutlich teurer käme. Mit „uns“ meine ich die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Sie hätte katastrophale Folgen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der HSH Nordbank, über die Gewährträgerhaftung für den Landeshaushalt, für die Sparkassen, für die regionale Wirtschaft. Nichtstun ist keine Option, habe ich an dieser Stelle beim letzten Mal gesagt. Zu diesem
Vielleicht sind auch dem einen oder anderen scharfen Redner der Februar-Tagung inzwischen die Vorteile für Schleswig-Holstein deutlich geworden, die jedenfalls gegenwärtig in einer Fortführung der HSH Nordbank liegen. Auch der Kieler Kollege, der sich beim letzten Mal so besonders scharf geäußert hat, denkt vielleicht das nächste Mal an den für Kiel so wichtigen Schiffbau, bevor er erneut jemanden im Parlament der Unwahrheit bezichtigt. Es würde mich jedenfalls freuen, wenn dies so wäre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Landtag war es, der dafür gesorgt hat, dass Fragen gestellt und auch beantwortet worden sind. Viele waren sehr hilfreich, nicht alles hat denen gefallen, die zu antworten hatten, aber es war unser Recht, sogar unsere Pflicht, als Haushaltsgesetzgeber und Treuhänder der Steuermittel unserer Bürgerinnen und Bürger solche Fragen zu stellen.
Deshalb haben wir in der vergangenen Tagung gemeinsam eine Resolution beschlossen. Deshalb werden wir auch in dieser Tagung eine sehr klare Resolution beschließen. Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, mit der Unionsfraktion Einigkeit zu erzielen. Ich sage auch diesmal, dass mich der Unmut darüber, von dem man auf Frühlingsfesten und aus Hintergrundgesprächen hört, weder interessiert noch irritiert. Bei einer Entscheidung dieser Tragweite ist das Parlament gefordert. Wir sind gewählt, unserer Verantwortung zu entsprechen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lieber Herr Finanzminister, Sie haben vorhin etwas zum Thema der Verantwortung bis zum Jahr 2005 gesagt. Ich würde das, was die Verantwortung insgesamt angeht, sicherheitshalber noch einmal überdenken.
Wir haben in den vergangenen Wochen weiter Klarheit über mögliche und nicht mögliche Alternativen bekommen, und wir haben viel über die Entscheidungsgründe direkt von den Verantwortlichen der BaFin und des SoFFin erfahren, wofür übrigens dem Vorsitzenden des Finanzausschusses Dank gebührt, Herr Kollege Neugebauer; denn das hat uns in die Lage versetzt, solche Informationen zu bekommen. Damit haben wir es geschafft, dass wir nicht in ein Fass ohne Boden investieren; denn das drohte. Die klare Aussage vom Sonderfonds Fi
nanzmarktstabilisierung, im Falle eines weiteren Kapitalbedarfs der HSH Nordbank zur Verfügung zu stehen, ist außerordentlich wichtig. Sie beendet auch das wochen- und monatelange Pingpong-Spiel in dieser Frage.
Die Landesregierung wird erneut eindringlich aufgefordert, den bereits begonnenen Dialog mit dem Sonderfonds aktiv fortzusetzen und zeitnah Lösungen zu suchen, die zukünftige Risiken für den Landeshaushalt weiter reduzieren. Der Landtag legt Wert darauf - das sage ich ausdrücklich an die Adresse des Herrn Finanzministers -, dass mögliche weitere Hilfen für die Bank vom Bund gegeben werden und diese gegebenenfalls nachdrücklich eingefordert werden müssen. Persönliche Präferenzen haben hinter dem eindeutigen Willen der Volksvertretung zurückzustehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Dies hat im Übrigen vielen in meiner Fraktion - und ich vermute auch bei den Kollegen bei der Union die geforderte Zustimmung zum Staatsvertrag überhaupt erst ermöglicht. Die Beratungen in den vergangenen Wochen waren aber auch deshalb wertvoll, weil die Bedeutung des Garantievertrages immer deutlicher geworden ist. Hier spielt die eigentliche Musik, auch wenn wir im Staatsvertrag das Parlament letztlich dazu bringen zuzustimmen, dass gleich 3 Milliarden € fließen werden.
Wir erwarten deswegen eine Einbindung des Beteiligungsausschusses bei der Abfassung der Garantieerklärung. Wir erwarten, dass die Garantien begrenzt werden und sich nicht auf die Zukunftsgeschäfte der HSH Nordbank beziehen. Dies würde nämlich das Risiko für Schleswig-Holstein deutlich erhöhen, und dies wäre europarechtlich höchst bedenklich. Es ist ohnehin so, dass die Hilfe für die HSH Nordbank anders als bei anderen Landesbanken der HSH Nordbank unmittelbar nützt, aber im Gegenzug ist das Ausfallrisiko für das Land bezogen auf Eintrittswahrscheinlichkeit und Höhe der staatlichen Garantien eben auch größer als bei anderen Landesbanken, obwohl wir ein ärmeres Land sind. Das muss man der Ehrlichkeit halber hier auch sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Die Anforderungen der europarechtlichen Kompatibilität zu erfüllen, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, wobei ich aber manchmal gedacht habe,
dass man den Europaminister an der einen oder anderen Stelle durchaus etwas früher hätte fragen können.
Auch die Frage, ob die festgelegte Vergütung der zu gebenden Garantie marktüblich ist, hat sich europarechtlichen Anforderungen zu unterwerfen. Die EU hat gerade festgestellt, dass sich die geplanten Ausschüttungen von 200 Millionen € und die staatlichen Hilfen, wie wir sie vorhaben, gegenseitig ausschließen. Schade dabei ist nur, dass dieser in Stil und Inhalt skandalöse Vorgang nicht durch Einsicht oder anderes Einwirken, sondern aufgrund von Rechtsproblemen beendet wird.
Herr Oppositionsführer, es ist allerdings beruhigend, dass etwas, was man als ungerecht empfindet, auch Unrecht ist Was ist in diesem Kontext eigentlich mit den 69 Millionen € vom Jahresende? - Sie finden in der von CDU und SPD vorgelegten Resolution eine deutliche Aufforderung des Landtages an die Regierung, im Garantievertrag stringent die Interessen des Landes Schleswig-Holstein wahrzunehmen und sich die realisierten Werterholungspotenziale zu sichern. Ich weiß, dass das nach Aktienrecht schwierig ist. Aber auch deshalb, Herr Landtagspräsident, hat sich das Parlament noch einmal gutachterlicher Hilfe versichert. Ich bin sehr dankbar, dass auch diesbezüglich unsere Anregung aufgegriffen worden ist. Damit wird verhindert, dass die Eigentümer, die sich der jetzigen Stützung der Bank verweigern, auch noch von unserem Engagement profitieren, um nicht zu sagen: absahnen.
Ich weiß nicht, wer von Ihnen den Auftritt von Herrn Flowers vor dem Ausschuss des Deutschen Bundestages verfolgt hat, kann dazu aber nur sagen, dass es offenkundig immer noch einige Unbelehrbare gibt, die nach wie vor jedes Maß verloren haben. Das ist jener Herr Flowers, der eingestiegen ist, als die WestLB ihre Anteile verkaufen musste und wir leider weder die Haspa noch die Swedbank gewinnen und schon gar nicht die Anteile selbst erwerben konnten. Das ist auch jener Herr Flowers, der bei der schon im Niedergang befindlichen Hypo Real Estate-Bank spekulativ 1 Milliarde € investiert hat, die aktuell nicht einmal mehr 100 Millionen € wert sind. Deshalb wird wieder die Melodie „Verluste sozialisieren, Gewinne privatisieren“ gespielt, anstatt Peer Steinbrück zu unterstützen, wenn er das Geld der Steuerzahler wirksam schützen will.
Wer sich früher nicht überlegt hat, wo die 25 % Rendite bei 2 % bis 3 % Wirtschaftswachstum denn herkommen sollen, dem ist es jetzt wahrscheinlich auch egal, wer ihm seine Taschen füllt. Um das noch einmal deutlich zu sagen: Der auch von Herrn Flowers betriebene Kasinokapitalismus ist gescheitert, und die dafür Verantwortlichen dürfen nicht noch belohnt oder entschädigt werden. Nein, sie müssen zur Kasse gebeten werden!
Lassen Sie mich auch ein Wort zum Sparkassenund Giroverband Schleswig-Holstein sagen, der ja wie die Wirtschaftsvertreter leider auch - erfolgreich den Eindruck vermittelt, als säßen im Aufsichtsrat nur Regierungspolitiker. Dabei sind das mehrheitlich andere Vertreter aus Wirtschaft und Finanzwelt. Ob sie es glauben oder nicht: Der Vorsitzende des Sparkassenund Giroverbandes Schleswig-Holstein war sogar höchstpersönlich Vorsitzender des Risikoausschusses. Mir geht es nicht um Flucht aus der Verantwortung - wirklich nicht. Herr Oppositionsführer, ich finde es schade, wenn Sie in einer Debatte, in der es um solche Dinge geht, immer nur nach folgendem Motto handeln: Wer alles weiß, doch wenig kann, der zeigt den alten Größenwahn. - Das ist das, was man die ganze Zeit von Ihnen hört.
Zu selbstkritischen Bemerkungen habe ich im Gegensatz zu anderen hier etwas gesagt. Ich tue das zum Beispiel auch auf Parteitagen. Niemand kann sagen, er hätte keine Verantwortung getragen. Wir als Sozialdemokraten stehen ausdrücklich zu unserer Verantwortung. Wir bekennen uns dazu, dass wir die Finanzkrise nicht vorhergesehen und nicht verhindert haben, dass wir vielleicht nicht kritisch genug nachgefragt haben, vielleicht zu schnell vertraut haben, wenn die Bundesbank dabei war und teuer bezahlte Wirtschaftsprüfergutachten vorgelegt wurden; wir haben genauso wie all die anderen vertraut. Dazu bekenne ich mich. Es kann aber nicht sein, dass man sich hier hinstellt und so tut, als sei das der eigentliche Punkt. Ich finde es lohnender, darüber zu reden, welche Konsequenzen und Lehren, die überall auf der Welt gezogen werden müssen, man daraus zieht.
Ich gehöre nicht zu denjenigen, die kneifen, und zwar ganz gewiss nicht, wenn ich hier vom Oppositionsführer angegriffen werde; da müssen schon an
dere kommen. Aber ich will noch einmal auf das merkwürdige Verantwortungsverständnis von manchen Leuten zu sprechen kommen.
Der Sparkassen- und Giroverband ist Anteilseigner der HSH Nordbank, hat in den vorangegangenen Jahren davon genauso profitiert wie das Land Schleswig-Holstein und hätte, was die Entwicklung des künftigen Geschäftsmodells, aber auch die aktuelle Stützung angeht, ein wenig mehr Einsatz zeigen können. Im Aufsichtsrat zuzustimmen und dann Interviews zu geben, durch die der Wert des gemeinsamen Eigentums weiter minimiert wird, halte ich nicht für besonders klug. Das ist eher schäbig.
Der Vorsitzende der GAL-Fraktion in Hamburg hat erklärt, einen Vorschlag abzulehnen, weil ihm die Akteure nicht passen. Das kann sich eigentlich nur eine Oppositionsfraktion leisten. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
Die SPD-Landtagsfraktion erwartet deutliche Konsequenzen für den Vorstand der HSH Nordbank, und dies geht weit über die Verursachersuche hinaus. Als finanzschwaches Land erwarten wir Vorstandsgehälter, die unter dem vom SoFFin vorgegebenen Niveau liegen. Wir erwarten außerdem, dass mit dem Vorstand Zielvereinbarungen abgeschlossen werden, die die Anforderungen des schleswig-holsteinischen Landtages, die er in Resolutionen dargelegt hat, aufnehmen. Wir wollen, dass das, was wir als Eigentümer hier beschließen, auch beachtet wird.
Dazu gehört auch die Installation eines Risikofrühwarnsystems zur Absicherung der schleswig-holsteinischen Interessen. Die anfangs angesprochene Frage, warum wir den Banken so viel Geld geben, kann meiner Meinung nach nur dann mit einem guten Gewissen beantwortet werden, wenn wir kurzfristiges Krisenmanagement mit grundlegenden weitergehenden Änderungen verbinden. Dazu gehört, dass wir für die HSH Nordbank und das gesamte Finanzsystem Rahmenbedingungen gestalten, die zukünftig eine solche Fehlentwicklung verhindern. Wer keine Fehler gemacht hat, der werfe den ersten Stein. Wer aus diesen Fehlern aber nichts gelernt hat und keine Konsequenzen daraus zieht, der verdiente in der Tat deutliche Kritik.
rung, künftig eine nachhaltige Geschäftspolitik zu betreiben, für genauso entscheidend, wie sie manchen, der sich jetzt zu Wort meldet, entlarvt. Denn ganz viele Äußerungen scheinen nach folgendem Motto zu erfolgen: Lasst uns jetzt einmal so reden, dann zieht die Gewitterwolke schnell vorbei, und wir können weitermachen wie zuvor. - Nein, das wird nicht möglich sein. Deswegen muss deutlich über Ursachen und Konsequenzen geredet werden.
Jack Welch, früher ein Chefpropagandist des Marktradikalismus, hat neulich den Shareholder Value als die dümmste Idee der Welt bezeichnet. Dazu kann ich nur sagen: Gut gebrüllt, Löwe! Aber wo sind eigentlich die Konsequenzen? - Die Orientierung am Shareholder Value lief den langfristigen Interessen zuwider und trägt einen Großteil der Schuld für die jetzige Wirtschafts- und Finanzkrise. Wir müssen daher nicht nur den Vorstand der HSH Nordbank - auch in den Gehaltsstrukturen auf eine nachhaltige Geschäftspolitik verpflichten, sondern künftig falsche Anreize im gesamten System vermeiden.