Protocol of the Session on February 26, 2009

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Deshalb sage ich für den SSW: Wir brauchen in diesem Land ein Kulturministerium, eine Kulturministerin oder einen Kulturminister.

Als Beispiel für die Weiterentwicklung der Kulturlandschaft möchte ich die Verzahnung von Kulturangeboten in Land und Kommunen anführen. In diesem Bereich gibt es noch sehr viel zu tun. Dass die Kommunen sich nicht an der Beantwortung der Großen Anfrage beteiligt haben, spricht aus meiner Sicht Bände.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Jürgen Weber [SPD]: Fragt sich nur, inwiefern!)

- Negativ, lieber Kollege Weber. Ich denke, das ging aus meiner Aussage hervor.

Für die weitere Arbeit in Kulturfragen ist die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage ein gutes Hilfsmittel. Von daher möchte auch ich mich im Namen des SSW bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staatskanzlei für die Erarbeitung dieser Antwort bedanken. Ich finde, wir haben

gute Informationen erhalten. Diese brauchen wir auch. Ich möchte in diesem Zusammenhang Folgendes in Erinnerung rufen. Wir sprechen von der Kulturhoheit der Länder. Wenn man aber an Kulturdebatten in diesem Landtag zurückdenkt, stellt man fest, dass man wirklich mit der Lupe danach suchen muss.

Kultur ist ein elementarer Teil unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit und erfordert eine staatliche Förderung, die durch private Investitionen unterstützt und nicht ersetzt wird. Wenn die Landesregierung in ihrer Antwort schreibt, dass sie einer Stärkung der Eigenverantwortung der kulturellen Einrichtungen positiv gegenübersteht und begonnen hat, zur Verbesserung der Eigenwirtschaftlichkeit Zielvereinbarungen abzuschließen, ist das natürlich nichts Schlechtes, aber trotzdem läuten bei mir die Alarmglocken. Der Abschluss von Zielvereinbarungen sichert eben nicht die kulturelle Grundversorgung und wird der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung auch nicht gerecht.

Kultur hat sowohl einen ideellen als auch einen wirtschaftlichen Stellenwert. Die Kulturwirtschaft ist ein wichtiger Bestandteil der regionalen Wirtschaftsförderung und trägt zur Entwicklung von Städten und Regionen bei. Nicht nur die existenzielle Identitätsbildung und Identifizierung der Bevölkerung mit ihrer Lebensumgebung werden durch Kultur gestärkt. Kultur ist außerdem ein wichtiger Imagefaktor für die Regionen. Das wissen wir alle, und das ist heute auch schon mehrfach betont worden.

Die Kulturwirtschaft ist also eine zukunftsorientierte Wirtschaftsbranche, die nicht nur Einfluss auf das Beschäftigungspotenzial hat, sondern auch die Attraktivität der Städte und Regionen stärkt. Ich will deshalb hier noch einmal einen Blick über den berühmten Tellerrand werfen. In unserem nördlichen Nachbarland sind der Einklang und die gegenseitige positive Bedingung von Kultur und Wirtschaft längst politische Wirklichkeit.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Stadt Sønderborg zum Beispiel hat sich mit ihrer klaren Förderung von Kultur zu einem Zentrum der wirtschaftlichen Innovationen und Investitionen in Sønderjylland entwickelt. Auch die Stadt Vejle hat das Potenzial erkannt und baut derzeit das kulturwirtschaftliche Zentrum BIZ-ART für insgesamt 60 Existenzgründerinnen und -gründer aus dem kreativen Milieu auf. Es gibt also Beispiele,

die wir uns im Kulturausschuss näher anschauen sollten.

Aus Sicht des SSW macht die Antwort der Landesregierung zur Situation der kulturellen Entwicklung sehr deutlich, dass das Wirtschafts- und Beschäftigungspotenzial des Kultursektors in diesem Land immer noch nicht genügend erkannt worden ist und das, obwohl die Kultur - ich sagte es bereits doch eine Herzensangelegenheit unseres Ministerpräsidenten ist. Außerdem wurde 2004 mit dem ersten Kulturwirtschaftsbericht unseres Landes beschlossen, dass dieser Bericht einmal pro Legislaturperiode fortgeschrieben werden sollte. Das ist bisher nicht geschehen. Ich denke, es ist höchste Zeit, dass die Landesregierung dies tut, wenn der Bericht noch in dieser Legislaturperiode eine Rolle spielen soll.

Der SSW fordert seit Jahren eine verbesserte Förderung der Breitenkultur, um so ein lebendiges Schaffen und eine ganzheitliche Teilhabe zu fördern. Ganzheitliche Teilhabe ist ein abstrakter Begriff. Er beinhaltet, dass Menschen sich in ihrer Gesellschaft natürlich zu Hause fühlen sollen. Auch dazu ist Kultur eine wichtige Voraussetzung. Dies kann nur über eine institutionelle Unterstützung, also eine strukturpolitische Ausrichtung der kulturellen Förderung erreicht werden. Ohne die Schaffung von Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Räumen und Materialien in Schulen oder Vereinshäusern, gäbe es keine Orte, wo Kultur gemeinsam entstehen und sich entwickeln könnte.

In Schleswig-Holstein brauchen wir also eine konsequente Ermöglichung von Kultur durch Strukturpolitik, die zum einen die kulturelle Vielfalt des Landes unterstützt und zum anderen auch eine Ausdifferenzierung der kulturellen Aktivitäten zulässt. Diese müssen sich in der öffentlichen Wahrnehmung und in den kulturellen Institutionen widerspiegeln.

Dem SSW liegt dabei auch die kulturelle Arbeit der nationalen Minderheiten am Herzen. Das ist klar. Die Kompetenzanalyse in Bezug auf die Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland weist ausdrücklich darauf hin - ich bin dem Kollegen Wengler dafür dankbar, dass er dies in seinem Redebeitrag angesprochen hat -, dass gerade vonseiten der dänischen Minderheit hier eine erhebliche Menge Sozialkapital gesammelt wurde, von der auch die Mehrheitsbevölkerung profitiert. Hier müssen zum Beispiel der Südschleswigsche Kulturverein - Sydslesvig Forening (SSF) - mit 2.700 organisierten kulturellen Veranstaltungen, die dänischen Büchereien mit 650.000 entliehenen Medien pro Jahr, die Ar

beit des Nordfriisk Instituut und natürlich das Danevirke Museum mit 20.000 Besucherinnen und Besuchern pro Jahr besonders hervorgehoben werden. Das ist beachtlich.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die dänische Minderheit trägt auch zu einer vielfältigen grenzüberschreitenden kulturellen Zusammenarbeit bei. Dies geschieht nicht nur im Rahmen von INTERREG-Projekten. Darüber hinaus gibt es langjährige Traditionen der Zusammenarbeit, zum Beispiel im Bereich Musik. Es gibt eine hervorragende Zusammenarbeit mit dem Landesmusikrat, der wirklich grenzüberschreitend in Zusammenarbeit mit den Minderheiten tätig ist. Es gibt auch Beispiele aus dem Bereich der Jugendpolitik und des Sports.

Mit anderen Worten: Die Minderheiten haben eine wichtige Brückenfunktion. Das haben wir in anderen Debatten auch schon hervorgehoben. Deshalb ist es ärgerlich, dass sich für die Umsetzung der Kompetenzanalyse - ich beziehe mich jetzt nicht auf die guten Worte, sondern auf die Umsetzung praktisch nur die Minderheiten und die mit ihnen zusammenarbeitenden Organisationen verantwortlich fühlen. Hier gibt es noch viel zu tun.

Der SSW begrüßt die Idee eines Landeskulturentwicklungsplans, dessen Ziel jedoch nicht die Kostenersparnis durch Kooperation sein darf, sondern die Entwicklung von Kreativität und Innovation durch Zusammenarbeit sein sollte. Außerdem muss gerade in einem Landeskulturentwicklungsplan die strukturelle Förderung der Kultur in SchleswigHolstein weiter vorangetrieben werden. Hierzu gehört vor allem die Sicherung von Institutionen wie zum Beispiel der Volkshochschulen, der Theater und Bibliotheken. Denn gerade diese Einrichtungen sichern die Rahmenbedingungen für die kulturelle Entwicklung vor Ort. Die kleinen Theater des Landes ermöglichen zum Beispiel den Zugang zur Kultur für alle. Auch sie brauchen dringend Förderung, und sie brauchen eine Weiterentwicklung.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Instandsetzung der Gebäude gehört in diesen Kontext hinein. Die Spielstätten an der Westküste wie Leck, Husum, Niebüll müssen in diesem Zusammenhang ausdrücklich genannt werden, unter anderem aber auch die Bibliotheken des Landes, deren Ausleihzahlen in den letzten zehn Jahren von 9,22 Millionen auf 15,17 Millionen gestiegen sind,

(Anke Spoorendonk)

sind kulturelle Bildungs- und Kulturinstitutionen in diesem Land.

Starke Bibliotheken führen zu einem starken kulturellen Leben vor Ort. Das ist bekannt, und es ist wichtig, das in jeder Debatte zu sagen.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Denn wir haben auf der anderen Seite natürlich eine ganze Reihe von kleinen, ehrenamtlich geführten Bibliotheken, deren Anzahl zurückgegangen ist. Das führt dazu, dass kleinere Gemeinden auch kulturell verarmen. Wir müssen sehen, wie wir hier gegensteuern können. Darum begrüße ich es ausdrücklich, dass die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage auch ausführt, dass sie sich jetzt insbesondere auf den Bereich Bibliotheken fokussieren werde.

Aus der Antwort der Landesregierung gehen auch andere Bereiche hervor, die dringend Unterstützung und Förderung bedürfen, um die kulturelle Vielfalt in unserem Land zu erhalten. Die Situation der freischaffenden bildenden Künstler und die Finanzierung der Museumslandschaft seien nur beispielhaft für Kulturbereiche genannt, für deren Entwicklung wir als Land die Verantwortung tragen. Darum, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch von mir ein Satz zur Kultur. Wir hatten noch nicht so viele Zitate. Das ist auch gut so.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

- Nein, der liebe Kollege Stegner ist nicht da. Kollege Garg, ich wollte noch einmal sagen, dass Kultur kein Luxus ist, sondern Lebensmittel. Dementsprechend müssen wir auch handeln. Es war mir wichtig, das zu sagen.

(Beifall bei SSW, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Ich denke, wir sind uns einig, die Drucksache 16/2276 federführend an den Bildungsausschuss zu überweisen.

Jetzt kommen wir zur Mitberatung. Herr Müller hat sich sehr allgemein ausgedrückt. Ich habe das Inhaltsverzeichnis durchgeguckt. Denkbar wäre der Innenausschuss. Es sind Migration, Minderheiten und Frauenkultur angesprochen. - Einverstanden.

Dann geht das auch an den Innenausschuss. Denkbar ist selbstverständlich auch der Wirtschaftsausschuss. Es sind Tourismus und Wirtschaftsförderung angesprochen. - Dann nehmen wir den Wirtschaftsausschuss dazu. Denkbar ist auch der Sozialausschuss, da geht es auch um Soziokultur, Senioren und Jugend. - Einverstanden. Soll sie auch in den Finanzausschuss überwiesen werden?

(Zurufe: Ja!)

- Gut.

Federführend ist der Bildungsausschuss. Mitberatend sind der Innen- und Rechtsausschuss, der Wirtschafts-, der Sozialausschuss und der Finanzausschuss. Des Weiteren müssen wir den Umweltund Agrarausschuss für die ländlichen Räume nehmen. - Gut. Dann ist es vollzählig.

Wenn Sie diese Drucksache so zur abschließenden Beratung überweisen wollen, bitte ich um Ihr Handzeichen. - Danke schön. Das diente auch der Bildung, das ist nicht so schlecht.

Gestern haben wir kurz vor Beginn des Feierabends Tagesordnungspunkt 15 dahingehend abgestimmt, dass der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht an den Ausschuss überwiesen wird. Dann muss aber über den Antrag hier in der Sache abgestimmt werden, habe ich mich belehren lassen. Ich rufe deshalb noch einmal den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Solares Dachflächenkataster der Landesliegenschaften

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2402

Wir haben nach der Beratung die Überweisung an den Ausschuss mehrheitlich abgelehnt. Damit ist automatisch über die Sache zu entscheiden. Sonst bleibt der Antrag hier liegen. Wer diesem Antrag Drucksache 16/2402 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Dann ist der Antrag Drucksache 16/2402 mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt worden. - Vielen Dank für die Hilfestellung.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Tierschutz-Verbandsklagerecht

(Anke Spoorendonk)

Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN Drucksache 16/1224

Bericht und Beschlussempfehlung des Umwelt- und Agrarausschusses Drucksache 16/2428

Ich erteile das Wort dem Herrn Berichterstatter des Umwelt- und Agrarausschusses, dem Herrn Abgeordneten Klaus Klinckhamer.