Insofern gehen wir den nächsten Schritt an, Frau Spoorendonk. Wir greifen nach den norwegischen Sternen. Das gebe ich zu. Wenn wir nicht in der jetzigen Umbruchsituation die Chance nutzen, auch über Frauenmacht angesichts des wirtschaftlichen Desasters zu reden, wann denn dann?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man hat in diesen Debatten seine Déjà-vu-Erlebnisse. Bei den Debatten über Quotenregelungen oder Gleichstellungsgesetze kommen immer wieder die gleichen Argumente. Auch das Argument von Herrn Kubicki mit seinen beiden Töchtern habe ich in diesem Saal schon mindestens dreimal gehört. Das wird dadurch aus seiner Sicht natürlich nicht falscher. In solchen Debatten mit den eigenen Kindern und mit Einzelfällen zu argumentieren, die man kennt, ist etwas problematisch.
Da halte ich mich doch lieber an den Kollegen Hildebrand, der gesagt hat: Es gibt Studien, die klar belegen, dass Unternehmen, die viele Frauen in Top-Positionen haben, in ihrer Performance einfach besser sind, und zwar an den harten Faktoren gemessen, Aktienkurse und so weiter.
Warum ist es denn so, dass immer noch so wenig Frauen in Führungspositionen sind? Das muss man doch fragen!
- Nein, es liegt nicht daran, dass es zu wenig gibt. Es gibt auch andere Faktoren, die da wirken. Ich bin die Letzte, die sich hier hinstellt und sagt: Natürlich brauchen wir ein Gesetz, ein Aktiengesetz. Denn ich glaube, dass das in Deutschland derzeit überhaupt keine Aussicht auf Mehrheiten hat. Man kann das immer wieder einmal fordern. Das tun die Frauenorganisationen diverser Parteien, auch meiner Partei. Darüber muss es auch immer wieder Debatten geben, damit sich in der gesellschaftlichen Diskussion überhaupt etwas bewegt.
Dafür bin auch ich. Man muss sich allerdings schon fragen, wo die Ursachen liegen. Die liegen nicht nur in männlichen Seilschaften oder männlicher Ignoranz. Das gibt es auch.
Das will ich hier einmal deutlich aussprechen. Die Hauptursachen liegen allerdings immer noch in den Rahmenbedingungen. Das ist ganz klar.
Lieber Herr Wadephul, warum sind denn so viele Frauen in Führungspositionen kinderlos? Das ist so, das ist in der Politik so, das ist in großen Unternehmen so. Gucken Sie sich um! Bei Frauen, die solche Positionen innehaben, oder Frau Funcke, die über ihre eigenen Lebenswege berichten, werden Sie immer wieder dasselbe Muster finden, dass sie in der Regel keine Kinder haben, sondern irgendwann bewusst gesagt haben: Ich verzichte auf Kinder. Das ist doch fatal. Deswegen tut sich auch in vielen Unternehmen nichts, weil die Frauen selber diese Wirklichkeit auch nicht haben, dass sie Familie und Beruf unter einen Hut bringen müssen.
Es ist aber nicht nur das, sondern es sind die Rahmenbedingungen in Bezug auf Kinderbetreuung. Das ist völlig klar. Es ist aber auch der Umfang der Arbeitszeit. Auch das belegt die Studie. Je mehr Frauen in Teilzeitpositionen in bestimmten Berufen sind, desto weniger sind nachher in Führungspositionen, weil Teilzeit den Aufstieg hemmt. Das ist eine belegte Tatsache.
Es ist in Sachen Rahmenbedingungen, Betreuung einiges auf den Weg gekommen. Das muss man in der aktuellen politischen Situation anerkennen. Da ist Gott sei Dank viel auf den Weg gekommen. Ich will jetzt gar nicht bewerten, wer wo was gefordert und es umgesetzt hat. Die Türen öffnen sich. Übrigens auch der Fachkräftemangel -
- Ich wollte eigentlich auf den Zwischenruf eingehen, aber das spare ich mir jetzt. Nicht nur die Rahmenbedingungen in Sachen Kinderbetreuung, Teilzeit spielen eine Rolle - - Ich habe meinen Faden verloren, verdammt.
- Genau, Fachkräftemangel. Wichtig sind auch bestimmte ökonomische Entwicklungen und Tatsachen, das ist in der Frauenpolitik immer schon so gewesen. Immer dann, wenn Frauen in bestimmten Bereichen gebraucht werden - angesichts der demografischen Entwicklung ist der Fachkräftemangel ja absehbar -, wird das der Entwicklung insgesamt eine Dynamik verleihen.
Ich soll jetzt noch ein paar Sätze zum Landesbereich sagen. Das sind interessante Zahlen. Sie können viele Zahlen der Antwort auf die Große Anfrage vom letzten Jahr entnehmen. Am Gleichstellungsbericht wird - da kann ich Sie beruhigen - gearbeitet, und wir werden ihn wie vorgesehen in dieser Legislaturperiode - wie beschlossen - vorlegen. Er ist fast fertig. Ich kann gleich einmal ein paar Zahlen daraus zitieren.
Bereits seit 2003 gibt es mehr Frauen als Männer im Landesdienst. Inzwischen ist auch das Arbeitsvolumen höher geworden. Das wirkt sich in der Logik der Studie auch auf das Besetzen von Führungspositionen aus, natürlich immer mit einer gewissen Verzögerung. Auch im höheren Dienst hat der Frauenanteil inzwischen fast die 50-%-Marke erreicht. Das ist doch etwas! Das ist doch eine gute Entwicklung!
Natürlich sind wir bei den Abteilungsleitungen, also dem höchsten Amt in diesem Verwaltungsbereich, noch etwas weiter entfernt, aber immerhin, wir haben 35 % aller Abteilungsleiterstellen in Schleswig-Holstein mit Frauen besetzt.
Wir sind bundesweit absolut an der Spitze. Dass mein Ministerium ausschließlich Frauen in Abteilungsleitungspositionen hat, gehört sich für ein Frauenministerium eigentlich fast so. Übrigens sind es auch in der Staatskanzlei 60 %. Am wenigstens sind es im Finanzministerium. Aber auch dort ist man schon bei - glaube ich - 35 %. Das ist eine sehr positive Entwicklung.
Zu der Gremienbesetzung! Es ist oft so, dass Abteilungsleiterinnen oder Abteilungsleiter Kraft ihrer Ämter Mitglied in bestimmten Gremien sind. Solange noch nicht so viele Frauen Abteilungsleiterin sind, ist auch die Gremienbesetzung entsprechend.
Hier besteht also ein negativer Zusammenhang. Das wird sich aber auch ändern. Es gibt eigentlich viel Anlass, über das Thema Frauen in Führungspositionen mit viel Optimismus zu reden.
Man darf sich allerdings nicht darauf verlassen, dass weitere Fortschritte automatisch folgen. Auch das Pochen auf Gesetze reicht nicht aus. Wenn Sie meinen, dass bestehende Instrumente im Landesbereich nicht konsequent genug angewandt werden, müssen Sie das konkret belegen.
Das Fazit ist: Wir brauchen Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die es auch Vätern - ich finde es gut, dass dieses Stichwort hier genannt wurde - ermöglichen, sich stärker in Erziehung und Betreuung ihrer Kinder einzubringen und damit ihren Frauen bessere Möglichkeiten zu geben.
Es gibt noch genug zu tun. Aber ich finde, wir sind auf einen wirklichen guten Weg. Die Leistungen von Frauen in Bildung und im Studium sprechen dafür, dass sich diese Entwicklung weiterhin positiv fortsetzen wird.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/2485 dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen worden.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben die vereinbarte Zielzeit für heute überschritten. Ich unterbreche die 40. Tagung bis morgen früh 10 Uhr.
Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst und Ausschussdienst