Auch wenn die Ölförderung in Schleswig-Holstein und die Gasförderung in anderen Bereichen des Wattenmeeres bereits heute unter der bestmöglichen Schonung der Umwelt stattfinden, ist das für das Welterbe-Komitee keine Lösung. Daher sollen die Fördermaßnahmen nun aus dem WelterbeAntrag als Exklaven herausgenommen werden.
Wir befinden uns nun in einem rechtlichen Spannungsverhältnis. Auf der einen Seite haben wir die Regelung für die Anmeldung zum UNESCO-Weltnaturerbe und auch die Regelungen im Nationalparkgesetz Wattenmeer. Wir haben aber auch in der Vergangenheit bereits mehrfach erörtert, wie die rechtliche Situation zugunsten einer künftigen Ölförderung von der Mittelplate und von Bohrungen von außerhalb des Wattenmeeres aussieht. Diese sind teilweise aufgrund des Bestandsschutzes, den die Förderplattform Mittelplate genießt, grundsätzlich zulässig. Dies ändert sich auch deshalb nicht dadurch, dass im konkreten Genehmigungsverfahren möglicherweise Fehler unterlaufen sind.
Vor diesem Hintergrund erinnern wir uns an die Debatte von vor zwei Jahren. Der Landtag beschloss damals einstimmig eine Resolution, die die Anmeldung des Wattenmeers als Weltnaturerbe der UNESCO ausdrücklich begrüßt hat. Wir haben darüber hinaus in einem Änderungsantrag klargemacht, dass wir als FDP auch die weitere wirtschaftliche Nutzung in diesem Bereich erhalten wollen.
Aber auch der damalige Antrag aller anderen Fraktionen hat klar festgestellt, dass der Landtag voraussetzt, dass eine Anmeldung auf die Grenzen des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer beschränkt wird und durch die Anerkennung als Weltnaturerbe keine Veränderung der Rechtslage verbunden ist.
Dieser Antrag wurde unterschrieben von CDU, SPD, Grünen und SSW. Wer aber eine Veränderung der Rechtslage beispielsweise im Zusammenhang mit Bohrungen, gegebenenfalls Förderungen von außerhalb des Wattenmeers nicht herbeiführen will, der kann dies auch nicht verhindern.
Wie wir aber auch zur Kenntnis genommen haben, soll nach Darstellung des WWF eine weitere Exklave im südlichen Bereich des Nationalparks ausgewiesen werden, von der unter Verstoß gegen das Nationalparkgesetz Probebohrungen stattfinden sol
len. Ob diese Darstellung zutrifft, müssen wir meines Erachtens im Ausschuss klären. Das können wir jetzt hier nicht ad hoc entscheiden. Deshalb waren wir, war meine Fraktion für eine weitere Beratung im Ausschuss. Jetzt hat der SSW gesagt, er wolle heute über den Antrag abstimmen. Aus diesem Grund werden wir heute diesem Antrag hier nicht zustimmen können.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir sehen Ölbohrungen in einem der sensibelsten Ökosysteme Europas, in unserem einzigen Nationalpark, sehr kritisch. Das sieht die UNESCO übrigens selbst auch so. Die UNESCO ist, um das der Vollständigkeit halber zu ergänzen, die Abkürzung für United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization,
Diese industrielle Nutzung hat hier im Aufzuchtgebiet zahlreicher Meeresfische, am Trittstein des weltweiten Vogelzuges und in einer international einmaligen Landschaft nichts verloren. Da gebe ich insoweit der Fraktion des SSW völlig recht. Nur reichen weder das Nationalparkgesetz, das hier das schärfere Schwert ist, noch das Welterbe der UNESCO aus, um die Ölbohrungen oder auch nur die Explorationsbohrungen zu verhindern.
Die Region möchte das Siegel Weltnaturerbe, das unseren Nationalpark auf eine Stufe hebt mit dem Baikalsee, dem Yosemite National Park und dem Ngorongoro-Krater.
Naturparks sind einzigartig. Daher werden sie Weltnaturerbe genannt. Herr Kollege, das sind natürlich unterschiedliche Gebiete. Die Region möchte dieses Siegel, weil sie auf die bedeutende Naturschönheit stolz ist, die vor ihrer Haustür liegt. Man hat erkannt, welches Kleinod dieser Nationalpark ist. Das ist auch historisch gesehen ein großer
Die Hoffnung auf Anerkennung des Welterbe-Prädikats ist berechtigt, denn der Besuch des Kommissionsmitglieds Pedro Rosabal, Direktor des Schutzgebietsprogramms IUCN, war ein voller Erfolg. Allerdings sieht auch die UNESCO, dass ein Weltnaturerbe mit Ölförderung nicht vereinbar ist. Deshalb kam der Vorschlag, die Enklaven aus dem Gebietsvorschlag herauszuschneiden. Das wurde im Übrigen von der UNESCO selbst so vorgeschlagen. Die Aussichten, dass dies so anerkannt wird, sind also sehr groß. Enklaven soll es nicht nur Schleswig-Holstein geben, sondern auch in den Niederlanden aufgrund von Gasförderungen und in Niedersachsen aufgrund von Gasförderungen und geplanten Explorationsbohrungen.
Der Kreistag Nordfriesland hat im März 2008 einstimmig geplante Explorationsbohrungen und eine Aufsuchungserlaubnis für die RWE Dea AG im schleswig-holsteinischen Wattenmeer abgelehnt. Dennoch haben sowohl das Nationalparkkuratorium Nordfriesland als auch der Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Verkehr sowie der Umweltausschuss einstimmig dafür votiert, die Anmeldung zum Weltnaturerbe mit den beiden Enklaven aufrechtzuerhalten.
Wir werten die Enklaven-Lösung als einen Kompromiss, weil es derzeit nicht möglich ist, die Explorationsbohrungen zu verhindern.
Wir beobachten mit großem Interesse die Klage der Naturschutzverbände gegen weitere Ölbohrungen im Wattenmeer. Die alte Streitfrage zwischen Nutzung und Schutz wird also auch vor Gericht - wie in einem Rechtsstaat üblich - entschieden. Die Große Koalition und die Landesregierung werden sich entscheiden müssen, ob sie sich gegen den Willen weiter Teile unserer Bevölkerung weiterhin für die Ölförderung im Nationalpark stark machen und den Ölförderzins kassieren oder ob sie auf einen Tourismus setzen, der mit einem Weltnaturerbe das internationale Interesse wecken wird, das dem Wattenmeer als Perle der Natur gebührt. Das Wattenmeer ist dies wert, es bietet all dies. Wir plädieren für eine Ausschussüberweisung, um noch einmal im Detail darüber zu diskutieren.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bernstein, ich ziehe meinen Beitrag natürlich nicht zurück. Das entspricht nicht meinem Charakter. Ich möchte noch einmal darauf eingehen, was Sie gesagt haben. Sie haben gesagt, das sei im Ausschuss des Kreistags zurückgezogen worden. Das hatte den Grund darin, dass der Kreistag Ende März tagt. Wenn Ende Februar entschieden wird, dann macht es keinen Sinn, dass ein Ausschuss dem Kreistag empfiehlt, Ende März das zu beschließen, was möglicherweise schon einen Monat vorher beschlossen worden ist. Deshalb wurde das dort zurückgezogen. Dies geschah unter anderem mit dem Hinweis, dass darüber auch im Landtag beraten wird. Wenn dort ein entsprechender Beschluss gefasst wird, dann ist dem Ganzen auch Genüge getan worden. Lieber Kollege Hildebrand, das ist auch der Grund dafür, dass ich gesagt habe, dass wir heute entscheiden müssen. Wenn wir das in den Ausschuss verschieben, dann können wir uns das ebenso gut sparen, weil dann die Entscheidungen, die Ende Februar fallen, bereits gefallen sein werden.
Eine weitere Bemerkung zum Thema Mittelplate: Ich glaube, ich habe auch in meinem Vortrag deutlich gemacht, dass wir nicht gegen Mittelplate sind. Wir haben dort aber Rechtssicherheit. Wir sind ein Rechtsstaat. Selbstverständlich sagen wir: So lange das so ist, muss Mittelplate weiter laufen. Das war auch nie in der Diskussion. Das war immer Teil der ursprünglichen Anmeldeunterlagen. Mittelplate ist keine Frage, das soll auch so bleiben. Das habe ich eben noch einmal gesagt. Es geht um die zusätzlichen Bohrungen, die jetzt laufen sollen. Hierzu sagen wir, dass dies nicht okay ist. Wir wissen, dass hier Rechtsgrundlagen eine Rolle spielen. Wir erhoffen uns aber öffentlichen Druck durch die UNESCO, wenn das Gebiet im ursprünglichen Umfang vorhanden bleibt. Es ist möglich, dass die UNESCO sagt, es mag sein, dass es hier Rechtsgrundlagen gibt, aber wir wollen nicht, dass in unserem Welterbegebiet gebohrt wird. Wir wollen nicht, dass der Druck entsteht, dass uns die Anerkennung wieder entzogen wird. Das wollen wir verhindern. Ich sage ganz deutlich, dass wir Ölbohrungen dort verhindern wollen. Diese Explorationsbohrungen gehören nicht dorthin. Das gilt insbesondere vor
dem Hintergrund, dass man weiß, dass dort hinterher der Schiet aus den Kohlekraftwerken hin soll. Das ist nicht in Ordnung.
Abschließend möchte ich sagen, dass der SSW selbstverständlich zum Weltnaturerbe steht. Sie wissen wohl noch, dass wir diejenigen in den Debatten waren, die noch mehr wollten. Wir wollten noch ein Kulturerbe draufsetzen. Sie können mir wirklich glauben, dass wir dieses Weltnaturerbe wollen. Allerdings wollen wir kein durchlöchertes Gebiet. Wir sind hier ziemliche Puristen. Dabei bleiben wir.
Für die Landesregierung hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herr Dr. Christian von Boetticher, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir nach einer breiten Diskussion entlang der gesamten Westküste hier im Landtag im November 2007 einstimmig den Antrag zur Anmeldung des Wattenmeers als Weltnaturerbe beschlossen haben. Herr Matthiessen, ich möchte den Grünen an dieser Stelle ausdrücklich für Ihren Wortbeitrag danken. Er zeigt, dass die Debatte über die Frage, ob man Explorationsbohrungen machen darf oder nicht, auf einem anderen Blatt steht. Ich danke ausdrücklich dafür, dass Sie die überragende Stellung der Frage nach dem Weltnaturerbe mit Ihrem Wortbeitrag anerkannt haben. Sehr geehrter Herr Harms, das habe ich bei Ihnen völlig vermisst. Es ist parteitaktisch vielleicht opportun, einen Keil zwischen die Regierungsfraktionen treiben zu wollen, aber Sie nehmen billigend in Kauf, dass damit das Welterbe gefährdet wird. Ich finde das durchsichtig und der Sache nicht angemessen.
Bei der IUCN-Bereisung - und das ist heute noch einmal deutlich geworden - ist die große Übereinstimmung an der Westküste immer wieder auch von Herrn Rosabal gelobt worden, der diese Bereisung durchgeführt hat. Er hat uns noch einmal deutlich gesagt, dass nicht er selbst, sondern das Gremium, das am Ende darüber entscheidet, sowohl Explorationsbohrungen als auch Förderungen kritisch sieht. Er hat deutlich gemacht, dass er gern will, dass das
Wattenmeer zum Weltnaturerbe erklärt wird. Deshalb hat er uns diese Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, die wir jetzt wahrgenommen haben.
Im Übrigen darf ich sagen, dass wir mit RWE-Dea anschließend verhandelt haben, um dieses Enklavengebiet möglichst klein zu fassen. Im Augenblick gibt es hier nur theoretische Planungen. Es gibt dort noch keinen konkreten Antrag, aber das ist zusammengefasst worden. Man hat versucht, die Gebiete möglichst klein zu fassen. Sehr geehrter Herr Harms, Sie müssen mir einmal den Schweizer Käse zeigen, der nur zwei Löcher hat, denn es geht um zwei Teile. Es geht um 0,5 % der Fläche des Welterbegebiets. An dieser Stelle von einem Schweizer Käse zu reden, ist der Sache nicht angemessen.
Im Übrigen - das wurde hier gesagt - geht es nicht um eine Präjudizierung der Explorationsbohrungen. Das ist ein rein vorsorglicher Ansatz, damit wir die Chance auf das Weltnaturerbe wahren. Ich sage Ihnen, warum ich voll und ganz dahinterstehe.
Herr Buder, in einer Sache hatten Sie nicht recht. Auch der Kreis Dithmarschen hat sich relativ früh zum Welterbe bekannt. Das Gebiet, in dem ich im ersten Jahr ständig unterwegs war, war Nordfriesland. Dort standen viele Zustimmungen der Gemeinden aus. Ich war viel an der Westküste unterwegs, der Kollege Feddersen kann das bestätigen. Ich habe in Nordfriesland viele Einzelgespräche führen müssen, um die einzelnen Gemeinden zu überzeugen. Da gab es den Beschluss des Kreistages in Dithmarschen schon, während er in Nordfriesland noch offen war. Glauben Sie mir, ich war in diesen Prozess ernsthaft involviert. Wir haben lange gebraucht, um dort Überzeugung zu leisten.
Mir war es daher wichtig, die Lösung, die wir gefunden haben, noch einmal durch die Nationalparkkuratorien und durch die Kreistage gehen zu lassen, damit sie dort ernsthaft besprochen werden. Die Ergebnisse wurden Ihnen eben vorgestellt. Dort hat man diese Verantwortung in einem hohen Maß wahrgenommen. Herr Harms, darum ist es umso erstaunlicher, dass Sie nach all diesen Debatten und nach der großen Unterstützung, die auch durch die IUCN festgestellt wurde, hier und heute die Gelegenheit nutzen, einen Spalt zu treiben. Ich finde das nicht in Ordnung. Das steht im Widerspruch zu der Region. Lieber Herr Harms, im Übrigen darf ich sagen, dass Sie auch zu spät kommen.
Die ergänzenden Arbeitsunterlagen sind bereits eingereicht worden. Insofern ist der Zug für Ihren Antrag längst abgefahren. Erkundigen Sie sich noch einmal über die Schritte. Vielleicht können Sie den Antrag doch zurückziehen, denn er ist eigentlich in der Sache erledigt.
Dem Antrag folgend lasse ich über den Antrag Drucksache 16/2455 in der Sache abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 16/2455 mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Abgeordneten des SSW abgelehnt.