Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Nabel, ich freue mich immer, dass Sie sich so freuen, wenn Sie mich am frühen Morgen hören.
Liebe Kollegin Poersch, ich würde es bevorzugen, wenn Sie davon sprechen würden, wer wenig Geld hat, der muss preiswert sein, statt davon, dass er billig sein muss.
Mit unzähligen Maßnahmen und Programmen aus einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Fördertöpfen fördert die Landesregierung den Tourismus. Das haben die Vorrednerinnen und der Vorredner hier schon dargestellt. Ginge es also nach der Devise: Viel hilft viel, dann könnte man in der Tat sagen, die Landesregierung betreibt eine erfolgreiche Förderpolitik im Bereich Tourismus.
- Das ist die Frage, lieber Kollege Callsen, nämlich, was eigentlich das Ziel von Tourismuspolitik sein soll. Ich dachte immer, das Ziel müsse letztlich sein, dass mehr Gäste, dass mehr Touristen nach Schleswig-Holstein kommen.
Die spannende Frage ist doch - um den Ball noch einmal aufzugreifen -: Was haben diese ganzen Ausgaben in den vergangenen Jahren bewirkt, und was werden sie im Zweifel auch vor dem Hintergrund der bevorstehenden Krise bewirken?
Betrachten wir dann einfach mal die Frage, die die Koalitionsfraktionen in ihrem ursprünglichen Berichtsantrag gestellt haben. Da ging es um die Zahl der Arbeitsplätze, der neu geschaffenen und der erhaltenen Arbeitsplätze. Der Kollege Feddersen hat hier ganz fröhlich und sehr engagiert eine Lanze für die einzelbetriebliche Förderung gebrochen.
Das ist Chefdiplomatie für Minister und Ministerpräsidenten, die keine Arbeitsplätze schafft und auch keine Arbeitsplätze sichert. Das Geld wäre in Infrastrukturmaßnahmen deutlich sinnvoller ausgegeben.
Möglicherweise hat die ganze Förderung dazu geführt, dass mehr Gäste nach Schleswig-Holstein kommen - möglicherweise. Hierzu liefert zwar der Bericht keine Zahlen - es hat mich gewundert, dass Sie das gar nicht interessiert -, aber es gibt diese Zahlen zum Beispiel im aktuellen Tourismusbarometer des Sparkassen- und Giroverbandes. Mit einem Plus - das finde ich eher dürftig - von gerade einmal 3 % bei den touristischen Übernachtungen erreichte Schleswig-Holstein 2007 bei den Zuwachsraten den zehnten Platz aller Bundesländer. Das finde ich nicht ganz so ambitioniert, Herr Kollege Feddersen. Zum Vergleich: Mecklenburg-Vorpommern erreichte einen Zuwachs von 7,4 %.
Ein ganz besonderer Problemfall ist offensichtlich die schleswig-holsteinische Ostseeküste. Denn hier lag die Zuwachsrate 2007 bei gerade noch 1,4 %.
Herr Minister, mich hat die Euphorie, mit der Sie die Förderpolitik des Landes hier vertreten haben,
nicht so ganz überzeugt. Die touristischen Rahmenbedingungen in Schleswig-Holstein - das sagen die Kernzahlen - sind derzeit nicht die besten. Sie wollen das jetzt verbessern, die Förderung des Tourismus in Schleswig-Holstein soll sich zukünftig auf drei Zielgruppen konzentrieren: die Familien, die Best Ager und die „anspruchsvollen Genießer“ wer immer das auch sein soll. Das sind die - so haben drei Gutachten, die rund 250.000 € gekostet haben, herausgefunden - für Schleswig-Holstein angeblich am besten geeigneten Zielgruppen. Folglich muss man sich jetzt also darauf konzentrieren. Wie, das sagt der gestern beschlossene Haushaltsplan für die Jahre 2009 und 2010: Schleswig-Holstein soll sich zur weiteren Profilierung verstärkt mit den Handlungsfeldern Werte, Identität und Markeninhalte beschäftigen.
Aha, kann ich da nur sagen. Das geht offensichtlich auch nur im Kollektiv - so zwei Förderrichtlinien des Landes, die nämlich Folgendes festlegen: Zukünftig bekommen Gemeinden nur noch dann Fördergelder, wenn sie Mitglied beziehungsweise Gesellschafter einer touristischen Marketingorganisation, so zum Beispiel der Ostseefjord Schlei GmbH, sind. Diese wiederum müssen zwangsläufig Mitglieder beziehungsweise Gesellschafter der landesweiten Tourismus-Marketingorganisation TASH sein.
Ich hoffe sehr, dass genau dieses Konstrukt aufgeht und dass die angestrebten Ziele im schleswig-holsteinischen Tourismus auch wirklich erreicht werden können. Ich glaube, an einem Punkt sind wir uns hier im Haus wenigstens einig: Tourismus ist in Schleswig-Holstein keine Nische, sondern Tourismus ist ein Riesenmarkt. Es bestehen eine ganze Reihe von Chancen, diesen Markt mit Leben zu füllen.
Aus unserer Sicht würden diese Chancen aber eher in Erfolge umgemünzt werden können, wenn ein bisschen weniger Bürokratie herrschen würde, ein bisschen mehr Wagnis und auch ein bisschen mehr den einzelnen Gemeinden vor Ort zugebilligt und dieses Engagement gewürdigt würde. Was nicht passieren darf, ist, dass die tatsächlichen zukünftigen touristischen Leuchttürme, die zu einer enormen Entwicklung des Landes beitragen könnten, aus den Augen verloren gehen.
Herr Minister, ich frage Sie: Wo bleibt Ihr, wo bleibt das klare Bekenntnis der Landesregierung zum Ausbau des ehemaligen Marinestützpunktes
Olpenitz zur geplanten Marina mit Hotel und Shopping-Mall? Das wäre ein solcher Leuchtturm. Und - das wird den Kollegen Astrup besonders freuen -: Wo bleibt das klare Bekenntnis der Landesregierung, wo bleibt Ihr klares Bekenntnis zur zivilen Nutzung des Flughafens Jagel?
Um beide touristischen Megaprojekte ist es verdächtigt ruhig geworden in Schleswig-Holstein. Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, dazwischenrufen „Das tut er doch!“, frage ich Sie: Warum haben Sie das in Ihrem Redebeitrag nicht getan, warum hat es der Minister in seinem Redebeitrag nicht getan? Ich stelle fest, um beide Leuchtturmprojekte ist es absolut still in SchleswigHolstein geworden.
Warum stehen eigentlich Besatzung und Passagiere der vielen Kreuzfahrtschiffe jedes Jahr regelmäßig außer an Adventssonntagen - vor verschlossenen Läden, wenn sie sonntags zu uns kommen?
Es bleibt nach wie vor viel zu tun, denn im Tourismus liegt in der Tat Wachstumspotenzial. Das sage ich nicht zuletzt vor dem Hintergrund der sich aktuell dramatisch verschlechternden konjunkturellen Situation.
Ein Urlaub oder ein Wellness-Wochenende wird in schwierigen wirtschaftlichen Lagen am ehesten mal eben schnell gestrichen, und das wird nicht spurlos an Schleswig-Holstein vorbeigehen. Da nutzt auch alles Lächeln und Schönreden nichts. Das wird nicht spurlos an Schleswig-Holstein vorbeigehen.
Das Jahr 2009 wird ein schwieriges Jahr für den schleswig-holsteinischen Tourismus. Die Zahlen des ersten Halbjahres 2008 lassen bereits Schlimmes vermuten.
- Also, lieber Kollege Feddersen, die Zahlen im ersten Halbjahr 2008 sind deutlich hinter den Zahlen aus 2007 zurückgeblieben. Wie Sie hier das Gegenteil behaupten können, weiß ich nicht. Dazu brauchen Sie bloß die Statistik aufschlagen und nachzulesen. Das würde manchmal auch helfen.
Ich verstehe Ihren Optimismus und Ihren Zwischenruf auch nicht. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im ersten Halbjahr 2008 betrug 3,8 Tage, 2007 waren es noch 4,6 Tage. Ist das jetzt eine Verbesserung oder eine Verschlechterung? Über PISA reden wir erst zwei Tagesordnungspunkte weiter, das weiß ich wohl. Trotzdem ist das eine Verschlechterung gegenüber dem Zustand in 2007.
Es zeichnet sich bereits ein Trend dahin gehend ab, dass die Gäste merklich sparsamer werden. Darunter leidet insbesondere die Außengastronomie. Ich will nicht hoffen, dass sich die Konzentration auf anspruchsvolle Genießer, die ein bestimmtes Nettohaushaltseinkommen von über 2.500 € zur Verfügung haben und einen hohen Standard erwarten, dass sich diese Strategie am Ende als falsche Strategie herausstellt.
Wenn die Landtagsfraktionen von CDU und SPD schon diese Konzentration auf hochwertigen Tourismus beschließen, dann muss auch so gehandelt werden.
Liebe Frau Kollegin Poersch, das ist keine Blase. Sie haben sich - wie ich gesehen habe - noch einmal zu einem Dreiminutenbeitrag gemeldet. Erklären Sie mir bitte Folgendes: Ich bin der Auffassung, dass auf keinen Fall passieren darf, dass der Beschluss des Bauausschusses der Gemeinde Scharbeutz hier Geschichte schreibt und Nachahmer im Land findet. Die Mehrheit von SPD und Wählergemeinschaft hat dort gegen die Stimmen von CDU und FDP Anfang Oktober 2008 den Bau eines 20-Millionen-€-Luxushotels in Haffkrug und damit die Schaffung von 70 Arbeitsplätzen verhindert.
- Nein, Frau Kollegin Redmann, nicht zu Recht. Wenn Sie sich hier auf die Gruppe anspruchsvolle Genießer konzentrieren wollen und das zu einer Hauptzielgruppe machen, dann müssen Sie Unterkünfte für genau diese anspruchsvollen Genießer bereitstellen, sonst können Sie sich das Bekenntnis schlicht sparen.
Zweitens. Frau Kollegin Poersch, Sie führen hier aus, es gebe die Möglichkeit, dieses Projekt zu bauen. Dann verstehe ich nicht, warum Ihre Fraktion vor Ort genau von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht. Das müssen Sie erklären.