Abschließend kann festgestellt werden, dass dieser Bericht ein interessantes und ausgewogenes Konzept umreißt, das es gilt, in der vor uns liegenden Zeit umzusetzen, mit Leben zu erfüllen und zu vervollkommnen. Wir alle sind gefordert, unseren Beitrag dazu zu leisten, damit dieses Konzept zum Erfolg führt - für unser Land und für die Kultur in unserem Land.
Ich danke Herrn Abgeordneten Wengler. - Bevor ich Herrn Abgeordneten Hay das Wort erteile, möchte ich auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler der Realschule mit Grund- und Hauptschulteil aus Viöl begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ministerpräsident hat mit der Übertragung der Kulturpolitik in die Staatskanzlei diesen Bereich zur Chefsache erklärt. Ich hoffe, dass mit Blick auf die anstehende Bundesratspräsidentschaft auch Impulse durch diese Tätigkeit auf das schleswigholsteinische Kulturleben ausgehen werden.
Nachdem es anfänglich leise Kritik an der Zuordnung zur Staatskanzlei gegeben hat, ist diese offenbar nach der Einladung der Verbände und Kulturschaffenden nach Salzau verstummt. Mit der neuen Zuordnung verbindet sich die Hoffnung vieler im Kulturbereich, dass die „Chefsache“ Kultur von Kür
zungen im Wesentlichen verschont bleiben könnte. Wir Sozialdemokraten haben seit vielen Jahrzehnten unseren Anteil dazu beigetragen, dass sich das Kulturleben in Schleswig-Holstein positiv entwickelt hat, und würden gern auf diesem Weg so weitergehen. Das ist für uns eine ganz wichtige Angelegenheit.
Der heute vorgelegte Bericht gibt nur einen sehr groben Überblick über das, was ist und was geplant ist. Da ist im Detail sicherlich noch vieles zu ergänzen, wenn ich nur an das Kulturerbe der Hansestadt Lübeck denke, das zumindest unter Städtetourismusgesichtspunkten ein ganz wichtiger Bereich ist.
(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD] und Karl-Martin Hentschel [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])
Lassen Sie mich einige Punkte des Berichts herausgreifen, die ich durchaus auch als Frage kritisch formuliere: Wenn von der gerechten Beteiligung des Umlandes an den Infrastrukturmaßnahmen der zentralörtlichen Gemeinde die Rede ist, dann kann nur die bereits über den kommunalen Finanzausgleich geregelte Förderung der drei großen Theater im Land gemeint sein.
Ob wir tatsächlich für neue Gesetze und Verordnungen eine Kulturverträglichkeitsprüfung einführen sollten, müssen wir noch einmal kritisch unter die Lupe nehmen, denn wir wollen doch gemeinsam Bürokratie abbauen. Zumindest habe ich die Aufgabe des Staatssekretärs Klaus Schlie so verstanden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin persönlich im Bereich der Kulturpolitik ein Verfechter institutioneller Förderung mit dem Ziel, die Kultur direkt zu fördern und nicht ein Mehr an Bürokratie aufzubauen.
Der Versuch, im Bereich der Kultur Zielvereinbarungen zu formulieren, ist nicht neu, aber heute genauso diskussionswürdig und zu hinterfragen wie in der letzten Legislaturperiode. Bei Zielvereinbarungen hat man zwei Partner und beide Partner müssen auch klar erklären, was sie zu leisten beabsichtigen. Im Bericht auf Seite 7 heißt es, staatliche Förderung setze die Bereitschaft zur Programmabstimmung voraus. So könnte man, wenn man das negativ verstehen will, daraus Gängelung und Einflussnahme auf Entscheidungen von Künstlerinnen und Künstlern lesen. Das ist aber das Letzte, was man in der Kultur
Wichtiger als ein Haus der Kulturverbände voranzutreiben, was sicherlich gut ist, scheint mir, die unterschiedlichen Akteure im gesamten Land weiter zu vernetzen und enger aneinander heranzubringen.
Da ist das Kulturnetz im Internet ein Anfang. Es muss im Interesse des Landes Schleswig-Holstein sein, vielerlei zusätzliche Aktivitäten an unser Zugpferd Musikfestival anzudocken. Es geht um Vernetzung. Es geht auch darum, Cross-over-Projekte in anderer Weise als bisher zu denken. So könnte zum Beispiel Theater mit Literatur, mit bildender Kunst und auch Musik in neuer Form zusammenarbeiten. Das könnte spannend sein und gleichzeitig Interesse wecken.
Vielleicht können auch neue Denkansätze helfen. Das ist ein Thema, das ich schon in meiner Zeit als Kommunalpolitiker in Flensburg immer wieder vergebens bemüht habe. Warum sollten die kleinen Theater, wie das Polnische Theater in Kiel, die Pilkentafel in Flensburg und das Theater Combinale in Lübeck nicht einmal in der theaterfreien Zeit im Sommer ihre Theater bespielen, wenn die Touristen im Land sind? Die Komödianten in Kiel haben dies in den letzten Jahren praktiziert. Ich glaube, das ist auch der richtige Weg, um das, was Herr Carstensen gesagt hat, zu erreichen, nämlich eine Vernetzung der unterschiedlichsten Bereiche, also Kultur, Wellness und Natur für die Urlauber in Schleswig-Holstein zusammenzufassen. Dann wird der Urlaub in Schleswig-Holstein noch interessanter.
Wir alle wissen, dass Kultur ein wichtiger Standortfaktor ist, und zwar in zunehmendem Maße ein harter. Es geht um zusätzliche Einnahmen; ich habe gerade ein Beispiel genannt. Wir brauchen in Zukunft eine verlässliche Förderung der Kultur durch den Staat, damit sich auch Private zum Engagement motiviert fühlen. Nur wenn wir zu mehr Public Private Partnership kommen, werden wir dieses Ziel erreichen. Dabei wissen wir, dass es die Konkurrenz anderer gesellschaftlicher Bereiche gibt. Ich denke etwa an die Bereiche Sport und Soziales.
Zwischen den beiden großen Fraktionen dieses Hauses gibt es im Bereich der Kulturpolitik keine grundsätzlichen Kontroversen. Ich hoffe für die Kultur und
die Kulturschaffenden, dass der Chef und seine Beauftragte Frau Caroline Schwarz der Kultur genügend Aufmerksamkeit schenken werden. Wir als Sozialdemokraten werden dies jedenfalls durch einen intensiven Dialog - auch in kritischer Form - tun.
Ich möchte noch auf Folgendes hinweisen: Wir haben heute Abend unsere zweite Veranstaltung mit dem in Deutschland sehr bekannten Saxophonisten Richard Wester. Ich würde mich freuen, wenn viele von Ihnen an dieser Veranstaltung teilnähmen. Ich weiß, es kommen auch einige aus den anderen Fraktionen.
Ich danke dem Abgeordneten Hay. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Ekkehard Klug.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte mit den Kurzbeiträgen hat ja die Form einer kulturpolitischen Fünf-Minuten-Terrine. Das entspricht durchaus der mageren Kost, die der Bericht der Landesregierung für Kunst und Kultur in Schleswig-Holstein zu bieten hat.
Inhaltlich ist vieles von dem, was man im Bericht lesen kann, durchaus zutreffend. Der Verzicht auf die sonst übliche politische Schminke ist fast entwaffnend, was die Ehrlichkeit angeht. Nur selten stutzt der Leser, wie etwa bei der etwas schrägen Formulierung vom „gesamtgesellschaftlichen Förderkonzept für Kultur“. Was das sein soll, Herr Ministerpräsident, sollten Sie mir vielleicht doch noch einmal erklären.
Was in diesem Bericht jedoch eindeutig fehlt, ist Inspiration - Inspiration ist im Kulturbereich wie in der Politik nicht ganz unwichtig -, sind also Vorstellungen darüber, wie man in schwierigen Zeiten überhaupt noch Neues zuwege bringt, statt immer bloß Rettungsaktionen für unstrittige Kernbereiche des Kulturangebots in Schleswig-Holstein zu organisieren.
Wegen der begrenzten Zeit im Rahmen der FünfMinuten-Runde will ich versuchen, das anhand von zwei Beispielen zu verdeutlichen.
Beispiel eins. Die Landesregierung geht mit gutem Grund von der Notwendigkeit aus, die kargen öffentlichen Mittel für den Kulturbereich verstärkt durch bürgerschaftliches Engagement, Sponsoring und Mäzenatentum zu ergänzen. Diese Einsicht ist im Übrigen nicht ganz neu, aber sie ist zutreffend. Wie das Ziel erreicht werden kann, bleibt jedoch sehr vage. Warum versucht man zum Beispiel nicht, die Kulturstiftung des Landes Schleswig-Holstein für private Zustiftungen attraktiv zu machen? Das setzt bei der Kulturstiftung des Landes allerdings ein gegenüber der bisherigen Praxis wesentlich höheres Maß an öffentlicher Transparenz und Rechenschaftslegung voraus. Eine Stiftung, die hier und da als Ausputzer bei Krisenfällen der staatlichen Kulturpolitik herhalten muss, wird dieser Anforderung kaum gerecht.
Die Sache müsste etwa so funktionieren: Man findet ein überzeugendes Ziel, das heißt ein konkretes Vorhaben, das Menschen begeistern kann. Dann sagt man: In den nächsten drei, vier Jahren suchen wir dafür - auch mit entsprechender Unterstützung von Medien und bekannten Persönlichkeiten des Kultur- und Wirtschaftslebens - private Zustiftungen. Jeder, der etwas gibt, kann sicher sein, dass sein Beitrag für den genannten Zweck verwendet wird und dass das Geld nicht als Notgroschen in Herrn Carstensens leerer Kulturschatulle verschwindet. So wie bisher, dass man die Kulturstiftung und ihre Mittel - wie es einmal eine frühere Kulturministerin und deren Staatssekretär gemacht haben - zur Organisation eines Kulturfestes aus Anlass des jeweiligen Amtsantritts benutzt - das ist sozusagen die Portokasse, mit der sich die Obrigkeit im Kulturbereich präsentieren kann -, funktioniert das natürlich nicht. Dafür wird kein Mensch, der noch bei klarem Verstand ist, eine Zustiftung leisten. Das muss man also anders anfassen. Man muss ganz anders an das Ziel herangehen, zusätzlich privates Geld für allgemein durchaus verständliche und überzeugende Zwecke im kulturellen Bereich zu mobilisieren.
Beispiel zwei. Warum entwickelt man keine Ideen und Initiativen, der Kulturpolitik noch stärker als bisher eine überregionale, auch den Ostseeraum umfassende Dimension zu erschließen? Es ist doch nach dem Debakel des EU-Verfassungsvertrages eine politische Binsenweisheit, dass Europa, auch das Europa der Regionen, ein stärkeres Wir-Gefühl als bisher braucht. Kein Politikfeld vermag diese Identitätsstiftung so preiswert zu leisten wie die Kultur. Wenn die Europäische Union jedes Jahr 7 Milliarden € für die Subventionierung des Zuckermarktes in Europa ausgeben kann, warum kann die EU dann nicht 7 Millionen € - das kann man vielleicht in gemeinsa
mer Anstrengung der Partnerländer im Ostseeraum initiieren - zur Förderung der europäischen Dimension der Kulturpolitik im Ostseeraum locker machen?
Das klingt zwar wenig. Aber dieser Betrag ist mehr als ein Zehntel dessen, was das Land SchleswigHolstein im Rahmen des Landeshaushalts für den Kulturbereich investiert. Solche Summen sind zwar für Brüsseler Verhältnisse geradezu lächerlich. Aber mit solchen Summen ließe sich in der Ostseeregion manches an gemeinsamen identitätsfördernden Kulturprojekten auf die Beine stellen. Lohnt es sich nicht, zusammen mit den Partnern im Ostseeraum mit allen Möglichkeiten auf ein solches Förderkonzept der EU bei der Gestaltung der europäischen Politik einzuwirken? Ich glaube, das würde sich schon lohnen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Klug. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Herr Abgeordnete Karl-Martin Hentschel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Abgeordneter Klug und Herr Abgeordneter Hay, dass wir doch noch zu einer kulturpolitischen Debatte gekommen sind. Das, was vorher war, hat mich doch etwas erschreckt.
Wenn ein Ministerpräsident Kulturpolitik zur Chefsache macht und seinen ersten Bericht darüber abgibt, dann fragt sich das staunende Publikum: Was ist neu? - Der einzige neue Absatz im Koalitionsvertrag war, dass diese Landesregierung sich in der Kulturpolitik die Kooperation mit Wirtschaftsunternehmen auf die Fahnen geschrieben hat. Im vorliegenden Bericht heißt es dann etwas verschroben, aber schon bemerkenswert deutlich: