Damit bin ich bei dem Beitrag von Herrn Kubicki. Ich will für meine Fraktion ausdrücklich sagen, dass es eine Bereicherung ist, wenn Menschen aus der Wirtschaft zu uns kommen. Es ist nicht immer möglich, sofort die Position, die man in der Wirtschaft hatte, einfach niederzulegen und für ein paar Jahre zu unterbrechen. Wir brauchen Menschen, die den Mut haben zu sagen: „Ich gehe in den Landtag und versuche später auch, in meinen Beruf wieder zurückzugehen.“
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD sowie Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Wir wollen nicht nur - ohne jetzt Beamte zu beschimpfen - Beamte und andere hier haben, die einen Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst haben.
Ich weise die CDU darauf hin, dass bei ihr das, was sie hier eben kritisiert hat, völlig üblich ist. Ich erinnere an Herrn Haller, der Geschäftsführer des Unter
nehmensverbandes war, der hier natürlich Wirtschaftspolitik gemacht hat; ich weise auf Herrn Ehlers hin,
der hier nicht unbekannterweise als Vorstandsmitglied des Bauernverbandes natürlich zum Thema Landwirtschaft spricht. Auch dies ist natürlich eine Bereicherung. Es wäre doch geradezu dumm, wenn wir sagen würden, dass diejenigen, die etwas vom Geschäft verstehen, hier nicht reden dürften.
Jetzt erteile ich noch einmal dem Herrn Oppositionsführer nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will hier nur feststellen, dass meine Kenntnis, dass der Kollege Matthiessen Geschäftsführer in einem Industrieverband für Windenergie ist, aus dem aktuellen Handbuch des Landtages stammt.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich, wie Sie sich hier benehmen! - Weitere Zurufe - Glocke der Präsidentin)
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit schließe ich die Beratung. Wir treten in die Abstimmung ein. Ich lasse in der Sache zunächst abstimmen über Punkt a), Zukünftige Energiewirtschaft, Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/2912. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP angenommen.
Dann lasse ich über den Antrag der Fraktion der CDU abstimmen, Drucksache 15/2996. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist
abgelehnt mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der Fraktion der CDU.
Meine Damen und Herren, ich habe jetzt die ganz besondere Freude - ich würde mich freuen, wenn alle Abgeordneten noch einen Moment im Saal blieben -, unserem Kollegen Klaus-Dieter Müller sehr herzlich zu gratulieren, der gestern die Honorarprofessur der Hochschule für Film und Fernsehen in PotsdamBabelsberg erhalten hat. Ganz herzlichen Glückwunsch, Herr Professor Müller!
Jetzt möchte ich auf der Tribüne unsere nächste Besuchergruppe begrüßen, eine weitere Besuchergruppe der Haupt- und Realschule aus Viöl. - Herzlich willkommen!
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schlie.
Die friedliche Revolution in der damaligen DDR hat ein Bespitzelungssystem ungeahnten Ausmaßes zutage gebracht. Die verständliche Wut auf die Stasi führte jedoch nicht dazu, dass Akten und Einrichtungen des Ministeriums für Staatssicherheit zerstört wurden. Im Gegenteil. Die Rauchsäulen von verbranntem Papier brachten die Menschen erst recht dazu, die Stasi-Zentralen zu stürmen. Einer der Besetzer der Leipziger Stasi-Zentrale hat von der „Rückerstattung der Integrität“ gesprochen. Erfreulicherweise haben sich nach der Wiedervereinigung diejenigen durchgesetzt, die verhindern wollten, dass die Machenschaften der Stasi unter den Teppich gekehrt werden. Diesen Weg sollten wir nicht verlassen, er sollte konsequent weiter beschritten werden.
Mit der Ende Juni 2003 erfolgten Aufhebung der Einstufung als geheim können die RosenholzUnterlagen nun wie die übrigen Stasi-Unterlagen entsprechend dem Stasi-Unterlagen-Gesetz verwendet
werden. Trotz der nach den Regelungen der §§ 27 und 28 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes grundsätzlich bestehenden rechtlichen Möglichkeit der eigenen Überprüfung durch die Birthler-Behörde halten wir es für richtig und notwendig, dass auch wir in Schleswig-Holstein der Entschließung des Bundesrates vom 26. September 2003 folgen. Der Bundesrat hat mehrheitlich beschlossen - ich zitiere -:
„Bund und Länder sollten die mit der Freigabe der Rosenholz-Dateien gewonnenen neuen Erkenntnisse nutzen, um weiteren Aufschluss über eine mögliche Tätigkeit von Bediensteten für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR zu erhalten. Die Parlamentarier von Bund und Ländern sind dazu aufgerufen, sich ebenfalls einer solchen Überprüfung zu unterziehen.“
Wir haben diese Resolution des Bundesrats ernst genommen und Ihnen deshalb den heutigen Antrag vorgelegt. Dabei haben wir ausschließlich die Mitglieder des Landtages sowie die Mitglieder der Landesregierung und die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre in den Kreis der zu überprüfenden Personen aufgenommen, nicht aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, weil wir mit Ihnen, Herr Minister, völlig übereinstimmen. Es geht hier auch nicht um einen rechtlich verbindlichen Antrag, sondern darum, dass wir ein Signal setzen.
Wir empfinden diese Selbstverpflichtung der Abgeordneten und Regierungsmitglieder auch als einen Akt gesamtdeutscher Solidarität. Es gibt keinen sachlichen Grund, lediglich in den Parlamenten und im öffentlichen Dienst in den neuen Bundesländern flächendeckend Stasiüberprüfungen durchgeführt zu haben. Auch im Westen gab es leider genug Zuträger, Verräter und Helfer für die DDR-Diktatur. Dabei waren neben der Wirtschaft in besonderer Weise der öffentliche Dienst und die politischen Parteien von Interesse für das Ministerium für Staatssicherheit.
Um jedem - wirklich jedem - Missverständnis vorzubeugen: Aus unserer Sicht gibt es auch nicht den Funken eines Verdachts gegen irgendein Mitglied unseres Hohen Hauses oder unserer Landesregierung. Aber gerade deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass sich die Politiker in Bund und Ländern daraufhin überprüfen lassen. Wir meinen, dies ist ein Gebot der Gerechtigkeit und der politisch-historisch notwendigen Auseinandersetzung mit der DDR-Diktatur. Damit leisten wird unseren Beitrag zu einer Aufarbeitung. Die beiden ehemaligen Bürgerrechtler Vera Lengsfeld und Arnold Vaatz sprachen in diesem Zu
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Rechtlich ist es so, dass die Birthler-Behörde ohnehin neue Erkenntnisse aus den Rosenholz-Dateien überprüfen und den zuständigen Stellen mitteilen kann. Dies hat ja auch der Innenminister öffentlich deutlich gemacht. Dabei hat der Gesetzgeber den Rahmen weit gefasst. Zum Kreis der Personen mit neu festgestellten Stasibelastungen gehören eben auch Politiker der verschiedensten Ebenen und Funktionen. Trotz dieser Rechtslage sollten wir ein politisches Zeichen setzen.
„Ich denke, wir sollten als Abgeordnete hier mit gutem Beispiel vorangehen und sagen: Wir wollen, dass bei uns alles auf den Tisch kommt.“
Das hat der Parlamentarische Geschäftsführer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag, Volker Beck, erklärt. Auch der Sprecher der ostdeutschen SPD-Abgeordneten im Bundestag, Siegfried Scheffler, fordert dazu auf, die Abgeordneten aller deutschen Parlamente zu durchleuchten.
muss aufgrund seiner liberalen Tradition, aufgrund der Tatsache, dass er ein besonderes Toleranzverständnis hat, und weil er den Rechtsstaat ganz besonders hoch schätzt, in besonderer Art und Weise überzeugt werden. Herr Kollege Kubicki, ich habe mir viel Mühle gegeben, etwas zu finden, das Ihnen die Zustimmung erlaubt.
Zu guter Letzt will ich also Ihnen, Herr Kubicki, sagen, dass es eine gute Basis für eine Zustimmung gibt. Die von Ihnen ja durchaus geschätzte FDPGeneralsekretärin Cornelia Pieper argumentierte, dass eine Überprüfung für die Legitimation als Volksvertreter selbstverständlich sei. Ich denke nicht, dass Sie dieser Dame noch einmal widersprechen wollen.
(Beifall bei der CDU - Wolfgang Kubicki [FDP]: Alle berufen sich auf Pieper! Wie weit sind wir gekommen! - Heiterkeit)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie merken es: An einem „Stasi-Check“ auf der Grundlage der nunmehr vorliegenden RosenholzDateien scheiden sich die Geister. Der Kollege Schlie hat darauf hingewiesen. Wenn man die Presse der letzten Wochen anschaut, wird ersichtlich, dass sich die Meinungen hierzu quer durch alle Parteien bewegen. Dabei zeigt sich eine Art Ost-West-Konflikt. Ostdeutsche Politiker sind eher pro und westdeutsche Politiker eher contra einer Stasiüberprüfung von Mandatsträgern eingestellt. Das ist alleine schon aus der räumlichen Nähe und der daher unterschiedlichen Wahrscheinlichkeit von persönlichen Beziehungen zur Stasi nachvollziehbar. Aber den RosenholzDateien sind unter anderem rund 1.900 Namen von Westdeutschen - ich nenne sie einmal: - „Spionen“ genannt, die für die DDR tätig gewesen sein sollen. Daher besteht natürlich auch ein West-Interesse.
Auch wenn ein Großteil der daraus ermittelbaren Straftaten bereits verjährt ist, haben die Dateien eine besondere politische Bedeutung in Bezug auf Menschen, die, wie es so schön heißt, im Kriegs- und Spannungsfall eingesetzt werden sollten, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Dass aber nicht immer freiwillig eine Aufnahme in diesen Personenkreis erfolgte, wissen wir spätestens seit dem Fall Günther Wallraff. Dass das Material von einem Unrechtsregime unter Missachtung aller Bürgerrechte mit dem Ziel der Unterdrückung von politischen Bewegungen und auch zur Begehung von Straftaten zusammengetragen wurde, wissen wir auch. Daher gibt es auch keine Garantie, dass das, was da zusammengetragen wurde, auch stimmt. Vielleicht ist es nur stimmig gemacht worden. Deshalb ist auch der Aussage- und Beweiswert der Rosenholz-Dateien immer noch ungeklärt und umstritten. Selbst auf der Webseite der Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen wird gewarnt - ich zitiere -:
„Eine umfassende Aufarbeitung der Tätigkeit der Hauptverwaltung Aufklärung wird erst dann möglich sein, wenn alle o. g. Unterlagen zurückgegeben wurden und diese auch mit anderen bei der BStU schon vorhandenen Karteien, Dokumenten und Unterlagen in Bezug gebracht werden können. Bei nur punktueller Nutzung der Informationen kann es schnell zu Fehlinterpretationen kommen.“