Meine Damen und Herren, den Gesetzentwurf der Bundesregierung lehnen wir ab, weil er eine wesentliche Komponente des Modells der kommunalen Spitzenverbände nicht enthält, nämlich die Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage um gewinnunabhängige Elemente wie Zinsen, Mieten, Pachten und Leasingraten. Hier geht die Bundesregierung sogar noch hinter die geltende Rechtslage zurück, und entgegen ihrer Zusage vor der Sommerpause, die Vorschläge der Kommunen in Gänze zu übernehmen, sind die Eichels und Clements dann doch noch auf der Zielgeraden vor dem Druck der Wirtschaftslobby zurückgewichen und eingeknickt. Die Kommunen wehren sich unseres Erachtens zu Recht dagegen, dass ihre diesbezüglichen Vorschläge mit dem Schlagwort „Substanzbesteuerung“ diskreditiert werden. Ich zitiere dazu:
„Es geht eben nicht darum, dass bei Unternehmen, die in Verlustzonen stecken, Zinsen, Mieten und Pachten besteuert werden. Tatsächliches Ziel des Vorschlages der Städte und Gemeinden ist es, durch die Besteuerung von Zinsen, Mieten und Pachten mehr Steuergerechtigkeit vor allem zwischen dem Mittelstand und großen Unternehmen herzustellen.“
„Keine Stadt wird den Konkurs eines ansässigen Unternehmens in Kauf nehmen, indem sie bei gravierenden Liquiditätsengpässen einer Firma auf der umgehenden Zahlung der Gewerbesteuer beharrt. Keine Stadt wird wegen einmaliger Gewerbesteuerzahlung dauerhafte Arbeitsplätze und dauerhafte Gewerbesteuerzahlungen eines Unternehmens aufs Spiel setzen. Die Kommunen nutzen deswegen ihr Recht, Steuerschulden zu stunden.“
Wenn Sie wissen wollen, von wem diese Zitate stammen, dann sage ich es Ihnen: Sie stammen von der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU).
Die Anträge von CDU und FDP lehnen wir ab, weil beide Fraktionen die Gewerbesteuer am liebsten ganz abschaffen und durch erweiterte Mischfinanzierungen im Bereich von Einkommen-, Körperschafts- und/oder Umsatzsteuer ersetzen würden.
Zur Problematik der Mischfinanzierungen hat der Kollege Hentschel gestern in der Haushaltsdebatte schon das Notwendige gesagt. Wollten wir nicht alle gemeinsam auf den Abbau vorhandener Mischfinanzierungen hinwirken?
Auch das von der FDP geforderte eigene Hebesatzrecht der Gemeinden auf die Einkommensteuer ist als Alternative, Herr Kollege Garg, zur Gewerbesteuer ungeeignet, weil es die Wirtschaft bei der Mitfinanzierung gemeindlicher Aufgaben entlasten - hier könnten wir noch dafür sein -, dafür aber die Einkommen- und Lohnsteuerzahler, also wieder einmal die Arbeitnehmer, zusätzlich belasten würde. Das ist mit uns nicht zu machen.
Nein, meine Damen und Herren, wir treten dafür ein, dass die Gewerbesteuer mit eigenem Hebesatzrecht als Grundlage kommunaler Besteuerung der ortsansässigen Wirtschaft erhalten bleibt. Wir wollen, dass in den Kreis der Steuerpflichtigen auch die Freiberufler einbezogen werden. Dies sieht immerhin auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Warum sollen eigentlich die Freiberufler nicht mit einbezogen
Nach unstreitiger wirtschaftswissenschaftlicher Definition, Herr Kubicki, ist Gewerbe eine auf Gewinnerzielung gerichtete, auf Dauer angelegte, selbstständig ausgeübte berufliche Tätigkeit oder - noch kürzer - jede selbstständige nachhaltige Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht. Warum sollten darunter die freien Berufe nicht fallen? Nur weil sie in verschiedenen Steuergesetzen bisher aus der Begriffsbestimmung ausdrücklich herausgenommen und damit materiell privilegiert werden? Findet in Anwaltskanzleien, Arztpraxen und Architektenbüros etwa keine eigennützige erwerbswirtschaftliche Tätigkeit statt, die dem Betreiben eines normalen Handwerks-, Handels- oder Dienstleistungsunternehmens entspricht? Ist die Anwaltssozietät Kubicki und Kerssenbrock lediglich eine Wohltätigkeitsveranstaltung, Herr Kubicki,
in der ohne erwerbswirtschaftliche Hintergedanken rein gemeinnützige Motive verfolgt werden? Das glaube ich nicht, Herr Kollege Kubicki.
Die bisherige Ausnahme der Freiberufler von der Gewerbesteuerpflicht ist ein alter Zopf, der abgeschnitten werden muss, weil er der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realität nicht oder jedenfalls nicht mehr entspricht. Die gemeindliche Infrastruktur, die aus der Gewerbesteuer zu finanzieren ist, wird gleichermaßen für alle in betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen arbeitenden Selbstständigen bereitgestellt. Sie sollten deshalb auch alle gleichermaßen zur Steuerzahlung herangezogen werden, so wie es zumindest der Gesetzentwurf der Bundesregierung vorsieht.
Da der Gesetzentwurf der Bundesregierung allerdings wesentliche Teile des kommunalen Modells noch nicht enthält - ich habe sie genannt -, bitten wir die Landesregierung heute erneut, sich auf Bundesebene auch weiterhin im Sinne und im Interesse unserer schleswig-holsteinischen Kreise, Städte und Gemeinden für diese Punkte einzusetzen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, die Debatte, die etwas an Fahrt gewonnen hat, wieder auf eine sachliche Ebene zu bringen.
Zunächst möchte ich Herrn Kollegen Garg sagen, dass die intellektuellen Ansätze Ihres Antrages für uns durchaus nachvollziehbar sind. Wir als Union und Mehrheitsfraktion in den meisten Kommunen sind jedoch an praktikablen Lösungen interessiert. Ihr Modell - das wissen Sie wahrscheinlich selber - ist natürlich kein Modell, das ab dem 1. Januar nächsten Jahres in Kraft treten kann. Wir brauchen ein Modell, das den Kommunen schnell finanzielle Entlastungen bringt.
Beim Kollegen Puls hatte ich den Eindruck, dass er unseren Antrag nicht gelesen hat. Er hat versucht, uns in die gleiche Ecke zu stellen. Ich finde, wir sind nicht nur seit der Kommunalwahl, sondern schon viel länger - viele Kollegen unserer Fraktion sind ja kommunalpolitisch tätig - unserer besonderen Verantwortung gegenüber den Kommunen in SchleswigHolstein immer gerecht geworden. Wir haben versucht, dies in unserem Antrag auch zu formulieren. Ich möchte jetzt versuchen, das in meiner Rede deutlich zu machen.
Nach vielen Jahren der Untätigkeit hat die Bundesregierung jetzt einen Gesetzentwurf zur Ausweitung der Gewerbesteuer vorgelegt. Dieser Gesetzentwurf ist vor allem hinsichtlich der Einbeziehung der Freiberufler in die Gewerbesteuerpflicht für uns nicht akzeptabel. Eine überbürokratisierte, international weitgehend unbekannte und damit wettbewerbsverzerrende, konjunkturanfällige und aufgrund erheblicher Abgrenzungsprobleme ungerechte Steuer wird nicht dadurch besser, dass sie auf einen größeren Personenkreis ausgedehnt wird.
Schon jetzt wird von ca. 2,7 Millionen Steuerpflichtigen nur etwa jeder Dritte veranlagt, von denen wiederum nur wenige den Großteil der Steuereinnahmen erbringen. Jetzt soll dieser Kreis auch noch um mehr als 780.000 Personen, nämlich um die Freiberufler, erweitert werden. Die Gewerbesteuer wird auch nicht dadurch besser, dass Sie versuchen, gegen den ausdrücklichen Rat Ihres Bundeswirtschaftsministers
Das würde bedeuten, dass der Staat auch dann abkassiert, wenn die Unternehmen Verluste machen. Herr Kollege Puls, Sie haben ausgeführt, dass ja dann die Kommunen eine Stundung vornehmen könnten. Bei der derzeitigen finanziellen Situation der Kommunen ist das sehr schwierig. Ich kann das ein wenig beurteilen, weil ich Vorsitzender des Finanzausschusses unserer Gemeinde bin. Es bringt den Unternehmen keine Entlastung, wenn eine Stundung durchgeführt wird. Das sollten Sie wissen. Die Belastung an sich bleibt nach wie vor bestehen.
In einer Situation, in der der Mittelstand in Deutschland mit der schlechten wirtschaftlichen Lage zu kämpfen hat und viele Betriebe unterkapitalisiert sind, würde ein weiterer Eingriff in die Substanz stattfinden. Eine solche Politik ist verantwortungslos, weil es gerade der Mittelstand ist, der in unserem Land Arbeits- und Ausbildungsplätze in erheblichem Umfang zur Verfügung stellt.
Aus diesem Grunde hatte selbst Ihre eigene Bundesregierung davon Abstand genommen, die Substanz mittelständischer Unternehmen zusätzlich zu besteuern. Dies wäre wirtschaftsfeindlich und arbeitsplatzgefährdend.
Die von der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Antrag geforderte Steuererhöhung lehnen wir deshalb entschieden ab. Es darf hierbei nicht um Steuererhöhungen, sondern es muss um eine gerechte und der Verfassung entsprechende Verteilung der Steuereinnahmen durch die Senkung der Gewerbesteuerumlage gehen.
Das Ergebnis der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission kommt viel zu spät. Es ist deshalb klar, dass dieser Gesetzentwurf nicht kassenwirksame Verbesserungen der kommunalen Einnahmen im nächsten Jahr herbeiführen kann. Wir erkennen die Notwendigkeit an, dass für einen überschaubaren Zeitraum die Gewerbesteuer nicht abgeschafft werden kann. Wenn aber die Gewerbesteuer mit ihren auch konjunkturell bedingten dramatischen Einbußen vorübergehend beibehalten werden muss, muss es flankierende Maßnahmen für die Kommunen geben. Die Union bleibt deshalb bei ihrer Forderung nach
einem Sofortprogramm zur finanziellen Entlastung der Kommunen. Es ist nach wie vor richtig und notwendig. Ich darf die Forderungen unseres Sofortprogramms noch einmal kurz skizzieren.
Erstens die sofortige Absenkung der Gewerbesteuerumlageü zweitens die Erhöhung der kommunalen Anteile der Umsatzsteuer, drittens die Aufnahme des Konnexitätsprinzips in das Grundgesetz und viertens, dass es bei der geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer stärkeren Entlastung der Kommunen kommt. Des Weiteren fordern wir die Landesregierung auf, die von ihr selbst verursachte Schwächung der Finanzlage der kommunalen Ebene in Schleswig-Holstein zu korrigieren.
Es darf keine weiteren Entnahmen aus den Finanzmitteln der kommunalen Ebene zur Finanzierung des Landeshaushaltes geben. Wir brauchen vielmehr eine nachhaltige Stärkung der Investitionsfähigkeit der Kommunen durch eine angemessene Finanzausstattung, nämlich die sachgerechte und transparente Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs, eine zügige Umsetzung der Funktionalreform mit vorheriger Definition durch das Land, welche Aufgaben wegfallen müssen,