Protocol of the Session on August 28, 2003

(Irene Fröhlich)

sich zunehmend in Richtung der Beraterin, des Beraters. Daher begrüße ich es außerordentlich, dass nun auch das juristische Universitätsstudium mit einem bekannten und anerkannten Abschluss, nämlich dem Diplom, enden kann. Das schafft denjenigen eine bessere Perspektive, die auf das Referendariat verzichten wollen, weil sie weder eine Stellung im öffentlichen Dienst noch den Beruf der Anwältin oder des Anwalts anstreben. Das spart letztlich auch uns als Land Kosten für die Referendariatsausbildung ein.

Ich bin froh, dass die Ministerin in ihrer sehr abgekürzten Rede - womit sie uns eigentlich ein gutes Vorbild geben wollte - darauf hingewiesen hat - das heißt für mich, dass es sehr hoch angesiedelt worden ist -, dass man auch im Vorfeld schon Gespräche mit der Fakultät geführt hat und die Fakultät mit im Boot ist, wenn es um die Reform der Juristenausbildung geht. Das muss sie auch sein. Das ist gar keine Frage.

Gleichzeitig will ich betonen: Auch die Juristische Fakultät unserer Universität in Kiel wird sich einem solchen Instrument wie zum Beispiel der Evaluation und dem Instrument der Zielvereinbarungen stellen müssen, wird also insofern einem Modernisierungsdruck ausgesetzt werden müssen. Das halte ich für richtig und zumutbar.

(Beifall der Abgeordneten Ingrid Franzen [SPD])

Auch da sind die Straßen niemals Einbahnstraßen, sondern haben zwei Richtungen. Dass es vielleicht auch noch Wünsche zu erfüllen gibt, dass man sich fragen kann, ob das Prüfungsamt in Schleswig sein muss oder ob es nicht da sein könnte, wo überwiegend die Studierenden sind, kann man vielleicht noch überlegen. So viel in diesem Zusammenhang.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Machen wir einen Doppelsitz!)

Das Bundesverfassungsgericht schätzt, dass 80 % des Wirtschaftsrechts und 50 % aller Gesetze insgesamt gemeinschaftsrechtlichen Ursprungs seien. Das nationale Recht wird gegenüber dem europäischen Gemeinschaftsrecht mehr und mehr zurücktreten. Diesen Tatsachen wurden die bisherigen Ausbildungsordnungen nicht gerecht. Eine stärkere Orientierung nicht nur auf die Vermittlung von Fremdsprachen, sondern auch auf das Europarecht tut ganz gewiss Not.

Mit der universitären Schwerpunktbereichsprüfung wird die Chance zu früherer Spezialisierung geboten, als es bisher der Fall war. Auch das wird dazu beitragen, dass der frühe Weg in die Praxis, in die Rechtsanwaltskanzleien eher zu gehen sein wird als früher,

als man sozusagen umfassend juristisches Wissen nachweisen musste, sodass man eigentlich ohne zusätzliche Kurse, die man meistens selber bezahlen musste, gar nicht in die Prüfung gehen konnte.

Es ist kein Geheimnis, dass die Masse der Regelungsinhalte ständig anwächst, nicht zuletzt auch durch das schon erwähnte europäische Recht. Gestern wurde ja dazu in der Zeitung etwas mitgeteilt. Wir haben es zur Kenntnis genommen, aber wir werden auch das mit in die Beratung einfließen lassen müssen.

Dieser Tatsache wird der Generaljurist nicht mehr gerecht. Die Einrichtung der universitären Schwerpunktsbereichsprüfung bietet auch den Universitäten mehr als bisher die Möglichkeit, sich ein eigenes Profil zu schaffen und in den Wettbewerb um die Studenten einzutreten. Das kommt nicht zuletzt der Qualität der universitären Ausbildung zugute.

All diese Neuerungen werden die Juristenausbildung stark verändern. Ich bin froh, dass die Regelungen nunmehr als Gesetzentwurf neu gefasst wurden und damit dem Parlament die Chance gegeben worden ist, sich an der Ausbildungsreform zu beteiligen. Ich finde, wir haben eine gute Grundlage für eine Debatte, vielleicht auch für eine längere Debatte im Ausschuss und eine besser platzierte Debatte im Plenum. Das können wir beim nächsten Mal abschließen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich versuche, meine Rede etwas kürzer zu fassen. Ich finde es bedenklich - das haben meine Kollegen vorhin schon gesagt -, dass wir über dieses Thema heute reden. Das Problem ist nämlich: Wir haben heute im Laufe des Tages verschiedene Redebeiträge gehört. Immer wieder wurde darauf hingewiesen, wie die gesetzlichen Grundlagen aussehen. Man konnte zum Teil auch vom Verständnis her sehen, dass es nicht immer richtig angekommen war und Hilfe benötigt wurde. Insbesondere Gesetze und Anträge, die wir hier im Landtag beschließen, werden von den Juristinnen und Juristen, den Einheitsjuristen, bearbeitet. Genau deshalb ist diese Form der Ausbildung sehr wichtig. Darüber hinaus sind das die Menschen - das muss man sich ebenfalls klarmachen -, die später darüber entscheiden, ob einem Menschen die Freiheit entzo

(Silke Hinrichsen)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst

gen wird oder nicht. Ich finde es ganz wichtig, dass deren Ausbildung hundertprozentig gut wird.

(Beifall bei SSW, SPD, CDU und FDP)

Genau deshalb würde ich mich freuen, wenn wir uns in der zweiten Lesung mit diesem Thema intensiver beschäftigten.

Wir haben uns bereits im April mit der Juristenausbildung beschäftigt. Damals haben wir nämlich den Bericht der Justizministerin erhalten. Schon damals hatte sie den Gesetzentwurf angekündigt. In der neuen Ausbildung bleibt es bei der Zweistufigkeit. Ich darf darauf hinweisen, dass wir uns auch über diese Themen schon des Öfteren unterhalten haben. Ferner orientiert sich das Ausbildungsziel auch weiterhin an dem Bild des Einheitsjuristen.

Ich möchte jetzt nur einen Aspekt aus meiner Rede herausgreifen. Den Rest kann ich im Ausschuss erörtern. Für mich war es spannend zu sehen, wie die Ausgestaltung auf die rechtswissenschaftlichen Fremdsprachenkenntnisse aussieht. Ich möchte darauf hinweisen, warum ich das für absolut notwendig halte und warum nicht nur Englisch, Spanisch und Französisch, sondern auch andere Sprachen wichtig sind.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dänisch!)

- Die skandinavischen! - Es gibt in den einzelnen Ländern verschiedene Rechtsordnungen, die über das internationale Privatrecht gelöst werden. Das Problem ist häufig, dass das IPR nicht unbedingt die Lösung der Fälle bieten kann, und zwar deshalb, weil hinter den jeweiligen Sprachen ein unterschiedliches Rechtsverständnis liegt. Ich möchte darauf hinweisen, dass das englische Recht erheblich anders funktioniert als das deutsche. Es gibt auch viele andere Rechtssysteme, die wir möglicherweise vor diesem Hintergrund genau kennen sollten. Hinzu kommt, dass andere gesellschaftliche Konsense hinter diesen Rechtsordnungen stehen, die häufig für das Verständnis ganz wichtig sind und zur Lösung von Fällen beitragen können. In dem Zusammenhang möchte ich ein Beispiel nennen: Allein das Ausfüllen eines deut

schen Prozesskostenhilfeantrags für jemanden, der aus dem Ausland kommt und dort lebt, ist fast unmöglich, weil es - -

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist auch für einen Deutschen fast unmöglich!)

- Nein, weniger wegen der deutschen Sprache, weil man diese ja übersetzen kann. Das Problem ist, dem Gericht klarzumachen, dass es unterschiedliche Lebensbedingungen gibt und jemand, der ein Haus hat, nicht unbedingt reich ist. Ich habe das einmal erlebt. Mir wurde von einem Richter gesagt, dass es so nicht sein kann. Ich habe darauf geantwortet, dass der Mensch in Dänemark lebt, wo es ganz andere Einkommen und Ähnliches gibt. Das war dem Gericht kaum klarzumachen. Deshalb halte ich es für wichtig, dass die gesellschaftlichen Zusammenhänge mit gelehrt werden. Das werden sie nach meiner Ansicht, wenn die Fremdsprachenausbildung mit der Rechtswissenschaft verbunden wird.

Ich meine, wir sollten uns im Ausschuss weiter darüber unterhalten. Ich wollte nur sagen, dass das nur ein Problembereich war. Die Kolleginnen und Kollegen haben noch andere Problembereiche angesprochen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 15/2837, an den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss überweisen will, den darf ich um das Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig erfolgt.

Damit sind wir am Ende der heutigen Sitzung. Wir unterbrechen die Tagung bis morgen früh 10 Uhr.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 18:35 Uhr