Dabei ist es lebens- und liebenswert geblieben. Damals mussten wir zum Beispiel bei den Kindergartenplätzen fast bei null anfangen. Das galt aber leider nicht für die Schulden. Schleswig-Holstein war schon beim Regierungswechsel - in Zeiten mit einer viel geringeren Arbeitslosigkeit und in der Regel höheren Wachstumsraten - eines der am stärksten verschuldeten Länder.
- Das ist gar nicht komisch, meine Damen und Herren auf der rechten Seite. - Trotz der Geldentwertung tragen wir seitdem ungefähr die Hälfte der heutigen nominellen Zinslast mit uns herum. Mit der anderen Hälfte finanzieren wir unsere Investitionen in Schulen und Hochschulen, einen kundenfreundlichen ÖPNV, die innere Sicherheit, eine leistungsfähige Justiz, eine soziale Infrastruktur, den Umweltschutz und gute Rahmenbedingungen für den Wirtschafts- und Arbeitsmarkt.
Zusätzlich finanzieren wir noch den Aufbau Ost und erhebliche Steuerentlastungen für die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger.
All dies hat unseren finanziellen Spielraum weiter eingeschränkt, sodass wir in der Vergangenheit - wie die meisten anderen Länder auch - den Haushalt auch durch Verkäufe von Landesvermögen ausgleichen mussten. Diese Reserven sind nun weitgehend erschöpft.
Wir haben es mit einer dramatischen Entwicklung zu tun. Die in der Geschichte der Bundesrepublik bisher einmalige Situation einer Stagnation im dritten Jahr hintereinander mit einer unverändert hohen Arbeitslosigkeit ist besonders schlimm für die Menschen, die ihren Arbeitsplatz oder ihren Betrieb verlieren. Sie sprengt die Kassen der sozialen Sicherungssysteme und die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben, da Steuer- und Beitragseinnahmen fehlen und gleichzeitig die sozialen Transferkosten steigen. Hinzu kommt eine sehr negative demographische Entwicklung: Die Menschen leben erfreulicherweise zwar länger, gleichzeitig werden aber zu wenige Kinder geboren. Daneben scheitert eine vernünftige Zuwanderungspolitik noch immer am Widerstand der ewig Gestrigen.
Auch die SPD-geführten Landesregierungen - das will ich gerne einräumen - haben Fehler gemacht. Vielleicht haben wir die Verwaltungsreform manchmal etwas zu behutsam vorangetrieben und Projekte zu lange gefördert, die nicht hätten gefördert werden müssen.
Wir müssen auch einräumen, dass wir Effektivitäts- und Effizienzpotenziale zumeist eher zum Ausbau von Leistungen als zur strukturellen Ersparnis genutzt haben.
- Herr Kalinka, ich hoffe, Sie finden das auch dann noch gut, wenn ich weiter spreche. Eigentlich möchte ich aber nicht auf Ihr Niveau sinken.
Es gehört auch zum guten Stil, einzuräumen, dass nicht jede Kritik, die die Oppositionsfraktionen in den letzten Jahren vorgetragen haben unberechtigt war. Manchmal haben sie sogar einen konkreten und vernünftigen Vorschlag gemacht; das war aber schon seltener der Fall.
Dennoch muss man feststellen, dass durch die finanziell ausgereizten Haushalte und das kurzfristige Kalkül des notwendigen Haushaltsausgleichs eine langfristig angelegte Entlastung oftmals verhindert wurde. Ich erinnere besonders an die prinzipiell richtige Idee, die künftigen Pensionsausgaben über einen erhöhten Angestelltenanteil - etwa bei Lehrern - zu dämpfen. (Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Hier ist es umgekehrt: Wir haben in dieser Frage gezwungenermaßen wider besseres Wissen gehandelt. Die rechte Seite dieses Hauses ist hier bekanntlich immer noch ebenso uneinsichtig wie der Landesrechnungshof.
- Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen. - So falsch es wäre, die Vergangenheit zu vernachlässigen, so absurd wäre es, die Haushaltsprobleme SchleswigHolsteins der Landesregierung zuzuschreiben.
Ich habe die Haushaltsdebatten der letzten Jahre im stenografischen Protokoll nachgelesen. Es würde mich wundern und zugleich freuen, wenn uns der Herr Oppositionsführer heute die x-te Wiederholung der diesbezüglich wenig einfallsreichen Stehsätze seiner früheren Haushaltsreden im Sinne von „same procedure as every year“ ersparen würde.
Richtig ist nämlich vielmehr: Praktisch alle Länder, der Bund und die Kommunen haben die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit überschritten. Wir alle haben über unsere Verhältnisse gelebt und notwendige Strukturreformen verschlafen. Wir alle müssen jetzt auch die strukturellen und konjunkturellen Probleme zugleich und entschlossen angehen. Im Augenblick ist das Reformfenster geöffnet. Diese Chance darf nicht vertan werden.
Zu den Quellen gelangt man bekanntlich gegen den Strom. Das gilt ungeachtet der öffentlichen oder veröffentlichten Meinung auch für die Quellen der Strukturprobleme der öffentlichen Haushalte. Nur wenn die Furcht vor Veränderung und die Flucht vor der eigenen Verantwortung ausgeprägt sind, kann man wie der niedersächsische Minderpräsident Wulff darauf hoffen, dass einem Mehreinnahmen in den Schoß
fallen. Anders kann ich seine öffentliche Ankündigung, dass Niedersachsen für den Fall, dass die Bundesratsmehrheit Reformen erfolgreich blockiert, auf Jahre hinaus keine verfassungsgemäßen Haushalte aufstellen könne, nicht verstehen. Ich möchte nicht wissen, wie die Reaktion hier aussähe, wenn ein Mitglied dieser Landesregierung eine solche Aussage in diesem Hause machen würde.
Wir haben unsere Hausaufgaben bei der Aufstellung dieses Doppelhaushaltes erledigt. Wir haben festgelegt, wo und wie wir uns im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss für Weichenstellungen bei den Sozialreformen, dem Subventionsabbau und der kommunalen Finanzreform einsetzen. Daneben haben wir auch entschieden, was wir in Schleswig-Holstein tun müssen, um die Ausgaben zu begrenzen und die Einnahmen zu erhöhen. Wir ducken uns nicht weg, um über den Wahltag im Februar 2005 zu hecheln. Ich wundere mich über die Selbstverständlichkeit, mit der der Union seit Monaten zugestanden wird, die bayerische Landtagswahl abzuwarten, obwohl die Bürgerinnen und Bürger auf die Entscheidungen über die Strukturreformen nun wirklich nicht länger warten können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die schleswig-holsteinische Landesregierung legt Ihnen heute einen verfassungsgemäßen Haushalt vor, durch den sie deutlich macht, wo sie investieren will, wo sie mehr Geld ausgeben will und muss und in welchen Bereichen sie weniger ausgeben, also sparen, muss. Details mögen - wie könnte es bei einem Doppelhaushalt in dieser wirtschaftlichen Gesamtwetterlage anders sein - gerade für 2005 noch fehlen. Die Richtung ist aber klar und die Prämissen will ich hier und heute erläutern. Ich bin gespannt, ob sich die Oppositionsredner heute damit auseinander setzen und sagen werden, wo sie von abweichenden Annahmen ausgehen, und ob sie ihre eigenen, vielleicht auch anderen, Vorstellungen darlegen. Wahrscheinlich werden Sie sich dieser Aufgabe aber wie in den letzten Jahren wieder mit der Ausrede entziehen, dass Sie nicht dazu da sind, „die Kastanien aus dem Feuer zu holen“, wie Herr Kayenburg vor drei Jahren Ihren Mangel an konzeptionellen Alternativen an dieser Stelle verbal verbrämt hat.
Für 2004 gehen wir von einer moderaten Erholung der Wirtschaft aus. Immer mehr Indikatoren zeigen in diese Richtung und Institute wie das ZEW oder
Ifo - gerade gestern - bestätigen dies. Mit am wichtigsten ist aber, dass die eingeleiteten Reformen in Deutschland - gerade auf dem Arbeitsmarkt - zusammen mit einer verantwortlichen, das heißt stimulierenden Finanzpolitik von Bund und Ländern den Weg dafür ebnen.
Ich komme zu den angekündigten Einnahmeverbesserungen. Für 2004 haben wir vorsichtig geschätzt und nur Mehreinnahmen aus dem im zweiten Anlauf deutlich verbesserten Gesetz zur Steuerehrlichkeit eingestellt. Damit ergeben sich meines Erachtens auch Spielräume für die Erbringung der globalen Minderausgaben, die übrigens nicht höher sind als in diesem Jahr, auch wenn sie natürlich grundsätzlich zu Recht die kritische Aufmerksamkeit des Parlaments finden.
2005 werden wir die Reformmaßnahmen noch verstärken müssen. Damit meine ich, dass wir sowohl Steuerreformen, einen nachhaltigen Subventionsabbau, eine vernünftige kommunale Finanzreform als auch eine Überprüfung der Leistungsgesetze von Bund und Ländern brauchen. All dies wird 2005 deutliche Früchte tragen und zu einer erheblichen Entlastung der öffentlichen Hauhalte beitragen können.
Das hat nichts, aber auch gar nichts mit Luftbuchungen zu tun. Sie sehen, ich kenne Ihre Vorhaltungen. Das werden Sie nachher hier nämlich wieder so sagen. Das hat mit dem Vertrauen in die Richtigkeit eines Reformkurses zu tun, der, das wissen die Menschen in diesem Land genau, notwendig ist. Sie wollen allerdings auch, dass er gerecht ist und nicht für viele wenig und für wenige viel tut.
Ich verbinde dies mit der deutlichen Aufforderung an die Union, sich ihrer Verantwortung zu stellen und im Bundesrat konstruktiv mitzuarbeiten.
Sie erwecken hier immer den Eindruck, als ob Sie blockieren wollen. Als Stichworte nenne ich nur das Weihnachtsgeld für die Beamten und die modernisierte Gewerbesteuer; man könnte viele weitere anführen.
Dort, wo die Union in der Verantwortung ist, Landespolitik zu gestalten, registriert man erfreulicherweise gelegentlich die Bereitschaft, parteitaktischen Spielen abzuschwören. Dabei denke ich an Herrn Althaus und Herrn Böhmer. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass im Vermittlungsausschuss am Ende die Vernunft siegen wird. Diese Maxime gilt auch für unsere Verhandlungen mit den schleswig-holsteinischen Kom