Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kayenburg, ich gehe davon aus, dass Sie den Bericht mit den jeweiligen Anhängen genauso aufmerksam gelesen haben wie ich. In dem Bericht ist erkennbar, wo die Prioritäten zunächst gelegen haben. Das hat die Landesregierung aber nicht daran gehin
Der Bericht der Landesregierung beschränkt sich im Wesentlichen auf den derzeitigen Verfahrensstand,
die Argumentationen der Bundesländer und die Einzelelemente der vorliegenden Vorschläge aus den Geberländern und den restlichen Bundesländern. Für meine Fraktion möchte ich noch einmal betonen, dass der Weg zu einer gemeinsamen Lösung eher zu finden ist, wenn das Thema Länderfinanzausgleich in den größeren Rahmen der allgemeinen Verfassungsdiskussion gestellt wird. Wir sind der Auffassung, dass beim Thema Neuordnung der föderalen Kompetenzordnung und Finanzverfassung der Erarbeitung von Entscheidungsgrundlagen für die unmittelbaren finanzausgleichswirksamen Themen - wie Steuergesetzgebung und dieses Gestrüpp von Mischfinanzierungen - erste Priorität eingeräumt und in die Diskussion um den Länderfinanzausgleich einbezogen werden muss.
Solange sich jedoch die Landesregierungen nicht einigen können, wird der Bericht auch künftig keine konkreteren Aussagen treffen können.
Man könnte deshalb auch behaupten, dass es den vier Geberländern nur um eine Umschichtung von rund 2 Milliarden DM zu ihren Gunsten geht und dass sie, damit das nicht so auffält, eine Diskussion um Wettbewerbsföderalismus, Anreizerhöhung im Länderfinanzausgleich und Steuerwettbewerb anzetteln und das Bundesverfassungsgericht anrufen. Die SPDLandtagsfraktion ist davon überzeugt, dass die Landesregierung alles tun wird, um die Zukunftsfähigkeit dieses Bundeslandes sicherzustellen. Dabei werden wir sie - wie ich das in der letzten Debatte und heute auch von Ihnen bereits gehört habe, Herr Kayenburg auch kräftig unterstützen.
Wir wissen alle, dass der föderale Staatsaufbau der wichtigste Baustein unserer Demokratie ist. Es reicht jedoch nicht aus, mehr Einfluss für die Landesregierungen zu erringen, ohne eine Beteiligung der Landesparlamente zu erreichen. Wir wollen demokratisch legimitierte, transparente Entscheidungen von der Kommune über die Länder und den Bund bis hin zu Europa. Uns kann es auch nicht reichen, dass sich der von den Landesregierungen beschickte Bundesrat Zuständigkeiten von Europa oder vom Bund zurückholt, ohne dass die Kompetenzen der Landtage gestärkt werden.
Der Vertrag von Maastricht ist eine gute Grundlage für europäisches Handeln. Allerdings sind nur Rechte für die Bundesregierung und die Landesregierungen gesichert. Kommission und Rat haben einen Machtzuwachs erfahren, während die Rechte des Europäischen Parlaments, der nationalen Parlamente und der Landesparlamente nicht entsprechend ausgebaut wurden.
Wäre es damals nach der Staatsregierung in Bayern gegangen, dann säßen auch keine kommunalen Vertreter im Rat der Regionen. Das ist Gott sei Dank nicht durchgekommen.
In Schleswig-Holstein haben wir zwar, was die Informationspflichten der Landesregierung angeht, anderen Bundesländern einiges voraus. Die Landesregierung informiert in regelmäßigen Abständen.
Aber die SPD-Fraktion bedauert, dass die Landesparlamente in die gemeinsame Kommission von Bundesrat und Bundestag zur Reform des Föderalismus bisher nicht einbezogen sind.
Die SPD-Landtagsfraktion unterstützt die Forderung der Mehrheit der Bundesländer, allen voran Schleswig-Holstein, die Materien der konkurrierenden Gesetzgebung und der Rahmengesetzgebung mit dem Ziel einer Ländervorranggesetzgebung zu überprüfen.
In diesem Zusammenhang bitten wir um Überprüfung einer eventuellen Abschaffung der Gemeinschaftsaufgaben in Verbindung mit einer entsprechenden Finanzregelung. Wir erwarten einen Finanzausgleich, der das Prinzip der Solidarität berücksichtigt. Wir fordern die Mitglieder des Bundesrates auf, schnellst
möglich dazu beizutragen, die Blockade zwischen den so genannten Zahler- und Empfängerländern aufzulösen.
Schließlich und letztendlich muss der Gedanke der Subsidiarität auch konsequent zu Ende gedacht werden und bei einer Kompetenzverlagerung auf Länder oder Kommunen gilt es, den Konnexitätsgrundsatz auch aufseiten des Bundes und gegebenenfalls auch der EU einzuhalten.
Lassen Sie mich abschließend eine Anregung des Herrn Landtagspräsidenten aus der Juni-Tagung aufgreifen. Wir sollten, Herr Präsident, unmittelbar nach der Sommerpause, und zwar unabhängig von dem vom Kollegen Kayenburg vorgetragenen Wunsch, das im Innen- und Rechtsausschuss sowie im Finanzausschuss zu beraten, eine interfraktionelle Arbeitsgruppe unter Ihrer Federführung bilden, damit wir als Parlament unsere politischen Vorstellungen zum weiteren Verfahren bei diesem Thema auf Bundesebene einbringen können. Wir haben nämlich nicht mehr viel Zeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einer scherzhaften Bemerkung beginnen. Angesichts der Debatten, die um die Zustimmung der Bundesländer im Bundesrat zu der großen Steuerreform geführt werden, meine ich: Das Land Schleswig-Holstein bräuchte aus finanziellen Gründen dringend eine neue Regierung, die aus einer großen Koalition oder aus einer sozialliberalen Regierung zusammengesetzt werden kann; denn wenn wir heute die Zeitung aufschlagen, stellen wir fest, dass nur diese Regierungen vom Bundesfinanzminister und von der Bundesregierung mit weiteren Mitteln bedacht werden, damit sie im Bundesrat zustimmen, während Schleswig-Holstein bedauerlicherweise wieder leer ausgeht. Es wird also Zeit für eine Veränderung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Entwicklung des Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland ist durch zwei Hauptlinien geprägt, nämlich einer ausgeprägten Verpflechtung von Bund und
Ländern bei der Finanzierung der Aufgaben und der Gesetzgebung über den Bundesrat, die von den Vätern des Grundgesetzes so nicht vorgesehen war, und einer doppelten Kompetenzverlagerung, einmal von den Ländern zum Bund und als Folge dieser Entwicklung innerhalb der Länder von den Parlamenten zu den Landesexekutiven. Diese innerdeutschen Entwicklungen werden zusätzlich von einer Kompetenzverschiebung aus beiden Staatsebenen hin zur Europäischen Union überlagert.
Dieser Befund ist per se weder positiv noch negativ. Die Bewertung ist abhängig von den Zielvorstellungen, die mit der föderalen Struktur eines Landes verbunden werden. Mehr Kompetenz für die Länder bedeutet mehr Vielfalt und damit automatisch mehr Ungleichheit. Mit einer derartigen föderalen Struktur geht automatisch auch ein weniger stark nivellierender Finanzausgleich einher - und umgekehrt.
Aus diesem Grund ist auch die Diskussion um die konkrete Ausgestaltung des Länderfinanzausgleichs müßig, wenn nicht vorher geklärt ist, welche Grundausrichtung angestrebt wird, Konkurrenz oder Konkordanz.
Es kann nicht sein, dass wie bisher auf 99,5 % der Finanzkraft nivelliert wird. Das ist keine Solidarität, sondern das ist Gleichmacherei. Um Missverständnisse gleich auszuschließen: Das ist kein Plädoyer für den Abschied vom Finanzausgleich. Die Bundesrepublik ist ein dicht besiedelter Staat mit relativ geringer Fläche. Damit besteht ein ungleich größerer Zwang zur Vereinheitlichung als etwa in den so gern als Beispiel herangezogenen USA, in denen einzelne Bundesstaaten bei einer ungleich geringeren Bevölkerungszahl so groß sind, dass die Bundesrepublik mehrfach hineinpassen würde.
Wenn ich die Diskussion betrachte, dann kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass nicht wenige der Diskutanten unehrlich sind. Mehr Steuerkompetenzen oder eigene Erhebungs- oder Zuschlagsrechte für die Länder passen nicht mit einer umfassenden Nivellierung zusammen. Sonst bezahlen - vereinfacht gesagt - die anderen Länder über den Finanzausgleich die niedrigen Steuern eines Landes.
Zur Ehrlichkeit gehört auch zu sagen, dass es einen Zielkonflikt zwischen dem Wunsch nach Reformen und der realen Kassenlage gibt.
So manche gewünschte Veränderung geht leider zulasten der Einnahmen und wird wohl dem leeren Landessäckel in den jeweiligen Ländern geopfert werden müssen. Herr Staatssekretär Döring hat im Finanzausschuss in der ihm eigenen offenen Art schon sehr viel Richtiges zum Thema Verhandlungstaktik des Landes gesagt. Weiteres erübrigt sich an dieser Stelle.
Es ist eine Binsenweisheit: Das Ziel einer Neuordnung muss eine Vereinfachung des Finanzausgleichs und die Entflechtung von Kompetenzen sein. Das Wort „radikal“ spare ich mir in Verbindung mit Vereinfachung, denn ein Kompromiss der 16 Länder untereinander unter Berücksichtigung der Anliegen des Bundes wird wohl nie radikal einfach sein können. Der Kuhhandel sei davor.
Die Diskussion um die Verwaltungsmodernisierung wurde mit dem Schlagwort der „organisierten Unverantwortlichkeit“ begonnen. Die Analogie zur föderalen Struktur in Deutschland ist unübersehbar. Der Bericht führt aus, dass die Grundzüge des heutigen kooperativen Föderalismus mit der großen Finanzverfassungsreform aus den Jahren 1969/70 eingeführt und damit die damals bereits übliche gängige Staatspraxis auf eine klare verfassungsrechtliche Grundlage gestellt wurde.
Es war die Zeit von Plisch und Plum, der Globalsteuerung, einer fast schon naiven Gläubigkeit an die Gestaltbarkeit der Welt. Die Reformen sind ein Ausfluss der Einschätzungen der damaligen Zeit. Vor 30 Jahren gab es noch die gute alte Bundesrepublik, in der die Zuwächse umverteilt werden konnten. Alle hatten mehr, niemand weniger.
Ich bin mir sicher, dass diese Verflechtung schon damals ein Fehler war und maßgeblich dazu beigetragen hat, dass viele der Probleme - etwa im universitären Bereich - überhaupt erst entstanden sind. Die Trennung von Ausgaben- und Aufgabenkompetenzen hat sich zumindest bei den Gemeinschaftsaufgaben nicht bewährt. Frau Kähler, ich stimme Ihren Ausführungen ausdrücklich zu. Sie sollten, wo immer möglich, zusammengeführt werden, um wieder klare Verantwortungsstrukturen zu erhalten.
Fünf Minuten Redezeit reichen für ein derart komplexes Thema wie die Reform des Föderalismus leider nicht aus, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deshalb auch nur eine kurze Anmerkung zur europäischen Ebene, die mir gegenwärtig am meisten Besorgnis bereitet. Meine Partei macht sich für eine europäische Verfassung stark. Ob sie tatsächlich so dringend notwendig ist, wie behauptet wird, da bin ich mir nicht so sicher. Aber einen Vorteil hätte sie auf jeden Fall. Die europäische Einigung wurde bisher über die sektorale Integration vorangetrieben. Beginnend mit