Protocol of the Session on January 22, 2003

Deswegen habe ich gefragt. Der Antrag ist aufgerufen. Ich habe gefragt, ob das Wort zur Begründung gewünscht wird. Dem war nicht so.

Der Antrag lautet wie folgt:

„Die Landesregierung wird aufgefordert, in der 28. Tagung des Landtages einen Frauengesundheitsbericht vorzulegen. Der Bericht soll eingehen auf die gesundheitspolitischen Fragestellungen, die sich nicht nur aus den biologischen Unterschieden zwischen Frau und Mann ergeben, sondern auch aus den unterschiedlichen Erwerbs- und Lebensbedingungen.

Der Bericht soll darüber hinaus auch Möglichkeiten aufzeigen, wie die aufgeworfenen gesundheitspolitischen Fragen in der Regelversorgung Einzug halten können. Im Einzelnen soll der Bericht unter anderem eingehen auf die Themen Mammographie und Gebärmutterkrebs, Müttersterblichkeit und Sicherheit von Müttern, Müttergenesung und Erziehungsbelastung.

Ein besonderer Schwerpunkt des Berichts soll auch der Situation von Frauen in der Pflege gewidmet sein. Dies beinhaltet sowohl die Frauen, die gepflegt werden müssen, als auch die Frauen als pflegende Angehörige.

Ein weiterer Schwerpunkt, der in dem Frauengesundheitsbericht enthalten sein soll, ist der Bereich ‚Frauen und Sucht’.

Werner Kalinka und Fraktion“

Deswegen darf ich noch einmal fragen: Wird das Wort zur Begründung gewünscht?

(Wortmeldung des Abgeordneten Heinz Maurus [CDU])

- Das Wort hat der Fraktionsgeschäftsführer der CDU.

Herr Präsident! Auf Wunsch der SPD-Fraktion sollte heute erst einmal über den Berichtsantrag selbst gesprochen werden, bevor der Bericht gegeben wird.

(Holger Astrup [SPD]: Korrekt! - Klaus Schlie [CDU]: Also keine Begründung!)

Dann werden wir als Präsidium diesem dem Präsidenten bisher nicht vorgetragenen Wunsch gleichwohl entsprechend verfahren und dann zunächst ohne Bericht der Landesregierung über den Berichtswunsch als solchen im Parlament diskutieren. Ich das Haus mit diesem Verfahren einverstanden? - Das ist wunderbar.

Dann eröffne ich in diesem Sinne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU hat der Abgeordnete Werner Kalinka.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich teile Ihre Überraschung. Auch ich sehe dieses Verfahren als ein wenig ungewöhnlich an. Ich möchte gleich ein paar Sätze dazu sagen.

Ein Frauengesundheitsbericht in SchleswigHolstein ist überfällig. Da ein solcher bisher nicht vorliegt und seitens der Landesregierung für uns keine Aktivitäten erkennbar sind, einen solchen Bericht vorzulegen, hat die CDU-Fraktion beantragt, dem Parlament einen solchen Bericht zu geben.

Ich möchte darauf verweisen, dass es einen entsprechenden Bericht in Hamburg, Bremen, Nordrhein

(Werner Kalinka)

Westfalen und Baden-Württemberg gibt. Umso erstaunlicher finde ich es, dass - was ich aus der Koalition bisher höre - dieser Antrag abgelehnt werden soll.

Wir hatten als CDU im November vergangenen Jahres einen Antrag gestellt und Sie hatten vonseiten der SPD darum gebeten, darüber noch einmal zu sprechen und Änderungen oder Ergänzungen vorzunehmen. Dies ist bis zur Stunde nicht erfolgt. Ein solcher Stil wird weder den Interessen der Frauen noch dem Umgang miteinander im Parlament gerecht.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Es ist wohl so - jetzt kommt von Ihrer Seite bestimmt ein bisschen Empörung -, dass es vielleicht nicht passt, dass dieser Antrag von der CDU kommt. Vielleicht hätten Sie sich das lieber bei sich gewünscht; dann hätten Sie damit kommen müssen.

(Unruhe)

- Das ist deutlich erkennbar.

Meine Damen und Herren, ich möchte darauf aufmerksam machen, dass es zum Beispiel einen Arbeitskreis am Institut für Frauenforschung und Gender-Studien an der Fachhochschule Kiel gibt, der sich mit diesen Fragen gründlich beschäftigt und - soweit ich informiert bin - auch den Wunsch hat, dass ein solcher Bericht vorgelegt wird.

Der Bericht soll auf die unterschiedlichen gesundheitspolitischen Fragestellungen eingehen, die sich auf die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau und unterschiedliche Arbeits- und Lebensbedingungen beziehen. Da Erkrankungen von Frauen und Männern unterschiedlich sind - in Symptomatik, Ausprägung, Häufigkeit und Dauer -, ist die Notwendigkeit eines solchen Berichts sicherlich unumstritten. Was darin alles aufgezeigt werden sollte - Prävention, Krankheitsbilder, Berufskrankheiten, Lebensphasen, unterschiedliche Lebensformen, Müttergenesung, Erziehungsphasen, Gesundheitsberufe -, mag man miteinander definieren, aber dass ein solcher Bericht Sinn hat, sollte in diesem Haus eigentlich nicht bestritten werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn wir diesen Bericht hätten, wäre es sicherlich auch überlegenswert, als Nächstes auch über Männergesundheit zu sprechen. Aber heute wollen wir gern erst einmal den Frauen, wie es geboten ist, den Vorrang geben.

Herr Präsident, weil unser Antrag seit November vergangenen Jahres in diesem Haus schmort, ist in

unserem Antrag noch von der „28. Tagung“ die Rede. Ich möchte die Zahl „28“ durch „34“ ersetzen. Dann hätte das Ministerium drei bis vier Monate Zeit, einen gründlichen Bericht zu erstellen, über den wir dann in Sorgfalt diskutieren könnten. Ich bitte darum, die Zahl „28“ durch die Zahl „34“ zu ersetzen und zuzustimmen, dass das Parlament von der Regierung einen Frauengesundheitsbericht wünscht.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile für die Fraktion der SPD jetzt der Frau Abgeordneten Jutta Schümann das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Frauengesundheitsbericht in der umfassenden Form, wie Sie es eben beschrieben haben, Herr Kalinka, in fünf Minuten ist wohl wirklich nicht möglich. Sie haben in der letzten Landtagssitzung - glaube ich - überhaupt nicht zugehört und Sie haben auch nichts verstanden. Wir haben einen Gender-Antrag zum Thema Gesundheit gestellt und dieser Antrag umfasst nicht nur die Ursachenforschung und die Anamnese-Erhebungen, sondern auch die Therapie und Organisation von Therapie- und Hilfsangeboten. Dieser Antrag liegt vor und die Ministerin hat zu diesem Antrag einen umfangreichen Bericht abgegeben.

Ihr Antrag trägt die Überschrift „Frauengesundheitsbericht“. Sie fordern in Ihrem Antrag, dass die Ministerin in diesem Bericht auf die unterschiedlichen Lebenssituationen und nicht nur die biologischen Unterschiede von Männern und Frauen eingehen soll. Darunter versteht man das Thema Soziogenese von Krankheiten. Damit müsste man auch noch andere Gruppen erfassen, zum Beispiel Alte oder Junge, Reiche oder Arme. Sie zeigen in Ihren Beispielen auf, dass unterschiedliche frauentypische Themen wie Müttersterblichkeit, Müttergenesung, Mammographie und Gebärmutterkrebs erfasst werden sollen. Zum Schluss erbitten Sie Auskünfte über die Situation von Frauen in der Pflege als Betroffene und als Pflegekraft. - Eine kunterbunte - finde ich -, zum Teil widersprüchliche, systematisch und inhaltlich nicht logische Gemengelage.

Die Gesundheitsministerin hat in ihrem Bericht auf unterschiedliche Aspekte aufmerksam gemacht; sie hat sie angerissen. Dieser Bericht bietet eine Fülle von Diskussionsangeboten und eine Fülle von Rückfragen. Dieser Bericht wird in Kürze im Sozialausschuss behandelt und wir haben vor, zu diesem Bericht eine umfassende Anhörung durchzuführen, um

(Jutta Schümann)

dann Einzelfragen zu stellen. Wir sind der Auffassung, dass Sie Ihre Einzelfragen dann je nach Systematik einbinden können.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Dann brauchen Sie auch nicht die Frage nach der Männergesundheit zu stellen, weil die selbstverständlich im Gender-Antrag enthalten ist.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Es geht darum, dass wir nicht wieder die Ministerin arbeiten lassen, sondern dass wir einmal anfangen, mit dem zu arbeiten, was vorliegt, dass wir uns selber einmal den Kopf zerbrechen und uns selber einmal positionieren. Herr Kalinka, das haben Sie in diesem Zusammenhang ganz besonders nötig. Sonst wäre Ihr Antrag nicht so unsystematisch.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Veronika Kolb.

(Zuruf von der SPD: Das erste Mal!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, dass wir hier eine sehr wichtige Diskussion führen. Ob der Antrag der CDU bis ins Detail stimmig ist, darüber müssen wir nicht diskutieren.

(Zuruf von der SPD: Doch!)

Wir alle sollten der Meinung sein, dass dieser Antrag auch als ein Anstoß zu sehen ist.

(Beifall bei FDP und CDU)

Der geschlechtsdifferenzierte Zugang zu Gesundheitsleistungen und die geschlechtsdifferenzierte Forschung zur Bekämpfung einzelner Krankheitssymptome stecken auch heute noch in den Kinderschuhen. Denn die schlichte Erkenntnis allein, dass sich Frauen und Männer hinsichtlich ihrer Krankheiten und gesundheitlichen Einschränkungen unterscheiden, ist in unserer Gesellschaft immer noch nicht überall durchgedrungen. Zwar hat sich die Weltgesundheitsorganisation die Frage, ob Frauen schlechter oder anders behandelt werden als Männer, bereits Mitte der 90er-Jahre gestellt und die Mitgliedstaaten der WHO haben nationale Gesundheitsberichte erstellt, doch sind die Gesundheitsprobleme von Frauen bisher äußerst unzureichend untersucht worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn in Deutschland einer Stellungnahme des Bundesverbandes der Betriebskrankenkassen zufolge Frauen billigere Medikamente erhalten als Männer und oftmals viel zu viele, wenn Essstörungen vor allem junger Mädchen und Frauen nicht beachtet oder gar als Aufschluss ihres Modebewusstseins missverstanden werden, wenn Ärzte Infarktsymptome bei Frauen weniger ernst nehmen als bei Männern, wenn Frauen seltener an kardiologischen Rehabilitationsmaßnahmen teilnehmen als Männer, dann kann das zum einen daran liegen, dass sich der Versorgungsauftrag der gesetzlichen Rentenversicherung nach der Wiederherstellung der Erwerbstätigkeit richtet und Frauen leider immer noch seltener erwerbstätig sind. Es kann zum anderen aber auch daran liegen, dass viele Frauen wegen ihrer familiären Verpflichtungen keine Rehabilitationsmaßnahmen antreten oder gerade wegen ihrer familiären Verpflichtungen erst sehr viel später zum Arzt gehen. Darüber hinaus kann es auch daran liegen, dass Frauen in der Vergangenheit deutlich seltener zu klinischen Studien zugelassen wurden, sodass nur wenig darüber bekannt ist, wie der weibliche Organismus auf bestimmte Medikamente reagiert.

Zwar ist die Aufnahme und Verteilung der Medikamente zwischen Männern und Frauen annähernd gleich, gravierende Unterschiede bestehen aber beispielsweise beim Abbau der Medikamente im Körper.