Ja, wir kommen nicht umhin, einen Nachtragshaushalt zu verabschieden, der die Neuverschuldung mehr als verdoppelt.
Ja, wir haben unser Ziel, die Nettoneuverschuldung auf die in der Verfassung zugelassene Größe zu reduzieren, nicht erreicht.
Ja, wir müssen das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht für gestört erklären, damit wir Kredite aufnehmen können,
um unsere Lehrerinnen und Lehrer und Polizisten und Polizistinnen bezahlen zu können, um von der Jugend- bis zur Sportförderung, von den Hochschulen bis zur Landwirtschaftskammer
unsere Zusagen und Verpflichtungen einhalten zu können. Die Verfassung lässt dies ausdrücklich zu. Die Begründungen sind genannt worden.
Ich sage Ihnen, Herr Kubicki, wenn Sie unseren Weg für falsch halten, dann erwarte ich einen anderen Lösungsvorschlag.
Wo ist Ihr Vorschlag, in einer Größenordnung von 590 Millionen € Geld aus diesem Haushalt herauszuziehen? - Das ist das Mindeste. Wenn Sie hier mit politökonomischen Beiträgen kommen, dann bitte ich auch um Alternativen.
Ja, wir wissen noch nicht, ob unsere Einnahmeerwartungen im Haushalt 2003 eintreten, da sie von einer Änderung der Bundesgesetzgebung im Steuerrecht und im Beamtenrecht abhängen. Kommen diese Einnahmeverbesserungen nicht, wird das Jahr 2003 mindestens genau so schwierig werden wie dieses Jahr.
Diese Situation ist mehr als ärgerlich, zumal die Steuerpolitik der rot-grünen Bundesregierung ihren Anteil daran hat, dass sich Großbetriebe und große Privatvermögen nicht angemessen an der Finanzierung des Staates beteiligen. Andere Länder, Herr Wiegard, haben Vermögensteuern! Deshalb hinkt Ihr Vergleich von vorhin deutlich.
Aber es sind auch die Auswirkungen einer Steuergesetzgebung und einer Familienförderpolitik, die meine grüne Fraktion ausdrücklich wollte und auch im Nachhinein begrüßt. Wir wollten die Senkung der Einkommensteuer, wir wollten die Erhöhung von Kindergeld- und Kinderfreibeträgen und die Einführung von Betreuungsfreibeträgen, wir wollten die BAföG-Reform und die Reform des Erziehungsgeldes, wir wollten eine Erhöhung des Wohngeldes, wir wollten eine steuerliche Besserstellung des Mittelstandes.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Zuruf des Ab- geordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Und wir lagen mit unseren Forderungen weit unter den Forderungen von FDP und CDU, die noch weniger Steuereinnahmen bei noch höheren Ausgaben durchsetzen wollten. Ich erinnere nur an das Familiengeld.
Nun müssen wir in den Ländern, aber auch in den Kommunen die Konsequenzen tragen. Da ist es geradezu absurd, wenn die Opposition nun so tut, als habe sie mit den Steuermindereinnahmen nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Ich habe im Finanzausschuss vorgeschlagen, dass wir die Debatte zum Nachtragshaushalt mit der Debatte zum Haushalt 2003 verknüpfen, damit wir nach vorn gerichtet diskutieren können.
Das war von CDU und FDP nicht gewollt. Sie beschäftigen sich natürlich lieber mit dem negativen Ergebnis in diesem Jahr. Nun diskutieren wir alles getrennt, als hätte das eine mit dem anderen nichts zu tun: erst den Nachtragshaushalt, nachher das Steuervergünstigungsabbaugesetz - welches natürlich direkte Auswirkungen auf die Haushalte hat - und nächste Woche den Haushalt 2003!
- Ich habe im Finanzausschuss den Vorschlag gemacht, eine gemeinsame Debatte über Nachtrag und Haushalt 2003 zu führen. Das ist von der Opposition abgelehnt worden.
Trotz der sehr engen Eingrenzung möchte ich bereits in der heutigen Debatte zumindest erwähnen, dass auch das Haushaltsjahr 2003 ein sehr schwieriges wird. Schleswig-Holstein hat nicht isoliert Probleme, sondern alle Bundesländer müssen 2002 und 2003 deutlich mehr Kredite aufnehmen als geplant. Insofern ist die Kritik von FDP und CDU unehrlich, wenn sie sich nur auf die Regierungspolitik in SchleswigHolstein bezieht. Wenn Sie den Finanzminister hart kritisieren, Herr Kubicki, dann kritisieren Sie bitte schön auch die Bundesländer, in denen Sie Regierungsverantwortung tragen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das mache ich auch, Frau Heinold, in gleicher Weise!)
Grundlage für die Verabschiedung des Haushalts 2002 waren nicht erfundene Zahlen des Finanzministers, so wie Sie das manchmal darstellen, sondern es war die Steuerschätzung der Wirtschaftsexperten des Bundes.
Die Ausgabeseite haben wir seit 1996 im Lande stetig reduziert. Wir haben - gegen Ihren Willen - die Landwirtschaftskammer reformiert. Wir haben eine Behördenstrukturreform durchgeführt und Verwaltungseinrichtungen geschlossen. Es gibt deutlich weniger Zuschüsse für Vereine und Verbände. Wir haben Stellen gestrichen und Beförderungen zurückgestellt. Wir finanzieren heute die Umweltausgaben überwiegend durch Abgaben und nicht durch Steuermittel, durch Abgaben, die Sie nicht wollten. Wir reduzieren die Ausgaben bei den Kliniken und vieles mehr.
Frau Kollegin Heinold, wegen des Hinweises, dass sich andere Länder ähnlich verhalten: Glauben Sie, dass ein Rechtsbruch dadurch legitimiert wird, dass ihn mehrere begehen?
Aber dieses hat nicht gereicht, zumal wir seit 2000 sinkende Einnahmen des Landes haben, dafür aber steigende Pensionskosten, Mehrausgaben für zusätzliche Stellen in den Schulen und eine sehr hohe Belastung durch die Zinszahlungen.
Deshalb werden wir uns im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Haushaltes 2003 über weitere strukturelle Sparmaßnahmen unterhalten müssen.
Bei allen Problemen dürfen wir aber unser Land nicht schlecht reden. Herr Kubicki hat dankenswerterweise die Zahlen genannt. Das Wirtschaftswachstum des Landes Schleswig-Holstein lag im ersten Halbjahr 2002 um 0,38 % über dem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum in Schleswig-Holstein der vorangegangenen 11 Jahre.
Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im ersten Halbjahr 2002 gegenüber dem ersten Halbjahr 2001 real um 1,3 % und hat damit das höchste Wachstum aller Bundesländer und ist außerdem 1,7 % höher als das Wirtschaftswachstum in Deutschland insgesamt.
Dass wir dennoch das wirtschaftliche Gleichgewicht für gestört erklären können, hat der Finanzminister sowohl schriftlich in der Beantwortung der FDPFragen als auch mündlich immer wieder erläutert. Uns trifft natürlich der Länderfinanzausgleich, der unsere positiven Ergebnisse zum Teil rückgängig macht.
Von dieser Gesamtentwicklung hängt auch der Verlauf des Jahres 2003 ab. Meine Fraktion hätte sich durchaus vorstellen können, die Verfassungsausnahme auch für 2003 zu beschließen - das sage ich hier deutlich -, so wie Niedersachsen das tut. Allerdings gab es in unseren Diskussionen auch Bedenken, ob es zulässig ist, sozusagen im Vorwege das Gleichgewicht für gestört zu erklären. Insofern machen wir das nicht.
Wir wissen aber - ich sage das extra, weil wir uns im nächsten Jahr oft über den Haushalt unterhalten wer
den -, dass das nächste Jahr schwierig werden wird. Außerdem - auch das spricht dafür, jetzt einen sehr engen Rahmen für das nächste Jahr zu setzen - ist es nach wie vor unser Ziel, die Verschuldung so gering wie möglich anzusehen. Denn unsere Kinder werden morgen den Schuldenberg von heute abtragen müssen.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Darum legen wir 500 Millionen drauf! - Rainer Wiegard [CDU]: Und nächstes Jahr nochmals!)
Wie weit sich die konjunkturelle Lage entwickeln kann, wenn weder die Bürger noch der Staat verstärkt investieren, bleibt abzuwarten.