Meine Fraktion hat gestern fast einstimmig den vorgelegten Vorschlag beschlossen. Wir legen diesen heute gemeinsam mit der FDP vor. Herr Kayenburg, ich sage Ihnen deutlich im Namen des gesamten SPDFraktionsvorstands: Nachdem gestern zum dritten Mal Zeitpunkt oder Inhalt von vertraulichen Gesprächen an die Medien weitergegeben wurden, halte ich vertrauliche Gespräche - und die sind in diesem Komplex dringend erforderlich - mit Ihnen zurzeit für äußerst schwierig. Ich bitte Sie, mir dies so abzunehmen. Ich habe bereits zweimal mit Ihnen darüber gesprochen. Was den Zeitpunkt der Diätenstrukturreform betrifft, so gehe ich davon aus, dass wir - wie hier im hohen Hause vereinbart - alles daransetzen werden, dass diese Diätenstrukturreform im nächsten Jahr möglichst vor der Sommerpause zu einer Entscheidung geführt werden wird. Dazu brauchen wir die jetzt langsam eintreffenden Rückmeldungen aus den einzelnen Landtagsfraktionen und aus der Bundestagsfraktion. Wir brauchen eine Rückmeldung der Landesregierung, die ich Anfang des Jahres erhoffe, darüber, was unsere Bundesratsinitiative ergeben hat.
Zur Frage der Verkleinerung des Landtags! Sie können davon ausgehen, dass die SPD-Landtagsfraktion noch in diesem Jahr - für viele von Ihnen sicherlich sehr überraschend - ihre Position festlegen wird. Verfassungsänderungen und Verschiebungen zwischen Mehrheits- und Verhältniswahlrecht müssen sorgfältig beraten werden, weil sie eventuell die zukünftige Funktionsfähigkeit des Parlaments und die Möglichkeit der Regierungsbildung beeinträchtigen könnten. Wir stehen in der Verantwortung für das gesamte Parlament und für die parlamentarische De
mokratie und wissen uns in diesem Punkt mit vielen Abgeordneten - auch der größten Oppositionsfraktion - einig. Wir diskutieren dies in den Gremien unserer Partei und werden Ihnen rechtzeitig - noch in diesem Jahr - vorlegen, zu welcher Haltung wir gekommen sind.
Was die Diätenerhöhung angeht, bitte ich Sie, dem Antrag von SPD und FDP zuzustimmen. Wir sind nach wie vor zu vertrauensvollen Gesprächen bereit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hay, ich finde es wichtig, dass wir heute sorgfältig und hoffentlich objektiv und gelassen über das Reizthema Abgeordnetenentschädigungen diskutieren, das uns alle Jahre wieder beschäftigt. Für mich ist es kein Bruch der Vertraulichkeit, wenn man darauf hinweist, dass bezüglich der Diätenvorstellungen noch keine Einigung zwischen den Fraktionen zustande gekommen ist. Das ist bis jetzt noch nicht der Fall. Ich lasse es mir auch von Ihnen nicht untersagen, dies der Presse gegenüber so darzustellen.
Bereits im Juni dieses Jahres habe ich dafür plädiert, dass wir eine offene und öffentliche Diskussion über eine angemessene Diätenerhöhung für uns Abgeordnete führen sollten. Von der Presse kamen damals die Vorwürfe, die Diskussion sei im Vorfeld nicht transparent genug geführt worden, die Planungen seien nicht hinreichend klargemacht und unsere Begründungen seien zu wenig untermauert worden. Deswegen begrüße ich den erläuternden Bericht des Landtagspräsidenten, dem ich dafür danke, dass er seinem Verfassungsauftrag und seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Abgeordneten nachgekommen ist, wenngleich der Zeitpunkt und auch die Art der Veröffentlichung durchaus kritisch hinterfragt werden müssen.
Schleswig-Holstein steht ohne Zweifel vor einer uns alle erschütternden Haushaltsmisere, in der die Bürger nicht mehr bereit sind, zwischen Regierungsverantwortung einerseits und Parlamentsentscheidungen andererseits zu unterscheiden. Aktuell kommt hinzu, dass diese Landesregierung die von ihr verschuldete Haushaltskatastrophe auf dem Rücken der Beamten und öffentlich Bediensteten austragen will.
Es kann doch nicht sein, dass die Mitarbeiter für die verfehlte Politik dieser Landesregierung büßen sollen. Es kann genauso wenig sein, dass wir Parlamentarier die gravierenden Fehler dieser Landesregierung bei der Diätendiskussion ausbaden sollen.
Aber auch in dieser kritischen Haushaltssituation haben wir als Parlament - insbesondere gegenüber den Abgeordneten ohne Funktionszulagen - eine Fürsorgepflicht. Wie war die Entwicklung? In den letzten Jahren haben die Diätenerhöhungen durchschnittlich weniger als 1,5 % ausgemacht. Im Jahr 2002 hat das Parlament mit einer Nullrunde schon Vorleistungen erbracht.
Nach geringen Anpassungen und Nullrunden, mit denen wir Zurückhaltung geübt haben, muss es wieder Anpassungen geben, weil Abgeordnete langfristig nicht schlechter gestellt werden dürfen als andere Einkommensbezieher.
Die Diätenerhöhung ist für mich auch eine Frage des Selbstverständnisses dieses Parlaments. Es besteht die Frage einer angemessenen Diätenregelung im Verhältnis zu den Diätenregelungen anderer Parlamente. Es besteht auch die Frage der Verantwortung gegenüber der eigenen Familie. Es kann doch nicht sein, dass Abgeordnete, insbesondere ohne Funktionszulagen, über Jahre reale Einkommensverluste hinnehmen müssen, während andere zumindest einen Inflationsausgleich erhalten. Wie soll man dies der eigenen Familie erklären? Wie soll dies eigentlich in der Verantwortung gegenüber den eigenen Kindern und dem sozialen Umfeld gerechtfertigt werden?
Nach meiner Auffassung müssen wir eine angemessene Regelung finden, die einerseits die wohlerwogenen Vorgaben des Landtagspräsidenten berücksichtigt und andererseits die Hinweise der Diätenkommission ernst nimmt, auf die Herr Hay schon hingewiesen hat. Diese besagt, dass die Entschädigung der schleswigholsteinischen Abgeordneten eher nicht angemessen sei. Deshalb wollen wir verantwortungsvoll, aber auch selbstbewusst eine angemessene Lösung finden.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Diätenkommission ist von uns allen, den Parlamentariern, den Bürgern, aber auch von der Presse, einhellig positiv beurteilt worden. Wir hatten gemeinsam die gute Absicht, das Ergebnis umzusetzen. Nur deshalb hatten wir doch im vergangenen Jahr eine Nullrunde eingelegt, die es erleichtern sollte, die Vorgaben des relevanten Urteils des Bundesverfassungsgerichts und
Weil unsere erste Priorität die Umsetzung der Diätenstrukturreform, das heißt des Kommissionsvorschlags, bleibt, schlagen wir Ihnen eine Paketlösung vor, die uns die Möglichkeit bietet, beides zeitnah zu erreichen. Ich bin der Meinung, dass wir mit unserem Vorschlag der heutigen Haushaltssituation angemessen begegnen, dass wir das Ergebnis der Diätenkommission am besten berücksichtigen und dass wir auch den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht werden.
Ich bin der Meinung, dass sich mit unserem Vorschlag der Einigungsdruck für uns selbst, die verfassungsnotwendige Strukturreform durchzusetzen, erhöht, und dass wir mit unserem Vorschlag etwas unter dem liegen, was belastungsmäßig bei SPD und FDP herauskommt; denn unser Vorschlag bedeutet für das Haushaltsjahr 2003 eine Belastung von 2,85 %, während bei Ihnen 4,3 % stehen. Das werden wir noch miteinander diskutieren müssen.
Wir wollen mit dieser Erhöhung unter allen Umständen aber auch die Verkleinerung des Landtags zum Zeitpunkt 2005 verbinden.
Ich bin der Meinung, dass wir mit diesem Gesamtpaket einen Lösungsweg aufzeigen, wie er von den Bürgern, der Öffentlichkeit und der Presse auch honoriert wird, weil wir mit diesem Vorschlag auch den Vorstellungen der Kommission am ehesten gerecht werden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich könnte ich meine Redebeiträge aus der Vergangenheit wiederholen, dass die FDP-Fraktion, wie andere Beteiligte auch, der Meinung ist, dass unsere Abgeordneten ihr Geld wert sind. Ich verstehe einen Teil der Argumentation des Parlaments gegenüber der Öffentlichkeit nicht und auch nicht die Hasenfüßigkeit, die dabei an den Tag gelegt wird.
Herr Kollege Hay, in dem als vertraulich deklarierten Gespräch, das von uns im Gegensatz zum Herrn Kollegen Kayenburg auch sehr vertraulich behandelt worden ist - Herr Kollege Kayenburg, ich bitte Sie, dass Sie wirklich zur Vertraulichkeit von Gesprächen zurückkehren, denn sonst gibt es solche Gespräche nicht mehr -,
haben wir schon gesagt, dass wir uns bemühen wollen, aufeinander zuzugehen, damit das Parlament am heutigen Tage nicht den Eindruck erweckt, die Fraktionen könnten sich aus welchen Gründen auch immer nicht auf eine einigermaßen vertretbare gemeinsame Lösung einigen. Das erklärt auch, weshalb sich SPD und FDP unter Zurückstellung erheblicher Bedenken auf einen gemeinsamen Vorschlag geeinigt haben, der übrigens von dem, was Sie wollen, nicht so weit entfernt ist, Herr Kollege Kayenburg.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer schreibt, der bleibt, heißt es immer dann, wenn wir uns über Diäten unterhalten. Der Zorn der veröffentlichten Meinung ist uns allemal sicher.
Ich habe heute Morgen eine Überschrift der „Lübecker Nachrichten“ - sonst ein sehr lesenswertes Blatt - zur Kenntnis nehmen müssen - ich gehöre zum Freundeskreis der Lübecker Bewegung - mit der Überschrift „SPD und FDP ziehen Diäten-Coup durch“.
Zweitens ist eine Diätenerhöhung oder -anpassung kein Coup. Das ist nicht etwas, was heimlich passiert, sondern etwas, was von der Verfassung vorgeschrieben ist.
Wir sind konsequente Vertreter der Meinungsfreiheit und haben mit dieser Kritik nur ein einziges Problem. Es besteht darin, dass sie in Bezug auf die schleswigholsteinische Wirklichkeit überhaupt nicht den Kern trifft. Die Zahlen im Anhang des Berichts des Präsidenten zeigen das eindeutig.
Die Diäten im engeren Sinne, die Grundentschädigung nach § 6 Abs. 1 des Abgeordnetengesetzes, sind seit 1992 um 15 % gestiegen. Der Index der Beamtenbezüge stieg im gleichen Zeitraum um 16,8 %. Der Preisindex für die Lebenshaltung in Westdeutschland
ist um 19,9 % gestiegen. Das bedeutet, dass die Kaufkraft der Grundentschädigung seit 1992 um 4,9 % gesunken ist. Das heißt, real erhalten die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtags mit ihrer Grundentschädigung weniger, als die Kolleginnen und Kollegen des Parlaments 1992 erhalten haben. Es versteht sich für mich von selbst, dass das nicht angemessen sein kann und dass das verfassungswidrig ist - das habe ich dem Präsidenten schon gesagt - und von jedem einzelnen Abgeordneten angegriffen werden könnte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aufgrund dieser Zahlen halten wir eine Anpassung der Diäten an die Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten nicht nur für gerechtfertigt, sondern für zwingend notwendig. Es liegt nicht an der FDP-Fraktion, dass bis jetzt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der Abgeordnetenentschädigung nicht umgesetzt wurden. Herr Kollege Hentschel, ich habe Ihre öffentlichen Verlautbarungen zur Kenntnis genommen, aber ich kann mich erinnern, dass es leider dem diesem Parlament nicht mehr angehörenden, sondern dem inzwischen mit Bundestagsdiäten von knapp 12.000 € versehenen Kollegen Steenblock und seiner öffentlichen Debatte zu verdanken ist, dass wir uns im Juni in einer Auseinandersetzung gegenüberstanden, die wir als Parlament glaubten, nicht bewältigen zu können. Ich freue mich, dass Sie jetzt fordern, dass wir das schnellstmöglich umsetzen. Ich warte auf die Beiträge der Grünen.
Es liegt nicht an der FDP-Fraktion, dass der Landtag noch nicht auf die verfassungsmäßig vorgegebene Zahl von 75 Abgeordneten verkleinert wurde. Dieses Paar unbequemer Schuhe ziehen wir uns nicht an.
Herr Kollege Kayenburg, wir halten aber nichts davon, große Pakete zu schnüren, die man dann nicht mehr umklammern kann.