Wie im Busverkehr hat die öffentliche Hand aber auch bezüglich der Kindergärten eine Verantwortung für die Grundversorgung in der Fläche. Deshalb können nicht Effizienzkriterien der alleinige Maßstab für die Förderung sein. Es ist nun einmal so, dass es pro Kind gerechnet wesentlich teurer ist, beispielsweise eine Einrichtung mit wenigen Kindern in einem Dorf in Nordfriesland zu betreuen als mehrere Gruppen oder sogar mehrere Einrichtungen mitten in Kiel. Mit einer Pro-Platz-Finanzierung würden zudem Anreize dafür gesetzt werden, dass die Kindergartenträger die Gruppengrößen maximal ausreizen. Das mag wirtschaftlicher sein. Ob es qualitativ oder pädagogisch sinnvoll ist, bleibt fraglich.
Gerade vor dem Hintergrund der Integrationsdebatte und der PISA-Studie sollen die besonderen Leistungen der Kindertagesstätten in diesem Bereich ein stärkeres Gewicht bekommen. Dazu reicht ein Ausbau des Bildungsauftrages der Kindertagesstätten aber nicht. Dazu gehört auch, dass die Kinderzahl noch eine gezielte Förderung jedes einzelnen Kindes gestattet.
Deshalb: Der SSW teilt die pädagogischen, integrativen und anderen Ziele, die mit dem Antrag verbunden sind. Wir meinen aber nicht, dass diese um den zu hohen Preis einer Pro-Kopf-Förderung angestrebt werden sollen. Wir werden in dieser Sache aber den Gesetzentwurf abwarten. Denn wir denken, dort geht es um die konkrete Förderung. Dann können wir sehen, wie es wirklich aussieht.
Aus diesem Grunde werden wir uns bei der Abstimmung des Antrages der SPD enthalten. Bezüglich des CDU-Antrages kann ich irgendetwas Neues überhaupt nicht erkennen. Denn in der Einleitung, zweiter Absatz, heißt es:
„Die Landesförderung für Kinderbetreuung … wird auch künftig nicht eingeschränkt, ihre Struktur nicht verändert.“
Ich denke, das ist genau der Punkt, den wir trotz allem unterstützen: dass es eine Veränderung in der Struktur geben muss, genau wegen der weiteren Aufträge.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will nur noch einige wenige Sätze sagen. Ganz wichtig ist uns, ein Signal an Eltern, Träger und Kommunen zu senden, dass der Zuschuss für die Kindertagesstätten erhalten bleibt. Das ist ein ganz wichtiger Beitrag, den wir hier leisten wollen.
Man könnte auf die Idee kommen, dass das nicht sein sollte. Aber auch bei der gegenwärtigen Haushaltslage ist es uns wichtig, die Kindertagesstätten weiterhin zu fördern.
Uns ist sehr daran gelegen, dass die Wohlfahrtsverbände und die kommunalen Landesverbände in die Lösung einbezogen werden. Bisher ist es nicht gelungen, eine gemeinsame Lösung zu finden. An einer gemeinsamen Lösung ist uns jedoch sehr gelegen. Ich würde bei einem so wichtigen Thema ohne die Wohlfahrtsverbände oder die kommunalen Landesverbände nicht entscheiden wollen. Deswegen ist es ganz wichtig, dass die Verbände in die Diskussion eintreten und der Förderpraxis zustimmen.
Wenn Sie sagen, Herr Kalinka, dass keine Eckpunkte zur Diskussion vorliegen, dann weiß ich nicht, was Sie diskutiert haben. Das Ministerium hat schon vor längerer Zeit die Eckpunkte vorgelegt. Wir können sie diskutieren. Es ist auch ganz klar, dass unterschiedliche Punkte zu berücksichtigen sind. Zum Beispiel soll es Anreize für längere Öffnungszeiten geben, weil die Kinder einen gewissen Nutzen daraus ziehen können. Es soll unterschiedliche Förderung für Horte, für Krippen oder für Regelkindertagesstätten geben. Auch der erhöhte Förderbedarf für behinderte Kinder wird berücksichtigt.
Es liegt alles vor. Sie brauchen es nur zu lesen. Wenn Sie in Ihrem Antrag ganz eindeutig sagen, die Struktur solle nicht verändert werden, dann können wir dem nicht zustimmen. Es muss also alternativ abgestimmt werden. Ihren Antrag müssen wir ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat vor gut einem halben Jahr Eckpunkte für eine neue Landesfinanzierung der Kindertagesstätten zur Diskussion gestellt. Es zeigt sich an der heftigen, nicht immer zielführenden Diskussion, dass diese Eckpunkte keineswegs vage sind. Die Diskussion scheint an Ihnen, Herr Kalinka, vorbeigegangen zu sein. Denn das, was Sie an vernünftigen Punkten in Ihrem Antrag haben, steht alles schon in den Eckpunkten drin. Sie tragen bestenfalls Eulen nach Athen.
Zurück zur Finanzierungsstruktur. Sowohl von den Wohlfahrtsverbänden als auch von den kommunalen Landesverbänden gibt es indessen eigene Vorschläge, allerdings höchst unterschiedliche. Einige laufen darauf hinaus, eine völlige Neuordnung der Finanzierung zu gestalten, unter Einbeziehung der kommunalen Anteile. Wir würden ein solches Konzept begrüßen. Wir könnten unsere Eckpunkte, unsere Akzente in ein solches ganzheitliches Finanzierungssystem einpassen.
Deshalb bedauere ich es sehr, dass es bisher zu keiner Einigung zwischen den kommunalen Landesverbänden und den Wohlfahrtsverbänden gekommen ist. Deshalb begrüße ich auch, dass wir heute im hohen Hause diskutieren und dass wir einen Antrag haben, dem die Landesregierung hinsichtlich Analyse und Zielsetzung weitgehend folgt.
Warum brauchen wir ein neues Finanzierungssystem, und zwar bald, nämlich zum nächsten Kindergartenjahr? Das vor zehn Jahren eingeführte System der anteiligen Personalkostenfinanzierung bedarf aus drei Gründen der Änderung.
Erstens. Der jährliche Landeszuschuss hat sich von 23 Millionen auf über 53 Millionen in den Jahren mehr als verdoppelt. Das allein wäre noch kein Grund. Aber diese Finanzierung hat dazu geführt - damit komme ich zum zweiten Punkt -, dass es eine un
gerechte Verteilung der Landesmittel im Lande gibt. Höhere Personalkosten aufgrund aufgestockter Personalschlüssel waren nicht automatisch mit einer Verbesserung oder einer Ausweitung des Angebots verbunden. Jetzt gilt es, Akzente zu setzen, nämlich genau in die Richtung, die auch öffentlich diskutiert wird: bedarfsgerechtere Betreuungszeiten, Ganztagsbetreuung, qualifizierte Bildungsangebote und Bürokratieabbau.
Damit komme ich zum dritten Grund. Der Personalkostenbezug der Finanzierung hat für alle Beteiligten ein sehr aufwendiges Abrechnungsverfahren herbeigeführt. Ständig treten Zweifelsfragen und Streitigkeiten auf. Deshalb ist es dringend notwendig, dieses System zu vereinfachen, den bürokratischen Aufwand zu minimieren und auf diesem Wege die Verantwortung der örtlichen Ebene zu stärken.
Wir haben in den letzten Monaten intensive Gespräche mit den Kommunen und Wohlfahrtsverbänden geführt. Ich habe schon gesagt: Es hat keine einheitlichen Vorschläge gegeben. Ich werde deshalb dem Landtag Anfang 2003 einen Gesetzentwurf zuleiten, in dessen Mittelpunkt die neue Finanzierung steht und der zum 1. August 2003 in Kraft treten soll. Auf der Basis der Eckpunkte wird es in dieser Novellierung sechs Kerngedanken geben. Die Landesförderung wird fortgesetzt, und zwar auf der Basis - jetzt hören Sie bitte genau zu - der 2002 benötigten Mittel. Die Standards bleiben erhalten.
Zweitens. Die neuen Kriterien für den Landeszuschuss werden sein: belegte Plätze, tägliche Betreuungszeiten. Es wird einen Anreiz in dieser Richtung geben. Die verschiedenen Arten von Kindertagesstätten werden in einer pauschalen Förderung berücksichtigt. Zur Sprachförderung von Kindern mit Migrationshintergrund werden gesonderte Mittel zugewiesen.
Drittens. Der Landeszuschuss wird den Kreisen und kreisfreien Städten zur Verfügung gestellt. Es ist deren Aufgabe und die der Standortgemeinden, die Finanzierung aller bedarfsgerechten Einrichtungen unter Beachtung der Zielvorgaben des Landes gemeinsam sicherzustellen.
- Wenn die Vereinbarungen in ihrem Sinne sind, sind sie sehr dafür, dass sie mehr Eigenständigkeit haben, Herr Kalinka; Sie sollten einmal fragen.
Viertens. Die anerkannt hohen Leistungen für Kinder mit besonderem Förderbedarf - auch das ein umstrittenes Thema - werden auch künftig nicht aus der Regelfinanzierung, sondern wie bisher aus Mitteln der Eingliederungshilfe erbracht. Das hatten wir in den Eckpunkten offen gelassen.
Fünftens. Der Bildungsauftrag der Kindertagesstätten wird durch Verordnung konkretisiert, ebenso wie die Zusammenarbeit mit den Schulen.
Mit diesen Punkten gehen wir die notwendigen Schritte für eine Weiterentwicklung der Kinderbetreuung in Schleswig-Holstein. Ich appelliere von dieser Stelle aus nochmals an die übrigen Verantwortlichen innerhalb und außerhalb des Hauses, in diesem Sinne an einer konsensfähigen Lösung mitzuarbeiten, und zwar ohne weitere Zeitverzögerung.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Kollegin Redmann! Sie kommen gleich in die Mittagspause, ich brauche auch keine drei Minuten. Ich möchte nur zum Abstimmungsverhalten meiner Fraktion etwas sagen. Da uns der Antrag der Unions relativ kurzfristig erreicht hat, habe ich in der Tat eine Passage schludrig oder nicht gelesen, in der es heißt: „Die Landesförderung für Kinderbetreuung in Kindertagesstätten wird auch künftig nicht eingeschränkt, ihre Struktur nicht verändert.“ Lieber Herr Kollege Kalinka, dieser Debatte will sich die FDPFraktion in der Tat nicht verschließen. Wir sind schon der Meinung, dass wir die Frage einer neuen Finanzierungsstruktur ergebnisoffen führen sollten. In dieser Frage muss insbesondere geklärt werden, welcher Verwaltungsaufwand eigentlich bei einer neuen Finanzierung für die Träger anfällt. Wie ist der Ver
waltungsaufwand zu bewerkstelligen, wer finanziert ihn? Wie sollen konkrete innovative Ideen und Konzepte dann auch umgesetzt, aber eben auch vergütet werden, wenn sie vorliegen? Für uns ganz wichtig, das haben Sie auch angesprochen: Wie werden in Zukunft regionale Besonderheiten erhalten, vorhandene regionale Strukturen in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein nicht zerschlagen, sodass hinterher das Angebot fehlt? Uns ist auch die Frage ganz wichtig, die heute kaum diskutiert wurde: Wie schaffen wir in Zukunft ein Angebot für die unter Dreijährigen und wie finanzieren wir es?
Wir wollen uns also dieser Finanzierungsdebatte nicht verschließen. Gleichwohl ist die inhaltliche Übereinstimmung mit dem Unionsantrag ungleich größer. Aus diesem Grund wird meine Fraktion, weil in den Punkten 1 bis 14 die Übereinstimmung fast vollständig gegeben ist, dem CDU-Antrag zustimmen. Ich will hinzufügen, wer sagt, das seien alles Selbstverständlichkeiten, das sei alles schon längst gemacht, der kann diesen Selbstverständlichkeiten natürlich auch zustimmen.
Es ist sowohl Ausschussüberweisung als auch Abstimmung in der Sache beantragt. Wird der Antrag auf Ausschussüberweisung aufrechterhalten?
- Nein. Dann lasse ich alternativ abstimmen, zunächst über den Ursprungsantrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/2237. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer will dem Antrag der Fraktion der CDU zustimmen, Drucksache 15/2252? - Der Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist angenommen mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Antrag angenommen.