Protocol of the Session on November 13, 2002

(Beifall bei FDP und CDU)

Wenn Ihnen das Ministerium zu langsam arbeitet, seien Sie schneller und legen Sie einen eigenen Gesetzentwurf schneller vor.

(Beifall bei FDP und CDU)

Frau Kollegin Höfs, es will mir beim besten Willen nicht in den Kopf, weshalb Sie dieses Ding eingebracht haben, das noch vager ist als die Eckpunkte, die das Ministerium vorgelegt hat. Deshalb liegt Ihre Kritik am Unionsantrag auch völlig neben der Spur. Über den Unionsantrag kann man gerne inhaltlich streiten. Der Unionsantrag ist aber ganz klar und setzt Punkte fest, wie sie das haben will, wie es in Zukunft sein soll, und dies sollte berücksichtigt werden. Das hätte ich von Ihnen dann allerdings auch erwartet, wenn Sie Herrn Kalinka und seine Fraktion in dieser Art und Weise kritisieren.

Nun wollen wir uns einmal mit Ihrem Antrag, den ich nicht so toll finde, inhaltlich auseinander setzen. Frau Kollegin Höfs, wenn man ihn böswillig lesen würde

(Zurufe von der SPD)

- nein ich bin nicht immer böswillig - wenn man ihn entsprechend interpretieren würde, könnte man das, was als Einleitung steht, durchaus als Drohkulisse an jene gerichtet auffassen, die derzeit Front gegen das Eckpunktepapier der Regierung machen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Frau Höfs, ich frage Sie: Weshalb insistieren Sie so auf die Freiwilligkeit des Landesanteils? Ich gehe davon aus, dass Sie das nicht so gemeint haben. Bei der Sensibilität, die im Moment bei diesem Thema im Land herrscht, kann man das sehr wohl auch in diese Richtung missverstehen.

Punkt 2: Sie sagen, die Landesförderung soll auch künftig nicht eingeschränkt werden. Liebe Frau Kollegin, vor dem Hintergrund des bereits im letzten Jahr verabschiedeten Haushaltsbegleitgesetzes frage ich Sie: Wie stellen Sie sich das eigentlich vor? Da steht die faktische Deckelung der Personalkosten schon drin. Da haben Sie hineingeschrieben - vielleicht nicht Sie persönlich, aber Sie haben das mit verabschiedet -, dass eine entsprechende Anpassung an die Personalkosten nur noch nach Lage des Haushalts stattfinden kann. Die Lage des Haushalts werden wir im Dezember eingehend debattieren. Sie wissen, das ist eine faktische Deckelung der Personalkosten.

Es folgt die nächste Frage dazu. Auch die 53 Millionen € Landesförderung sind gedeckelt. Erklären Sie mir und insbesondere den Erzieherinnen und Erziehern draußen, wie Sie in Zukunft Zuwächse bei den Personalkosten und zusätzliche Kosten aufgrund neuer Personalentwicklungskonzepte, nämlich Fortbildung, mit einem gedeckelten Betrag zusätzlich finanzieren wollen. Da sind Sie in Ihrem Antrag - um es einmal vorsichtig zu sagen - nicht präzise genug, um nicht zu sagen, nicht ganz ehrlich gewesen.

Ich bin durchaus der Meinung, dass das Festhalten an der jetzigen Regelung mit Sicherheit nicht der Königsweg ist. Niemand sagt - auch nicht der Kollege Kalinka in seinem Antrag -, es muss alles so bleiben, wie es ist. Das gilt auch für die Finanzierung. Lesen Sie den Antrag bitte noch einmal präzise. Er sagt nicht, alles muss so bleiben, wie es ist.

Die Frau Ministerin hat im Sozialausschuss meiner Meinung nach sehr präzise und sehr klar gesagt, wie es gehen soll. Meine Bitte an Sie wäre: Lassen Sie uns beide Anträge an den Ausschuss überweisen, damit wir uns über die Inhalte unterhalten können. Wenn Sie dem nicht zustimmen, wenn Sie darauf bestehen, heute in der Sache abzustimmen, dann wird die FDP-Fraktion - das sage ich Ihnen ganz deutlich - dem Antrag der CDU-Fraktion zustimmen und Ihren Antrag ablehnen. Dann jedenfalls warten wir auf den

(Dr. Heiner Garg)

Gesetzentwurf der Ministerin. An diesem können wir nämlich ganz konkret festmachen, was wir möchten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Birk das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Signal des Antrages geht in zwei Richtungen. Zum einen sagen wir: Wir möchten, dass die Höhe des Zuschusses bleibt. Ich denke, das ist gerade angesichts knapper Kassen ein gutes Signal in Bezug auf die Chancengleichheit aller Kinder. Dieses Anliegen sollte das ganze Haus unterstützen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zweitens sagen wir - gerichtet an die kommunalen Landesverbände und die Wohlfahrtsverbände als Träger der Kindertagestätten -: Wir sind an einer konsensualen Lösung interessiert. Wir freuen uns auch darüber, dass, gerade nachdem der Antrag geschrieben wurde, eine Einladung zu einer Veranstaltung der Wohlfahrtsverbände vorliegt, aus der hervorgeht, dass offensichtlich Bewegung in die Sache gekommen ist, dass die eigenen Vorstellungen auf vertraglicher Basis bei den Wohlfahrtsverbänden Gestalt annehmen. Wir können uns eine sinnvolle Ergänzung zwischen landesgesetzlicher Regelung und Landesverordnungsregelung und einer vertraglichen Lösung zwischen kommunalen Landesverbänden und Wohlfahrtsverbänden vorstellen.

Gerade die Große Anfrage unserer Fraktion hat ans Tageslicht gebracht, wie unterschiedlich die Lebensrealität der Kinder vor Ort ist. Es ist nun einmal ein kommunaler Auftrag, vor Ort für ein ausreichendes qualitatives Angebot an Kindertagesstätten zu sorgen.

Leider sind wir hierbei noch nicht da angelangt, wo wir sein sollten. Schleswig-Holstein ist trotz aller Anstrengungen, die die Landesregierung in den letzten Jahren auf diesem Gebiet unternommen hat, immer noch eines der Schlusslichter in der Versorgung.

Sehen Sie sich einmal die Statistiken an. Selbst die ärmeren neuen Bundesländer sind in dieser Frage, was die Versorgung mit Krippenplätzen, mit Hortplätzen und die Öffnungszeiten angeht, vorbildlicher als wir.

Nun komme ich noch einmal auf das zu sprechen, was die Regierungsfraktionen bewegte, den Antrag zu stellen.

Erstens wollen wir, dass die Eltern für ihre Kinder eine gute und bezahlbare Kindertagesstätte in der Nähe finden. In diesem Punkt haben wir durchaus Gemeinsamkeiten mit der Opposition. Es gilt also, das Angebot auch in den kleinen Gemeinden aufrechtzuerhalten. Wir setzen auf Qualitätssicherung in den Kindertagesstätten. Wir sind froh, dass diese Debatte inzwischen alle erreicht hat und dass wir von dem Thema, Kindertagesstätten seien nur ein Thema bei der Verwaltungsvereinfachung und Deregulierung, abgekommen sind.

Wir brauchen zweitens klare Strukturen, um den Bildungsauftrag auch in allen Kindertagesstätten zu erfüllen. Auf diesem Gebiet war Schleswig-Holstein vorneweg, nämlich bei der Teilnahme an dem Bundesmodellversuch „Zu neuen Akzenten in der Bildungsarbeit im Kindergarten“. Hierbei brauchen wir uns keineswegs zu verstecken.

(Zurufe von der CDU)

Wir wollen außerdem, dass Verbindlichkeit, Transparenz und Aktualität in der Kindertagesstättenversorgung seitens aller Kommunen und Kreise endlich Realität werden. Jugendhilfe und Schulentwicklungsplanung sollten zum Beispiel aufeinander abgestimmt werden. Wenn hierzu aus der Gesetzesinitiative des Landes Anreize ergehen, freut uns das. Wir brauchen tatsächlich auch Angebote, die die Sprachentwicklung der Kinder stärker fördern.

Wir haben auf diesem Gebiet in Schleswig-Holstein - das ist an anderer Stelle schon mehrfach gesagt worden - Pionierarbeit für andere Bundesländer geleistet. Jetzt geht es darum, zusätzliche Angebote zu unterbreiten, um auch den Kindern mit Migrationshintergrund besser gerecht zu werden. In diesem Bereich könnten wir uns deutlich mehr finanzielle Anreize seitens des Landes vorstellen.

Eine Förderpädagogik, die sich finanziell, transparent und nachweisbar nachvollziehen lässt, muss nach wie vor ein Schwerpunkt der Arbeit der Kommunen und des Landes sein - sowohl die integrative Arbeit als auch die Förderung der Einrichtungen für Kinder mit besonderem Förderbedarf.

Wir fordern, insbesondere einen Schwerpunkt in der Fortbildung zu setzen. Es ist schon beeindruckend, dass sich nicht nur bei den Fortbildungsangeboten des Landes doppelt so viele Erzieherinnen anmelden, wie Plätze vorhanden sind, nämlich 500, sondern sich auch bei der Fortbildung der GEW am Wochenende

(Angelika Birk)

dasselbe Bild geboten hat. Wir sind, denke ich, gut beraten, einem solchen Fortbildungswillen Rechnung zu tragen. Dies kann aber nicht zum Nulltarif passieren.

Die Initiativen der Eltern haben wesentlich dazu beigetragen, dass Schleswig-Holstein in den letzten zehn Jahren deutlich aufgeholt hat und den Rechtsanspruch, für alle Kinder einen Platz im Kindergarten zur Verfügung zu stellen, doch annähernd erfüllt hat. Viele Eltern haben selbst Kindertagesstätten gegründet und damit zu einer Vielfalt der pädagogischen Landschaft beigetragen. Wir betonen: Wir möchten diese Vielfalt erhalten und weiterentwickeln können.

Wir stellen uns ebenfalls vor, dass die Zusammenarbeit zwischen Kita und Grundschule, aber auch zwischen Erzieherinnen und Eltern dort ein neuer Tätigkeitsschwerpunkt werden muss, wo dies noch nicht der Fall ist. Ich habe schon mehrmals erwähnt, dass ich die Initiative des Kreises Nordfriesland mit seinen Elterncafes vorbildlich finde. Aber es gibt auch andere neue Modelle, wie Eltern angesprochen werden können. Dies ist insbesondere für die Kinder mit Migrationshintergrund wichtig.

Wir haben in dem Antrag die von mir in wenigen Stichpunkten genannten Kriterien zusammengefasst. Wir könnten als Gesetzgeber natürlich selbst die Feder in die Hand nehmen oder die Tasten des Computers drücken und einen Entwurf schreiben. Wir halten es aber angesichts der Komplexität des Themas und der Tatsache, wie wichtig ein Konsens in dieser Frage ist, für entscheidend, die Debatte so zu führen, dass alle damit leben und die Arbeit vor Ort zügig umsetzen können. Insofern hoffen wir, dass wir in wenigen Monaten weiter sind und dann, wenn im Sommer das neue Kindergartenjahr beginnt, eine neue gesetzliche Grundlage haben werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Hinrichsen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Kinderbetreuung hat in den letzten Monaten Hochkonjunktur. Das ist nicht verwunderlich, denn die Betreuung von Kindern ist der Schlüssel zur Verwirklichung vieler aktueller Ziele.

Kindergärten sollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten, sie sollen die Kinder sozia

lisieren und familiäre Defizite ausgleichen. Sie sollen benachteiligte Kinder in die Gemeinschaft integrieren und ihnen möglichst gleichwertige Lebenschancen bieten. Ob es um PISA, um Suchtbetreuung oder um die Integration von Zuwanderern geht, eine qualifizierte Kinderbetreuung soll es richten.

Es ist die Aufgabe des Staates, eine ordentliche Betreuung zu gewährleisten. Dies ist angesichts leerer öffentlicher Kassen kein Kinderspiel. Deshalb ist es erfreulich, dass Konsens besteht, dass in diesem Bereich keine Kürzungen vorgenommen werden sollen. Die Zuschüsse müssten sogar steigen, denn die pädagogischen Anforderungen haben sich erhöht und angesichts steigender Gehälter führen gleich bleibende Zuschüsse real zu Leistungseinschränkungen.

Gleichwohl ist die Finanzlage miserabel. Deshalb muss kreativ über eine bessere, gerechtere Nutzung der Mittel nachgedacht werden.

Wir sind uns darin einig, dass es nicht gerecht ist, dass alle Kindertagesstätten den gleichen Zuschuss bekommen, unabhängig davon, wie lange sie die Kinder betreuen, ob sie Kleinkinder betreuen oder ob sie besondere integrative Dienste erbringen.

Deshalb hat es Sinn, durch die Finanzstruktur einen Anreiz, zum Beispiel für längere Öffnungszeiten, zu geben. Es ist ebenfalls sinnvoll, besondere Leistungen der Einrichtungen zu honorieren. Wer sich für die Integration von Kindern mit Behinderungen einsetzt oder wer sich besonders für die Förderung der Chancengleichheit von Migrantenkindern engagiert, hat dafür zusätzliche Ressourcen verdient.

Wir begrüßen, dass die Landesregierung erkannt hat, dass die dänischen Kindergärten unter besonderen Bedingungen arbeiten. Die Einrichtungen für eine Minderheit können naturgemäß nicht immer so groß sein, dass es sich bei der neuen Finanzierung rechnen würde. Wir nehmen aber auch zur Kenntnis, dass die Koalitionsfraktionen diesen Aspekt in ihrem Antrag ausgespart haben.

Trotz der positiven Ansätze der Landesregierung sind wir aber nach wie vor der Ansicht, dass die vorliegende Lösung nicht akzeptabel ist. Die Reform baut auf die Einführung einer Pro-Platz-Förderung, die oberflächlich betrachtet zwar mehr Gerechtigkeit pro Kind bringt, aber auch neue Ungleichheiten schafft, denn die Förderung gleichwertiger Lebenschancen bedeutet auch, dass Kinder möglichst wohnortnah betreut werden können, egal, wo sie im Land leben.

Eben dies ist aber die Gefahr, wenn kleine Einrichtungen durch die neue Förderung infrage gestellt werden. Deshalb wiederhole ich noch einmal, was ich

(Silke Hinrichsen)

bereits vor zwei Monaten an dieser Stelle gesagt habe: Die neue Finanzierung durch die Landesregierung sieht im Moment so aus, als machte man in öffentlichen Bussen den Fahrscheinpreis davon abhängig, wie viel Leute gerade im Bus sitzen. Unrentable Linien auf dem Land würden dann gleich ganz geschlossen werden.

Wie im Busverkehr hat die öffentliche Hand aber auch bezüglich der Kindergärten eine Verantwortung für die Grundversorgung in der Fläche. Deshalb können nicht Effizienzkriterien der alleinige Maßstab für die Förderung sein. Es ist nun einmal so, dass es pro Kind gerechnet wesentlich teurer ist, beispielsweise eine Einrichtung mit wenigen Kindern in einem Dorf in Nordfriesland zu betreuen als mehrere Gruppen oder sogar mehrere Einrichtungen mitten in Kiel. Mit einer Pro-Platz-Finanzierung würden zudem Anreize dafür gesetzt werden, dass die Kindergartenträger die Gruppengrößen maximal ausreizen. Das mag wirtschaftlicher sein. Ob es qualitativ oder pädagogisch sinnvoll ist, bleibt fraglich.