Protocol of the Session on November 13, 2002

Mit der Zusammenlegung der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Deutschen Ausgleichsbank zur so genannten Mittelstandsbank ändert sich für den Mit

(Roswitha Strauß)

telstand nichts. Das Durchleitungsprinzip wird beibehalten. Die Kreditgewährung erfolgt wie bisher ausschließlich über den Bankensektor. Das kritisieren wir nicht.

Allerdings ist die Einführung der Begrifflichkeit „Mittelstandsbank“ nicht mehr als eine weitere rhetorische Übung unseres Kanzlers.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Stimmt!)

Schwerer wiegt, dass durch die Koalitionsbeschlüsse die Kostenbelastungen für den Mittelstand drastisch steigen. Das erschwert die Erschließung von Krediten weiter, da das Risiko wächst.

Mittelstandsfreundliche Steuergesetze hat die CDU gemacht,

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

sie sind aber von Rot-Grün blockiert worden. Ihren späten Sinneswandel nehmen wir unterstützend zur Kenntnis. Zweifel an der Umsetzung sind sicherlich nicht unbegründet.

Zur Absenkung der Arbeitskosten ist die Senkung der Lohnnebenkosten unabdingbar. Dazu brauchen wir eine grundlegende Reform unserer Sozialsysteme, die mehr Eigeninitiative und Eigenverantwortung der Bürger fördert: Der Staat muss loslassen!

Im Übrigen: Die Finanzierung von versicherungsfremden Leistungen auf breiter Bemessungsgrundlage, wie Sie in Ihrem Antrag formulieren, ist schon heute kein Tabu mehr, sondern gängige Praxis. Der Bundeszuschuss zu den Sozialversicherungen ist für 2002 mit 81 Milliarden € veranschlagt. Er dürfte die echten versicherungsfremden Leistungen bereits abdecken, so Professor Siebert vom Institut für Weltwirtschaft.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Richtig!)

Zudem gilt auch hier: Die Steuern müssen irgendwo aufgebracht werden und beeinträchtigen dort die wirtschaftliche Aktivität, wo sie erhoben werden.

Wenn Sie von der rot-grünen Mehrheitsfraktion die Mehrwertsteuer erhöhen wollen, dann sagen Sie das und verstecken sich nicht hinter blumigen Formulierungen!

(Klaus Schlie [CDU]: So ist es!)

Auch das kardinale Problem der Deregulierung und Flexibilisierung des Arbeitsmarktes droht mehr zum Rohrkrepierer denn zu einem Befreiungsschlag verkrusteter Strukturen zu werden. Gelingt hier keine umfassende Flexibilisierung und Deregulierung, werden keine Aufschwungkräfte frei.

Entscheidend ist, dass gesetzliche Regelungen so getroffen werden, dass sie nicht vom Wohlwollen einzelner Gewerkschaften in Deutschland abhängig sind. Die vorgelegten Regierungspläne zur Zeitarbeit belegen bereits wieder das Einknicken vor den Gewerkschaften und konterkarieren die Zielsetzungen.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf von der SPD)

Seit vier Jahren schlagen wir Ihnen vor, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzulegen und damit ein neues Instrument zu schaffen, mit dem insbesondere auf kommunaler und regionaler Ebene Arbeitsmarktpolitik wieder möglich gemacht wird. Die CDU hat dazu mit dem Offensivgesetz sehr konkrete Vorschläge vorgelegt. Wenn Sie mit der Forderung nach Reformen zur geringfügigen Beschäftigung eine komplette Korrektur Ihrer bisherigen Position einleiten wollen, so begrüßen wir das. Einschränkungen auf die Beschäftigung nur in häuslicher Nähe sind jedoch unzureichend und werden daher von uns abgelehnt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ein „Masterplan Bürokratieabbau“ klingt nach Beschäftigungstherapie. Was zählt, ist einzig und allein eine tatsächliche Entrümpelung unserer Bürokratie.

(Beifall bei CDU und FDP)

Einen wichtigen Beitrag dazu können Sie in Schleswig-Holstein sofort leisten, indem Sie sowohl das Tariftreuegesetz als auch das Register für unzuverlässige Unternehmen gar nicht erst das Licht der Welt erblicken lassen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die CDU wird jede Entlastung des Mittelstandes unterstützen. Die Maxime dabei muss sein: Weniger Staat, mehr Freiheit!

(Beifall der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Dass diese Gedanken in Ihrem Antrag vorhanden sind, wage ich nicht einmal zu hoffen.

Wenn es noch eines Beweises für verfehlte Mittelstandspolitik unter Rot-Grün bedurft hätte - mit dieser Resolution läge er vor. Das erkennen wir durchaus an.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich bin fast geneigt, Ihnen dafür zu danken.

(Anhaltender Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Aschmoneit-Lücke das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kurz nach der Bundestagswahl und ein knappes halbes Jahr vor der Kommunalwahl entdecken auch SPD und Grüne die Misere des Mittelstandes. Das, lieber Herr Kollege Schröder, ist natürlich löblich. Aber wie Sie selbst gesagt haben, haben wir nicht nur in der letzten Tagung, sondern auch in der Tagung davor bereits ausführlich über die Probleme des Mittelstandes gesprochen. Wir wissen, welche Probleme es gibt. Wir alle wissen, welche Probleme es gibt. Frau Kollegin Strauß hat das eben hier noch einmal sehr eindeutig ausgeführt. Ich kann ihren Ausführungen voll zustimmen.

Seitdem, nämlich seit den letzten Tagungen, in denen wir uns sehr ausführlich mit den Problemen des Mittelstandes befasst haben, haben sich die Probleme leider nicht verringert - im Gegenteil. Eine geneigte Leserin Ihres Antrages könnte nach dem Überfliegen der Überschriften den Eindruck gewinnen, die Regierungsfraktionen hätten die Zeichen der Zeit erkannt. Endlich soll Politik für Wachstum, Innovation und Beschäftigung gemacht werden. Mitnichten! Der Eindruck täuscht. Dies findet sich - wie gesagt - ausschließlich in den Überschriften.

Diese Meinung teilen die Antragsteller allerdings nicht. Ihrer einleitenden Bemerkung nach hat die alte Regierung Schröder ja alles richtig gemacht. Ich frage mich, warum die neue Regierung Schröder jetzt aufgefordert werden soll, alles noch richtiger zu machen.

(Beifall bei der FDP - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das wissen sie selbst nicht!)

Das passt nicht zusammen. Entweder war die Politik der letzten vier Jahre richtig und hat geholfen - dann bräuchten wir die Bundesregierung nicht zu einer Kursänderung aufzufordern - oder die Politik der letzten Jahre war nicht richtig und hat nicht geholfen - dann sollten wir sie nicht auch noch loben.

Politik wirbt in den letzten Jahren leider negativ für den Mittelstand und für Deutschland. Sonst wären der Mittelstand und die deutsche Wirtschaft in einer so

leichten konjunkturellen Schwächephase wie der gegenwärtigen nicht so tief in der Krise.

Ich bin dafür, die Bundesregierung aufzufordern, endlich mittelstandsfreundliche Politik zu betreiben. Ich bin auch dafür, die Landesregierung und die Regierungsfraktionen in diese Aufforderung einzuschließen. Denn in mindestens vier der fünf Themenbereiche des Antrags haben sowohl die Bundes- als auch die Landesregierung in den letzten Jahren konsequent Politik gegen den Mittelstand betrieben.

Die Steuerreform 2000 war entschieden mittelstandsfeindlich, denn der Mittelstand wurde im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften so gut wie gar nicht entlastet, aber zum Beispiel durch die Ökosteuer zusätzlich belastet.

Die Lohnnebenkosten wurden nicht begrenzt und schon gar nicht, wie angekündigt, gesenkt.

Der Arbeitsmarkt wurde nicht flexibilisiert, sondern weiter zugemauert. Das Gesetz gegen die Scheinselbstständigkeit, die Einschränkungen befristeter Arbeitsverträge, der Anspruch auf Teilzeit, die Verschärfung der Mitbestimmung, alles das hat Arbeitsplätze belastet, hat Arbeitsplätze vernichtet. Und die linke Seite des Hauses hat immer schön zugestimmt.

Die Regulierungslast ist weder im Bund noch im Land kleiner geworden. Erst kürzlich hat die linke Seite dieses Hauses unseren Antrag zur Standardöffnung mit der Begründung abgelehnt, wir bräuchten gar nicht weniger öffentliche Regulierungsstandards.

Einzig bei der Kreditversorgung hat die Bundesregierung etwas für den Mittelstand erreicht. Bei Basel II werden die Besonderheiten des Mittelstandes angemessener berücksichtigt als in den ersten Entwürfen.

Liest man die Überschriften der fünf Forderungen, könnte man meinen, man lese das FDP-Programm. Liest man das Kleingedruckte - darauf muss ich noch einmal zurückkommen -, verfliegt dieser Gedanke schnell. Entweder fordern die Antragsteller Allgemeinplätze und drücken sich vor den Konsequenzen oder sie fordern etwas, das dem Mittelstand nicht hilft, sondern schadet.

So wird unter Punkt eins begrüßt, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Deutsche Ausgleichsbank fusioniert werden sollen. Weder dieser Gruß noch die Fusion werden die Probleme des Mittelstandes merklich mindern.

(Beifall bei FDP und CDU)

Denn auch die Subventionen aus verbesserten Förderprogrammen werden niemals ausreichen, um die

(Christel Aschmoneit-Lücke)