Protocol of the Session on October 10, 2002

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das war gut!)

Wirtschaftliches Engagement und Zukunftsregion brauchen Augenmaß und unternehmerische Risikobereitschaft. Das gilt auch für schleswig-holsteinische Unternehmen. Es gibt durchaus welche, die in Russland tätig sind. Ich nenne die Firma Hahn & Co und einen Norderstedter Baumarkthändler. Sie haben in diesem Raum inzwischen 100 Beschäftigte.

Ich finde es gut, dass der Wirtschaftsminister zusammen mit den drei IHKs in den nächsten Wochen - ich glaube, im November -

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, die Zeitsuchmaschine zeigt das Ende an.

- Letzter Satz! - nach Russland fahren wird und dort einen schleswig-holsteinischen Firmenpool mit russischem Management aus der Taufe heben wird. Das sind praktische Schritte, um im russischen Wirtschaftsraum Fuß zu fassen

(Glocke des Präsidenten)

und in diesem Zusammenhang die Ostseezusammenarbeit voranzutreiben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Joachim Behm.

(Klaus Schlie [CDU]: Das müssen Sie jetzt (Vizepräsident Thomas Stritzl)

aber toppen, Herr Kollege! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das wird nicht einfach! Das hat dich verwirrt!)

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die Ostseeregion ist momentan ein Bereich im ständigen Wandel. Dieser Wandel bietet für Schleswig-Holstein immer neue Herausforderungen, aber auch immer neue Chancen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das hat man gerade gehört!)

Liebe Frau Böhrk, ich empfehle der schleswigholsteinischen Landesregierung und auch dem Landtag im Wesentlichen, diese Chancen im Ostseeraum zu nutzen. Unsere Mittel sind karg und begrenzt. Wenn wir diesen Bereich beackern, haben wir genügend erreicht. Das andere müssen wir wohl dem Bund überlassen. Das ist nur eine spontane Anmerkung.

Die Teilnahme der Delegation des Schleswig-Holsteinischen Landtages an der Ostseeparlamentarierkonferenz in St. Petersburg stellt eine solche wahrgenommene Chance dar. Mit der Erweiterung der Europäischen Union wird der Stellenwert der Ostseeregion und überhaupt der nördlichen Länder in Europa einen immer größeren Stellenwert einnehmen.

Es wird nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich die Ostsee zu einem gesamteuropäischen Binnenmeer entwickelt hat. Die Zukunftschancen SchleswigHolsteins werden auch davon abhängen, wie wir die Entwicklung dorthin gestalten. Dabei ist die heutige Ausgangsposition nicht die schlechteste.

Schleswig-Holstein entwickelt sich immer stärker zu einer Drehscheibe für das nördliche Europa. Die neuen Landverbindungen nach Skandinavien verleihen Schleswig-Holstein eine Brückenfunktion zu Nordeuropa. Das Wachstum des Binnenhandels in der Europäischen Union stärkt diese Stellung des Landes spürbar. Die immer intensiveren Beziehungen zu Russland, Polen und den baltischen Staaten steigern die Bedeutung des Landes als Schnittstelle des Austauschs zwischen dem Ostseeraum und der übrigen Welt.

(Beifall bei der FDP)

Die Osterweiterung der Europäischen Union wird diese Bedeutung nochmals erhöhen. Die zunehmenden Handelsströme sind Herausforderung und Chance zugleich.

(Das Handy von Ministerin Ute Erdsiek- Rave klingelt - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das finde ich unangemessen, Herr Präsi- dent!)

Die Herausforderung liegt darin, die entstehenden Belastungen angemessen zu verarbeiten; die Chance liegt darin, die Handelsströme an Schleswig-Holstein zu binden und für das Land zu nutzen. - Ich hoffe, das war kein Anruf aus Moskau.

So kann Schleswig-Holstein zum Dienstleister des Nordens werden, wenn wir so konkrete Projekte wie die A 20, die Projektierung der Fehmarnbelt-Querung und den Ausbau als Begegnungs- und Wissenschaftsstandort vorantreiben.

Die politisch-soziale Entwicklung und Vereinheitlichung der Lebensstandards sind weitere Eckpfeiler auf dem Weg für eine starke Ostseeregion. Mit der 1996 in Kalmar/Schweden beschlossenen Förderung der People to People-Partnerschaften und mit den weiteren Kontakten zwischen jungen Menschen bauen wir Brücken. Jeder Mensch, der irgendwann einmal Erfahrungen mit vergleichbaren Austauschprogrammen gemacht hat, wird bestätigen, dass diese Form der Verständigung die solideste aller Basen für eine zukünftige Zusammenarbeit ist.

(Beifall bei FDP und CDU)

Sie ist nämlich nicht nur von wirtschaftlichem Interesse, sondern auch von Freundschaft und Verständnis getragen.

Die Begegnung Czas-Sprung im Jahr 2001 der Ministerpräsidentin unseres Landes ist so ein gelungenes Projekt mit unserem Nachbarn Polen unter Einbindung von vielen Jugendlichen in Polen, aber auch unseres Landes.

(Beifall bei FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Diese Freundschaft und dieses Verständnis mit- und füreinander werden uns auch helfen, die Probleme, die mit der europäischen Erweiterung im Hinblick auf die Kaliningrader Region auf uns zukommen, zu bewältigen. Es ist für viele Menschen in dieser Region ein Problem, dass die Durchreise ins russische Mutterland auf dem Landweg durch die Aufnahme Litauens in die Europäische Union erschwert wird. Das ist auch menschlich nachvollziehbar. Schließlich wird von einem Freund, als der sich die EU für Russland darstellt, nicht unbedingt erwartet, dass er die eigenen Möglichkeiten einschränkt.

Dennoch gibt es auch gute Gründe gegen eine Transitvereinbarung mit den üblichen Erschwernissen. Dieses Problem ist behutsam zu klären und vertraglich zu regeln. Insgesamt müssen wir die Region Ka

(Joachim Behm)

liningrad so weit in die Entwicklung des Ostseeraumes einbinden, dass die Vorteile gegenüber den Nachteilen für die Menschen dieser Region überwiegen, die Ihnen aufgrund ihrer Insellage entstehen.

Bei der Förderung einer nachhaltigen umweltverträglichen Entwicklung im Ostseeraum besteht noch Verbesserungsbedarf. Wir haben heute Morgen ausführlich darüber gesprochen. Hier müssen wir gar nicht so weit auf der Karte schauen, um auch im kritischen Dialog Lösungen zu erarbeiten.

Die Ostsee ist ein sehr empfindliches Ökosystem. Das müssen wir jedes Jahr verschiedentlich feststellen. Dieses Jahr gab es insbesondere vor den dänischen Küsten ein erhöhtes Fischsterben durch Sauerstoffmangel. Dies war gerade dort der Fall, da neben dem heißen Wetter auch die Einträge der Landwirtschaft eine große Rolle spielten. Auch diese Probleme müssen im Interesse aller Ostseeanrainer besprochen werden. Ansätze sind sichtbar, dass wir diese Fragen mit unseren Nachbarn lösen können.

Der Ostseebericht der Ministerpräsidentin ist eine wichtige Basis für unsere Weiterarbeit. Das sollten wir nutzen.

(Beifall bei FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Karl-Martin Hentschel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mich hat der Beitrag des Abgeordneten Ritzek etwas amüsiert, dem der eine Teil des Berichtes etwas zu lang und der andere Teil etwas zu kurz war. Ich finde, das ist eine tief greifende Kritik. Ich schlage vor, dass Sie sich in Zukunft einen eigenen Bericht schreiben. Dann haben Sie solche Probleme nicht.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Im Ernst zum Ostseebericht! Ich bedanke mich für den Ostseebericht der Landesregierung.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Bitte!)

Ich glaube, dass die Ostseeaktivitäten für SchleswigHolstein ein Aushängeschild sind, eine gute Chance sind, ein eigenes Profil über seine Grenzen hinweg zu gewinnen. Der Raum hat - das stimme ich allen Vorrednern zu - auch eine erhebliche wirtschaftliche

Bedeutung für dieses Land, gerade im Hinblick auf unsere Beziehungen zu Skandinavien und dem Baltikum.

Ich weise darauf hin, dass bislang die wesentlichen wirtschaftlichen Möglichkeiten im Ostseebereich immer noch bei den skandinavischen Ländern liegen und auf lange Zeit dort bleiben werden. Deswegen sind gerade STRING-Projekte in der Region südwestliche Ostsee von ganz besonderer Bedeutung. Sie sind ökonomisch für unsere wirtschaftlichen Beziehungen von vorrangiger Bedeutung. Bei den neuen Ländern im Baltikum und bei Polen sehen wir Zukunftschancen. Hier spielt der wirtschaftliche Aspekt zurzeit noch eine kleinere Rolle.

Mein Kollege Rainder Steenblock, der das Statement, das ich hier halte, vorbereitet hat, hat mich gebeten, in besonderer Weise auf die Beziehungen zu Polen und auf die Provinz Pomerania einzugehen. Nach seiner Auffassung ist es so, dass die skandinavischen Länder im baltischen Raum schon sehr, sehr aktiv sind.

(Thorsten Geißler [CDU]: Schon seit Jahren, Herr Kollege!)

(Thorsten Geißler [CDU]: Schon seit vielen Jahren!)

- Schon seit vielen Jahren aktiv sind! Völlig richtig. Schleswig-Holstein ist auch aktiv.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Schon vor Ih- nen!)

Dort gibt es bereits sehr starke Bastionen der skandinavischen Länder. In Pomerania und überhaupt in Polen gibt es im Vergleich dazu echten Nachholbedarf und große Chancen gerade für SchleswigHolstein, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu knüpfen. Er schlägt deswegen vor, dass wir uns in der Arbeit einen eigenen Schwerpunkt für Polen setzen. Das ist schon begonnen worden. Chancen der Zusammenarbeit sieht er in den Bereichen Innere Sicherheit und Kriminalität. Es ist möglich, Projekte des Innenministeriums mit den entsprechenden Behörden dort gemeinsam durchzuführen. Denn gerade in diesem Bereich existieren in Nordpolen noch erhebliche Probleme.