Protocol of the Session on October 10, 2002

(Zurufe von der CDU)

bedeuten auch, dass wir Einnahmen brauchen, um das finanzieren zu können.

Sie haben in Ihrer 16-jährigen Regierungszeit in Bonn immer neue Schulden gemacht, meine Damen und Herren! Sie haben doch unseren Kindern und Kindeskindern eine Schuldenlast von 1.500 Milliarden DM hinterlassen.

(Beifall bei der SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Sagen Sie doch einmal etwas zur Vermögensteuer! - Weitere Zurufe von der CDU)

Wir wollen, dass diese Generation die Belastungen trägt, die wir für notwendig halten, meine Damen und Herren.

Wir wollen die Gerechtigkeitslücke, die bei der Finanzierung öffentlicher Aufgaben besteht, schließen. Deswegen unterstützen wir zum Beispiel die Korrektur der Unternehmensteuerreform, weil auch wir glauben, dass es nicht gerecht ist, dass sich große Kapitalgesellschaften aus der Finanzierung öffentlicher Aufgaben herausnehmen können.

(Martin Kayenburg [CDU]: Wer hat das denn entschieden? Sie waren das doch! Das ist doch Ihre Regierung gewesen!)

Das haben Sie doch im Bundestagswahlkampf unterstützt. Jetzt sagen Sie: keine Steuererhöhungen, keine Korrektur der Unternehmensteuerreform! Wenn Sie das jetzt fordern, haben Sie im Wahlkampf die Unwahrheit gesagt, meine Damen und Herren!

Wir sind auch der Auffassung, dass hohe Vermögen und große Erbschaften angemessen zur Besteuerung herangezogen werden sollten.

(Uwe Eichelberg [CDU]: Wo fängt das denn an?)

Wir nehmen den Auftrag der Verfassung ernst, dass die Steuern von Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit erhoben werden sollen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Kollege Kubicki, Sie wissen das, glaube ich, besser als andere in diesem Haus: Die Steuergerechtigkeit ist ein hohes Pfand, sie ist ein Eckpfeiler des sozialen und demokratischen Rechtsstaates.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die besteht doch gar nicht mehr!)

In diesem Sinne haben wir schon 1998 und 2001 die Regierung aufgefordert zu handeln. Wir haben uns mit einem Mehrheitsbeschluss dafür eingesetzt, dass es zu eine Korrektur des Erbschaftsteuer- und -bewertungsgesetzes kommt. Wir liegen da auch im Trend, nämlich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

die übereinstimmend die jetzige Praxis für verfassungswidrig erklärt haben. Hier besteht Handlungsbedarf, weil es nicht angehen kann, dass innerhalb des Grundvermögens eine unterschiedliche Bewertung stattfindet, dass der Einheitswert genommen wird und nicht der Verkehrswert und dass es auch nicht angehen kann - sagt der Bundesfinanzhof, sagt das Bundesverfassungsgericht -, dass es eine unterschiedliche Bewertung zwischen Grundvermögen und anderen Vermögen wie zum Beispiel Kapitalvermögen gibt. Das - so glaube ich - muss geändert werden. Das ist nicht mehr als gerecht.

(Beifall bei der SPD)

Weil Sie immer mit dieser Kampagne kommen, will ich deutlich machen: Es geht nicht um Oma ihr klein Häuschen, meine Damen und Herren! Dafür werden

(Günter Neugebauer)

wie bisher die hohen Freibeträge sorgen. Es geht darum,

(Martin Kayenburg [CDU]: Um was geht es denn? - Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Um was geht es denn?)

dass es sich bei Erbschaften um Einkommen handelt, denen keine eigene Leistung gegenübersteht.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist doch eine Unverfrorenheit! - Zuruf der Abgeordneten Brita Schmitz-Hübsch [CDU])

Das sollten Sie doch wissen, meine Damen und Herren! Verglichen mit der Steuer auf Löhne und Gewinne wirkt die niedrige Besteuerung der Erbschaft doch geradezu grotesk.

(Zurufe von CDU und FDP - Glocke der Präsidentin)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe. Herr Abgeordneter Neugebauer hat das Wort.

Ein Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit - auch darin verstehen wir Ihren Antrag nicht - wäre die Wiedereinführung der privaten Vermögensteuer, für die auch die CDU noch vor wenigen Jahren eingetreten ist. Wir haben als Land 1995 255 Millionen DM vereinnahmt. Dann ist sie aufgrund der Beschlüsse der FDP/CDU/CSU-geführten Bundesregierung abgeschafft worden.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Nein, sie ist nicht mehr erhoben worden! Die ist nicht ab- geschafft worden!)

Das Bundesverfassungsgericht hat nun gesagt, das muss geändert werden, und Sie haben sich dieser Änderung verweigert.

(Martin Kayenburg [CDU]: Eben! Na also!)

Damit lief das Gesetz zwangsläufig aus. Wir halten es für vertretbar, meine Damen und Herren, dass auch hohe Vermögen an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligt werden. Der Wegfall hat doch nicht nur die Landesfinanzen geschwächt, der Wegfall der Vermögensteuer - dank Ihrer Beschlüsse - hat auch die Finanzkraft der Kommunen geschwächt, die ja mit 19 % an unseren Einnahmen partizipieren.

(Zurufe von CDU und FDP - Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich kann also abschließend nur feststellen: Wir sind für mehr Steuergerechtigkeit. Wir wollen die Gerechtigkeitslücke schließen. Von diesem Anspruch auf mehr Gerechtigkeit ist in Ihrem Antrag nichts zu sehen. Deswegen werden wir dem Antrag nicht zustimmen können.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es wirklich genial, dass man sich bei einem so dringlichen Antrag mit 5-Minuten-Beiträgen begnügt,

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

weil es mit Sicherheit Sinn machen würde, über verschiedene steuerpolitische Konzepte, die es ja auf Landes- und Bundesebene in den unterschiedlichen Parteien gibt und vor allen Dingen über ihre ökonomischen Auswirkungen, also nicht nur über die fiskalischen, zu diskutieren. Bedauerlicherweise ist das heute nicht möglich. Die öffentlichen Hände müssen ihre Finanzierungsprobleme lösen, ohne die Abgabenlast der Menschen und Unternehmen zu erhöhen. Das wäre ökonomisch rational und gut für Deutschland und Schleswig-Holstein. Aber das fehlende Verständnis der Regierenden in Kiel und in Berlin für wirtschaftliche Zusammenhänge und ihre Verweigerung, die Wirklichkeit wahrzunehmen, sprechen dagegen. Diese Aufforderung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ist vergebliche Mühe bei Menschen, die zwar von stärkerem Sparen sprechen, obwohl sie mehr als eine halbe Milliarde € neue Schulden aufnehmen wollen. Auch die letzten 14 Haushaltspläne beweisen es eindeutig: SchleswigHolstein macht mit dem Sparen ernsthafterweise nicht ernst.

Steuern sind ein notwendiges Übel für den gesellschaftlich gewollten Nutzen staatlicher Leistungen. In Deutschland ist das Übel größer als der Nutzen, deswegen brauchen wir nicht mehr, sondern weniger und einfachere Steuern mit niedrigeren Steuersätzen. Das

(Wolfgang Kubicki)

ist mittlerweile Allgemeingut bei Sozialdemokraten auf Bundesebene, Kollege Neugebauer.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Nachdem ich eben Ihre Rede gehört habe, frage ich mich, warum die Sozialdemokraten und die Grünen auf Bundesebene eine Steuerreform begonnen haben und auch nach 2003 fortsetzen wollen, die zu Einnahmeausfällen führt, aufgrund derer staatliche Leistungen, die bisher angeboten worden sind, entweder eingeschränkt oder verlagert werden müssen. Bund und Länder leben über ihre Verhältnisse und verzehren zu viel des wirtschaftlichen Vermögens. Die Landesregierung besticht durch extremen Vermögensverzehr. Weil die Landesregierung sich so sehr an den Vermögensverzehr gewöhnt hat - man könnte auch von Sucht sprechen - hängt sie ja auch ganz besonders an den Steuern auf das Vermögen.

Vermögen ist bereits aus zweifach versteuertem Einkommen gebildet, Kollege Neugebauer.

(Beifall bei der FDP)

Es liegt grundsätzlich nicht sinnlos unter der Matratze, sondern ist ertragsbringend angelegt. Wer Vermögen besteuert, mindert die Bestände und die Erträge. Wenn der Staat die Steuereinkünfte in Projekte mit höheren Erträgen stecken wollte, könnte man noch sinnvoll darüber streiten, ob dies den Eingriff in das private Eigentum rechtfertigt. Aber die rot-grüne Politik zeigt, dass sie das Geld keinesfalls nutzbringender einsetzen würde, daher erübrigt sich diese Diskussion. Deshalb lehnen wir es ab, die Erbschaftsteuer zu erhöhen und die Vermögensteuer wieder einzuführen.

Wir lehnen dieses noch aus einem zweiten Grund ab: Die Ministerpräsidentin läuft durch das Land und verkündet, man wolle ja nur die wirklich Reichen treffen. Oma ihr klein Häuschen und Familienbetriebe sollen ungeschoren davon kommen, aber die wirklich Reichen bräuchten das Geld nicht wirklich. Dabei verkennt die Regierung die Dynamik ihrer Absichten. Heutiges Vermögen zu besteuern, verringert die Anreize, Vermögen zu erhalten oder neues aufzubauen.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Im Lande zu hal- ten!)

Vermögen entsteht, wenn man weniger ausgibt, als man einnimmt: man spart. Und die private Ersparnis ist die Finanzierungsquelle für staatliche Haushaltsdefizite und - viel wichtiger - für die privaten Investitionen. Wird heute weniger gespart, wird weniger für morgen investiert. Das schwächt Wachstum und Wohlstand. Fazit: Die Ministerpräsidentin und ihre