Protocol of the Session on September 12, 2002

Fünftens. Wir wollen keine weitere Bebauung in Überschwemmungsgebieten. Wir haben kein Verständnis dafür, dass Städte und Gemeinden den geplanten Hochwasserschutz dadurch verschleppen oder gar verhindern, dass sie dort immer noch Baugebiete ausweisen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Wer hat die denn genehmigt?)

Das Gleiche gilt für die Landesplanung. Das will ich hier sehr deutlich sagen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Also doch die Regierung!)

Wir müssen hier zu einer konsequenteren Anwendung kommen.

Widerstände gegen Retentionsräume und Deichrückverlegungen sind nach dem, was wir heute wissen, genauso wenig nachvollziehbar wie der Versuch mancher Gemeinden, Gewerbeparks und Baugebiete in den Überschwemmungsgebieten von Flüssen zu realisieren.

Wir müssen - das ist mein sechster Punkt - den Klimaschutz vorantreiben. Wir müssen Konzepte für einen wirksamen Klimaschutz in konkrete Maßnahmen umsetzen, das heißt weiterer Ausbau der regenerativen Energien, ein nationales Förderprogramm zur energetischen Altbausanierung und steuerliche Unterstützung von Energiesparen sowie eine weitere Ausgestaltung der Ökosteuer.

Wir müssen - das ist mein siebter Punkt – den Verkehr umweltfreundlich gestalten. Denn der Verkehr ist nicht nur der größte Kohlendioxydemmittent, sondern er hat auch die größten Wachstumsraten. Das gilt weltweit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Rot-Grün hat in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen - das gilt für das Land SchleswigHolstein, das gilt für die Bundesregierung -, um unserer Verantwortung gerecht zu werden. Wir mobilisieren mit 1 Milliarde € ein Kreditvolumen von 5 Milliarden € und ein Investitionsvolumen zwischen 10 und 20 Milliarden € für die Altbausanierung. Das ist die Realität von heute. Dadurch werden gerade im mittelständischen Bereich, in den Handwerksbetrieben, Arbeitsplätze geschaffen und gesichert. Jetzt hat der Kanzlerkandidat der Union darauf reagiert und hat ein Altbausanierungsprogramm in Höhe von 100 Millionen € angekündigt. Stellen Sie sich das einmal vor. Es geht um Klimaschutz.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Wir sind nicht im Bundestagswahlkampf!)

- Das, lieber Kollege Wadephul, werden Sie sich anhören müssen.

(Klaus Schlie [CDU]: Es kommen keine Leute zu seinen Veranstaltungen! - Dr. Jo- hann Wadephul [CDU]: Daher muss er seine Wahlkampfrede hier halten!)

Das zielt genau auf die Politik, die der Kollege Kayenburg hier vorgestellt hat. Umweltpolitik findet in Ihrem Programm nur als Anhängsel statt, als Anhängsel der Abteilung Wirtschaft. Ich weiß, dass Ihnen das ausgesprochen peinlich ist. Von vielen Seiten ist dar

(Rainder Steenblock)

auf hingewiesen worden, welche Inkompetenz das Team, das Stoiber im Umweltbereich um sich geschart hat. Dann haben Sie gesagt, Umweltbereich sei bei Ihnen Chefsache. Das ist doch keine Lösung des Problems. Es ist eine echte Drohung an die deutsche Bevölkerung, wenn bei Ihnen Umweltschutz zur Chefsache wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Dann fangen wir bei Schröder und Aufbau Ost an! Den hat Schröder auch zur Chefsache er- klärt!)

Wenn Sie diese Auseinandersetzung wollen, Herr Kollege Kayenburg: Der Stoiber hat ein Startprogramm vorgelegt, jetzt, noch gerade vor der Bundestagswahl.

(Martin Kayenburg [CDU]: Ein hervorra- gendes Programm!)

- Ein hervorragendes Programm. Da unterhalten Sie sich über ganz viele wichtige Sachen. Unter anderem wird über Graffitisprayereien geschrieben. Nach den Graffiti kommt auf der Seite 14 dieses Programms ganz am Schluss der Umweltschutz dran, und zwar mit Deregulierungsforderungen. Es ist eine Peinlichkeit, was Sie sich im Bereich Umweltschutz erlauben. Sie haben sich in einer Art und Weise disqualifiziert, dass Sie die Quittung dafür bekommen werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Wir werden Sie an dieser Stelle nicht aus der Verantwortung für das Versagen entlassen. Sie haben in diesem Landtag - ich weiß nicht wie häufig - versucht, eine Diskussion über die Ökosteuer zu führen und diese als Totschlagargument gegen die Klimaschutzpolitik verwendet.

(Uwe Eichelberg [CDU]: Nur gegen die Wirtschaft!)

- Das geht nicht gegen die Wirtschaft. Sie sollten sich einmal ansehen, was wir im Bereich der Ökosteuer geleistet haben. Sie sagen, das bringe nichts und es sei gegen die Wirtschaft. Lassen Sie uns doch einmal die Fakten ansehen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Erstens. Es geht bei der Ökosteuer um eine Lenkungswirkung.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Gesenkt werden sollen die klimaschädlichen Spurengase des Verkehrs. Schauen wir uns einmal an, was in den Jahren 2000 und 2001 passiert ist. In diesen Jahren sind in Deutschland zum ersten Mal die klimaschädlichen Spurengase des Verkehrs gesunken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zweitens. Durch die Ökosteuer sollte der spezifische Kraftstoffverbrauch von Autos gesenkt werden.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Dadurch sollte die Rentenversicherung gesichert werden!)

Auch dieses ist zum ersten Mal erfolgt, und das in den Jahren von Rot-Grün. Zum ersten Mal haben wir den spezifischen Kraftstoffverbrauch gesenkt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Drittens. Durch die Ökosteuer sollte das Verbraucherverhalten geändert werden. Bei der Kaufentscheidung von Verbraucherinnen und Verbrauchern sollten spritarme Autos eine Chance bekommen und in den Vordergrund gerückt werden. Auch das ist erreicht worden. Für die Kaufentscheidung von Verbrauchern - lesen Sie einmal die Umfragen - ist der Spritverbrauch eines Wagens heute zentrales Entscheidungskriterium.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

In diesen drei Bereichen hat sich die Ökosteuer mit ihren Zielen durchgesetzt. Das können Sie nachlesen. Hier brauchen Sie gar nicht in Fundamentalopposition zu machen, denn selbst ihr Stoiber ist mittlerweile von einem Antiökosteuerfundi zum Realo geworden. Er will die Ökosteuer doch gar nicht mehr abschaffen.

(Zurufe von der CDU)

Diese 16 Millionen € könnte er doch gar nicht gegenfinanzieren. Wenn Sie sagen, Sie wollen das ab 2003 nicht mehr machen, dann heißt das, dass Sie die Rentenbeiträge um 0,2 % erhöhen wollen. Das ist doch die Wirklichkeit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Das ist Nonsens-Economic!)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir haben in Deutschland eine engagierte Regierung, was den Klimaschutz angeht. Renate Gröpel und die Ministerpräsidentin haben etwas zum Energiesparbereich ausgeführt. Das ist unsere Verantwortung. Rot-Grün hat in den letzten vier Jahren ein ganzes Paket von Maßnahmen für vorsorgende Klimapolitik beschlos

(Rainder Steenblock)

sen. Beim Gesetz für erneuerbare Energien war die CDU dagegen, die FDP natürlich auch. Der Steuerbefreiung von Biotreibstoffen hat die CDU zugestimmt. Die FDP war weiter tapfer dagegen.

(Zuruf von der FDP: Was haben Sie ge- macht?)

Der Biomasseverordnung hat die CDU zugestimmt. Die FDP war weiter tapfer dagegen. Das KraftWärme-Kopplungsgesetz haben CDU und FDP abgelehnt. Bei der ökologischen Steuerreform war die CDU mit fundamentalistischem Eifer dagegen, die FDP auch. Bei der Energiesparverordnung waren Sie dagegen. Die Einrichtung einer deutschen Energieagentur haben CDU und FDP abgelehnt.

(Zurufe von CDU und FDP)

Die wirksame Ausgestaltung des Emissionshandels haben beide Fraktionen abgelehnt. Auch bei der LKW-Maut und den massiven Steigerungen der Bahninvestitionen waren beide dagegen. Die Verwendung der Einnahmen der LKW-Maut auch für den Schienenverkehr haben beide Fraktionen abgelehnt.

(Zurufe von FDP und CDU)

Grundsatzbeschluss des Deutschen Bundestages zur naturverträglichen Binnenschifffahrt - alle dagegen!

(Zuruf von der CDU: Sie auch?)

Ich sage das, um deutlich zu machen, wo die Verantwortung für eine vorsorgende Klimapolitik in Deutschland liegt. Das ist die zentrale Frage, um die es geht. Wenn wir das, was an Solidarität und Engagement bei dieser Hochwasserkatastrophe deutlich geworden ist, aufnehmen und in verantwortliche Politik umsetzen wollen, dann müssen wir vorsorgende Klimapolitik betreiben und dürfen nicht immer versuchen, Reparaturmaßnahmen zu realisieren.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jensen-Nissen?