Protocol of the Session on September 11, 2002

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wiegard?

Selbstverständlich.

Herr Kollege Fuß, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es uns darauf ankommt, die Gespräche aus den Hinterzimmern jetzt an die Öffentlichkeit zu verlagern,

(Lothar Hay [SPD]: „Hinterzimmer“, was ist denn das für eine Wortwahl?)

und dass es deshalb wichtiger war, das Thema heute auf die Tagesordnung zu setzen, als es gestern im Kreise von fünf Personen zu behandeln?

Kollege Wiegard, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich dies nicht alternativ, sondern additiv angesprochen habe, das heißt die Behandlung des

(Wolfgang Fuß)

Themas sowohl gestern als auch heute als erforderlich angesehen habe?

(Beifall bei der SPD)

Dies hätte der gegenseitigen beziehungsweise der - wie ich der letzten Bemerkung Ihres Vortrages entnommen habe - gemeinsamen Zielsetzung sicherlich gedient.

Die Fusion ist aber nur möglich, weil die Beschäftigten unserer Bank mit ihrem Vorstand an der Spitze durch hervorragende Arbeitsleistungen und Arbeitsergebnisse in den letzten zehn Jahren überhaupt erst die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, gleichberechtigt mit Hamburg verhandeln zu können. Der Finanzminister hat auf die Wertsteigerungsraten, wie ich finde, sehr berechtigt hingewiesen. Eine Fusion ist keine feindliche Übernahme, sondern sie ist das Zusammengehen mehrerer Partner. Dies setzt voraus, dass alle Beteiligten kompromissfähig sind und die gegenseitigen Interessenlagen anerkennen. Ich finde, das vorliegende Ergebnis belegt eindrucksvoll, dass sich die Beteiligten an diese Zielsetzung gehalten haben.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Wir haben erstens eine Verteilung der Kompetenzcenter, die eine angemessene und qualifizierte Darstellung der neuen Bank an beiden Standorten gewährleistet, und zwar auf Dauer. Durch diese Aufteilung bleibt gerade für unsere mittelständische Wirtschaft der notwendige Ansprechpartner in Kiel erhalten.

Zweitens. Die Synergieergebnisse werden zu weiteren erheblichen Ergebnisverbesserungen führen, was nachhaltig zur Sicherung der Arbeitsplätze führen wird. Im Übrigen wird die Fusion sozial verträglich umgesetzt. Das heißt, betriebsbedingte Kündigungen werden ausgeschlossen.

Drittens. Die Personalentscheidungen in Aufsichtsrat und Vorstand sind ausgewogen und sichern die Interessenlage unseres Landes.

Viertens. Die neue Bank geht gut gerüstet in den verschärften Wettbewerb. Wir dürfen uns also im Interesse des Landes auf gute Ergebnisse freuen.

Deshalb habe ich - fünftens - jede Veranlassung, der Regierung im Namen meiner Fraktion für dieses Verhandlungsergebnis Anerkennung und Dank auszusprechen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit dem anfangen, was der Finanzminister aus der „Börsen-Zeitung“ eingeführt hat. Ich kenne diesen Kommentator nicht. Er hat mit mir nicht geredet und auch mit niemandem anders von uns. Ich finde es nett, dass Sie es angesprochen haben. Sie kennen ja unsere Haltung dazu. Es wäre geradezu widersinnig anzunehmen, dass die FDP die Fusion oder die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft zurückdrehen wollte, nachdem wir das immer gefordert haben und die FDP in der Hamburgischen Bürgerschaft in dem Bereich auch mitwirkt. Insofern ist das hier mehr als eine Falschmeldung. Das ist eine böswillige Unterstellung.

Sie hat möglicherweise ihren Hintergrund in dem, was wir bereits vor einem Jahr bei der Frage erörtert haben, warum, bevor die Aktiengesellschaftslösung angewandt worden ist, nicht verstärkte Bemühungen unternommen wurden, die Anteile von der WestLB und der SüdwestLB zurückzukaufen, um dann eine Umwandlung in eine Aktiengesellschaft vorzunehmen und die damit werthaltiger gewordenen fungiblen Aktienpakete zu einem besseren Preis zugunsten des Landes zu veräußern.

Herr Minister, wie Sie wissen, haben wir bereits vor Jahren vorgeschlagen, diese Anteile zurückzukaufen. Damals wurden wir mit ekelhafter Empörung versehen. Ich kann mich auch noch erinnern, Günter Neugebauer, dass die Frage einer Aktiengesellschaft - übrigens bei der Einbringung eines Gesetzentwurf der FDP zur Änderung des Sparkassen- und Girogesetzes - immer sehr kritisch gesehen worden ist.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Lieber Kollege Neugebauer, wenn du das gelesen hast, was die Regierung dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat, nämlich das Gutachten von Salomon und Oppenheimer sowie Nolte, dann wirst du feststellen, dass auch die Sparkassen um eine Umwandlung in eine andere Form nicht umhinkommen. Auch diese Umwandlung ist ja mit der Europäischen Union vereinbart. Insofern würde ich mich ein bisschen zurücknehmen, wenn darüber diskutiert wird, ob es ekelig sei, in Aktiengesellschaften umzuwandeln oder nicht.

Wenn es stimmt, was der Finanzminister gesagt hat - da teile ich seine Auffassung -, dann füge ich hinzu,

(Wolfgang Kubicki)

dass wir bereits 1994 darauf hingewiesen haben - Herr Finanzminister, Sie können es nachlesen -, dass sich die Gewährträgerhaftung und die Anstaltslast im europäischen Wettbewerb auf Dauer nicht werden halten lassen. Sie haben angenommen, dass das so ist. Aber ich frage, warum dann nicht der Versuch unternommen worden ist, die Anteile, die unter den damaligen Bedingungen an die WestLB veräußert worden sind, nun zurückzuerwerben, und zwar zum Einstandspreis zuzüglich marktüblicher Verzinsung. Nach alledem muss man die marktübliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals bedenken. Dann kommt man zu einem ganz interessanten Ergebnis, welches bei uns die Frage auslöst, warum das Land Schleswig-Holstein nicht wenigstens versucht hat, dass Geld nicht verschenkt wird, dass Windfall-Profits nicht woanders entstehen, sondern bei uns.

1994 war die LB Kiel nach Angaben des Finanzministers 504 Millionen € wert. Im Jahre 2002 sind es 2 Milliarden €. Das bedeutet eine Wertsteigerung um 297 % oder jährlich 19 %.

Im Streit mit der WestLB setzt die EU-Kommission als marktübliche Verzinsung 13 % an. 1994 haben das Land sowie der Sparkassen- und Giroverband 49,9 % der Anteile für 293 Millionen € an die WestLB und die SüdwestLB verkauft unter der Annahme, die Globalisierung und die EU-Kommission würden dem deutschen öffentlichen Bankenwesen nie etwas anhaben können. Diese Anteile haben jetzt einen Wert von 998 Millionen €, weil die Wirkung der Globalisierung und die Durchsetzungskraft der EU-Kommission die Vorstellungskraft der Landesregierung weit übersteigt.

Warum, so frage ich nach wie vor, hat das Land nicht geschickt verhandelt und die Anteile der WestLB und der SüdwestLB zum Einstandspreis plus marktüblicher Verzinsung zurückgekauft, und zwar vor der Fusion? Bei 13 % jährlich hätte das 780 Millionen € gekostet. Der Gewinn für Schleswig-Holstein wäre nach eigener Berechnung 218 Millionen € gewesen. Ich denke, das wäre den Schweiß der Edlen wert gewesen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Man sage nicht, Herr Minister, das sei Schnee von gestern, weil das hinter uns liegt. Ich will zwar nicht besserwisserisch wirken, sage aber: Die Größenordnungen, über die wir uns unterhalten, zwingen angesichts der Einsparbemühungen auf anderer Ebene doch schon zum Nachdenken darüber, warum hier nicht intensive Versuche unternommen worden sind, anders zu reagieren.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Herr Kollege Hentschel, dass Sie davon vergleichsweise wenig verstehen, leuchtet mir ein.

Wir müssen uns auch klar darüber sein, dass die Interessen der Bank und die Fusion - die jetzige Verteilung bei der Bank liegt im Interesse der Bank - nicht immer mit den Interessen des Haushaltsgesetzgebers des Landes Schleswig-Holstein deckungsgleich sind. Wir müssen uns klar machen, dass auch ein 16prozentiger Anteil an einer privaten Aktiengesellschaft, bei der auf absehbarer Zeit weiteres privates Kapital hinzutreten wird, das Empfinden der Verantwortlichen der Bank deutlich schwächen wird, und zwar zulasten der Gebietskörperschaft, die auch daran beteiligt ist, Geschäfte zu organisieren, die unter Renditegesichtspunkten nicht ohne weiteres von ihr abgewickelt würden. Ich will das nicht weiter ausführen. Aber jeder weiß, was gemeint ist.

Diese Bank, diese Aktiengesellschaft wird relativ schnell an den Kapitalmärkten im Rating an ihrem Erfolg gemessen werden. Und der Erfolg lässt sich nicht daran messen, dass man sich gegenüber dem Land Schleswig-Holstein mit freundlichen Gesten verhält, die sich nicht mit ökonomischen Zahlen entsprechend unterfüttern lassen.

Deshalb müssen wir relativ zügig und selbst im politischen Raum handeln. Wir müssen uns nicht unbedingt im nächsten halben Jahr, aber innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre überlegen, was wir mit dem 16-prozentigen Anteil des Landes an der fusionierten Landesbank denn wirklich noch wollen, ob wir dies Anlageprojekt nach der Devise betrachten: Wenn der Wert weiter steigt, veräußern wir das Paket irgendwann einmal. Oder müssen wir als Anteilseigner darauf Wert legen, dass es einen intensiven Return of Investment für diesen Anteil gibt, sodass wir einen Zufluss in den Landeshaushalt erhalten? Sonst macht die weitere Beteiligung in dieser Form an einer privaten Aktiengesellschaft nach dem Jahr 2005 vergleichsweise nur wenig Sinn.

Ich erwarte - Herr Minister, nicht auf dem offenen Markt, Gott bewahre -, dass wir uns in den Diskussionen im Finanzausschuss oder mit den finanzpolitischen Sprechern darüber klar werden, wohin die Reise für Sie eigentlich gehen soll.

Wohin die Reise der Hamburger gehen wird, können Sie angesichts der als dramatisch beschriebenen Finanzlage auch der Freien und Hansestadt Hamburg selbst erahnen und erkennen. Dass die Hamburger auf Dauer eine massive finanzielle Dotierung ihrer Landesbank werden gewährleisten können, steht genauso

(Wolfgang Kubicki)

in den Sternen wie eine weitere finanziellen Dotierung der Landesbank aus den Gebietskörperschaften des Landes Schleswig-Holstein.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich sage ein Letztes, weil es in dem Zusammenhang eine Reihe von Fragen gibt, die besprochen werden müssen.

(Zuruf von der SPD: Sie überziehen!)

- Die Regierung hat überzogen. Das dürfen wir natürlich auch tun.

Wir haben in diesem Zusammenhang das Problem: Was machen wir mit der I-Bank und dem Liegenschaftsvermögen? Das alles ist zwar zu bewältigen, aber wir haben dabei ein Problem, nämlich das, dass die I-Bank Liegenschaftsvermögen erworben und sich dabei am Kapitalmarkt verschuldet hat. Wenn wir das Liegenschaftsvermögen - wie angedacht - auf die Anstalt des öffentlichen Rechts übertragen, müssen wir irgendetwas mit den Verbindlichkeiten der Investitionsbank machen. Das wird haushaltsrechtlich nicht ganz einfach sein. Wie Sie wissen, können die Verbindlichkeiten nicht bei der I-Bank bleiben, weil ihr Vermögenswert durch die Übertragung der Liegenschaften reduziert wird. Die einfache Mitnahme ist auch nicht so einfach zu gestalten, weil man dann im Zweifel den Kreditgeber fragen muss, ob er mit der entsprechenden Schuldübernahme einverstanden ist.

Die letzte Möglichkeit wäre, dass die Anstalt des öffentlichen Rechts von der I-Bank die Liegenschaften zurückkauft. Dabei ist die Frage, zu welchem Preis das geschehen soll. Der Marktwert hat sich bis heute sicherlich verändert. Es würde jedenfalls Probleme auslösen. Da es sich um einen Bestand und nicht um Neuanlageobjekte handelt, würde das durch Zuführung neuer Kredite die Kreditobergrenze für den Landeshaushalt deutlich überschreiten.

Diese Frage ist nicht nur technischer, sondern auch politischer Natur. Sie wird in den nächsten Tagen noch geklärt werden müssen.

(Zuruf von der SPD: Ist sie nicht schon ge- klärt!)

- Nein, die Frage ist definitiv noch nicht geklärt, auch wenn es dazu Ansätze gibt.

Herr Minister, ist komme zu einem letzten Punkt, zu dem Sie dem hohen Haus noch etwas erklären müssen. In § 28 Abs. 5 des Haushaltsbegleitgesetzes ist der Passus enthalten, der Sie ermächtigen soll, Schäden, die durch die Herauslösung der I-Bank bei der Landesbank aufseiten der Landesbank entstehen, finanziell auszugleichen. Ich hätte gern eine Auskunft darüber, mit welchen Schäden Sie denn eigentlich

rechnen. Vor allen Dingen würde ich als Parlamentarier wünschen, dass wir, wenn wir so etwas beschließen sollen, entweder vor Abschluss eines solchen Vertrages die Zustimmung des Finanzausschusses einfordern oder aber eine Deckelung, eine Obergrenze einführen, damit wir nicht Schäden oder Risiken ausgesetzt sind, deren Dimensionierung wir momentan gar nicht überblicken.