Auf der anderen Seite will ich nicht bestreiten, dass wir es - ich glaube, alle gemeinsam - auch ein Stück an Transparenz und professioneller öffentlicher Darstellung haben mangeln lassen.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Da ist was dran!)
Meine Damen und Herren, Abgeordnete haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung. Der Präsident des Deutschen Bundestages hat deshalb in mehreren Plenardebatten und zuletzt in seinem Bericht vom 21. April 1999 festgestellt, dass er die Abgeordnetenentschädigungen für die Bundestagsabgeordneten analog den Bezügen in den Besoldungsgruppen B 6 oder R 6 sieht. Von daher ist der Vorschlag unserer Diätenkommission, das Grundgehalt an der Richterbesoldung R 2 zu orientieren, meines Erachtens durchaus angemessen.
Allerdings sind wir in einzelnen Punkten, zum Beispiel bei der Fahrtkostenerstattung und der Aufwandsentschädigung, durchaus anderer Meinung als die Diätenkommission, und zwar aus grundsätzlichen Erwägungen. Ich frage Sie: Wo bleibt denn eigentlich die Gleichheit des Mandats, wenn die Arbeitsorte wie etwa bei Neumünster oder Ratzeburg - weit auseinander liegen und der Aufwand ein völlig unterschiedlicher ist?
mensabhängigen Möglichkeiten zur Geltendmachung von Werbungskosten? Ich sehe einmal ganz davon ab, dass die dann notwendig werdende steuerliche Anerkennung des tatsächlichen Aufwandes infrage stehen wird. Und wo bleibt eigentlich die Unabhängigkeit des Mandates, wenn die Angemessenheit von Werbungskosten von der Entscheidung eines Finanzbeamten abhängig ist, der gegebenenfalls auch Anspruch darauf hat, die Namen unserer Gesprächspartner oder den Aufenthaltsort oder das Thema zu erfahren? Von daher können wir hier dem Vorschlag der Diätenkommission nicht folgen.
Erwähnen will ich zusätzlich, dass wir durchaus einen Anspruch darauf haben, eine leistungsgerechte Vergütung für uns zu fordern und auch durchzusetzen. Ich will Sie alle daran erinnern, dass im Durchschnitt der letzten Jahre die Erhöhung der Diäten 1,22 % pro Jahr betragen hat. Wenn ich das in Relation zu dem setze, was in der gewerblichen Wirtschaft in dieser Zeit im Durchschnitt mit mehr als 3 % pro Jahr durchgesetzt worden ist, und wenn ich dann noch berücksichtige, dass in der derzeitigen Tarifrunde Angebote von um die 3,5 % schlichtweg abgelehnt werden beziehungsweise als Provokation bezeichnet werden, dann mag die Öffentlichkeit daran erkennen, wie zurückhaltend dieser Landtag in den letzten sechs Jahren mit Erhöhungen seiner Diäten gewesen ist.
Wir wollen nun verantwortungsvoll und unserem verfassungsgemäßen Auftrag entsprechend die Beratungen angehen. Deshalb haben wir die Landesregierung aufgefordert - übrigens mit Bezug auf den Kommissionsvorschlag -, zur Neuregelung der Alters- und Krankenversicherung eine entsprechende Bundesratsinitiative zu ergreifen. Damit wird auch klar, dass wir grundsätzlich bereit sind, diesen Weg bei adäquaten Lösungsmöglichkeiten mitzugehen.
Im Übrigen werden wir uns auch einer grundlegenden Parlamentsreform nicht verschließen. Wir tun dies, Herr Steenblock, nicht aus Populismus, sondern aus Überzeugung. Denn es ist permanente Aufgabe des Parlaments, das eigene Tun, die eigenen Strukturen und auch deren Angemessenheit zu überprüfen. Deswegen müssen wir uns auch überlegen, wie wir in Zukunft unsere Parlamentsarbeit gestalten wollen, wie wir zum Beispiel die Parlamentsarbeit beleben, wie wir unsere Plenardebatten von weniger wichtigen Dingen entlasten,
wie wir die Ausschüsse in ihrer Arbeit stärken und auch wie Redezeiten, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Fraktionsstärken, gestaltet und organisiert werden müssen.
- Ich meine, es gibt keine Tabus und keine Denkverbote, insbesondere bei denen, die sich jetzt hier aufregen.
Wir wollen aber auch über die Größe des Parlaments beraten. Für die Union ist dies übrigens kein neuer Ansatz, denn Partei und Fraktion haben das erklärte Ziel, die Zahl der Abgeordneten auf 75 zu begrenzen, und sie haben es immer gehabt. Wir wollen mit Ihnen gern erneut und ergebnisorientiert über Wege dorthin diskutieren.
Da wird allerdings zunächst über die rechtlichen Möglichkeiten zu reden sein. Meines Erachtens müssen wir uns vor der tatsächlichen Realisierung auch die Frage stellen, ob Zahl und Größe der Wahlkreise ein absolutes Tabu bleiben müssen.
Vor diesem Hintergrund sollten wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, in eine offene Diskussion des von der Mehrheit des Hauses unterschriebenen Antrags eintreten und wir sollten uns dabei nicht durch Äußerungen des Kollegen Steenblock irritieren lassen, die mich sehr an eine Situation bei Winston Churchill erinnert haben. Als Attley einmal Downing Street 10 besuchte, hat Churchill aus dem Fenster geguckt und hat gesagt: Es hat ein Auto gehalten. Ausgestiegen ist niemand.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten Wortbeiträge - der des Kollegen Steenblock und der des sehr verehrten Oppositionsführers - haben in mir den Verdacht geweckt, dass wir einen neuen Verfassungskonvent einberufen müssen, um die Landesverfassung von Schleswig-Holstein vollständig neu zu schreiben. Ich möchte dringend davor warnen, dass wir uns nun mit allen Problemlagen des Landes in einem Gesetzesvorhaben auseinander setzen. Wir beraten heute in erster Lesung ein Gesetz zur Ände
rung des Abgeordnetengesetzes. Alles andere sollte man isoliert betrachten und auch isoliert regeln, denn sonst kommen wir zu gar nichts.
(Beifall bei der FDP sowie vereinzelt bei SPD und SSW - Zuruf des Abgeordneten Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
- Die haben ja unmittelbar nichts miteinander zu tun, außer dass sie Kostenfragen stellen können, Herr Steenblock. Ich habe mit dem Vorgänger des jetzigen Vorsitzenden des Bundes der Steuerzahler schon einmal die Debatte über die Frage geführt, wie teuer ein Parlament eigentlich sein darf. Nach dessen Vorstellungen müsste es ein Parlament geben, was gar nichts kostet. Das würde aber bedeuten, dass es keine Abgeordneten gibt. Darum habe ich ihm das zu erklären versucht, indem ich gesagt habe: „Herr Vorsitzender, ein schlechtes Parlament ist immer zu teuer bezahlt. Ein gutes Parlament haben wir sehr selten.“ - Darüber hat er lange nachgedacht.
Die Frage, was Parlamentarismus, was das Parlament und was Abgeordnete eigentlich wert sind, muss sehr sinnvoll gestellt werden. Wenn ich sie aber nur unter Kostengesichtspunkten stellen würde, Herr Steenblock, dann müssten wir alle nach Hause gehen. Denn dann hätten wir das preiswerteste Parlament aller Zeiten, jedoch wäre damit wenig getan.
Herr Steenblock, noch einmal zu Ihnen. Erstens. Ich liebe ja die grüne Fraktion, die offenbar immer nur einstimmig eine Meinung vor sich herträgt. Ich habe nichts dagegen, dass man offen und auch sehr öffentlich alles Mögliche diskutiert. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass Sie viele von den Vorschlägen, die Sie heute einbringen, bereits als Vertreter der grünen Fraktion in die Diätenkommission des Landtags eingebracht hätten. Das haben Sie aber nicht.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alle Vorschläge lagen Ihnen vor! Sie können gar nicht lesen! - Widerspruch bei der SPD)
- Ja, das wollte ich auch gerade sagen. Wir können gern nachher darüber reden. Ich sage aber auch gerne jetzt öffentlich, dass beispielsweise die Frage der Funktionszulagen in der Diätenkommission durch
Alle, die dabei waren, können erklären, dass das stimmt. Vielleicht sollten Sie sich einmal ordentlich unterrichten lassen.
Zweitens. Sie laufen selbstverständlich nicht allen Populisten hinterher, Sie laufen möglicherweise einigen voraus.
Herr Steenblock, es war doch kein Zufall, dass Sie ausgerechnet zwei Tage vor Ihrem letzten Parteitag, bei dem es um die Frage ging, ob Sie auf Platz zwei der Liste kommen oder nicht, glaubten die Öffentlichkeit unterrichten zu müssen. Dabei ging es einmal um das, was die Öffentlichkeit schon längst wusste. Aber Sie haben die ganzen Bedenken der Grünen geäußert. Das Schlagwort der Rosinenpickerei ist doch erst seitdem und durch Sie im Raum. Die Ansicht, der Landtag wolle das alles durchpeitschen, ist auch erst seitdem im Raum. Nichts davon ist aber wahr. Das wussten Sie aber ganz genau, und es diente lediglich Ihrer Profilierung für Ihren Parteitag.
Bevor ich gleich zur Sache komme, noch ein Drittes. Bedauerlicherweise ist der Präsident des Rechnungshofes nicht da. Ich kann es aber auch so öffentlich sagen, weil ich es auch dann sagen würde, wenn er da wäre. Die Rolle, die Herr Korthals in diesem Zusammenhang spielt, ist zumindest unglücklich.
Ich will auch genau sagen, warum. Er war ja, von uns berufen, Mitglied der Benda-Kommission. Er ist das einzige Mitglied dieser Kommission, das für sich öffentlich in Anspruch nimmt, klassifizieren zu können, was das Parlament aus diesen Vorschlägen macht.
Ich habe von zwei Mitgliedern der Kommission definitiv die Auskunft erhalten, dass er für sie nicht spricht und dass sie es sich verbitten, dass jemand, der in dieser Kommission war, öffentlich auftritt und anschließend das Parlament dahin gehend zu belehren versucht, was das Parlament mit den Vorschlägen der Kommission zu machen habe.