langfristiger, ganzheitlicher denken, und zwar nicht in ideologischen Wolkenkuckucksheimen, sondern von den realen Gegebenheiten ausgehend. Sie wollen ja auch noch die Stromnetze ausbauen lassen.
Oh, Entschuldigung, ich habe nicht gesehen, dass Sie inzwischen amtieren. Zwei Sätze lassen Sie mir möglicherweise noch.
Also, e.on baut ja nun die Stromnetze aus. Sie macht damit ihr Geschäft und wälzt die Kosten kurzerhand auf die Verbraucher ab. Das ist nicht vorwerfbar. Vorwerfbar ist es, dass falsche Anreize in die falsche Richtung gesetzt werden, die nicht Erfolg verspricht. Ihr deutscher Sonderweg in der Energiepolitik, den Sie durchsetzen, den Sie noch mit parlamentarischen Mehrheiten durchsetzen, wird am 22. September erstmals beendet werden und dann werden wir ihn im Jahr 2005 endgültig beenden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ausbau der Windenergie begann in Deutschland 1990. Die Verabschiedung des Gesetzes, Herr Kerssenbrock, über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz aus dem Jahr 1990 bedeutete erstmalig die Chance, Windkraftanlagen wirtschaftlich zu betreiben. Das Stromeinspeisegesetz wurde im April 2000 durch das Erneuerbare-EnergienGesetz fortgeschrieben. Das EEG schaffte die Deckelung des Windstromes ab, sorgte für einen Belastungsausgleich aller deutschen Elektrizitätsversorgungsunternehmen - also nicht nur in Schleswig-Holstein -, erlaubte den EVUs, von der Vergütung von Windstrom zu partizipieren und führte eine differenzierte Vergütung je nach Energieertrag der Windenergieanlage ein.
Ich jedenfalls - aber ich glaube, wir alle tun dies wünsche der Mannschaft alles erdenklich Gute auf diesem Weg.
Ende des Jahres 2001 waren 11.438 Windkraftanlagen mit einer elektrischen Nennleistung von 8.754 MW in Deutschland installiert. In SchleswigHolstein, als Starkwindgebiet eingestuft, ist die Nutzung der umweltschonenden und erneuerbaren Windkraft ein immer bedeutenderer Wirtschaftsfaktor geworden. Mit 2.351 Windkraftanlagen und einer installierten Leistung von 1.555 MW im Dezember 2001 ist Schleswig-Holstein in Deutschland führend.
Meine Damen und Herren, die Anlagentechnik der Windkraftanlagen bestand 1990 aus 150- bis 250-kWAnlagen. Erfahrungen und Anlagen kamen zum großen Teil aus Dänemark. Die Installation von Windkraftanlagen war 1990 eine große Chance für die Westküste, insbesondere für die ansässigen landwirtschaftlichen Betriebe, und wurde von den damaligen Landräten und Kommunalpolitikern begrüßt und forciert.
An der Westküste als Vorreiterin wurden insbesondere für so genannte privilegierte Windkraftanlagen bedenkenlos Baugenehmigungen erteilt und Windkraftanlagen wuchsen am Anfang wie Pilze aus der Erde. Um diesem Wildwuchs und aufkeimenden und stärker werdenden Protesten von Teilen der Bevölkerung Einhalt zu gebieten beziehungsweise gerecht zu werden, mussten Windeignungsgebiete benannt und ausgewiesen werden. So kam es zum Beispiel zur Teilfortschreibung des Regionalplanes für den Planungsraum IV im Jahre 1997. Darin heißt es: Eine vermehrte Nutzung der Windenergie an dafür geeigneten Standorten von ausreichender Windhöffigkeit entspricht dem energiepolitischen Ziel des Landes, bis zum Jahr 2010 den Anteil dieser umwelt- und ressourcenschonenden Energiegewinnungsform von zurzeit über 600 MW auf eine Anschlussleistung von mindestens 1.200 MW zu erhöhen. Diese Anschlussleistung haben wir heute erreicht. Dabei sollen erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sowie von Kulturgütern vermieden werden. Weiterhin dürfen die Siedlungsräume der Menschen und ihre naturnahe Erholung nicht unvertretbar belastet werden. Dies ist eingehalten worden.
Die Anhörung zur Teilfortschreibung des Regionalplanes wurde in der Kommunalpolitik parteiübergreifend sehr kontrovers diskutiert. Dabei ging es nicht um das Für oder das Wider von Windenergie, sondern um die Anzahl der Eignungsgebiete, um jede einzelne
Anlage. Welche Anlage ist im Eignungsgebiet und kann weiterentwickelt beziehungsweise erneuert werden? Welche Anlage ist nicht im Eignungsgebiet und genießt gerade Bestandsschutz und was beinhaltet Bestandsschutz? Diese Definition wird heute in den Kreisen sehr restriktiv ausgelegt und somit werden wir möglicherweise alle eine neue Diskussion bekommen.
Wussten wir 1997 alle, dass der Ausbau der Windenergie auch in den kommenden Jahren so dynamisch fortgesetzt würde? Dies gilt heute als sicher und wird unter dem Begriff „Repowering" geführt. Repowering bedeutet den Austausch von Anlagen der ersten Generation durch moderne größere Turbinen. So planen derzeit viele Betreiber speziell in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen, ihre Anlagen der 200-kWGröße durch Anlagen heutiger Bauart mit circa 1,5 MW zu ersetzen.
Wollen wir uns der modernen Technik, der Wirtschaftlichkeit, dem Fortschritt und einem neuen Schub der Windenergiewirtschaft verschließen?
Es geht nicht um die Ausweisung neuer Windenergieeignungsflächen, nicht um zusätzliche Anlagen, sondern um einen weiter stark steigenden Beitrag der Windenergie zum Klimaschutz.
Für die Zukunft muss es heißen, keine Einschränkung der Leistung beziehungsweise Stromeinspeiseanlagen in Windeignungsräumen, keine Beschränkung der Gesamthöhe von 100 m - Schleswig-Holstein ist das einzige Bundesland mit dieser Beschränkung -, Erfordernis von landesplanerischen Vorgaben und Hilfestellungen für die Errichtung von Windenergieanlagen mit über 100 m.
Zum vorliegenden Antrag der CDU muss die Frage erlaubt sein, ob die gesamte Fraktion oder nur Graf Kerssenbrock dahinter steht. Wer ein Endlager für radioaktive Abfälle vor der Westküste ins Spiel bringt, wird zumindest dort nicht mehr ernst genommen.
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Klaus Schlie [CDU]: Das hat er gar nicht vorgeschlagen!)
Sollen durch diesen Antrag die 90er-Jahre zementiert werden? Wollen Sie durch kleinkrämerische Juristerei die Weiterentwicklung der Windkraft und den Fortschritt verhindern?
Die Unternehmensverbände können bei dieser Einstellung nur sagen: Nicht zukunftsfähig. Sie fordern vehement Repowering.
Repowering bedeutet Verdoppelung des Klimaschutzes, Verdoppelung der regionalen Wertschöpfung, Verdoppelung des regenerativen Stromanteils, aber Senkung von Anlagenstückzahlen und damit weiter eine hohe Akzeptanz; denn auch die Drehzahl der neuen Anlagen ist langsamer und somit angenehmer. Statt 50 bis 70 Umdrehungen in der Minute werden nur noch 10 bis 20 Umdrehungen gefahren und damit sinkt auch der Schallpegel eines Windparks.
Repowering ist eine Chance für alle. Der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen ist ein zentraler Baustein des Einstiegs in eine zukunftsfähige Energieversorgung. Erneuerbare Energiequellen haben große Vorzüge, denn sie sind unerschöpflich, schonen die Ressourcen unserer Erde, sind umweltfreundlich, heimisch und risikoarm. Sie besitzen hohe gesellschaftliche Akzeptanz und können dazu beitragen, dass die Menschen Energie bewusster nutzen. Die mittelständische Industrie und das Handwerk werden begünstigt. Erneuerbare Energiequellen geben Anreize für technische Neuentwicklungen und eröffnen neue Exportmöglichkeiten.
Die heutige energiepolitische Vernunft muss auf drei Säulen aufbauen: Energiesparen und Effizienzsteigerung, um das technisch nachgewiesene, aber bisher zu wenig genutzte Einsparpotenzial von 40 % des heutigen Energieeinsatzes besser zu nutzen. - Einsparung ist die wichtigste Energiequelle; Förderung und Nutzung der erneuerbaren Energien wie Biomasse, Solarthermie, Photovoltaik, Windkraft und Geothermie in Verbindung mit dem Ausbau von Fernwärmenetzen; Anlagenbau und die Kraftwerkstechnik haben große Fortschritte gemacht, sodass bei der Energieumwandlung sehr hohe Wirkungsgrade erreicht werden können. Auch deshalb muss die industrielle Kraft-WärmeKopplung nicht nur gesichert, sondern weiter ausgebaut werden. Dazu dient das Gesetz zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung.
Auch die Landesregierung unterstützt den Klimaschutz und die energiepolitischen Ziele, die die Bundesregierung verfolgt, und hat im Rahmen der schleswigholsteinischen Nachhaltigkeitsstrategie vier Schwerpunkte gesetzt: Optimierung der Windenergienutzung an Land, Klärung der offenen Fragen für die Nutzung von Offshore-Windkraftanlagen, Initiative Biomasse und Energie, Maßnahmen zur Einführung von Energiemanagement.
Der Klimaschutz hat an Bedeutung gewonnen und wird auch weiter an Bedeutung gewinnen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der entsprechend vorwärts treibende Impuls zukünftig Kyoto-Protokoll, Emissions-Trading oder Klimaschutz heißen wird. Entscheidend ist, dass die in den Unternehmen durchzuführenden Schritte aufeinander abgestimmt worden sind und sich dieser Entwicklung anpassen.
Viele Unternehmen unterschätzen dabei aber die Zeit, die es zur internen Umsetzung bedarf. Energieversorger haben vielfältige Möglichkeiten, die jeweiligen Klimaschutzziele zu erreichen. Deshalb müssen sich heute Unternehmen mit den Mechanismen vertraut machen und eine entsprechende Strategie zur Reduzierung der Treibhausgase ausbilden, auch unter Nutzung von regenerativen Energieträgern; denn das Interesse an regenerativen Energien hat durch die Klimaschutzdiskussion stark zugenommen, weil die Nutzung von zum Beispiel Wind- und Solarenergie keine klimarelevanten Emissionen verursacht.
Ich begrüße auf der Tribüne die Besuchergruppen der Bucerius-Law-School, Hamburg, und der JungmannSchule, Eckernförde.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit unserem Berichtsantrag zu Energiepolitik und Klimaschutz wollten wir von der Landesregierung erfragen, wie ausgewogen soziale, ökonomische und ökologische Ziele in der Energiepolitik berücksichtigt werden und wie sich das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz in SchleswigHolstein auswirken. Die Gleichrangigkeit sozialer, ökologischer und ökonomischer Ziele bedeutet nach allgemein anerkannter Definition, dass Umweltbelange, Rahmenbedingungen für die Energiewirtschaft und Kostenbelastung der Bürger bei der Frage, wie künftig Energie produziert werden soll, in gleichem Maße berücksichtigt werden.
Der vorgelegte Bericht der Landesregierung macht allerdings klar: Ein solches Gleichgewicht ist hier in Schleswig-Holstein politisch offensichtlich nicht gewollt.
Der von allen Sachkundigen anerkannte Grundsatz der Gleichrangigkeit wird von der Landesregierung ignoriert. Herr Minister, Sie haben sich auf Ihr eigenes Konzept einer nachhaltigen Energiepolitik verstiegen. In Ihrem Redebeitrag haben Sie ungefähr 67 Mal „nachhaltig“ gesagt.
- Es schienen mehr zu sein. Sie haben sich auf Ihr eigenes Rezept der Nachhaltigkeit verstiegen, das ziemlich einseitige Ziele verfolgt.