Protocol of the Session on May 17, 2002

(Beifall bei der CDU)

Dies wird auch für die Bürgerinnen und Bürgern in Schleswig-Holstein die Transparenz von demokratischen Entscheidungen verbessern und die direkten Beteiligungsmöglichkeiten erweitern. Dabei sollten wir alle gemeinsam die Landesregierung ermuntern, die Positionen unseres Vertreters im Konvent zu unterstützen. Wichtig ist hierbei allerdings auch die zeitnahe Information der zuständigen Ausschüsse nicht nur über gehaltene Reden, sondern vor allen Dingen auch über vorzutragende inhaltliche Positionen der Länder.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben die einmalige Chance des Konvents. Nutzen wir sie zum Wohle der Menschen in unserem Land und der Zukunft unserer Kinder in Europa!

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Astrid Höfs.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerpräsidentin Simonis, ich bedanke mich bei Ihnen für den zum Antrag der CDU gegebenen Bericht.

Grundsätzlich begrüße ich jede Gelegenheit, im Parlament über europäische Fragen zu debattieren. Leider ist das Medienecho nach solchen Debatten und Berichten sehr mäßig, um es vorsichtig auszudrücken.

(Zuruf von der CDU: Das Interesse auch!)

Bezogen auf diesen CDU-Antrag ist zu befürchten, dass es wieder so sein wird; denn wie titelte „Die Welt“ am 18.03. über den Europäischen Rat von Barcelona? - „Viel Lärm, noch mehr Aufwand und einige laue Ergebnisse“.

Wenn solche Anträge regelmäßig anlässlich der Tagung der Fachminister vonseiten der CDU gestellt werden, um bei der Landesregierung nachzufragen, ob sie ihre europäischen Hausaufgaben gemacht hat, dann wird das Interesse an europäischer Politik bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht zunehmen. Zu offensichtlich ist in diesem Fall, dass die CDU mit ihrem Antrag versucht, die Landesregierung vorzuführen und ihre Europakompetenz infrage zu stellen.

(Zuruf von der CDU: Das haben wir doch gar nicht gemacht!)

Der Europäische Rat von Barcelona war kein strahlender Stern am europäischen Himmel. Der Bundeskanzler fasste es dann auch einfach wie folgt zusammen: „Für mich war entscheidend, dass die Richtung stimmt.“

Das Kernergebnis von Barcelona war ein lauer Kompromiss zur Liberalisierung der europäischen Energiemärkte. Außerdem wurde beschlossen, dass 90 % der Kinder in Europa bis 2010 einen Kindertagesstättenplatz haben sollen und jedes kleine Kind in Zukunft zwei Fremdsprachen lernen soll.“

Ich weise in diesem Zusammenhang auf die bisherigen Erfolge der Landesregierung Schleswig-Holsteins gerade im Kindertagesstättenbereich hin. Mehr als 85.000 Kinder besuchen täglich eine Kindertagesstätte. Das sind gut 80 % der Drei- bis Sechsjährigen. Jedes vierte Kind hält sich täglich mehr als sechs Stunden in einem Kindergarten auf. Das Land beteiligt sich allein im Jahre 2002 mit 53,2 Millionen € an den direkten Kosten der Kinderbetreuung und indirekt über die Zuschüsse an die Wohlfahrtsverbände als Träger vieler Kindertagesstätten.

Die Anzahl der Betreuungsplätze für drei- bis sechsjährige Kinder in den Kindertagesstätten deckt den Bedarf. Darüber hinaus ist ein Ausbau der flexiblen Öffnungszeiten notwendig.

Das Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren und für Kinder im Schulalter wurde ebenfalls ausgebaut. Im Moment arbeitet die Landesregierung an einem Konzept, das durch Staffelung der Zuschüsse mehr Anreize für die Veränderung der Betreuungszeiten geben soll.

Im Bereich der betreuten Grundschule und der Halbtagsschule hat die Landesregierung zusammen mit

(Astrid Höfs)

Kommunen, Eltern und Schulen viele Angebote geschaffen.

Zum Fremdsprachenbereich ist zu sagen, dass inzwischen mehr als 100 Grundschulen den bilingualen Unterricht im Sinne von Sprachbegegnung anbieten. Erweiterungen sind für das folgende Schuljahr vorgesehen. Sprachkenntnisse und somit das Fremdsprachenlernen müssen in die selbstverständliche Anwendung einer Arbeitssprache übergehen.

(Beifall bei der SPD)

Das halte ich für ausgesprochen notwendig.

In diesem Jahr hat sich der Europaausschuss sehr intensiv mit der Arbeit der Europaschulen auseinander gesetzt, und zwar wurde bei einem Besuch einer Europaschule ganz deutlich, dass der bilinguale Unterricht in den Europaschulen sehr viel Spaß macht. Es wird dort nicht nur Wissen vermittelt, sondern das Lernen macht mehr Freude, weil die direkte Auseinandersetzung mit der Sprache deutlich mehr Interesse bei den Schülern weckt. Die praktische Anwendung ist einfach interessanter als die theoretische Erarbeitung der Sprache. Daran gemessen halte ich es eigentlich für notwendig, dass jede Schule eine Europaschule ist.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Weiter wurde in Barcelona die besondere Rolle der Sozialpartner auf dem Arbeitsmarkt hervorgehoben. Ansonsten stand die Wirtschaftspolitik im Vordergrund. Die Ministerpräsidentin ist auf diesen Bereich ja eingegangen.

Nach der Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion muss nun endlich die Sozialunion in Angriff genommen werden. Damit müssen wir uns beschäftigen, wir müssen Ideen entwickeln, besonders im Hinblick auf die neuen Mitglieder, damit das soziale Gefälle in Europa nicht noch größer wird.

(Beifall bei der SPD)

Dazu gehören auch der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt und die sozialen Mindeststandards für EUMitglieder. Darüber möchte ich gern später im Landtag mit Ihnen diskutieren. Das ist auch eine Anregung für den Europaausschuss.

Die Ministerpräsidentin hat deutlich gemacht, dass die Landesregierung ihre Hausaufgaben gemacht hat. Dabei wurde sichtbar, dass der Antrag der CDU völlig überflüssig war.

In Barcelona wurde viel Papier produziert; immerhin waren es 73 Seiten. Manchmal denke ich, es ist schon ziemlich mühevoll, sich durch dieses Europadeutsch hindurchzuwühlen. Als Unterrichtsmaterial - so stelle

ich jedenfalls fest - ist dieser Bericht für die Schulen nicht zu gebrauchen.

Das Angebot der Europapolitiker in diesem Jahr allerdings, am Europatag in die Schulen zu gehen und mit Schülerinnen und Schülern zu diskutieren, war ein ganz wesentlicher Beitrag, um den Schulen und den Schülerinnen und Schülern Europa näher zu bringen. Ich denke, künftig kann Europa den Menschen auf diese Art und Weise auch näher gebracht werden.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Joachim Behm [FDP])

Ich komme zum Schluss. Die Kommission und der Ministerrat sind aufgefordert, Barcelona umzusetzen. Die Landesregierung ist hier eigentlich nur peripher gefragt. Ich freue mich auf die nächste Europadebatte im Landtag und im Europaausschuss. Wir werden unsere Anträge stellen. Vielleicht ist dann die Opposition auch etwas kreativer.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordneten Joachim Behm von der FDP-Fraktion das Wort.

(Zurufe)

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Zwei Bemerkungen vorweg: Ein halb leeres Auditorium hat den Vorteil, dass die Geräuschkulisse nicht so groß ist. Als Zweites stelle ich fest, dies ist nicht der Teil 2 der Ausführungen von Frau Höfs, was mir unterstellt wurde.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Für die Europapolitiker dieses Hauses gab es in der letzten Zeit so manchen Dämpfer, wenn es darum ging, das Projekt der europäischen Einigung weiter voranzutreiben. Sowohl die Debatte der letzten Tage um die gefühlte Inflation durch den Euro als auch die mangelnden Einflussmöglichkeiten der Europäischen Union in der Krise im Nahen Osten hat so manchen Euroskeptiker wieder aus seiner Ecke kriechen lassen, um Europa als gescheitertes Modell darzustellen.

Wir von der FDP halten auch in diesen Zeiten an der europäischen Idee fest. Für uns gibt es keine Alternative.

Auch bei der Diskussion um den Euro wird verdrängt, dass der Vertrauensverlust der Menschen weniger in der gemeinsamen Währung begründet ist; vielmehr

(Joachim Behm)

wurde die Umstellungs- und Eingewöhnungsphase durch wenige Einzelhändler, aber auch durch Teile der Gastronomie genutzt, teilweise überhöhte Preise zu verlangen.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Die absoluten Zahlen über die Teuerungsrate gegenüber dem Vorjahr sprechen da eine andere Sprache. Ich hatte erst vor kurzer Zeit bei einer Veranstaltung in Bad Bramstedt, nämlich an der Jürgen-FuhlendorfSchule, Gelegenheit, mit Schülerinnen und Schülern des 12. Jahrganges im Rahmen der Europawoche zu diskutieren und musste feststellen, wie schnell Zweifel an der richtigen Einführung des Euro gesät sind. Es ist sehr mühsam, diese Zweifel durch sachliche Argumente zu zerstreuen.

Wir sollten deshalb auch die heutige Debatte nicht dazu nutzen, diejenigen zu stützen, die ein gemeinsames Europa schlechtreden wollen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD sowie des Abgeordneten Peter Lehnert [CDU])

Wir sollten uns lieber darüber unterhalten, wie wir es schaffen, die ehrgeizigen Ziele, die von der EU verfolgt werden, umzusetzen. Die Konferenz in Barcelona hat hierzu wichtige Vorgaben in der Herstellung einer gemeinsamen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik gegeben, die wir voll unterstützen können.

Es sollen günstigere Rahmenbedingungen für den Unternehmergeist und die Wettbewerbsfähigkeit geschaffen werden. Ich nenne hier nur einige Stichpunkte: Es soll Personen der Arbeitsmarkt wieder eröffnet werden, denen er aufgrund mangelnder Qualifikation bisher verwehrt blieb. Die steuerliche Belastung der Arbeit soll verringert werden. Es sollen steuerliche Maßnahmen zur Steigerung eines Arbeitskräftebedarfs erfolgen. Die Effizienz des Arbeitsmarktes soll verbessert werden. Hier soll insbesondere Anreizen von Ruhestand entgegengewirkt werden und die Sozialleistungssysteme sollen europaweit so gestaltet werden, dass sich Arbeit lohnt.