Protocol of the Session on March 22, 2002

Meine Damen und Herren, wenn Sie bedenken, dass man jetzt sehr bestrebt ist, Windenergieanlagen zu genehmigen, insbesondere wegen der großen Stromkonzerne - E.ON ist in die Windenergienutzung eingestiegen -, dann kann man nur sagen, dass die ganz genau wissen, wo Barthel den Most holt oder wo man die Kohle holt. Wenn man berücksichtigt,

(Zuruf des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

wie gegenwärtig die Windenergie subventioniert wird - dies geschieht in ungeheuerem Maße -, dann müssen wir darüber reden, wo eigentlich das große materielle Interesse liegt. Das liegt nämlich ausschließlich darin, dass man in diesem Bereich wunderbar abzocken kann.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, wie die Förderung der Windenergie in Dänemark zurückgegangen ist: Seit die neue dänische Regierung die Förderung der Windenergie drastisch reduziert hat, nämlich von 90 Pfennig auf 10 Pfennig, findet dort praktisch kein Windenergieanlagenbau mehr statt.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Das stimmt doch gar nicht!)

- Jetzt wollen Sie sozusagen weitermachen. - Technische Fragen sind weitgehend ungelöst. Es ist von Anlagenhöhen bis zu 200 Metern die Rede. Es steht noch keine einzige 5-Megawattanlage. Es liegt noch kein Seekabel. Es ist noch keine Landanbindung genehmigt. Aber die Parks werden bereits geplant, und zwar auf Kosten des Stromverbrauchers.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD: Wie beim Transrapid)

Sie können heute in der Zeitung lesen, dass die Stromkonzerne eine gewaltige Strompreiserhöhung planen.

(Dr. Trutz Graf Kerssenbrock)

Hinzu kommen die zusätzlichen Erhöhungen durch die Förderung der alternativen Energien, die nicht grundlastfähig sind. Sogar die Netze werden schon im vorauseilendem Gehorsam für die Windenergie ausgebaut. Darüber werden wir uns noch einmal gesondert unterhalten, und zwar auch in diesem Hause. Diese zusätzlichen Netzkapazitäten werden nicht gebraucht, weil das nicht grundlastfähiger Strom ist.

Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, das im September unter einem neuen Kommando stehen wird - im Moment steht es noch unter rot-grünem Kommando -, steht stramm, sieht keine Probleme und erteilt voraussichtlich artig Genehmigungen, und zwar wahrscheinlich bis zum ersten Tankerunfall, bis zum ersten durch eine Windenergieanlage ausgelösten Schiffsunglück. Dass Windräder auch umfallen können, haben wir bei einer der letzten Störmeldungen lernen können. Das waren erheblich kleinere Anlagen. Dies sollte uns doch nahe legen, dass wir zunächst ernsthaft überprüfen sollten, ob das überhaupt technisch ordentlich realisierbar und ökologisch verträglich ist.

(Beifall bei der CDU - Unruhe)

Einen Moment, Herr Abgeordneter. - Die Lautstärke ähnelt der um 17 Uhr an sonstigen Tagen. Ich bitte um etwas mehr Ruhe und Aufmerksamkeit. - Sie haben das Wort.

Ich bedanke mich, Frau Präsidentin. - Die Windenergie wird mit 1,4 Milliarden DM, also etwa 700 Millionen €, gefördert. Davon fallen auf jeden der rund 4.000 in der Windenergiebranche Beschäftigten 350.000 DM oder 170.000 €.

Wissen Sie, das ist das Dreifache des Betrages, mit dem ein Bergmann in der Zeche bezuschusst wird. Über die Energieform Kohle können wir lange reden. Aber dass sie nicht wettbewerbsfähig ist, wissen wir alle. Deshalb muss man sich schon überlegen, ob das, was Sie hier machen, volkswirtschaftlich nicht ein völlig unvertretbarer Unsinn ist.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Die Grünen und die Roten zeigen sich erhaben und indigniert über das Verhalten der Kölner SPD. Hochmut kommt vor dem Fall, das wissen inzwischen auch Herr Müntefering und Herr Struck. Aber Ihre Bedenkenlosigkeit, obwohl Sie doch bei jedem Straßenbauvorhaben zu den Ober

bedenkenträgern zählen, macht mich ziemlich fassungslos.

(Günter Neugebauer [SPD]: Seien Sie mal vorsichtig!)

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss.

(Zuruf von der SPD: Zur Sache vor allen Dingen!)

Ich komme zum Schluss. - Ihre Haltung und Ihr Verhalten, die Irrationalität bei diesem Thema, Ihr Glaube, der das Wissen offenbar überwinden soll, haben fatale Ähnlichkeit mit dem Druck, mit dem einige den Bau von Müllverbrennungsanlagen anderenorts betrieben haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte jetzt in der Loge den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Liberalen im Litauischen Sejmik, Eligijus Masiulis, begrüßen.

(Beifall)

Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Malerius.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Graf Kerssenbrock, es ist schon erstaunlich, dass Sie den Umweltminister des Landes Schleswig-Holstein überholen, indem Sie die völlige ökologische Bedenkenlosigkeit für Offshore-Windkraftanlagen fordern. Das ist aber nicht Ihr Ansinnen. Ihr Ansinnen ist im Grunde, Offshore-Windkraft zu verhindern. Damit stehen Sie im völligen Gegensatz zum Unternehmensverband Westküste, dem Sie sonst eigentlich immer sehr nahe stehen.

Windenergie ist Struktur- und Mittelstandspolitik. Windenergie schafft Arbeitsplätze und sie ist Wertschöpfung im eigenen Land. Wir tun also gut daran, im Rahmen der Nutzung dieser natürlichen Ressource einfache, nachvollziehbare und übersichtliche Verfahren zu gewährleisten und gleichzeitig das planungsrechtliche Instrumentarium in diesem Sinne auszurichten.

Es steht außer Frage, dass in den Genehmigungsverfahren für Offshore-Windkraftanlagen Nachbesserungen hinsichtlich der Genehmigungsverfahren vorgenommen werden müssen.

(Wilhelm-Karl Malerius)

Offshore-Windenergieanlagen können sowohl im Bereich des deutschen Küstenmeeres als auch in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone errichtet und betrieben werden. Es liegen 29 Genehmigungsverfahren beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie vor. Beim Küstenmeer handelt es sich nach Seerechtsübereinkommen um die so genannte 12Seemeilen-Zone. Das deutsche Küstenmeer ist Teil des deutschen Staatsgebiets und unterliegt der uneingeschränkten Souveränität der Bundesrepublik. Für die Planung und Zulassung von Windenergieanlagen im Bereich des deutschen Küstenmeeres kommen die gleichen Vorschriften zur Anwendung wie für entsprechende Anlagen an Land.

Nach dem Seerechtsübereinkommen kann ein Küstenstaat jenseits des Küstenmeeres innerhalb einer 200Seemeilen-Zone eine ausschließliche Wirtschaftszone einrichten. Die AWZ gehört nicht zum Staatsgebiet des Küstenstaates und unterliegt nicht dessen uneingeschränkter Souveränität. Die Bundesrepublik hat durch Proklamation 1994 eine ausschließliche Wirtschaftszone in Nord- und Ostsee eingerichtet. Nach dem Seerechtsübereinkommen hat der Küstenstaat das Recht zur wirtschaftlichen Nutzung innerhalb der AWZ durch Energieerzeugung aus Wind und so weit die Befugnis, zu diesem Zweck Anlagen und Bauwerke zu errichten, zu betreiben und zu nutzen.

Das planungsrechtliche Instrumentarium ist unzureichend, wenn es um Vorhaben in der AWZ geht. Die bauplanrechtlichen Vorschriften gelten ausdrücklich nur für die gemeindliche Bauleitplanung. Raumordnungs- und Regionalpläne werden jeweils für das Landgebiet sowie Teilräume der Länder aufgestellt. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Durchführung raumplanerischer Maßnahmen in der AWZ nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes grundsätzlich in die Verwaltungszuständigkeit der Länder fällt, bleibt unklar, welches Küstenland die Verwaltungskompetenz hier jeweils besitzt. Das ist kein haltbarer Zustand.

Eine planmäßige Steuerung der Entwicklung kann daher einstweilen nur durch Konsensbildung im politischen Raum gewährleistet werden. Dazu sind wir alle in diesem hohen Hause aufgefordert und die Landesregierung ist auf einem guten Wege. Die Landesregierung ist dabei und vollzieht eine abgeglichene Position von Bundesressorts und Küstenländern.

Beim Anlagenzulassungsrecht unterliegen Windkraftanlagen in der AWZ auch der Seeanlagenverordnung sowie, soweit die Verlegung und der Betrieb von Unterwasserkabeln notwendig ist, dem Bundesberggesetz. Ich gehe davon aus, dass der vorliegende Antrag der CDU für die AWZ gilt. Damit greift dieser Antrag

inhaltlich zu kurz; denn die Bundesbehörden erteilen die Genehmigung und nicht die Landesbehörden. Überdies ist die Verwaltungskompetenz nicht eindeutig geklärt. Diese Umstände müssten in Ihrem Antrag mindestens Berücksichtigung finden.

(Heinz Maurus [CDU]: Wir haben doch schon einmal einen gestellt!)

Der unlängst von der Bundesregierung verabschiedete Entwurf zum Naturschutzrecht und zur Landschaftspflege hat zu mehr Rechtsklarheit beigetragen. Die Genehmigung nach der Seeanlagenverordnung kann danach auch dann versagt werden, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung des Vogelzuges oder sonstige schädliche Umwelteinwirkungen zu besorgen sind. Damit wird verdeutlicht, dass die Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen in der AWZ vergleichbaren Umweltanforderungen unterliegen wie Anlagen an Land oder im Küstenmeer.

Damit bestehen gute Voraussetzungen, mit denen wir zum Nutzen unseres Landes, zum Nutzen auch der hiesigen Wirtschaft unter Ausnutzung unserer Potenziale die Genehmigungsverfahren für OffshoreWindparks vorantreiben können. Diese Rahmenumstände müssen sich jedoch in den Anträgen zur Sache widerspiegeln. Insoweit sehe ich im Antrag der CDU Nachbesserungsbedarf.

Ich danke Ihnen und stimme für Überweisung in die Ausschüsse.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich erteile das Wort der Frau Abgeordneten Aschmoneit-Lücke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich den Antrag das erste Mal gelesen haben, Graf Kerssenbrock, war mir, ehrlich gesagt, nicht so ganz klar, was Sie damit wollten. Aber die Erleuchtung kam, und zwar ausgerechnet von dem Staatssekretär im Energieministerium. Dieser hat nämlich in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses darauf hingewiesen, dass dieser Antrag offensichtlich dem entspricht, den Sie bereits in der Drucksache 15/1197 unter Punkt 6 gestellt haben. Er behauptete - ich finde diese Behauptung sehr kühn -, Sie hätten dies nur juristisch eleganter formuliert. Dem würde ich nicht unbedingt zustimmen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

(Christel Aschmoneit-Lücke)

Aber immerhin weiß ich jetzt, was Sie wollen. Sie, Graf Kerssenbrock und die CDU insgesamt, wollen offensichtlich, dass die Küstenländer, vor deren Küsten Offshore-Windparks errichtet werden oder errichtet werden sollen, eine Klagebefugnis haben. Das heißt, Sie wollen das, was man im juristischen Sprachgebrauch in der Regel Drittschutz nennt. Habe ich Sie da richtig verstanden? - Sehr gut.

Aus Sicht der FDP stellen sich dazu sofort zwei Fragen, und zwar - erste Frage -: Gibt es bereits ausreichende Rechtsbehelfe? Die nächste Frage, die eben von dem Kollegen Malerius angesprochen worden ist, ist: Müssen es denn die Küstenländer sein oder müsste es möglicherweise jemand anders sein, der Klagebefugnis hat?

Was die Frage der ausreichenden Rechtsbehelfe angeht, so kann man sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein. Das ist hier eben auch deutlich geworden. Eines ist jedenfalls ganz klar: Wenn jemand in seinen Rechten tatsächlich verletzt ist oder sein sollte beziehungsweise behauptet, in seinen Rechten verletzt zu sein, dann hat er selbstverständlich auch in diesem Falle die Möglichkeit zu klagen. Da gibt es sicherlich keinen Dissens.

(Beifall bei FDP und SSW)

Aus meiner Sicht gibt es jedenfalls deutliche Hinweise darauf, dass der bestehende Rechtsschutz ausreichend sein könnte; ich drücke mich da sehr vorsichtig aus.