Warum wollen Sie hier heute in der Sache isoliert einen Baustein, ein kleines Mosaiksteinchen aus diesem Gesamtkonzept verabschieden? Wir haben eine Anhörung beschlossen - Irene Fröhlich hat darauf hingewiesen - zu Ihrem Integrationskonzept und zu dem Integrationskonzept der Landesregierung, das schon vorliegt und das auch die Frage des deutschsprachigen Islamunterrichts beinhaltet. Lassen Sie uns das doch im Paket beraten. Das Verfahren läuft.
Das Wort zu einem Kurzbeitrag erteile ich jetzt dem Oppositionsführer im Schleswig-Holsteinischen Landtag, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, Herrn Abgeordneten Martin Kayenburg.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem hier einige ernsthafte Versuche gemacht worden sind, deutlich zu machen, dass es sich um ein Anliegen handelt, an dem wir alle gemeinsam interessiert sind und sein müssen, kann ich nun wirklich nicht verstehen, dass wir in dieser Aufgeregtheit in eine Debatte über Formalien einsteigen. Hier geht es doch darum, dass wir eine Sache gemeinsam beraten wollen, gemeinsam weiterbringen wollen, die unser aller Anliegen ist.
Nun hat Herr Dr. Wadephul - vielleicht hat der eine oder andere von Ihnen das ja überhört - gesagt, dass er bereit ist und dass die Fraktion bereit ist, aus diesem Antrag die Formulierung „in der 23. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags“ zu streichen. Das heißt, der Antrag heißt nur noch: Ein Konzept vorzulegen - ohne irgendeine Zeitschiene. Wenn solch ein Konzept von der Landesregierung erarbeitet wird, ist es doch völlig unbenommen, dass sich auch der Ausschuss parallel dazu damit befasst,
dass wir im Einzelnen die Punkte ansprechen können, die hier von Ihnen, Herr Puls, und auch von anderen, problematisiert worden sind, und dass auch eine Ausweitung auf die Fakten, auf die Tatsachen, auf die Probleme möglich ist, die bei dem einen oder anderen
Wenn wir hier zu einer formalen Debatte über eine Abstimmung kommen, die niemandem weiterhilft, dann haben wir nach draußen - gegenüber der islamischen Religionsgemeinschaft und gegenüber denen, um die es geht - ein Bild vermittelt, das uns schadet.
- Herr Astrup, die CDU will! Wenn in dem Antrag ein Konzept ohne Zeithorizont steht, dann ist nichts, aber auch gar nichts vorbestimmt.
Es können die Beratungen laufen, die die Frau Ministerin angesprochen hat. Es können auch die länderübergreifenden Diskussionen in der Kultusministerkonferenz und an jeder anderen Stelle laufen. Daher meine herzliche Bitte: Geben Sie sich einen Ruck. Ich fürchte, sonst wird nach draußen hin ein Eindruck vermittelt, der Ihnen und uns nicht hilft und der in der Sache kontraproduktiv ist.
Weitere Wortmeldungen liegen dem Präsidium zurzeit nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wir treten in die Abstimmung ein. Ich erinnere daran, dass wir gestern eine alternative Abstimmung zum Thema Bekämpfung von Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit in Schleswig-Holstein hatten. So lautete der Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Alternativantrag der CDU-Fraktion lautete „Bekämpfung von Extremismus in Schleswig-Holstein“. Ich sage dies vor dem Hintergrund, dass der jetzt vorliegende Antrag, Drucksache 1306, in seiner Nummer 3 einen Bericht der Landesregierung zum Thema Prävention bei Kindern und Jugendlichen vorsieht. Dieser Antrag wäre durch die Berichtsgebung der Landesregierung insoweit als erfüllt anzusehen. Über den anderen Bereich wurde gestern alternativ abgestimmt, wobei der Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Mehrheit dieses hohen Hauses gefunden hat. Der Antrag Drucksache 15/1306 ist in Bezug auf die Berichtstellung insoweit als erledigt anzusehen.
Wir kommen zur Abstimmung über die Frage des Berichts der Landesregierung, Drucksache 15/1499. Gehe ich richtig davon aus, dass dieser Bericht zur weiteren Beratung an den zuständigen Bildungsaus
- Herr Puls beantragt die Federführung für den Innenund Rechtsausschuss. - Wer also beschließen möchte, dass der Bericht der Landesregierung mit der Drucksache 15/1499 zur abschließenden Beratung federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Bildungsausschuss überwiesen wird, den bitte ich um sein deutliches Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag wurde einstimmig so beschlossen.
Wir kommen jetzt zum Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/1530, „Angebote der Prävention bei Kindern und Jugendlichen - Islamunterricht an Schulen“. Der Antrag lautet in seiner Ursprungsfassung:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, als Teil eines Integrations- und Präventionsangebotes für Kinder und Jugendliche in der 23. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags ein Konzept zur Einführung von deutschsprachigem Islamunterricht an schleswig-holsteinischen Schulen vorzulegen.“
Dieser Antrag wurde vom Antragsteller dahin gehend abgeändert, dass die Formulierung „in der 23. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages“ ersatzlos gestrichen werden soll. Wir stimmen jetzt über diesen geänderten Antrag ab. Zunächst wurde Ausschussüberweisung beantragt.
Wer diesen Antrag, Drucksache 15/1530, in der vom Antragsteller geänderten Fassung federführend an den Bildungsausschuss und mitberatend an den Innen- und Rechtsausschuss überweisen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag, Drucksache 15/1530, mit den Stimmen von SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen etwa die Hälfte der Stimmen der CDU-Fraktion und bei einigen Enthaltungen aus der CDU-Fraktion federführend an den zuständigen Bildungsausschuss und zur Mitberatung an den Innen- und Rechtsausschuss überwiesen worden. Damit findet eine Abstimmung in der Sache zurzeit nicht statt. Ich bedanke mich. Tagesordnungspunkt 37 ist damit erledigt.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 und 13 auf - ich bitte um etwas Ruhe, es gibt keine Geräuschzulage!
Wird das Wort zu Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Ich schlage vor, dass zunächst die antragstellende Fraktion das Wort erhält. Der Antrag zur Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen wurde von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellt. Zur Begründung dieses Antrags erteile ich dem Herrn Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herrn Abgeordneten Hentschel, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stelle heute einen etwas ungewöhnlichen Antrag vor, der von meiner Fraktion eingebracht wird, aber von der Koalitionsfraktion, der SPD, nicht mitgetragen wird.
Dies ist kein Antrag, mit dem wir als Koalition etwas durchsetzen wollen. Es geht hier um einen Antrag, mit dem wir als Fraktion eine Debatte eröffnen wollen, von der unser Koalitionspartner auch die Notwendigkeit sieht. Wir wollen in die offene Diskussion eintreten, weil ich glaube, dass es in der vor uns liegenden Situation des Arbeitsmarktes und auch angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl wichtig ist, über neue Konzepte der Arbeitsmarktpolitik und der Finanzierung der Sozialpolitik nachzudenken.
Vor 30 Jahren kam ein Drittel der Arbeitsplätze in Deutschland für ungelernte Arbeiter und Angestellte in Frage. Heute gilt dies nur noch für jeden zehnten Arbeitsplatz. Die Folge davon ist, dass Menschen, die keine Ausbildung haben, drei Mal so stark von Arbeitslosigkeit betroffen sind wie ausgebildete Facharbeiter und fünf Mal so oft wie Akademiker. Das liegt nicht daran, dass einfache Arbeiten nicht mehr gebraucht werden. Gerade im Bereich der Dienstleistungen - vom Tourismus über die Pflege oder der Kinderbetreuung bis zum Einzelhandel - gibt es nicht nur einen wachsenden Bedarf für qualifizierte Tätigkeiten, sondern auch für weniger qualifizierte Tätigkeiten.
Je mehr das allgemeine Lebensniveau wächst, je mehr unsere Produkte von automatischen Maschinen hergestellt werden, desto vergleichsweise teurer werden private Dienstleistungen. Obwohl wir diese Dienstleistungen brauchen, können viele sie nicht bezahlen. Das gilt nicht nur für den privaten Bereich. Das gilt für alle Bereiche, in denen die Lohnkosten dominieren, so zum Beispiel auch für das Handwerk. Aufgrund dieser Situation halte ich unser bestehendes Sozialversicherungssystem für die größte ökonomische Fehlleistung unseres Steuersystems. Das Sozialversicherungssystem belastet die unteren Einkommensgruppen ab der ersten Mark mit 40 % Abgaben. Während gering Verdienende praktisch keine Steuern bezahlen, was sinnvoll ist, gibt es bei den Sozialabgaben keine Freibeträge und keine Progression.
Die hohe Belastung verhindert die Entstehung von Millionen Arbeitsplätzen, wie der Vergleich mit Ländern mit anderen Sozialabgabensystemen zeigt. Das gilt sowohl für den angloamerikanischen Raum, als auch für den sehr sozial gestalteten skandinavischen Raum.
Diese hohe Belastung treibt Millionen von Menschen, die diese Sozialabgaben nicht bezahlen wollen oder können, in die Schwarzarbeit, um die Lohnnebenkosten einzusparen. Damit ist dieses System für unsere Volkswirtschaft schädlich und muss dringend geändert werden.
Man kann natürlich sagen, wie es Herr Garg vorschlägt, dass wir uns alle privat versichern. Das ist aber leider Traumtänzerei. Denn wenn man das ernst nimmt, bricht unser Sozialversicherungssystem zusammen.
Das mag der FDP egal sein, aber nicht Millionen Menschen, die auf die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung angewiesen sind.
Das Sozialversicherungssystem ist ja nicht teurer, weil private Versicherungen zaubern können, sondern weil über unser Sozialversicherungssystem viele staatliche Sozialleistungen finanziert werden, die ansonsten der Staat finanzieren müsste. Das ist doch die Wahrheit!
So wurden 1995 über die gesetzliche Krankenversicherung 53 Milliarden DM für die Familienversicherung, 4 Milliarden DM für den Schwangerschaftsurlaub und 2,4 Milliarden DM für den Erziehungsurlaub aufgebracht - alles keine Versicherungsleistungen, sondern staatliche Sozialleistungen, die sowieso
Die Rentenversicherung leistete allein 33 Milliarden DM West-Ost-Transfer und 24 Milliarden DM Kriegsfolgelasten. Dazu kamen weitere Leistungen wie Kindererziehungszeiten, Renten nach Mindesteinkommen und so weiter im Wert von fast 80 Milliarden DM.