Wenn wir Fremdenfeindlichkeit bekämpfen wollen, dann ist es eine wesentliche Aufgabe, dass wir Integrationspolitik in Schleswig-Holstein endlich aktiv miteinander betreiben. Sie kennen den Antrag der CDU-Fraktion, den der Kollege Schlie hier im vergangenen Jahr eingeführt hat. Herr Innenminister, ich finde es bedauerlich, dass wir seit einem Dreivierteljah auf eine Reaktion zu unserem Antrag zur Integrationspolitik warten. „Migrantenpolitik“ - wie Sie Integrationspolitik nennen -, immer ein Musterprojekt von Rot-Grün, hat an der Stelle ganz weit hinten auf dem Aktenbock gelegen. Lassen Sie uns endlich anfangen, in Schleswig-Holstein über aktive Integrationspolitik zu reden. Lassen Sie uns darüber reden, wie wir dazu kommen, dass die Ausländer und insbesondere die Kinder von Ausländern, die hier leben, besser integriert werden. Die erste Voraussetzung ist, dass sie die deutsche Sprache lernen, und dazu muss in der schleswig-holsteinischen Schulpolitik endlich ein neuer Schwerpunkt gesetzt werden.
Lassen Sie uns bei allen Debatten, die wir darüber streitig miteinander führen, in Zukunft wieder - ich hoffe, dass das heute hier ein einmaliger Vorgang gewesen ist - aufeinander zugehen. Lassen Sie uns dazu beitragen, dass demokratische Parteien an der Stelle nicht auseinander dividiert werden. Mit einfa
chen Parolen werden wir nichts werden. Mit einfachen Beschimpfungen, auch von Herrn Schill, der eine konkurrierende Partei auch zur CDU anführt, werden wir nichts werden. Wir werden nur erfolgreich sein, wenn Demokraten in diesem Haus zusammenstehen und wenn wir die Probleme, die zu Extremismus, die zu Gewaltbereitschaft und die zu Fremdenfeindlichkeit führen, gemeinsam entschlossen bekämpfen. Die CDU ist zu dieser Gemeinsamkeit bereit.
Ich erteile jetzt dem Vorsitzenden der Fraktion der FDP, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Fraktionsvorsitzenden der SPD, der aus persönlichen Gründen heute nicht hier sein kann, gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass dieser Antrag heute nicht debattiert wird. Bedauerlicherweise haben sich die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD dazu nicht bereit finden können. Deshalb will ich vorweg sagen, dass ich das nicht nur sehr bedauere, sondern dass ich das auch als Aufkündigung der bisherigen Gemeinsamkeit der so genannten Front der Demokraten gegen Rechts verstehe.
- Nicht Quatsch; ich komme darauf gleich zurück. Und zwar deshalb, weil ich glaube, dass es angesichts der Art und Weise, wie dieses Thema in immer wiederkehrender Form in diesem Landtag debattiert wird, mittlerweile nicht nur den Abgeordneten zum Halse raushängt, sondern auch den Menschen zum Halse raushängt
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Rechtsextremismus ist keine vorübergehende Erscheinung, sondern ein Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Diese Feststellung ist uns allen spätestens seit der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage zum Rechtsextremismus und zur Ausländerfeindlichkeit in Schleswig-Holstein vom Oktober 2000 bekannt. Dort wird festgestellt - ich möchte das noch einmal in Erinnerung rufen -, dass das rechtsextremistische Einstellungspotenzial 1979/80 bei 13 bis 15 % der über 18-Jährigen lag und mit 13 % im Jahr 1998 bundes
weit praktisch unverändert geblieben ist. In allen übrigen Ländern Europas liegen diese Werte in vergleichbaren Größenordnungen. Für uns bedeutet dies, dass dieser Zustand auf der einen Seite ein Stück Normalität ist, auf der anderen Seite uns nicht zufrieden stellen kann.
Dass wir uns im Landtag mit der Frage, wie man rechtes Gedankengut bekämpfen oder gar nicht erst entstehen lassen kann, nicht aktiv befasst haben, kann man uns wirklich nicht vorwerfen. Seit der 13. Legislaturperiode haben wir in diesem Haus 145 parlamentarische Initiativen - 145 parlamentarische Initiativen! - zum Rechtsradikalismus gehabt, in den letzten zehn Jahren haben wir uns also durchschnittlich alle dreieinhalb Wochen mit diesem Thema befasst. Viel ist dabei anscheinend nicht herausgekommen, sonst bedürfte es dieses Antrages nicht.
Der Antrag, den wir beraten, ist aber nur ein Teilaspekt einer komplexen Problematik. In der bereits erwähnten Antwort auf die Große Anfrage aus dem Jahr 2000 setzt sich die Landesregierung mit dem sozialen Profil von rechtsradikalen Straftätern auseinander. Sie stellt fest, dass die individuellen und sozialen Bedingungen, die die Übernahme rechtsextremen beziehungsweise fremdenfeindlichen Gedankenguts bei jungen Menschen begünstigen, die immerhin zwei Drittel bis drei Viertel der Straftäter aus diesem Bereich stellen, ein niedriger Bildungsgrad, ein gewaltaffines, Gewalt befürwortendes Männlichkeitsideal, der Einfluss patriarchaler, militanter Leitbilder, eine fehlende soziale Einbindung und gesellschaftliche Integration, Existenz- und Zukunftsängste beziehungsweise fehlende Lebensplanung, fehlendes Selbstbewusstsein, weniger Status, Furcht vor Nachteilen durch vermehrte Flexibilitäts- und Bildungsanforderungen sind (Seite 10 der Großen Anfrage).
Das wissen wir seit dem Jahr 2000 und wir wussten es vorher auch. Die PISA-Studie muss uns gar nicht überraschen, die uns darauf hinweist, dass unser Bildungsniveau mittlerweile weltweiten Standards nicht mehr entspricht, dass vor allen Dingen fundamentale Kulturfertigkeiten des Lernens nicht mehr vermittelt werden können.
Wenn wir Anträge wie den vorliegenden beraten, die ja auf Prävention aus sind, müssen wir uns doch fragen: Was hat eigentlich diese Regierung mit ihren vielen Deklamationen im Bereich der Bildungs- und Jugendförderung getan? Stimmt es nicht, dass die Ausgaben in diesen Bereichen in den letzten Jahren weiter zurückgefahren worden sind? Besteht nicht auch da möglicherweise ein Zusammenhang zwischen
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die zweite Komponente ist die Wirtschaftspolitik, ist die Frage der Lebensplanung, der Zukunftsplanung, der Perspektiven. Selbstverständlich ist auch eine der Ursachen für die Bereitschaft, sich mit dem rechtsradikalen Gedankengut zu identifizieren, die Tatsache, dass man möglicherweise die eigene Lebensplanung gar nicht mehr gestalten kann, weil keine Perspektiven vorherrschen. Das gilt nicht nur in Deutschlands Osten, das gilt mittlerweile auch in Deutschlands Westen. Deshalb ist ja eine aktive Wirtschaftspolitik, eine Politik, die auf mehr Wachstum, auf mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt ausgerichtet ist, die mehr Arbeitsplätze schaffen kann, auch eine Voraussetzung dafür, dass man die Verbreitung rechten Gedankenguts zurückführen kann.
Kollege Schröder, deshalb sage ich auch hier: Man kann das nicht alles auf die Weltkonjunktur, auf den Kollege George Bush zurückführen. Auch hier muss man fragen, welche Möglichkeiten man vor Ort hat, entsprechende Perspektiven zu entwickeln. Auch da gilt - ich will das an dieser Stelle gar nicht wiederholen -, dass die Kritik, die von der FDP und der Union in vielen Bereichen an der aktiven oder nicht aktiven Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung und Landesregierung geübt wird, einen Bestand hat, der auch mit der Bekämpfung der Rechtsradikalität in unmittelbarem Zusammenhang steht.
Herr Kollege Rother, ich gehöre zu den Letzten, die in irgendeiner Form Herrn Schill oder die Schill-Partei verteidigen wollen.
Aber wir sollten uns davor hüten - ich warne die Sozialdemokraten mit ihrer Attitüde der moralischen Überlegenheit sehr nachdrücklich davor, das zu tun -, alle die, die nicht Ihre Auffassung teilen, die möglicherweise anderer Auffassung sind, zu Rechtsradikalen oder zu Extremisten zu stempeln.
Der Herr Schill ist aus meiner Sicht mit Sicherheit das kann ich sagen; das habe ich immer öffentlich erklärt - kein seriöser Politiker. Aber den zu einem Wegbereiter der Rechtsradikalen zu machen, halte ich für extrem gefährlich. Den in deren Nähe zu stellen, halte ich auch für gefährlich. Schill ist die Antwort auf das Versagen der Sozialdemokraten in vielen Bereichen!
Ich höre ja jetzt, dass die Sozialdemokraten bundesweit damit werben, dass ihre Antwort auf Schill Herr Schily sei. Von den Grünen erwarte ich schon gar nichts mehr. Die machen den Marsch von der Bürgerpartei nach ganz rechts mit einer affenartigen Geschwindigkeit, dass es einem die Schuhe auszieht.
Noch ein Jahr so weiter und der Kollege Zimmermann, der Gott sei Dank nicht mehr Innenminister ist, ist gegenüber den Grünen, die heute Politik bestimmen, ein Linksradikaler.
Damit Frau Heinold das wirklich einmal begreift, dass ihre Fraktion ihre Hand dazu reicht - Frau Fröhlich! -, dass nun -
(Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Sie müssen mir nichts erzählen, Herr Kubicki! Ich weiß von der FDP genug!)
- Na gut, ich greife Sie jetzt nicht als Person an. Ich differenziere definitiv zwischen verschiedenen Persönlichkeiten auf verschiedenen Ebenen. Aber dass Ihre Bundestagsfraktion auf Bundesebene -
- Ja, das haben Sie mit uns nicht erlebt, dass bei uns jemand aufstehen und erklären würde, wir wollen jetzt die Sicherungsverwahrung verschärfen, das allgemeine Strafrecht, wir wollen die nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung möglich machen, wir wollen die Sicherungsverwahrung unter Vorbehalt möglich machen. Ich fasse es überhaupt nicht, dass Grüne, die sich als Rechtsstaatspartei verstehen, nun, weil sie glauben, der Stimmung in der Bevölkerung populistisch nachgeben zu müssen, dies als Antwort auf Herrn Schill mittragen wollen. Das wird Ihren Untergang beschleunigen, Frau Fröhlich, und nicht dazu beitragen, dass Sie als politische Kraft weiter bestehen bleiben. Machen Sie nur so weiter!
Nun komme ich zu diesem NPD-Antrag, zu dem ich der Bundesregierung nur raten könnte, ihn schleunigst zurückzunehmen, bevor ihr das Bundesverfassungsgericht mitteilt, dass sie ihn gar nicht zulassen wird.
Es ist schon ein Maß an Stillosigkeit, der nicht mehr zu überbieten ist, dass dem Bundesverfassungsgericht „by the way“ durch einen Abteilungsleiter - nichts
Dass man dabei, Herr Kollege Puls, als Anwalt überhaupt noch ruhig bleiben kann, verstehe ich gar nicht. Dass die antragstellende Bundesregierung, dass der antragstellende Bundestag, dass der antragstellende Bundesrat nicht vorher einmal gefragt haben, nachdem wir ja dankenswerterweise alle wissen, dass die NPD seit Jahren beobachtet wird, ob bei den Belegen, die beigefügt werden, vielleicht einer ist, der einer der ihren ist, ist ein so miserables Management, dass man die Verantwortlichen dafür nur herausschmeißen kann, herausschmeißen muss.