Das Wort für die CDU-Fraktion hat jetzt ihr Vorsitzender, der Oppositionsführer im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Herr Abgeordneter Martin Kayenburg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es lobenswert, dass die FDP - übrigens versehen mit vielen neuen Mitarbeitern - diesen Berichtsantrag zur Privatfinanzierung der Elbquerung gestellt hat, obwohl wir alle, die wir in der letzten und vorletzten Legislaturperiode im Landtag vertreten waren, wissen, dass in den Schubladen der Regierung eine umfangreiche Studie der Firma Bilfinger & Berger ruht, die die Möglichkeiten der Privatfinanzierung untersucht hat. Diese Studie hat aber leider nie das Licht der Öffentlichkeit erblickt, obwohl sie inhaltlich ein offenes Geheimnis ist. Sie durfte damals nicht in die Öffentlichkeit, weil sich der Baukonzern - das geht insbesondere die Grünen an - bei seinen Berechnungen dahin gehend festgelegt hatte, dass sich eine Privatfinanzierung nur dann rechnet, wenn eine Schienenverbindung nicht mit in das Paket hineinkommt. Eine solche Schienenverbindung wurde damals allerdings auch von Teilen der SPD gefordert. Sie werden sich sicher erinnern, dass es im Landtag 1994 deswegen zu einem parteiübergreifenden Kompromiss bezüglich des Baus der A 20 kam, Herr Benker und Frau Aschmoneit-Lücke, weil die Schienenanbindung dort zumindest mit dringestanden hat, um allen aus der SPD die Zustimmung zu dem Paket zu ermöglichen.
In der Studie zu der Elbquerung und den alternativen Trassen gibt es klare Vorgaben der Gutachter, unter welchen Bedingungen sich eine Privatfinanzie
rung der einzelnen Trassen rechnet. Diese Bedingungen werden nochmals in dem Gutachten zur Fehmarnbelt-Querung aufgegriffen. Ich muss bekennen, dass die Werte für die Fehmarnbelt-Querung nicht berauschend sind, aber auch die Werte für die A 20 nicht besonders gut sind.
- Frau Fröhlich, warten Sie den Satz doch bis zu Ende ab! - Deswegen wird man eine Privatfinanzierung der Minister hat darauf hingewiesen - nur mit entsprechenden flankierenden Maßnahmen des Staates, das heißt mit einer entsprechenden Unterstützung, durchführen können.
Da bisher aber weder eine Entscheidung über die Linienführung getroffen wurde, die angeblich erst 2002 vorliegen kann, noch etwa weitere Untersuchungen stattgefunden haben - ich habe das hier mehrfach als viel zu spät kritisiert, Herr Schröder -,
sehe ich es zurzeit als unsinnig an, ein so genanntes Interessenbekundungsverfahren in Angriff zu nehmen. Das Wort „Interessenbekundungsverfahren“ hat in meinem Wortschatz bisher gefehlt. Herr Bodewig scheint es nach einer Pressemeldung der „Kieler Nachrichten“ zu kennen. Aber ein Anruf bei den Baufirmen hat ergeben, dass auch die nicht wissen, was ein „Interessenbekundungsverfahren“ ist. Ich kann nur vermuten, dass es wieder einmal ein Trick ist - von welcher Seite auch immer -, um das Verfahren zu verzögern, und das werden wir nicht mitmachen.
Für mich ist der Antrag der FDP zum gegenwärtigen Zeitpunkt dennoch sinnvoll, weil er vor allem dazu dienen kann, die Landesregierung zu mehr Eifer und Einsatz bei dem Linienfindungs- und Linienbestimmungsverfahren zu drängen und vor allem - Gott sei Dank hat der Minister das hier abgegeben - zu einem erneuten Bekenntnis zur A 20 - Sie auch, Herr Schröder. Denn nach dem, was wir von Ihrem Koalitionspartner erfahren und hören, was die Klagen gegen die A 20 im Raum Lübeck anlangt, muss man wirklich das Allerschlimmste befürchten.
Vor dem Hintergrund ist es richtig - so glaube ich -, deutlich zu machen, dass das ganze Haus dahinter steht, einmal abgesehen von den ewiggestrigen Grünen.
Dass für Ihre grünen Partner jedes Straßenbauvorhaben ein Teufelswerk ist, hat sich ja inzwischen im Land herumgesprochen, und dass Sie, Herr Steenblock, auf jeder Demo gegen die A 20 tanzen, kann ich nun nicht mehr verstehen. Ich denke, Sie haben bei anderen Dingen zugestimmt - ich erinnere an DASA -, und dann sollten Sie endlich auch hier nicht nur die Macht des Faktischen, sondern die Notwendigkeit für unser Land akzeptieren.
Es wird Zeit, dass die Menschen vor Ort endlich erfahren, was Sache sein wird. Es wird Zeit, dass die Wirtschaft Planungssicherheit dahin gehend bekommt, dass sie weiß, wo interessante Ansiedlungsräume entstehen werden. Es wird Zeit, dass endlich Entscheidungen fallen.
Ausschreibungen müssen nach meiner Auffassung, Herr Minister, erst zeitnah zur Realisierung des Projektes stattfinden. Deswegen halte ich den Weg des Interessenbekundungsverfahrens auch für falsch, weil man nicht die Verantwortung auf die Industrie und auf die Firmen schieben kann, die sich möglicherweise mit dem Interessenbekundungsverfahren auseinander setzen werden. Das dient nicht der Klarheit, das bringt Verzögerung, das bringt nicht die Planungssicherheit, die wir brauchen.
Deswegen fordere ich die Landesregierung auf, endlich bei der Planung der A 20 einen Zahn zuzulegen, damit - Herr Präsident, ich bin beim letzten Satz - die A 20 mit westlicher Elbquerung keine Utopie bleibt und schließlich nicht von den Grünen ein neues PSLAGebiet, eine Particulary Sensitive Land Area, angemeldet werden kann.
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt der Fraktionsvorsitze Karl-Martin Hentschel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin ausnahmsweise einmal in einer Straßenbausache mit der FDP einer Meinung, was die Frage der Privatfinanzierung betrifft.
Wir setzten uns schon seit langem für eine Privatfinanzierung ein, weil wir glauben, dass die Infrastruktur der Straßen auch durch die Nutzer mitfinanziert werden soll. Ich finde, das ist ein richtiger Weg, und es freut mich, dass es auch solche Überlegungen gibt.
Unsere ablehnende Haltung zum Bau der A 20 ist bekannt. Dazu brauche ich nicht viel zu sagen. Die Unterschrift unter den Koalitionsvertrag ist auch bekannt. Deswegen sage ich noch einmal: Pacta sunt servanda.
Dazu stehen wir, auch wenn es uns nicht immer leicht fällt und auch wenn der Opposition weder das eine noch das andere gefällt. Ich beobachte ja mit Amüsement, wie mir zunehmend Parteimitglieder der CDU das Zimmer einlaufen und mir erklären, ich solle unbedingt die A 20 verhindern.
Ich staune immer, was dort in der Region so alles los ist. Diese Leute muss ich dann aber immer enttäuschen. Herr Kayenburg, vielleicht können Sie denen helfen.
Aber unabhängig von der grundsätzlichen Haltung zum Bau dieser Autobahn geht es hier um Finanzierung und es geht um die Pflicht aller Fraktionen, sich mit den Finanzierungsproblemen zu beschäftigen. Das ist etwas Ernstes, denn es handelt sich hier um sehr große Kosten.
Die Kosten, die in der verkehrswirtschaftlichen Untersuchung A 20 vom Februar 1998 enthalten sind, sind nach meinen Recherchen von der Realität längst überholt. Insbesondere war damals nicht berücksichtig, dass das gesamte Elbufer von Hamburg bis zur Elbmündung auf beiden Seiten weitgehend unter Naturschutz steht. Für die schleswig-holsteinische Seite handelt es sich teils um ausgewiesene Naturschutzgebiete wie in der Haseldorfer Marsch oder um FFHund Vogelschutzgebiete, die bei der EU angemeldet worden sind.
Auf der niedersächsischen Seite ist das ähnlich. Auf den beiden Varianten Glückstadt und der mittleren Variante liegen bereits ausgewiesene Naturschutzge
In allen Fällen handelt es sich keineswegs um Maßnahmen, die von böswilligen Naturschützern vorgenommen wurden, um den Bau einer Autobahn zu verhindern. Es handelt sich durchweg um Flächen, über deren Erhaltungswert es keinerlei Diskussion geben kann und deren Anmeldung bei der EU ein Muss ist. Das zur Klarstellung.
Zu diesen Flächen kommen nun aufgrund des Abkommens mit Hamburg über die Ausgleichsmaßnahmen für das Zuschütten eines Teils des Mühlenberger Lochs wegen des Baus des A3XX weitere Flächen in der Haseldorfer Marsch hinzu.
Insofern ergeben sich aus dem Protokoll über die Sitzung des AK „A 20 - Nord-West-Umfahrung Hamburg“ vom 22. und 25. Januar 2001 bei Berücksichtigung dieser Maßnahmen für den Tunnelbau mit hoher Wahrscheinlichkeit folgende Konsequenzen: Für die Variante Drochtersen-Kollmar verlängert sich der Tunnel von 4.650 auf 5.300 m, also um 0,6 km, für die Variante Abbenfleth-Seestermühle um 1 km und für die Hamburg-nahe Variante bei Hetlingen sogar um 2,1 km.
Legt man die alten Kostenschätzungen zugrunde, kommt man bei allen drei Varianten auf Kosten von über 1 Milliarde DM. Das ist bei der Hamburg-nahen Variante fast eine Verdoppelung der Kosten, die veranschlagt worden sind. Dabei fehlen bei allen diesen Berechnungen noch die Kosten für Tröge in der Länge von 300 m auf beiden Seiten.
Dies wird allerdings nicht reichen, wenn man die Erfahrungen beim Tunnelbau in Hamburg mit einbezieht. Der Tunnelbau in Hamburg war ursprünglich mit 480 Millionen DM veranschlagt, die tatsächlichen Kosten liegen zurzeit bei 1,3 Milliarden DM, also fast dem Dreifachen. Wesentlicher Grund dafür waren Bauverzögerungen und zwei Wassereinbrüche während des Baus.
Für die Privatfinanzierung bedeutet dies, dass eine vollständige Privatfinanzierung für keine der Varianten auch nur annähernd denkbar ist.
Während die Planer ursprünglich von einer Anschubfinanzierung des Staates von 20 % für die Hetlinger Variante und von 60 % für die Glückstädter Variante ausgingen - da konnte man kaum noch von der Privatfinanzierung reden -, bedeuten die neuen Zahlen, das für die Hamburg-nahe Variante mindestens 54 % Anschubfinanzierung des Staates erforderlich ist, im schlimmsten Fall sogar 74 %; für die Glückstedter Variante lauten die entsprechenden Zahlen 68 % und 82 %. Das heißt, mindestens die Hälfte muss der Staat
vorweg bezahlen, damit die Industrie überhaupt einsteigt. Im schlimmsten Fall muss der Staat fünf Sechstel bezahlen und nur ein Sechstel wird privat finanziert.
Die Möglichkeiten zur Privatfinanzierung sind also doch sehr begrenzt, wenn man das Tunnelbauwerk für sich nimmt.
Die Kosten für die Auffahrten und die Autobahnanschlüsse an die A 23/A 7 und die A 1 müssen sowieso vom Steuerzahler getragen werden.
Aufgrund dieser Zahlen und dieser neuen Situation bitte ich dringend darum, dass der Verkehrsminister in Ergänzung seines Berichtes möglichst bald konkrete aktuelle Zahlen vorlegt, aufgrund derer eine qualifizierte Diskussion über die Kosten und die Finanzierung möglich ist.