Protocol of the Session on May 10, 2001

Diesen eklatanten Widerspruch überwinden wir nicht, indem wir von einem Extrem ins andere fallen. Wir überwinden ihn nur, wenn wir uns klarmachen, dass auch und gerade die Tiere, die wir zu unserem Nutzen

halten, unseren Respekt verdienen. Das heißt, sie artgerecht zu halten und zu ernähren. Das heißt in der Konsequenz auch, sie so zu töten, dass ihnen quälender Stress und Schmerz erspart bleiben.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Die derzeit praktizierte Pelztierhaltung ist das genaue Gegenteil. Sie ist eine respektlose Perversion. Dass es auch anders geht, beweisen unsere Nachbarländer wie die Niederlande, Österreich und ausgerechnet Großbritannien - in denen die Pelztierhaltung mittlerweile ganz verboten ist beziehungsweise kurz vor dem Verbot steht.

Letzten Endes muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er sich einen Pelz umhängt oder nicht; das ist mir schon klar. Ich stelle nur für mich ganz deutlich fest: Das Tragen eines Nerzmantels ist nicht der Ausweis exzellenten Geschmacks, sondern eine ausgemachte Geschmacklosigkeit.

(Beifall bei FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Scheicht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDULandtagsfraktion misst der artgerechten Haltung von Nutztieren einen hohen Stellenwert bei. Das möchte ich hier einmal an erster Stelle erwähnen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn wir von Nutztieren sprechen, meinen wir natürlich nicht nur die in der konventionellen Landwirtschaft gehaltenen Tiere, sondern selbstverständlich auch die Haltung der Pelztiere.

Alle Tiere und deren Haltung unterliegen in Deutschland - das wissen Sie alle - dem Tierschutz. Das Tierschutzgesetz verpflichtet in § 2 jeden Tierhalter oder Züchter, seine Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend zu pflegen, zu ernähren und verhaltensgerecht unterzubringen. Diese Vorschriften und Auflagen werden von den Behörden wirklich kontrolliert.

In Schleswig-Holstein mit nur 27 Betrieben der Pelztierwirtschaft - die Hobbyzüchter einbegriffen; das war der Stand von 1998; da hat sich nicht viel getan dürfte es den Kreisveterinärämtern nicht schwer fallen, dieser Aufgabe nachzukommen. Wenn es nötig sein sollte, müsste man nachschauen, ob bei der Kontrolle noch etwas geregelt werden kann. Doch mit schwarzen Schafen muss bekanntlich in jeder Branche gerechnet

(Jutta Scheicht)

werden. Es muss auch damit gerechnet werden, dass es in der Pelztierbranche schwarze Schafe gibt. Daher ist eine Kontrolle umso mehr erforderlich. Deshalb sind aber auch die Leitlinien - Leitlinien kennen wir alle aus anderen Bereichen - der deutschen Pelztierwirtschaft zum Tier- und Artenschutz eine zusätzliche Sicherung im Umgang mit den Pelztieren. Die deutsche Pelztierbranche ist in der Verantwortung und sie steht dazu. Sie muss für eine einwandfreie, legitime Herkunft der von ihr genutzten Naturgüter garantieren.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Garg?

Vielleicht etwas später, Herr Dr. Garg. Ich habe noch viel Stoff, den ich erst einmal durcharbeiten möchte.

Die heute genutzten Fell- und Pelzarten wie Nerz, Fuchs, Iltis, Chinchilla und Kalb kommen hauptsächlich aus der landwirtschaftlichen Farm- und Weidehaltung. Aber auch aus der freien Wildbahn kommen Felle, zum Beispiel durch die Begrenzung von Tierpopulationen, die bei zu hoher Bestandsdichte Schaden anrichten, wie Bisam, Waschbär, Rotfuchs und Wildkaninchen.

Das Kürschnerhandwerk und die gesamte Pelzbranche in der Bundesrepublik Deutschland, ihre Betriebe und jeder einzelne Mitarbeiter teilen mit allen Menschen die Fürsorgepflicht gegenüber der Natur, ihrer Artenvielfalt und ihren Ressourcen. Mehr als alle anderen sind sie dem Schutz wild lebender Tierarten - - Ich glaube, die Genossen hören jetzt einmal zu; denn es hat keinen Sinn, hier im Frühjahr über Pelze zu sprechen, wenn die Genossen im Winter dann ihre Pelze heraus holen.

(Beifall im ganzen Haus)

Herr Baasch, ich komme jetzt darauf -

(Anhaltende Heiterkeit im ganzen Haus)

Ich finde es auch überhaupt nicht schlimm. Herr Baasch hat sich nämlich schon einmal eingedeckt; er wusste, dass der Winter kommt.

(Stürmische Heiterkeit)

In den Leitlinien der deutschen Pelztierwirtschaft heißt es weiter: Wir bekennen uns auch dazu, dass wirtschaftliches Denken an ethische Normen gebunden sein muss und die Verantwortung des Menschen für die Natur und ihre Ressourcen zu berücksichtigen hat. - Ich glaube, da können wir alle nur zustimmen.

Beim Umgang mit Haus- und Nutztieren allgemein und mit den Pelztieren im Besonderen fühlen wir uns verpflichtet, deren Bedürfnisse und Anpassungsfähigkeit an die Aufzucht und Haltung durch den Menschen zu erforschen und auf eine Berücksichtigung der Ergebnisse in der Praxis unter Kontrolle von Veterinären zu drängen.

(Unruhe)

- Es herrscht hier eine Unruhe, dass ich glaube, dass uns Herr Baasch seine Kappe jetzt einmal vorführen möchte.

(Stürmische Heiterkeit und Beifall)

Es heißt dort weiter: Wir stehen zu den festgesetzten Verordnungen und Ausführungsbestimmungen zum Tier- und Artenschutz. Die gleiche Verpflichtung verlangen wir von den Farmern, Züchtern und Jägern, auf die wir notfalls moralischen und wirtschaftlichen Druck ausüben. Im Bewusstsein unserer Verantwortung verpflichten wir uns, diese Leitlinien einzuhalten und alles daranzusetzen, die in ihnen ausgedrückten Ziele zu verwirklichen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit.

Wer dagegen verstößt, wird von möglichen Konsequenzen getroffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie sich in Ihrem gemeinsamen Antrag für ein Verbot der Pelztierhaltung in Deutschland stark machen, so bedenken Sie bitte, ob Sie auch mit dem damit verbundenen moralischen Druck leben möchten und können, die Verantwortung für Deutschland abzugeben; denn bei uns in Deutschland haben wir selbst die Gewissheit und Möglichkeiten zum Schutz der Haltung der Tiere.

Zu Punkt 2: Wir haben ein gutes Tierschutzgesetz in Deutschland. In diesem Gesetz gibt es viele strenge Auflagen und Vorschriften, wie es in Deutschland üblich und auch gut ist. Es wird alles ganz genau geregelt. Von der Europäischen Union gibt es weitere Empfehlungen. Außerdem steht eine EU-Regelung an. Deshalb halten wir nichts von einem nationalen Alleingang.

Für einen Antrag, wie ihn Rot-Grün und die FDP in einem Änderungsantrag formuliert haben, gibt es keinen vernünftigen Grund. Die CDU lehnt diesen Antrag ab.

(Jutta Scheicht)

1998 bereits hat Herr Minister Buß in seiner Rede zum gleichen Thema eine Aussage getroffen, die wir als CDU-Fraktion heute an Sie richten. Ich frage Sie: Wie viel Verwaltungsaufwand wollen Sie in Zeiten der Deregulierung eigentlich für rund zwei Dutzend Betriebe in Schleswig-Holstein betreiben?

Dann möchte ich noch ein Wort zu Folgendem sagen. Ich habe mich mit den vor dem Landeshaus stehenden Tierschützern darauf verständigt, dass wir nach dieser Debatte noch ein Gespräch führen. Ich stehe selbstverständlich dazu und sage: Wir möchten auch, dass für die Tiere alles getan wird, und deswegen treffen wir uns gleich draußen.

(Heiterkeit - Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Irene Fröhlich das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Pelzindustrie ist der Ansicht, die Haltung von Pelztieren sei ein „selbstverständlicher Zweig landwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit“. Nerze, Füchse und andere Tiere seien „längst“ - wieder zitiere ich - „zu Haustieren geworden“. Die Pelzträgerin von heute hat also keinen Grund für Gewissensbisse, oder vielleicht doch? - Dem soll sich unsere Debatte widmen.

Untersuchungen haben ergeben, dass das Verhalten von Wild- und Zuchtnerzen gleich ist und sie sich nur in ihrer Fellqualität und Wurfgröße voneinander unterscheiden. Die Tiere haben sich also keineswegs an die Haltungsbedingungen angepasst. Trotzdem werden sie in nahezu unstrukturierten Käfigen mit verdrecktem Trinkwasser und hohen Kothaufen gehalten, wie das jedenfalls beobachtet wurde.

Ein durchschnittlicher Nerzkäfig hat die Größe von 0,25 m2, Gelegenheiten zum Schwimmen fehlen völlig. Meistens müssen sich bis zu vier Tiere einen Käfig teilen. Hinzu kommen mangelnde tierärztliche Betreuung, ungenügende Hygiene sowie einseitiges oder falsches und verdorbenes Futter. Das jedenfalls lässt sich nach Beobachtungen von Tierschützern feststellen, die natürlich diese Situation sehr viel kontinuierlicher verfolgen, als wir das können, als ich das zum Beispiel kann.

Wozu brauchen wir Menschen eigentlich Pelze? Natürlich, wir sind mit einer mangelhaften Ausstattung zur Welt gekommen. Das kann jeder sehen, der uns anguckt. Deswegen müssen wir uns einhüllen.

(Heiterkeit)

Deswegen hat sich der Mensch immer schon mit diesem Statussymbol Nerz, Wolf oder Fuchs eingehüllt oder sonst mit Fellen von Tieren, die er erlegte. - Herr Baasch, Sie müssen sich nicht schämen;

(Heiterkeit)

es ist schon okay.

Aber ich will Ihnen sagen: Deutschland stellt im Verbrauch von Pelzen Weltspitze dar. In einem halbwegs vertretbar klimatisierten Land muss man im Grunde auf diese Ausstattung nicht zurückgreifen,

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])