stimmte Punkte, zum Beispiel wenn es um das Berichtswesen geht, bei denen ich der Meinung bin - da teile ich die Auffassung unseres Wirtschaftsministers -: Durch das Gesetz soll nicht mehr Bürokratie aufgebaut werden, sondern soll am Ende eine moderne Betriebsverfassung, die beiden Seiten entgegenkommt, verabschiedet werden.
Wenn der Unternehmensverband Nord in den „Kieler Nachrichten“ davon ausgeht, dass 120 Unternehmen in der Größenordnung zwischen 200 und 300 Mitarbeitern von der Neuregelung betroffen seien, und darauf beruhend aus einer höheren Zahl von freigestellten Betriebsräten eine Belastung von 12 Millionen DM im Verhältnis zu einer geplanten Investitionssumme von 300 Millionen DM errechnet, dann ist dabei eine Menge unberücksichtigt geblieben und die Zahlen sind nicht belegt.
Erst einmal ist die Frage zu stellen, ob es denn in den betroffenen Firmen tatsächlich Betriebsräte gibt. Zweitens muss darauf hingewiesen werden, dass in vielen Betrieben dieser Größenordnung schon heute Betriebsratsmitglieder teilweise für ihre einzelnen Tätigkeiten freigestellt werden. Folglich kann und darf man es sich nicht so einfach machen, wie es die Unternehmensverbände in dieser Berechnung tun. Die Kosten sind mit 100.000 DM pro zusätzlich freigestelltem Betriebsratsmitglied viel zu hoch angesetzt worden.
Dann hätte man eine Vergleichsberechnung anstellen müssen, wie viel den Betrieben durch die Tätigkeit von Betriebsräten an Kosten erspart bleibt.
Gleichzeitig muss man darauf hinweisen, dass 1980 in 50 % der Betriebe Betriebsräte vorhanden waren; heute sind es noch 35 %.
Die SPD-geführte Landesregierung hat seit 1988 vieles dafür getan, die Mitbestimmung gerade im öffentlichen Dienst zu verbessern. Hier gehören wir bundesweit zu den Schrittmachern. Darauf sind wir zu Recht stolz. Wir sehen uns in einer positiven Tradition der Stärkung von Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnenrechten. Das wollen wir auch in Zukunft fortsetzen. Das ist ein Grundsatz sozialdemokratischer Politik: zukunftsweisend.
Wir unterstützen die Neuregelung aus grundsätzlichen Erwägungen, weil wir wissen, dass das Betriebsverfassungsgesetz und auch die Arbeit der Betriebsräte ein wesentlicher Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland sind. Sie ist ein Garant für den sozialen Frieden und ein nicht zu unterschätzender positiver Produktivfaktor. Unternehmer, die nicht selten mit einem gewissen Stolz auf die geringe Zahl von Streiktagen in Deutschland hingewiesen haben, sollten nicht vergessen, im gleichen Atemzug den Zusammenhang mit dem Betriebsverfassungsgesetz und der Mitbestimmung der Arbeitnehmer zu erwähnen.
Wenn nun die Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes von Unternehmerseite kritisiert wird, so scheinen mir dort all diejenigen an der Spitze zu stehen, die mit diesem Instrument gar keine Erfahrung haben. Bei denjenigen nämlich, die mit Betriebsräten vertrauensvoll zusammenarbeiten, ist die Wahrnehmung auch im Unternehmerlager eine andere. Ich verweise auf eine Untersuchung des Wirtschaftsmagazins „Impulse“ und der Dresdner Bank. Danach ist bei 1.000 mittelständischen Führungskräften, die nach ihren Erfahrungen mit Betriebsräten gefragt wurden, festgestellt worden: Nur jeder zehnte der nach dem Gesetz betriebsratspflichtigen Betriebe hatte einen Betriebsrat. Aber dort, wo Betriebsräte existieren, haben 65 % der befragten Führungskräfte ihr Verhältnis zu ihnen als sehr gut oder gut bezeichnet, ein weiteres Viertel bezeichnete die Zusammenarbeit als befriedigend und nur insgesamt 5 % gaben ihrem Betriebsrat hinsichtlich der Zusammenarbeit eine schlechte Note. Dieses Meinungsbild lässt sich nach diesem Magazin ohne weiteres auf das Management großer Kapitalgesellschaften übertragen. Der Schluss daraus kann doch nur lauten: Betriebsräte sind nicht immer bequem, aber sie sind anerkannt und unverzichtbar.
Wir werden uns auch in Schleswig-Holstein mit diesem Thema weiter beschäftigen. Die SPD-Fraktion hat nicht nur mit den Gewerkschaften Gespräche geführt. Wir werden selbstverständlich auch mit den Unternehmensverbänden in diesem Lande Gespräche führen, um zu erfahren, was aus deren Sicht an der einen oder anderen Stelle verändert werden muss.
Die Tatsache, dass das Thema am 4. März im Bündnis für Arbeit angesprochen und diskutiert werden soll, lässt mich doch hoffen, dass wir zu einer Sachdebatte zurückkehren werden. Ein Zurück vor 1972 und ein Zurück hinter die entscheidenden Elemente des jetzt vorliegenden Entwurfes wird es mit der SPD aus grundsätzlichen Erwägungen nicht geben.
Ich bin jetzt gespannt, wer für die CDU-Fraktion sprechen wird: Herr Kayenburg oder Herr Wadephul oder
beide hintereinander oder als Tandem. Das ist die einzige Spannung, die ich im Augenblick noch habe.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Kabinettsentwurf zum Betriebsverfassungsgesetz der rot-grünen Bundesregierung lässt eine wirklich schwere Belastung für die schleswig-holsteinische Wirtschaft und den Mittelstand befürchten.
In dieser Einschätzung sind sich Partei und Fraktion völlig einig. Auch Herr Dr. Wadephul und ich teilen diese Auffassung vollinhaltlich.
(Beifall bei CDU und F.D.P. - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss schon erwähnt werden, wenn Sie sich einig sind!)
Zu Ihrem Zwischenruf zur CDA lassen Sie mich doch bitte zitieren, was der sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der Kollege Laumann, Mitglied der CDA, gesagt hat: „Der von der Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes ist nicht akzeptabel.“ Eigentlich wäre dem nichts hinzuzufügen.
- Auch die CDA Schleswig-Holstein lehnt den Entwurf in dieser Form ab. Es gibt jede Menge Nachbesserungsbedarf. Herr Neugebauer, die betriebliche Mitbestimmung in Deutschland ist ein bewährtes Element der sozialen Marktwirtschaft. Während sich die technologischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Bedingungen der Unternehmen stark verändert haben, ist das Betriebsverfassungsgesetz seit mehr als 25 Jahren unverändert. Herr Hay, das heißt aber nicht, dass es vorher keine Mitbestimmung gegeben hätte. Die sozial-liberale Koalition hat lediglich Veränderungen vorgenommen. Mitbestimmung datiert aus den 50er-Jahren. Ich zitiere weiter:
„Deshalb sprechen gute Gründe dafür, die Betriebsverfassung zu modernisieren, zukunftsfähig zu machen und dabei auf neue unternehmerische Organisationsund Ar
beitsformen einzugehen. Dabei kommt es allerdings auf Klarheit, Flexibilität und die Beachtung von Kostengesichtspunkten an. Der bisher bekannte Entwurf“
„der Bundesregierung zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes berücksichtigt aus wirtschaftspolitischer Sicht diese Aspekte noch nicht hinreichend.“
Herr Rohwer, ich gratuliere Ihnen, den vielen Ministerkollegen und dem Wirtschaftssenator zu dieser Position und ich hoffe, dass Sie Gelegenheit haben, auch deutlich zu machen, dass die kleinen kosmetischen Korrekturen, die in dem Entwurf des Kabinetts nunmehr vorgenommen worden sind, den Ursprungsentwurf kaum verändert haben. Das heißt, Sie dürften Ihre Position nicht berührt haben. Aus diesem Grund ist der Widerstand - insbesondere der mittelständischen Wirtschaft - mehr als berechtigt.
Sonst haben wir auch in Schleswig-Holstein nachhaltige Schädigungen und Nachteile - gerade für die mittelständische Wirtschaft - zu erwarten. Herr Hay, das kann doch nicht einmal der Wunsch der Gewerkschaften sein, denn hier geht es auch um Arbeitsplätze, die gefährdet werden. Deshalb bin ich gespannt, ob Frau Simonis auch diesmal wieder kuschen wird oder ob sie Mut vor Fürstenthronen beweisen wird und die Linie ihres Wirtschaftsministers vielleicht doch noch übernehmen kann. Eines ist für die CDU unstrittig: Das Betriebsverfassungsgesetz ist ein zentrales Element der sozialen Partnerschaft in Deutschland und niemand, auch niemand in der CDU, will die Rechte der Arbeitnehmer und Betriebsräte infrage stellen, Herr Hay.
Wir wollen nicht hinter den derzeitigen Zustand zurück und wir sehen auch, dass Modernisierungen erforderlich sind. Der Kollege Garg hat jedoch darauf hingewiesen: Unvereinbar mit sozialer Partnerschaft ist allerdings, dass in diesen Entwurf allein gewerkschaftliche Forderungen eingegangen sind. Die berechtigten Forderungen der Unternehmen - zum Beispiel nach einer notwendigen Beschleunigung von
Die Absenkung der Schwellenwerte bei der Betriebsratsgröße und bei der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern belastet die mittelständische Wirtschaft in ganz erheblichem Umfang mit zusätzlichen Kosten. Allein aus der zusätzlichen Freistellung entstehen in Betrieben zwischen 200 und 300 Arbeitnehmern - da ist unser Mittelstand betroffen - Zusatzkosten, die - bezogen auf die Lohn- und Gehaltssummen - einer Erhöhung von 0,3 % und 0,5 % entsprechen. Verhandeln Sie heute einmal über derartige Lohnerhöhungen. Das ist mit den Lohnnebenkosten eine Belastung, die die Wirtschaft nicht tragen will und nicht tragen kann. Das hat mit zukunftsweisender Wirtschafts- und Sozialpolitik überhaupt nichts mehr zu tun.
Wenn Sie mit 0,3 % oder 0,5 % Gehaltserhöhung nichts anfangen können, dann nenne ich diese Zahlen: Die Belastungen für die gesamte Wirtschaft werden wenn der Entwurf so Gesetz wird - etwa 2,7 Milliarden DM betragen, wenn nur 22 % der Betriebe einen Betriebsrat haben. Herr Ritzek, wenn 50 % der Betriebe einen Betriebsrat haben, werden 4 Milliarden DM an zusätzlichen Kosten auf die Wirtschaft zukommen. Herr Eichel hat dazu natürlich nichts zu sagen, denn die Wirtschaft ist belastet, nicht der Staat. Hier wird ein Gesetz zulasten der mittelständischen Wirtschaft gemacht, wodurch die ohnehin schlechten Standortbedingungen noch einmal verschärft werden. Kostensteigerungen können wir so nicht hinnehmen.
Ich stimme Herrn Garg zu, dass im Übrigen die erreichte soziale Partnerschaft auch dadurch mit Füßen getreten wird, dass das Mehrheitswahlverfahren beispielsweise in Kleinbetrieben - verhindert, dass Mitglieder kleinerer Gewerkschaften oder Bewerber, die nicht gewerkschaftsorientiert oder ungebunden sind, überhaupt noch Betriebsrat werden können. Damit wird deutlich, dass dieses Gesetz allein die großen etablierten Gewerkschaften unterstützt.
Möglicherweise ist dieses „Gewerkschaftsförderungsgesetz“ die späte Belohnung dafür, dass die Gewerkschaften den Kanzler im Wahlkampf 1998 mit einer Millionenspritze unterstützt haben.