Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ja Weiberfastnacht, wie wir wissen. Das heißt: eine Hochzeit des Karnevals.
weil er mir deutlich gemacht hat, dass er doch ein begnadeter Büttenredner ist. Jetzt aber einmal zum Thema.
Herr Kollege Kayenburg, in der Tat glaube ich nicht, dass die Frage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Landes Schleswig-Holstein ein geeignetes Thema für eine Aktuelle Stunde ist. Denn die Ursachen, die wir analysieren müssen, sind tiefer, als dass man sie in Fünfminutenbeiträgen abhandeln könnte.
- Sie müssen gar nicht „Oh“ rufen, Frau TodsenReese. Nicht alles, was in Schleswig-Holstein schlecht läuft, hat die Regierung zu verantworten - weder im wirtschaftlichen Bereich noch beim Wetter -; und nicht alles, was gut läuft, hat die Regierung zu verantworten. Deswegen, Herr Kollege Schröder, muss man der Opposition - jedenfalls der größeren, der noch größeren Oppositionsfraktion - im Landtag einfach nachsehen, dass sie nun bei einer Gelegenheit, bei der deutlich wird, dass Schleswig-Holstein hinten ist, das, nachdem die Regierung mit ihren PR-Aktionen immer vorn ist - der Staat in Schleswig-Holstein ist überall vorn - zum Thema der Debatte machen will. Denn sonst wäre es unausgewogen.
Nicht immer ist das Ende einer Schlange, Herr Kollege Schröder, vorn. Nur beim Regenwurm ist das Ende auch vorn.
Ich möchte auf einige Grundfragen nur stichwortartig eingehen, weil ich der Meinung bin, wir haben es mit einem Phänomen zu tun, das uns noch längere Zeit beschäftigen wird. Ich habe das bei der Frage der Fi
nanzkraft des Landes Schleswig-Holstein früher schon angesprochen. Bis heute erklärt uns keiner, warum die Finanzkraft Schleswig-Holsteins so ist, wie sie ist, und warum wir tendenziell im Vergleich zu anderen weiter absinken.
Das Land Schleswig-Holstein ist pleite. Das haben heute einige Redner unterstrichen. Ich sage das ein bisschen polemischer. Herr Harms hatte gesagt, wir hätten eigentlich kein Geld mehr. Ich habe von der Ministerpräsidentin gehört, wir müssten an allen Ekken und Enden sparen. Das ist ja kein Ausweis für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik, denn das Ergebnis einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik wäre eigentlich eine stärkere Finanzkraft. Wenn ich die Sozialdemokraten erinnern darf: Die Tatsache, dass SchleswigHolstein mehr Mittel als jemals zuvor aus dem Fonds für strukturschwache Gebiete der Europäischen Union erhält, ist kein Ausweis dafür, dass SchleswigHolstein den Strukturwandel bewältigt hätte, sondern eher ein Ausweis für das Gegenteil. Sonst würden wir weniger Mittel erhalten, Herr Schröder. Das ist rein logisch schon die Folge.
Herr Kollege Hentschel hat darauf hingewiesen, der tertiäre Sektor ist bei uns in Schleswig-Holstein von besonderer Bedeutung. Das stimmt. Übrigens hat bei uns insbesondere die staatliche Beschäftigung besondere Bedeutung; es ist gar nicht so sehr der Dienstleistungsbereich. Deshalb trifft der Abbau der Bundeswehrstandorte Schleswig-Holstein auch unvergleichlich härter als andere Regionen unseres Landes. Die Reduzierung der 4.800 Dienstposten in SchleswigHolstein hat ein vergleichsweise größeres wirtschaftliches Gewicht als woanders. Damit werden wir die Jahre 2001 ff. noch leben müssen; denn ich bin nicht sicher, ob wir das in anderen Bereichen auffangen können.
Die Land- und Ernährungswirtschaft, Herr Minister, hat bei uns nach wie vor eine ganz entscheidende Bedeutung. Bezüglich des Wirtschaftswachstums in den Jahren 2001 ff. warne ich alle, die glauben, dass in diesem Bereich erhebliche Wachstumsraten erzielt werden können. Eher das Gegenteil wird der Fall sein. Die spannende Frage wird sein: Welche Auffanglösungen finden wir in diesem Bereich, soweit wir das überhaupt können?
Zum Thema Transport! Der Kollege Hentschel hat es angesprochen. Auch das Transportgewerbe hat in Schleswig-Holstein eine besondere Bedeutung. Nur, wenn die Menschen in diesem Lande, die das Transportgewerbe betreiben, nicht mehr transportieren können, weil die Straßen nicht vorhanden sind
- Herr Schröder, Sie können sagen „Nein“ -, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn die Transportunternehmen ihren Sitz von Schleswig-Holstein nach südlich der Elbe verlagern, was sie tun. Dann dürfen wir uns nicht wundern, dass Firmen - wie beispielsweise Oppermann ihre Auslieferungslager von Schleswig-Holstein in den Süden verlagern. Ich will das gar nicht weiter kritisieren. Wenn wir nicht die Transportmöglichkeiten auf der Straße, auf der Schiene und auf dem Wasser zur Verfügung stellen, sind die Unternehmen schlicht gezwungen zu dislozieren, weil sie sonst Pleite gehen.
Deshalb, Herr Schröder, ist zum Beispiel das Signal an diese Unternehmen, dass wir die A 20 bauen wollen und dass sie so schnell wie möglich kommen soll, ein ganz wichtiges. Darum ist das Signal gegen den Bau der A 20 - ich sage jetzt nicht, von Ihnen, aber von anderen aus Ihrem Beritt, die ja in der Regierung gesessen und das mitgetragen haben, aber jetzt herumlaufen und jede Bürgerinitiative unterstützen - ein kontraproduktives.
Zum Thema Medien! Wir sind uns heute einig, dass das Landesrundfunkgesetz von Schleswig-Holstein nicht dazu angetan war, die Medienwirtschaft in diesem Lande zu unterstützen. Eher das Gegenteil ist der Fall. Fragen Sie einmal den Kollegen Müller. Wenn Sie ihm sonst nicht glauben, in diesem Bereich können Sie ihm glauben. Wenn wir uns da anders entschieden hätten, hätten wir jedenfalls größere Chancen gehabt, auch in diesem Bereich mehr Unternehmen im Lande zu lassen, als es der Fall gewesen ist.
Zum Thema Gentechnik! Herr Schröder, ich will nur daran erinnern, dass dieser Bereich weltweit eines der Wertschöpfungspotenziale der Zukunft ist. SchleswigHolstein läuft hinterher. Ich will das gar nicht weiter kritisieren. Ich gebe - wir haben ja Karneval - in Richtung der Grünen einmal zu bedenken: Es wäre ganz sinnvoll, wenn die Grünen nicht nur Arm in Arm mit den Amerikanern in jeden Krieg ziehen würden, sondern Arm in Arm mit uns dafür Sorge tragen würden, dass die Gentechnik auch bei uns als Unternehmensschwerpunkt gefördert werden kann mit der Folge, dass hier Arbeitsplätze und Wertschöpfung entstehen.
- Frau Fröhlich, ich komme nicht zu Ihrem Schluss. Sie kommen, was die Grünen angeht, ganz allein zu Ihrem Schluss. - Ich habe, was diese Frage der richtigen Einschätzung der notwendigen Maßnahmen, um den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein nach vorn zu bringen, angeht, in diesen Minister großes Vertrauen. Aber ich habe kein großes Vertrauen in die die Regierung tragenden Fraktionen, denn sie haben bisher nicht belegt, dass sie diesen Wirtschaftsminister in wichtigen Fragen wirklich unterstützen wollen.
(Beifall bei der F.D.P. und vereinzelt bei der CDU - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kubicki, Sie haben sicher in der letzten Zeit dazu beigetragen, den Minister zu stärken, gerade im Untersu- chungsausschuss!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich diese Debatte verfolge, Herr Kubicki, dann habe ich den Eindruck, die Opposition will es heute wieder einmal wie die Vögel auf den Feldern machen: Sie säen nicht, sie ernten nicht und der Herrgott ernährt sie doch,
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Er- zählen Sie jetzt von sich?)
in diesem Fall in Gestalt der amtlichen Statistik, eine Zahl als gefundenes Fressen der Opposition. Ihnen ist ja auch sonst nicht viel vergönnt, vom Streit im eigenen Lager einmal abgesehen. Wirtschaftspolitik findet doch bei Ihnen zurzeit überhaupt nicht statt.
Das Bruttoinlandsprodukt in Schleswig-Holstein ist im Jahr 2000 um 1,1 % gewachsen. In anderen Länder war es mehr. Das ist nicht schön, das ist enttäuschend, aber dramatisch ist es nicht. Man muss sich die Ergebnisse schon ein wenig genauer ansehen. Dazu vier Anmerkungen.
(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Klaus Schlie [CDU]: Irgendwie glaubt er das selbst nicht!)
Die Landesregierung trägt dazu bei, dass sich die gesamte Ernährungswirtschaft neu ausrichtet und wieder Tritt fassen kann. Sie haben Recht: Das dauert. Das wird auch für das Jahr 2001 noch eine Herausforderung sein. Aber erste Schritte dazu sind vollzogen.
Zweitens. Auch die in Schleswig-Holstein besonders stark vertretene Bauwirtschaft steckt noch immer im Tief, einem Tief, das konjunkturelle wie strukturelle Ursachen hat.
Ich sehe diese Entwicklung mit Sorge, vor allem im Wohnungsbau. Wir steuern dagegen, soweit wir können.
- Vielleicht hören Sie einmal einen Moment zu und beschäftigen sich mit den Argumenten, Herr Schlie! Im öffentlichen Bau und im Verkehrsbau zogen die Aufträge im Jahr 2000 bereits um 5 % an, übrigens auch dank unseres Schubs beim Ausbau der Infrastruktur hier, denn im Rahmen des Regionalprogramms entsteht bis Mitte dieses Jahres ein Investitions- und Auftragsschub von rund 480 Millionen DM, der bei den Firmen sukzessive ankommt. Das sind, wenn man einmal die DIW-Faktoren umsetzt, rechnerisch 17.600 Arbeitsplätze, die mit diesem Einsatz geschaffen werden.
Allein im Straßenbau in Schleswig-Holstein - Bundesstraßen, Landesstraßen, Kreisstraßen - werden in diesem Jahr etwa 550 Millionen DM an Investitionen bewegt, 20 % mehr als in den letzten Jahren.
Drittens. Wir haben es mit Schwankungen in der Energieproduktion zu tun, die sich, wie Sie wissen, im Trend natürlich wieder ausgleichen. 1999 ist sie besonders stark gestiegen, im Jahr 2000 war sie rückläufig, was mit Revisionszeitpunkten zusammenhing,