Protocol of the Session on February 21, 2001

Ich denke, aus der bisherigen Ankündigungspolitik müssen Sie jetzt heraus. Wir wollen endlich Taten sehen.

(Beifall der Abgeordneten Brita Schmitz- Hübsch [CDU])

Die CDU will mit dem ersten Antrag, Drucksache 15/733, zunächst die finanziellen Rahmenbedingungen für Lehramtsanwärterinnen und -anwärter besonders der beruflichen Schulen verbessern. Hintergrund ist Folgendes: Noch unter der alten Bundesregierung wurden die Anwärterzuschläge für Lehramtsanwärter um zirka 25 % gesenkt - mit Zustimmung des Landes Schleswig-Holstein übrigens. Die damalige Verringerung der Bezüge hat die angehenden Berufsschullehrer besonders hart getroffen. Zirka 80 % der Lehramtsanwärter im kaufmännischen Bereich und zirka 90 % derjenigen im gewerblich-technischen Bereich haben vor dem Studium bereits eine berufspraktische Ausbildung abgeleistet, die restlichen 10 bis 20 % mindestens ein einjähriges Praktikum, was für angehende Berufsschullehrer notwendig und begrüßenswert ist, allerdings mit der Folge, dass diese Berufsgruppe bei Beginn der Ausbildung als Lehramtsanwärter relativ alt ist, zum Teil schon eine Familie ernähren muss und zusätzlich noch, meine Damen und Herren, von der Wirtschaft umworben und mit Kusshand genommen wird. Die Wirtschaft bezahlt bekannterweise besser als der Staat.

Viele potenzielle und vor allen Dingen qualifizierte Lehramtsanwärter gingen aufgrund der niedrigen An

(Sylvia Eisenberg)

wärterbezüge und der verfehlten Entbeamtungspolitik den Berufsschulen hier im Lande verloren.

Unter dem Gesichtspunkt des drohenden Nachwuchsmangels entschloss sich die Bundesregierung im Sommer 2000 immerhin zur Änderung der Anwärtersonderzuschlagsverordnung mit dem Ziel der Erhöhung. Dieser Entwurf fand aber keine Zustimmung der Länder und Schleswig-Holstein soll sich ebenfalls sehr zurückhaltend geäußert haben. Ganz vorsichtig ausgedrückt!

Nunmehr steht eine Änderung des § 63 des Bundesbesoldungsgesetzes ins Haus, wonach Bund und Länder ermächtigt werden sollen, je nach Bewerbersituation das Instrument der Anwärtersonderzuschläge flexibel zu handhaben. Die CDU fordert daher die Landesregierung auf, sich möglichst schnell für einen Abschluss des Verfahrens zur Änderung des § 63 des Bundesbesoldungsgesetzes einzusetzen und damit unter dem Gesichtspunkt der Nachwuchswerbung die Anwärtersonderzuschläge zu erhöhen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der F.D.P.)

Selbst eine Erhöhung um zirka 300 DM im Monat mit geschätzten Kosten von zirka 1 Million DM jährlich dürfte das Personalgesamtbudget von 5,8 Milliarden DM im Lande Schleswig-Holstein nur marginal verändern,

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

zumal es nach meinen Informationen selten voll ausgeschöpft wird.

Unser zweiter Antrag - Drucksache 15/734 - verfolgt ebenfalls das Ziel der Werbung von Lehrkräften für den berufsbildenden Bereich. Wir wollen besonders qualifizierten Meisterinnen und Meistern die Möglichkeit eröffnen, auch ohne die bisher notwendige Fachhochschulreife in den Vorbereitungsdienst einzusteigen. Bis 1998 war dies möglich. Im Zuge der Vereinheitlichung wurde aber das Besoldungsgesetz dahin gehend geändert, dass zurzeit eine abgeschlossene Meisterausbildung plus Fachhochschulreife als Einstellungsvoraussetzung in den Vorbereitungsdienst notwendig ist.

Fachlehrer an beruflichen Schulen sind für die fachpraktische Ausbildung zuständig. Besonders qualifizierte Meister und Meisterinnen - so meinen wir eignen sich in hervorragender Weise für die fachpraktische Ausbildung, da sie mit der Meisterprüfung sowohl die Qualifizierung als Ausbilder einbringen als auch die praktische Erfahrung in dem jeweiligen Beruf.

Die Landesregierung wird also aufgefordert, auf eine Öffnung der Einstellungsvoraussetzungen hinzuwirken, und zwar dahin gehend, dass die notwendigen formalen Schulabschlüsse noch während der Vorbereitungszeit nachgeholt werden können.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zusätzlich fordert die CDU - das ist in unseren Anträgen nicht vorhanden, aber ich denke, das wird im Rahmen der Diskussion, die wir anschließend führen werden, besprochen werden können - selbstverständlich eine Erhöhung der Ausbildungskapazitäten in Flensburg und Kiel für Lehramtskandidaten des berufsbildenden Schulwesens, auch die Erhöhung der Ausbildungskapazitäten im Landesseminar für berufliche Bildung und die rechtzeitige, verbindliche Planstellenzusage für qualifizierte Lehramtsanwärterinnen und -anwärter.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.])

Eine Verbesserung der Rahmenbedingungen und des Arbeitsumfeldes, eine größere Attraktivität und Aufwertung des beruflichen Schulwesens und damit auch eine größere Attraktivität für den Lehramtsnachwuchs erwarten wir auch von einer strukturellen Veränderung der Berufsschulen hin zu Dienstleistungszentren in der Region. Mehr Eigenständigkeit, weniger Gängelung durch den Staat, mehr Freiheit in wirtschaftlicher und personeller Hinsicht und verstärkte Kooperation mit der Wirtschaft in der Region sind auch Ansätze, die den Lehrerberuf an beruflichen Schulen attraktiver machen können. In dieser Hinsicht haben wir bereits vorgearbeitet und wir laden Sie ganz herzlich zu einer Fachtagung am 27. März, 17 Uhr, in diesem Hause ein.

(Beifall bei der CDU)

Absoluten Vorrang für die CDU hat aber die Konsolidierung des klassischen Berufsschulbereiches und als Voraussetzung dafür natürlich die Nachwuchssicherung. Das möchte ich hier noch einmal betonen und ich befinde mich damit auch in Übereinstimmung mit den Äußerungen der IHK Kiel auf dem diesjährigen Jahresempfang.

Meine Damen und Herren, zu unserem dritten Antrag brauche ich nicht allzu viel zu sagen. Die Begründung finden Sie jeweils auf dem Zettel. Ich möchte mir da ein bisschen die Zeit sparen.

Ich habe eigentlich in der Sache bei unseren Anträgen Zustimmung erwartet und erhofft, nachdem ich aus der Zeitung entnommen hatte, wie positiv diese Anträge gewertet worden sind. Ich stelle aber jetzt fest, dass wir offensichtlich eine schnelle Befassung mit diesen

(Sylvia Eisenberg)

Anträgen überparteilich und überfraktionell nicht hinbekommen und wieder einmal weitere Berichte gefordert werden, die dem hohen Hause erst in der JuniTagung vorliegen werden.

Im Interesse der Deckung des Nachwuchsbedarfes vor allen Dingen an beruflichen Schulen und im Interesse der Sache darf ich Sie bitten, über unseren Antrag Drucksache 15/733 und den Änderungsantrag der F.D.P.-Fraktion Drucksache 15/757, und zwar da den ersten Absatz, alternativ abzustimmen und die anderen Anträge dann, weil es eben nicht anders geht und wir im Interesse der Sache auch einer Ausschussüberweisung zustimmen müssen, dem Bildungsausschuss zu überweisen. Ich darf darauf hinweisen, dass die nächste reguläre Sitzung des Bildungsausschusses - das finde ich besonders schade - erst Anfang Mai stattfindet.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Warum denn? - Zuruf des Abgeordneten Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD])

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss!

Die nächste reguläre Sitzung, Herr von Hielmcrone. Die nächsten beiden Sitzungen sind jeweils mit Anhörungen voll gestopft, was in Ordnung ist. Aber vielleicht finden wir noch einen Zusatztermin, um die Frage der beruflichen Bildung jetzt insgesamt zu klären.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Jacobs.

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Es wird immer wieder behauptet, in diesem Land sei nicht genug getan worden, um das Problem des Lehrernachwuchses zu lösen, das uns im Bereich der berufsbildenden Schulen bereits akut trifft, aber binnen kurzer Zeit in allen Schularten auftreten wird.

Gerade im berufsbildenden Bereich gab es eine Reihe von Aktivitäten. Ich erinnere zum Beispiel daran, dass Fachhochschulabsolventen für das Berufsschullehrerstudium mit der Zusage der Einstellung angeworben wurden. Das waren die so genannten Kieler Modelle. 1995 wurde mit den anderen vier norddeutschen Ländern ein Gutachten in Auftrag gegeben, um den künftigen Lehrerbedarf in den verschiedenen Fachrichtun

gen und um den voraussichtlichen Umfang der erforderlichen Hochschulkapazitäten zu ermitteln. Außerdem wurde 1997 das Studienangebot für Berufsschullehrer durch den neuen Studiengang für Berufsschullehrer in den beiden Fächern Elektrotechnik und Metalltechnik an der Universität Flensburg ausgeweitet. Auch die Lehrerverbände haben in letzter Zeit Anstrengungen unternommen, um für den Berufsschullehrernachwuchs zu werben. Dafür sage ich auch noch einmal herzlichen Dank.

Ich wage zu behaupten, dass die Zahl der jungen Menschen, die sich speziell für den Beruf des Berufsschullehrers entscheiden, erheblich ansteigen wird, weil diese wissen, dass die Berufsperspektive zurzeit optimal ist. Da es seit etwa zwei Jahren das Phänomen unbesetzter Referendarplätze gibt, erwägt man Verkürzungsmaßnahmen bei der Ausbildung und eine Erhöhung der Bezüge.

Durch das Versorgungsreformgesetz von 1998 wurden die Anwärterbezüge erheblich gekürzt. Frau Eisenberg hat darauf hingewiesen. Referendare erhalten zurzeit häufig weniger als diejenigen, die sie ausbilden. Der Bundesgesetzgeber bereitet eine Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes vor, sodass die Länder in eigener Verantwortung Sonderzuschläge zahlen können.

Die Forderung der Verbände, Sonderzuschläge von mindestens 700 DM monatlich zu zahlen, sind jedoch nicht realistisch. Ich will das deutlich sagen. Meine persönliche Vorstellung liegt bei 300 DM

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Brutto oder netto?)

und würde für den Haushalt etwa 850.000 DM ausmachen. Wir können aber sicher sein, dass die Rechtslage geändert wird, sodass sich der CDU-Antrag zu diesem Thema erübrigt.

Wir möchten mit unserem Antrag die Sicherung des Berufsschullehrernachwuchses in ein umfassendes Konzept zur Sicherung des Lehrernachwuchses an allen Schulen einbetten. Die Landesregierung soll uns darüber berichten, welche Maßnahmen geplant sind, damit die Schere zwischen dem steigenden Lehrerbedarf durch die Pensionierungswelle einerseits und den zurückgehenden Absolventenzahlen an den Hochschulen andererseits nicht weiter auseinander klafft. Über diesen Antrag sollte heute beschlossen werden, damit der Bericht in der 13. Tagung des Landtages gegeben werden kann.

In einem weiteren Antrag setzen Sie sich, meine Damen und Herren von der CDU, für qualifizierte Meisterinnen und Meister ein, die keine Fachhochschulreife haben, aber gern Fachlehrer für den Berufsschulunterricht werden möchten. Dieses Ansinnen

(Helmut Jacobs)

halte ich für unterstützenswert. Zu fragen ist aber: Warum fordert man nicht gleich mehr? Warum soll man bei diesem hoch qualifizierten und erfahrenen Personenkreis nicht ausnahmsweise ganz auf die Fachhochschulreife verzichten? Warum soll nicht für angehende Fachlehrer das Gleiche gelten, was auch für angehende Diplombetriebswirte an den Hochschulen gilt?

(Jost de Jager [CDU]: Welche Drucksachen- nummer?)

Auch darüber sollten wir im Ausschuss reden.

Im dritten Antrag geht es um benachteiligte oder lernschwache Jugendliche, die ihre Abschlussprüfung nicht schaffen. Dieser Personenkreis war in der Tat schon viele Male Thema von Landtagsdebatten. Sie fordern eine Flexibilisierung der Ausbildungsordnung in Richtung einer Ausbildung unterhalb des Gesellenbriefes. Ich erinnere daran: Bereits Anfang 1998 haben Wirtschafts- und Bildungsausschuss Ähnliches beschlossen. Wir haben seinerzeit die Sicherung von Ausbildungsabschlüssen für lernschwache Jugendliche, besonders für Jugendliche ohne Hauptschulabschluss, durch Anerkennung von Teilqualifikationen, die nach erfolgreicher beruflicher Tätigkeit in Vollqualifikationen umgewandelt werden können, gefordert.

(Sylvia Eisenberg [CDU]: Was ist daraus geworden?)

- Was daraus geworden ist, könnte man einmal nachfragen. Darum sollten wir auch noch einmal darüber reden, um hieran nochmals zu erinnern.

Um einen Beitrag zur Senkung der Abbrecherquote zu leisten, hatten wir eine engere Kooperation der Lernorte Schule und Betrieb und besonders die Bereitstellung von mehr Betriebspraktika für Schülerinnen und Schüler, aber auch für Lehrerinnen und Lehrer an allgemein bildenden Schulen zur besseren Begründung der Berufswahlentscheidung angeregt. Das Bundesinstitut für Berufsbildung, das die gesetzliche Aufgabe hat, die Bundesregierung in grundsätzlichen Fragen der Berufsbildung zu beraten, hat erst kürzlich Empfehlungen verabschiedet, wie berufliche Qualifikationen dokumentiert werden könnten, die junge Menschen erworben haben, ohne eine Berufsausbildung abgeschlossen zu haben. Dieser Nachweis soll Institutionen und Betriebe bei ihrer Einstellungsentscheidung unterstützen, aber auch das berufliche Weiterkommen der betreffenden Personen erleichtern.

Kürzlich las ich in der Zeitung von einer Freisprechungsfeier von Kfz-Auszubildenden. Dort hieß es, etwas mehr als die Hälfte der 38 Lehrlinge habe die Prüfung bestanden. Ich denke, dass die zu beklagende