dass mein Vorgänger Karl Otto Meyer Recht hatte, als er sagte: Die Sturmflut kommt öfter als die Russen.
(Heiterkeit und Zurufe - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das ist heute ganz anders! Heute kommen die nahezu täglich!)
Wir werden also nicht unmittelbar von äußeren Feinden bedroht. Im Gegenteil, wir sind umgeben von Freunden.
Diesen neuen Rahmenbedingungen hatte schon die damalige Bundesregierung einerseits durch Umstrukturierung der Bundeswehr und anderseits durch Reduzierung der Anzahl der Soldaten, der zivilen Mitarbeiter und der Standorte Rechnung getragen. Die neue Bundeswehrstrukturreform von Verteidigungsminister Scharping geht jetzt noch einen Schritt weiter: Vorgesehen sind weitere Reduzierungen sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich einschließlich der Schließung von Standorten.
Aus sicherheitspolitischen Gründen ist auch diese Reform der Bundeswehr nachvollziehbar und vernünftig, wobei der SSW dennoch die Beibehaltung der Wehrpflicht begrüßt. Eine ausschließliche Berufsarmee entspricht nicht unseren Vorstellungen von einer demokratisch legitimierten Armee.
Wer die Debatte über die Reduzierung der Bundeswehr Anfang der 90er-Jahre noch im Ohr hat, wird sich daran erinnern, wie viel Porzellan damals zerschlagen wurde, weil das Konzept der Bundesregierung nicht einleuchtete. Nicht zuletzt vonseiten der Kommunen wurde kritisiert, dass der Verkauf von Bundeswehrliegenschaften oder ihre weitere Nutzung nicht besser mit ihnen abgesprochen wurde. Es wäre also mehr als wünschenswert, wenn es uns dieses Mal gelänge, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Dazu gehört unter anderem die Forderung, dass die neue Bundeswehrreform für die Menschen vor Ort nachvollziehbar und transparent sein muss. Sie darf ihnen nicht scheibchenweise vermittelt werden, weil sich dadurch nur der Eindruck festsetzen würde: Wer am lautesten schreit, hat Aussicht auf Erfolg, sprich: den Standort zu erhalten. Das heißt auch, dass alle davon Abstand nehmen sollten, sich gegeneinander ausspielen zu lassen.
Die Standortentscheidungen sollten langfristig Bestand haben, damit sich die Beschäftigten und die Standortkommunen darauf einrichten können. Der Verkauf der frei gewordenen Liegenschaften muss mit den betroffenen Kommunen unbedingt so abgestimmt werden, dass es zur einer Lösung kommt, die auf die Ge
gebenheiten und auf die Entwicklungsmöglichkeiten vor Ort Rücksicht nimmt. Deshalb kann es ein Problem werden, dass das Bundesverteidigungsministerium die Erlöse aus dem Verkauf von Liegenschaften diesmal selbst behalten darf. Dies könnte zu unüberlegter Eile beim Verkauf führen und die Standortentscheidung beeinflussen. Was von Berlin aus als attraktive Lage vor Ort eingeschätzt wird, braucht es noch lange nicht zu sein, wenn die Lage vermarktet werden soll. Die Freiheit in Schleswig liegt toll - mit Schlei-Blick -, aber sie ist als Liegenschaft wohl kaum zivil zu nutzen. Eine Lehre aus der Vergangenheit ist auch, dass es fast zehn Jahre dauern kann, ehe eine militärische Liegenschaft umgewidmet werden kann. Hier lässt in erster Linie die Grenzlandkaserne in Flensburg grüßen.
Es gab Kommunen, die ausschließlich von ihren Bundeswehrstandorten lebten. Ob von Anfang an geplant war, mit der Bundeswehr im strukturschwachen Norden eine Art Ersatzkonjunktur aufzubauen, sei dahingestellt, auch wenn das vom SSW diesem hohen Hause über die Jahre immer wieder ausgesprochen worden ist, so - ein Beispiel aus der Geschichte - von Berthold Bahnsen in den 60er-Jahren. Unter dem Strich haben sich aber dadurch Strukturen entwickelt, die dazu führten, dass gerade der Landesteil Schleswig durch die Bundeswehrreform von Anfang an überproportional getroffen wurde.
Auch wenn die Landesregierung die Auffassung vertritt, dass Schleswig-Holstein insgesamt den Abbau von Bundeswehrstandorten in den 90er-Jahren ganz gut verkraftet hat, so gilt das nicht für alle Standorte. Ich denke hierbei beispielsweise an die Stadt Flensburg, die sich trotz Motorola und einer Reduzierung der Arbeitslosigkeit immer noch nicht ganz von dem massiven Arbeitsplatzabbau bei Bundeswehr und Marine und dem damit verbundenen Kaufkraftverlust erholt hat.
Auch die jetzt noch im Landesteil Schleswig vorhandenen Bundeswehrstandorte sind ein wirtschaftlich starker Faktor, wie wir aus einem aktuellen Bericht des Innenministeriums ersehen können. Das muss bei der Entscheidung eine Rolle spielen.
Dazu muss bei einer weiteren Reduzierung mitgezählt werden, was schon früher an Abbau öffentlicher Verwaltungen in unserer Region geleistet wurde und was noch zu erwarten ist. Ich nenne hier nur beispielhaft Bundesgrenzschutz, Zoll, Bundesvermögensverwaltung, Landesbezirkskassen, Katasterämter und Straßenmeistereien. Regionale Ausgewogenheit muss hei
Vielen Dank. - Die Reduzierung muss regional verträglich gestaltet werden, damit der Landesteil Schleswig nicht wieder der große Verlierer wird. Daran werden wir die Landesregierung messen. Wer sagt, hier würden Äpfel mit Birnen verglichen, muss wissen, dass Äpfel und Birnen auf jeden Fall miteinander gemein haben, Obst zu sein.
(Martin Kayenburg [CDU]: Jawohl! - Beifall der Abgeordneten Lars Harms [SSW] und Dr. Heiner Garg [F.D.P.])
Wir begrüßen, dass sich die Landesregierung mit allen betroffenen Gemeinden und Kreisen zusammensetzen und eine gemeinsame Verhandlungsstrategie ausarbeiten will, in die alle Argumente, die für die jeweiligen Standorte zusammengetragen werden, eingebracht werden.
Es war ebenfalls richtig, dass die Ministerpräsidentin am 15. Januar, also noch vor dem Gespräch mit dem Verteidigungsminister, alle Betroffenen zu einem Gespräch eingeladen hatte, nicht so sehr, weil das Gespräch eine vertrauensbildende Maßnahme war - wer dabei gewesen ist, weiß, dass das eine solche Maßnahme war -, sondern weil gleichzeitig deutlich wurde, wie wichtig es ist, auch auf Landesebene von nachvollziehbaren Kriterien bei der zu erarbeitenden Stelle und damit der Landesregierung auszugehen. Für uns ist entscheidend, dass die Landesregierung dem Punkt der regionalen Verträglichkeit einen hohen Stellenwert einräumt.
Wir teilen die Auffassung der Landesregierung, dass Schleswig-Holstein bei den ersten Strukturänderungen in den 90er-Jahren überproportional hart betroffen war und dass diese Tatsache auch mit berücksichtigt werden muss. Über 38.500 zivile und militärische Stellen gingen damals verloren. Diese Fakten spielen bei der Standortentscheidung eine Rolle und müssen - wie ich bereits gesagt habe - mitgezählt werden.
Wir müssen dennoch realistisch bleiben. So wird wohl nach den letzten Informationen beispielsweise die Zahl der Verwaltungsstandorte von 14 auf sieben reduziert
werden. Man wird sich damit abfinden müssen, dass Standortverwaltung und Standort nicht notwendigerweise identisch sein müssen.
Weil es also auf jeden Fall zu Standortschließungen kommen wird, sind die Landesregierung und die Bundesregierung in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass in den betroffenen Gebieten vernünftige Strukturausgleichsmaßnahmen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze vorgenommen werden. Wir dürfen nicht wieder in die gleiche Situation wie bei dem Abbau der Bundeswehr Anfang und Mitte der 90er-Jahre kommen, als die damalige Bundesregierung keine Hand für die betroffenen Regionen gerührt hat.
Wir brauchen nicht nur die normalen Programme zum Beispiel das Landesprogramm „ziel“ -, sondern wir brauchen neue Programme und neue Mittel, um eine vernünftige Konversion hinzubekommen und um gezielt neue Ersatzarbeitsplätze in den betroffenen Standorten zu schaffen. Hier haben Bund und Land eine große strukturpolitische Verantwortung. Der Abbau von Arbeitsplätzen und die flankierenden Maßnahmen von Bund und Land müssen aber koordiniert werden, sodass der Prozess geordnet und gleichzeitig durchgeführt wird.
Ich hätte mir gewünscht, dass die heutige Debatte gerade mehr auf diesen Punkt eingegangen wäre. Ich weiß, meine Kollegin Aschmoneit-Lücke hat es gemacht. Das war auch richtig und gut von ihr. Ich möchte allerdings sagen, der Landtagspräsident hat immer wieder Recht: Der Landtag ist, wie er ist.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die doch sehr beeindruckenden Ausführungen des Fraktionsvorsitzenden der Grünen, des Kollegen Hentschel, zur strategischen Planung künftiger Auslandseinsätze der Bundeswehr geben mir Veranlassung, auf einige Dinge hinzuweisen, wobei ich nicht verhehlen möchte, dass mir fast Tränen in die Augen schießen bei dem Verdacht, dass einige der Redner wirklich das glauben, was sie hier gesagt haben.
Zur Ausgangslage! Die gesamte Standortplanung der Bundeswehr und die Frage der Truppenreduzierung hat mit rationalen Kriterien vergleichsweise wenig zu
tun. Ich will kurz versuchen, das zu erläutern. Die erste Runde des Beschlusses darüber, dass die Bundeswehr nur 360.000 Mann umfassen darf, basiert nicht auf besserer Einsicht der Deutschen, dass sich die geostrategische Lage verändert hatte. Die „2 + 4Vereinbarung“ wäre überhaupt nicht zustande gekommen - mit Zustimmung der damaligen Sowjetunion und mit Zustimmung der Westmächte, um das auch einmal zu sagen, unserer Freunde im Westen -, wenn nicht gleichzeitig dem Gespenst eines größer werdenden Deutschlands der Schrecken hätte genommen werden können durch die Verpflichtung Deutschlands, die Truppenstärke drastisch zu reduzieren. Das muss man historisch verstehen. Es war keine Frage rationaler Planung oder Übersicht.
Die letzte Runde, die wir hatten, Frau Ministerpräsidentin, bei der ich gesagt habe, wir müssten uns darauf konzentrieren, was für das Land wichtig ist, und nicht versuchen, jeden Standort zu verteidigen, hat ja wiederum nichts mit einer strategischen Planung und einer Ausrichtung der Bundeswehr zu tun. Es war vielmehr das Diktat der Deckelung des Verteidigungsetats, weil das Problem auftauchte, dass bei gleicher Mannstärke immer weniger Mittel zur Verfügung standen, Investitionsausrüstungen anzuschaffen, die wir bei eine Fortentwicklung der Bundeswehr brauchen. Deshalb gibt es ja auch die Weizsäcker-Kommission, die die Frage stellen sollte, was wir eigentlich brauchen.
Auch die jetzige Planung hat nichts damit zu tun, Herr Kollege Hentschel, dass die Bundeswehr für Auslandseinsätze in besonderer Weise vorbereitet werden müsste, dass das etwas mit der Mannstärke oder mit dem Gerät zu tun hätte. Auch im Kosovo wird übrigens schweres Gerät eingesetzt, falls Sie das vergessen haben sollten. Die Auslandseinsätze gleichen sich ja nicht einer wie der andere. Es gibt welche, die im gebirgigen Gelände stattfinden, es gibt auch welche, die im flachen Gelände stattfinden, wie beispielsweise der Auslandseinsatz ohne Beteiligung der Bundeswehr im Golfkrieg dokumentiert hat. Sie werden mit mir sicherlich darin übereinstimmen, dass das ohne Panzereinsatz nur mit Bomben allein nicht zu gewinnen gewesen wäre.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollten nicht über Sachen re- den, von denen Sie gar nichts verstehen!)
- Ach, Herr Kollege Hentschel, ich habe zwar keine kleine Geschichte als Steineschmeißer, aber was strategische Ausrichtung angeht, fühle ich mich durchaus in der Lage, mit Ihnen mitzuhalten.
Lieber Freund Konrad Nabel, wir sind doch beide lange genug in der Politik, um zu wissen, dass auch in der Politik viele Entscheidungen getroffen werden, nicht weil das etwas mit rationalen Kriterien zu tun hat. Es wird anschließend versucht, sie rational zu begründen, damit man einer Recht suchenden Bevölkerung erklären kann, was abgelaufen ist. In Wirklichkeit hat das allerdings etwas mit allem Möglichen zu tun, mit Beziehungen, mit Wahlkämpfen, mit Machtverhältnissen. Sonst würde Bundeskanzler Gerhard Schröder jetzt nicht durch Rheinland-Pfalz reisen und den Rheinland-Pfälzern versprechen, dass sie nicht in besonderer Weise von Standortschließungen betroffen sein würden, und es würde die Debatte, ob Hannover oder Kiel für die WBV in Betracht kommt, gar nicht geführt. Es gäbe überhaupt nicht die Frage, dass sie nach Hannover kommen sollte, wenn es nicht ausgerechnet „Schröder-Land“ wäre.
Machen wir uns nichts vor: Wir müssen uns bei all dem, was wir tun, fragen, welche Benefits oder Drohpotenziale gegenüber den möglichen Entscheidungsträgern in Berlin - das ist ja nicht nur Rudolf Scharping allein, sondern auch andere - aufgebaut werden können, um unsere Interessen durchzusetzen.
Rationale Argumente, warum eine Entscheidung nicht so getroffen wurde, wie wir uns das wünschen, finden Rudolf Scharping und der Rest der Veranstaltung allemal.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Benker das Wort.
Ich möchte drei kurze Bemerkungen zu dem machen, was Herr Kubicki eben gesagt hat, und zu dem, was Herr Kayenburg zu Herrn Wellershoff zitiert hat, nämlich dass das einzige Argument für die Reduzierung die Kassenlage der Bundesregierung sei. Das haben Sie so nicht gesagt, aber ich beziehe mich jetzt hier auf Herrn Kayenburg.