Also auch hier wird es Zeit, nach dem Prinzip des do ut des zu verfahren. Auf diese Fragen muss sich der Fokus der Landespolitik richten, wenn wir in der globalisierten Welt bestehen wollen.
Ich will keineswegs dramatisieren, aber es geht nicht nur um die Lebensfähigkeit, sondern um die Überlebensfähigkeit unserer Wirtschaft. Reden Sie mit den Unternehmen, die in einem globalisierten Markt tätig sind! Dies führt zu einem umfassenden Wettbewerb, in dem nur derjenige überlebt, der das qualitativ beste Produkt unter den günstigsten ökonomischen Bedingungen herstellt. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist Ihnen das von Motorola ja ziemlich deutlich klargemacht worden, was den Standort Flensburg angeht.
Aber auch hier ist daran zu erinnern, dass dies nichts Neues ist. Schumpeter hat schon vor dem Zweiten Weltkrieg, ohne den Begriff der Globalisierung zu
nennen, analysiert, dass dem Markt sowohl ein zerstörerisches wie auch ein schöpferisches Element innewohnt, ja innewohnen muss. Im Zeitalter der Globalisierung haben sich allenfalls Tempo und Intensität dieses Prozesses erhöht. Das mag man vielleicht nicht wollen, aber so ist es nun einmal.
Industrieprodukte brauchbarer Qualität lassen sich inzwischen zu niedrigeren Lohnkosten praktisch überall günstiger herstellen als in Deutschland. Über Qualität und Produktivität entscheidet aber mehr als nur der Lohnkostenanteil. Entscheidend sind vielmehr hoch technologische Produktionsprozesse, Innovationsfähigkeit, qualifiziertes Management, überlegene Marktund Vertriebsstrategien und begleitende Dienstleistungen. Es kommt also auf die Mobilisierung intellektueller Ressourcen an, um in einem sich verschärfenden Wettbewerb bestehen zu können. Bestimmte industrielle Leistungen sind heute nicht von einzelnen Unternehmen und nicht einmal allein von einer Volkswirtschaft zu erbringen. Hätte es Europa jemals geschafft, das Monopol der amerikanischen Luftfahrtindustrie zu durchbrechen, wenn es nicht zu einer internationalen Kooperation gekommen wäre, mit deren Hilfe der Airbus entwickelt und produziert werden konnte? Und wie provinziell, Kollege Hay, diskutieren wir die Frage der Erweiterung der Airbusflächen in der Nähe von Hamburg?
Damit will ich sagen, dass jener in der Globalisierung verschärfte Wettbewerb einen neuen kooperativen Ansatz verlangt. Die Nutzung synergetischer Effekte und des vorhandenen Informationspotentials sind nach meiner Einschätzung heute die stärkeren Triebfedern für Unternehmensfusionen als der Wunsch nach Kapitalakkumulation oder einer Optimierung des Shareholder value.
Der Globalisierung begegnen zu wollen, hieße zu versuchen, die Ostsee mit einem Eimer leer zu schöpfen. Es kommt darauf an, sie zu begleiten, zu moderieren und zu gestalten.
Frau Ministerpräsidentin, diesen Anforderungen wird die Politik Ihrer rot-grünen Landesregierung nicht gerecht. Diese Regierungserklärung verdient ihren Namen nicht. Sie erklären uns nicht, wie Sie und Ihre Landesregierung den Herausforderungen der Zukunft begegnen wollen. Im Gegenteil, Ihre Erklärung sagt nur, was Sie in den letzten 12 Regierungsjahren nicht geschafft haben.
Nur wer in der Vergangenheit auf dem Abstellgleis gestanden hat, muss heute die Weichen neu für die Zukunft stellen. Nur wer Regionalliga spielt, hat den
Wunsch, endlich in der 1. Liga zu spielen. Nur wer Mitläufer ist, will Vorreiter werden. Schon da ist Ihre Sprache verräterisch. Statt neuer Ideen und Antworten präsentieren Sie uns nur neue Abkürzungen für die alte einfallslose Subventionskannenpolitik. Kollege Hay, ich kann der Tatsache, dass Schleswig-Holstein von der Europäischen Union und vom Bund und von anderen Ländern so viel Geld wie nie zuvor bekommt, nichts Positives abgewinnen; es sei denn, man macht damit jetzt endlich etwas Positives damit, denn es ist ein Zeichen dafür, wie strukturschwach unser Land in Wirklichkeit eigentlich ist.
Ich werde den Eindruck nicht los, dass sich die Originalität der Regierungserklärung darin erschöpft, jedes Programm mit einer phantasievollen Abkürzung und einer fortlaufenden Nummer zu versehen: ziel, ZAL, Baltic 21 und das Kürzungsprogramm wird bestimmt den Namen „weg“ tragen.
Und weiter? Warum reden wir erst heute über ein Abitur nach 12 Jahren, über eine ausreichende Anzahl von Computeranschlüssen an den Schulen, über neue Bildungsangebote an den Universitäten? Warum wird erst heute der Ausbau der Biotechnologie angekündigt, während in Bayern bereits ein Biotech-Valley entstanden ist? Schleswig-Holstein läuft immer nur hinterher. Übrigens, die Karikatur im „Flensburger Tageblatt“ von heute stimmt ja. Auch im Wellness-Bereich läuft Schleswig-Holstein hinterher und die in diesem Bereich Tätigen lachen sich geradezu krumm angesichts der Gesundheitspolitik der letzten Jahre, die auch diese Regierung zu verantworten hat.
Nach 12 Jahren roter und rot-grüner Regierung ist das Land eben nicht ganz vorn - aller regierungsamtlicher Propaganda zum Trotz. Diese Regierungserklärung ist ein Gemischtwarenladen, der für jeden etwas hat - von A wie „Arbeit“ bis Z wie „ziel“. Dabei ist das Sortiment eigentlich nicht nur trist, sondern auch weitgehend verdorben.
Das Lob auf die liberale und bürgernahe Justiz- und Innenpolitik hat die neue Justizministerin nicht davon abgehalten, von menschenunwürdigen Verhältnissen in den Gefängnissen des Landes zu sprechen. Ich will das gar nicht weiter kommentieren, weil ich ein persönliches, herzliches Verhältnis zu Gerd Walter habe. Aber wir erwarten jetzt, Frau Ministerin, dass nach dieser Feststellung, es liege ein Verstoß gegen die Menschenwürde nach Artikel 1 des Grundgesetzes vor, noch in diesem Jahr konkret in den Haushaltsberatun
Die Ankündigung, bis zum Jahre 2010 die Neuverschuldung auf null zu senken, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es allenfalls gelungen ist, die Höhe der Nettoneuverschuldung nicht noch weiter ansteigen zu lassen - übrigens hat das Bundesverfassungsgericht dankenswerterweise ja nun klargestellt, Herr Finanzminister, dass diese durch Artikel 53 unserer Landesverfassung wirklich begrenzt wird.
Die A 20 kann nur deswegen nicht zum Schlüsselprojekt erhoben werden, weil der grüne Koalitionspartner den Schlüssel zum Weiterbau nicht herausrückt
mich wundert ja bei den Grünen mittlerweile gar nichts mehr -, obwohl ich mit großem Erstaunen gelesen habe, dass sich die Grünen wenige Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen als ewige Befürworter jeden Straßenbaus outen.
Das ist Fortschritt nach dem Verständnis der beliebtesten Ministerpräsidentin, die Schleswig-Holstein je hatte. Sie machen jahrelang Fehler und rühmen sich dann der Beseitigung der Versäumnisse der Vergangenheit.
In der sich schnell wandelnden globalisierten Welt ist Stillstand Rückschritt. Frau Ministerpräsidentin, ich würde doch das Begehren von jungen Menschen - von Schülerinnen und Schülern sowie von Studenten - ernst nehmen, die nach Ausbildung schreien. Das sind doch keine Dankesdemonstrationen, die draußen abgehalten werden, sondern das sind Hilferufe, denen Sie nicht mit dem Hinweis begegnen können, dass erst einmal Strukturreformen durchgeführt werden müssen oder dass die Mittel knapp sind. Wenn wir in diesem Bereich der intellektuellen Ressourcen nicht ordentlich investieren, müssen wir uns über die sozialen Folgewirkungen in drei, vier, fünf oder zehn Jahren überhaupt gar keine Gedanken mehr machen.
Mit Ihrer Erklärung hat die Ministerpräsidentin nicht erkennen lassen, wie, ja noch nicht einmal ob Sie sich den geänderten Realitäten stellen möchte. Die vergangenen vier Jahre rot-grüner Regierung haben das Land nicht entscheidend vorankommen lassen. Die Rezepte, die schon in der Vergangenheit wenig Wirkung gezeigt haben, einfach in die Zukunft fortzuschreiben, reicht nicht.
Die Ministerpräsidentin hat bereits erklärt, die Umsetzung Ihrer Vorstellungen werde nicht in fünf Jahren zu schaffen sein. Nach dem, was die Sozialdemokratie in diesem Land in den letzten 12 Jahren nicht geschafft hat, glaube ich Ihr das aufs Wort.
Mit der alten Politik werden die Sozialdemokraten die neuen Herausforderungen auch in 20 Jahren nicht meistern. Für eine Politik des „Weiter so“ steht die F.D.P. nicht zur Verfügung. Aber wir werden, soweit es landespolitischen Gestaltungsspielraum gibt, als gestärkte Oppositionskraft - Kollege Hay, das wird die Sozialdemokratie dieses Hauses noch vehement spüren
unsere Möglichkeiten nutzen, um Schleswig-Holstein attraktiv zu machen oder zu halten, damit die Menschen dieses Landes, insbesondere die jungen, ihrer Zukunft gesichert entgegensehen können.
Ich erteile dem Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herrn Karl-Martin Hentschel, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist Mai in Schleswig-Holstein. Die Rapsfelder blühen. Das zarte Grün bricht aus den Zweigen. Die Menschen ziehen die dicken Wintermäntel aus, setzen freundliche Gesichter auf und aus den Fenstern des Landeshauses sieht man die ersten weißen Segel über die Förde kreuzen.
Schade, dass die Vorhänge heute vorgezogen sind. Für mich als Schleswig-Holsteiner, der das Meer liebt, als Grünen-Politiker, der die Natur und die Menschen liebt, kann es gar keine schönere Zeit geben, über die Regierungserklärung einer rot-grünen Regierung in meinem Land zu reden.
Natürlich kann ich verstehen, meine Damen und Herren von der Opposition, dass Sie diese Regierung nicht so gut finden dürfen. Das ist nicht nur verständlich, es ist sogar die vornehmste Aufgabe der Opposition in einer Demokratie, die Finger möglichst geschickt in alle Wunden zu legen. Was man aber erwarten kann, ist, dass Sie es mit Intelligenz tun und dass Sie Alternativen aufzeigen.
Eine Alternative ist es nicht, wenn Herr Kubicki einen volkswirtschaftlich-theoretischen Exkurs über die Globalisierung und Technologie hält, der eher als theoretische Begründung für die Regierungserklärung herhalten könnte,
und wenn er im zweiten Teil seiner Rede ununterbrochen erzählt, dass im Grunde alle Vorschläge von ihm stammen.
Eine Alternative ist es auch nicht, wenn Herr Kayenburg über einen großen Teil seiner Rede hinweg mit der Aufarbeitung der verlorenen Wahl beschäftigt ist und mit „ich und Herr Rühe“ dem verlorenen Spitzenkandidaten nachtrauert.