Protocol of the Session on May 10, 2000

(Lothar Hay [SPD]: Also, schlagen Sie A 16 als Eingangsgruppe vor?)

Ich behaupte: Eine unverantwortliche Schwächung unserer Berufsschulen und unserer dualen Ausbildung wird unseren Wirtschaftsstandort in Zukunft belasten. Dies ist die Verantwortung, die Sie zu tragen haben.

(Beifall bei der CDU)

Die Hochschulen werden Sie weiter kaputtsparen. Sie geben zwar dem Ganzen die Namen „Strukturreform“ und „Budgetierung“, zwingen aber die Hochschulen, Studiengänge zu streichen und damit völlig falsche Entscheidungen zu treffen. Ihre strukturellen Vorstellungen sind falsch und die Budgets sind erwürgend eng.

(Martin Kayenburg)

Sie sind jetzt ganz persönlich gefordert, Frau Simonis! Stellen Sie die Hochschulen, stellen Sie insbesondere die einzige Landesuniversität auf eine solide finanzielle Grundlage!

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Es kann doch wohl nicht sein, dass wir Computerexperten aus dem Ausland einfliegen, aber hier Institute geschlossen werden, in denen sehr viele Informationstechniker ausgebildet werden!

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich sage nur: Rüttgers, Rüttgers, Rüttgers! - Zuruf von der SPD: Ist das der Sekt?)

Sie haben die Richtlinienkompetenz und Sie haben das zu verantworten. Also handeln Sie endlich!

(Beifall bei CDU und F.D.P. - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn die Programme gestoppt? - Der Zukunftsminister! Zu welcher Partei gehört der denn?)

Für mich ist es zu kurz gesprungen zu sagen, unsere Universität solle ihren Standpunkt in der Wissenschaftslandschaft behaupten. Das ist nicht nach vorn gerichtet. Wir wollen besser werden. Wir müssen hier also investieren, wir müssen für die Hochschulen etwas tun, wenn wir auch in der wirtschaftlichen Entwicklung Spitze sein wollen.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Und wie sieht es in der Wirtschaft aus? Dass Sie sich da kräftig loben, wundert mich nicht. Aber die richtige Interpretation der Zahlen können wir Ihnen gern nachliefern. Sie sprechen von 7.000 Existenzgründungen. Sagen Sie uns doch einmal, wie viel Ausgründungen dabei waren, wie viel Betriebe in Konkurs gegangen sind, wie viel Unternehmen abgewandert sind oder wie viel einfach dichtgemacht haben. Da schmücken Sie sich nun wirklich mit falschen Zahlen.

Wenn Sie darauf hinweisen, dass das Bruttoinlandsprodukt im letzten Jahr so gewaltig gestiegen sei, dann frage ich Sie doch einmal: Wo standen wir denn? - Das ist ein Basiseffekt, dass wir hier eine positive Entwicklung haben. Und diese positive Entwicklung das sollten Sie nun wirklich nicht vergessen - ist auf unsere Kernkraftwerke zurückzuführen.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Aber die, Herr Möller, wollen Sie ja schließen. Nun ist er gerade draußen, aber er kann mir ja vielleicht hinterher erklären, wie er denn den Verlust auffangen will und woher er vor allem die 30 Millionen DM nehmen will, die er im kommenden Jahr den Kernkraftwerken

mit seiner aberwitzigen, verfassungswidrigen Oberflächenwasserentnahme-Abgabe abknapsen will.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Hier kann ich nur sagen: Das ist schon eine merkwürdige Moral! Abschalten so schnell wie möglich, aber abkassieren so lange wie möglich.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der F.D.P.)

Aber, Herr Möller, Sie handeln offenbar wirklich nach dem Prinzip „Pecunia non olet“. Anders kann ich den Hinweis auf den Erdölförderzins auch nicht verstehen. Das ist schon ein unglaublicher Vorgang. Da wird ein Unternehmen animiert, Rieseninvestitionen im Land zu machen; die werden gemacht, das Unternehmen ist an den Standort gebunden und jetzt kommen Sie wieder einmal von hinten herum und kassieren ab. Das ist typisch Ihre Politik. Wie Sie hier Haushaltspolitik betreiben, ist wirklich unglaublich.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Aber genauso absurd ist natürlich die Idee vom Brennelemente-Tourismus - das einzig Freundliche ist die letzte Hälfte des Wortes - im eigenen Land als Folge der rot-grünen Ausstiegspolitik. Wenn man sich nicht Sorgen um unsere Polizeibeamten und um unsere Bürger machen müsste, würde ich Ihnen viel Vergnügen bei den Auseinandersetzungen, die Sie dann mit Ihrem grünen Koalitionspartner bekommen, wünschen.

Übrigens, Frau Fröhlich, würden Sie dann eigentlich auch die Transportwege blockieren oder laufen Sie diesmal zusammen mit dem famosen Bundesumweltminister Trittin an der Spitze des Transportes so nach dem Motto: „Platz da, der Castor kommt“?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der F.D.P.)

Das müssen Sie mir auch noch einmal sagen.

Wir jedenfalls lehnen Ihre Energiepolitik unter wirtschaftlichen, umweltpolitischen, innenpolitischen, aber auch unter ethischen Gesichtspunkten ab. Wir fordern Sie auf, ein tragfähiges Konzept unter Einschluss aller Energieträger für unser Land zu entwickeln. Eine Energiepolitik, die auf Einspeisesubventionen aufbaut und von rot-grüner Antikernkraftpolitik getragen wird, wird von uns abgelehnt.

Für mich ist es aber in dem Zusammenhang auch nicht überraschend, Frau Simonis, dass Sie beim Arbeitsmarkt Erfolge Ihrer oder der Berliner Politik reklamieren und vor allem gewaltige Beschäftigungsprognosen anstellen. Aber Sie müssen doch bitte einmal schauen, was wirklich passiert ist. Zu einem objekti

(Martin Kayenburg)

ven Bild des Arbeitsmarktes gehört auch, dass wir etwa eine Million Erwerbstätige weniger haben, seit Herr Schröder angetreten ist, dass aber die Zahl der Arbeitslosen immer noch bei zirka vier Millionen liegt. Das heißt, per saldo ist überhaupt nichts geschaffen worden. So verdummdeuweln Sie die Öffentlichkeit!

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

So wie die Arbeitsmarktdaten schätzen Sie auch die Folgen der wirtschaftlichen Kooperation mit unseren europäischen Nachbarn nicht richtig ein. Sie springen einfach zu kurz.

(Konrad Nabel [SPD]: Sie springen über- haupt nicht!)

Zur Nordseekooperation ganze vier Zeilen im Kooperationsvertrag, nachdem wir Sie darauf aufmerksam gemacht hatten!

Zur Ostseekooperation überschätzen Sie auch in Ihrer Regierungserklärung die Entwicklungspotentiale für Schleswig-Holstein im Ostseeraum gewaltig. Gerade warnte ja - wie ich denke - wohl einer der angesehensten Kenner der Problematik, Professor Horst Siebert vom Weltwirtschaftsinstitut, vor einer Überschätzung der Chancen, die von den skandinavischen Staaten als Impuls ausgehen könnten. Dies müssen Sie bei der Entscheidung, nur nach Osten zu schauen, bitte auch noch einmal hinterfragen. Die ehemaligen Staaten der Sowjetunion und Polen als Anrainer haben - da sind wir uns sicherlich einig - ein sehr kleines Marktpotential. Im Übrigen: Polens Wirtschaft wird mit Sicherheit an Schleswig-Holstein vorbeirauschen, wenn wir es nicht schaffen, die A 20 als die wichtigste Verkehrsader hier im Land schnellstens zu realisieren.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Christel Aschmoneit-Lücke [F.D.P.])

Dass die Landesplanung für unsere wirtschaftliche Zukunft von Bedeutung ist, haben Sie völlig übersehen. Den Abbau von Planungsebenen haben Sie nicht angesprochen. Sie sprechen zwar an einer Stelle von nachhaltiger Landesplanung und verweisen dann auf Ihr Programm „ziel“, das ja schon aus dem Wahlkampf bekannt ist, aber ich denke, auch hier haben wir es mit Taschenspielertricks zu tun - wie in den vergangenen zwölf Jahren. Sie haben es erneut verstanden, verschiedene Programme durcheinander zu mischen. Mancher Außenstehende könnte wirklich fragen: „Donnerwetter, woher haben die denn das viele Geld?“ Aber bei genauem Hinsehen handelt es sich um alte Programme in neuen Kleidern und um wirklich nichts Neues. Das ist Täuschung und kein neues Programm, Frau Simonis!

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Aber auch das, was heute unter „Umweltmarkt“ subsumiert worden ist, ist im Grunde gar kein Umweltmarkt. Dazu steht zwar einiges in Ihrem Koalitionsvertrag, aber ich jedenfalls bin der Auffassung, dass Sie das Wirtschaftswachstum hier im Land so nicht verbessern werden.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Von Umweltpolitik finden wir in dem Papier überhaupt nichts. Das kann ich ja nachvollziehen. Das schlechte Krisenmanagement bei der „Pallas“Katastrophe muss Ihnen ja wirklich noch verdammt tief in den Knochen stecken,

(Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

denn hier hat sich die Inkompetenz Ihrer Führung in der Krisenbewältigung bewiesen. Das Krisenmanagement war mangelhaft und vielleicht ist das ja auch ein Grund dafür, dass einer der Partner bei diesem Krisenmanagement heute nicht mehr auf der Regierungsbank sitzt.

Von Ackerbau und Landwirtschaft scheinen Sie nicht viel zu verstehen, denn das, was Sie dort formulieren, wird die Landwirtschaft in unserem Land nicht wettbewerbsfähiger machen. Ich würde mich überhaupt nicht wundern, wenn Ihnen irgendwann ein Korso von Miststreuern vor dem Landeshaus wegen Ihrer falschen Agrarpolitik die Ehre erweisen würde. Für uns als CDU jedenfalls geht es in der Agrarpolitik im Wesentlichen darum, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Bauern zu erhalten und zu verbessern. Dafür werden wir uns nach wie vor mit großem Nachdruck einsetzen.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Aber nicht nur bei Landwirten und bei Beamten haben Sie Probleme -

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Misthaufen vor dem Landeshaus sind auch keine Alternative, Herr Kayen- burg!)

- Die Vorschläge müssen von Ihnen kommen. Wir werden uns dann konkret damit auseinander setzen. Ich werde darauf zurückkommen, Herr Hentschel!

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Alternative!)

Aber wir sind ja noch bei Ihnen!