Jetzt will ich Ihnen aber doch an einigen Beispielen verdeutlichen, wo Sie die Zukunft unseres Landes verspielen und verschleppen.
A 20! Schon in der Debatte über den Koalitionsvertrag 1996 haben wir Ihnen in diesem Punkt Verzögerungspolitik vorgeworfen, und dies zu Recht; bis heute sind Sie mit der A 20 nur geringfügig weiter gekommen als vor vier Jahren. Das gilt auch für die Planungen.
Bei der festen Elbquerung westlich von Hamburg verschieben Sie die Entscheidung immer weiter. Solange nicht gehandelt wird, nützen auch die Beteuerungen Ihrer jeweiligen Verkehrsminister überhaupt nichts.
An Ihren Taten werden wir Sie messen. Da ist mir nun in Ihrer Regierungserklärung aufgefallen - ich bedanke mich übrigens dafür, dass sie uns schon gestern Abend zugegangen ist -, dass bei der A 20 das einzige Mal die Formulierung gewählt worden ist: „Für mich ist die A 20 ein Schlüsselprojekt“; an jeder anderen Stelle reden Sie von „wir“, von „Regierung“ oder von „Parteien“. Hier formulieren Sie - und das muss man doch einmal hinterfragen -: „Für mich ist die A 20 ein Schlüsselprojekt“.
Offenbar laufen Ihnen bei diesem Vorhaben Ihre Koalitionspartner oder die Truppen auch schon wieder weg.
Zweites Beispiel: A 7! Im Koalitionsvertrag finden wir jedenfalls keine Zeile über den sechsspurigen Ausbau der A 7 - übrigens auch nicht in Ihrer Regierungserklärung - und Anmeldungen zum Bundesverkehrswegeplan scheinen Sie ja überhaupt nicht berücksichtigen zu wollen.
Sie wollen Wellness, Sie wollen Tourismus - aber Schleswig-Holstein und seine Gäste werden im Stau stecken und für die LKWs entwickeln Sie einen Dauerparkplatz von Bordesholm bis nach Hamburg, Frau Ministerpräsidentin!
Dabei sind Ihnen dann die volkswirtschaftlichen, aber auch die ökologischen Kosten völlig gleichgültig.
(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wellness auf der Autobahn - ein völlig neues Konzept! - Heiterkeit bei CDU und F.D.P.)
Die Fehmarnbelt-Querung ist der dritte Punkt einer verschleppten Politik. Offenbar sollte das ja im Wahlkampf der verkehrspolitische Knüller werden, aber Sie haben nichts als verbalen Beton verbaut. Nach den neuesten Äußerungen des Bundesverkehrsministers
sind Sie diesem Projekt in Wahrheit keinen Schritt näher gekommen. Deswegen rufen Sie jetzt ja auch Hilfe suchend nach der Wirtschaft. Ich kann Ihnen sagen: Die wird Ihnen helfen, aber da fehlt es an Ihrer Politik. Für Sie ist es allerdings völlig ungefährlich, virtuellen Beton bei Straßen, Brücken, Tunneln oder wo auch immer zu verbauen. Das liegt weit weg von der Realität. Sie müssen dann jedenfalls nicht damit rechnen, dass die eigenen Minister beim ersten Spatenstich auf der Seite der Demonstranten stehen, wo Teile der Grünen übrigens heute noch stehen.
(Beifall bei CDU und F.D.P. - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich sehe nur Alsen-Zement!)
Zum Schienenverkehr! In diesen Tagen erfahren wir durch die Presse, dass die Deutsche Bahn AG beabsichtigt, die Fernzugverbindungen nach SchleswigHolstein weitgehend einzustellen. Herr Mehdorn verabschiedet sich jetzt außerdem von einer schnellen Verbindung Hamburg - Berlin.
Da kann ich Sie nur fragen: Wo bleibt denn der Ersatz für den Transrapid? Ich bin ziemlich sicher, dass Ihr Verhalten mit dazu beigetragen hat, dass SchleswigHolstein und der Norden vom Kraftzentrum Berlin abgekoppelt werden.
Kein Transrapid, keine schnelle ICE-Verbindung, Straßen werden nicht gebaut, weil Sie das nicht wollen oder es nicht durchsetzen können, Schienenverkehre werden nicht verbessert, weil Herr Mehdorn es nicht will! Da kann ich wirklich nur sagen: Gute Nacht, Schleswig-Holstein! Und Sie, Frau Simonis, haben das an dieser Stelle zu verantworten.
Wenn Sie in Ihrer Regierungserklärung so sehr auf Wellness und auf Tourismus setzen, dann frage ich Sie: Haben Sie eigentlich einmal darüber nachgedacht, welche Verantwortung Sie dafür tragen, dass nach den neuesten Untersuchungen Schleswig-Holstein dabei ist, auch als Urlaubsland Nummer 2 abgekoppelt zu werden? Das alles können Sie nun wirklich nicht mit Verbandsgeschehen erklären. Da muss man doch einmal fragen, wie Ihre Politik in diesem Zusammenhang mitgewirkt hat. Dem Verband vorzuwerfen, es gebe keine konkreten Pläne, hier aber große Ankündigungen zu machen, das hilft auch nicht weiter. Im Übrigen kupfern Sie nicht nur bei uns ab, sondern auch bei Günther Jansen, der schon 1988 das Ziel verkündet
(Beifall bei CDU und F.D.P. - Wolfgang Ku- bicki [F.D.P.]: Richtig! So ist es! - Lachen bei der SPD)
Ich finde, das war ein klares Ziel von Günther Jansen. Ich frage mich nur, was davon Sie in letzten acht oder zwölf Jahren wirklich realisiert haben.
Oder die Bildungspolitik! Jetzt propagieren Sie lautstark den neuen Multimedia-Campus, den Sie - zugegeben! - gut vermarkten.
- Na klar! Ich finde die Idee im Kern ja auch gut, Herr Hay! Das wird Sie auch nicht wundern, denn den Grundgedanken für einen konzentrierten Medienstandort in unserem Lande haben wir bereits, nämlich der Kollege de Jager - die Quelle wird mitgeliefert -,
in unseren zehn Thesen für Wissenschafts- und Hochschulpolitik am 12. Oktober des vergangenen Jahres vorgetragen.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist Rühe denn? - Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)
Wir hatten für diese Multimedia-Hochschule Flensburg vorgesehen, um den Hochschulstandort dort dauerhaft zu stützen. Auch dies ist ein ganz entscheidender Punkt, denke ich.
Wenn aber unsere Zukunft - und darin sind wir uns ja einig - ganz wesentlich von Bildung und Ausbildung abhängt und der Schlüssel für nachhaltige Arbeitsplätze in der Bildungs- und Hochschulpolitik liegt, dann haben Sie auch in diesem Bereich die Zeichen der Zeit nicht erkannt, Frau Simonis. Sie reden zwar über den Hochschulstandort Schleswig-Holstein, aber Sie setzen die falschen Prioritäten. Protestresolutionen der Studenten der Christian-Albrechts-Universität in der vergangenen Woche sprechen für sich
- Ach so, Sie wollen doch bei den Hochschulen sparen? - Deswegen ist wohl auch das Kapitel „Bildung“ so sehr schlank dargestellt worden, um es einmal zurückhaltend zu formulieren! Vielleicht ist das ja für Sie kein Schwerpunktthema mehr. Das wäre kein Wunder, denn auch diese Punkte sind abgeschrieben worden: unsere Initiativen „Abitur nach 12 Jahren“, „Qualitätsoffensive Hauptschule“ oder auch die 1.000 neuen Lehrerstellen.
Im Übrigen ist es nach meinem Empfinden nicht richtig, nur zehn bis zwölf Computer pro Klasse zu fordern; sorgen Sie vielmehr einmal für die Infrastruktur, stellen Sie einmal die Netzanschlüsse her und bilden Sie insbesondere die Lehrer aus, die die Kinder dann an diese Computer heranführen.
Zukunftweisende Bildungspolitik schaut also nach vorn und repariert nicht Fehler, die Sie in der Vergangenheit überaus deutlich gemacht haben.
Im Übrigen wird die Verbeamtungspolitik, weil sie halbherzig ist, zu hohen Kostenbelastungen des Haushalts führen. Eine Änderung scheinen Sie in diesem Punkt jedenfalls nicht zu planen. Da sind Sie nach meinem Eindruck nur deswegen halsstarrig, Frau Simonis, weil Sie erneut einen Gesichtsverlust zu befürchten haben.
Frau Simonis, Ihre ideologiebehaftete Bildungspolitik führt aber auch an anderer Stelle zu großen Problemen, zum Beispiel im Bereich der Berufsschulen. Die neuen Referendare wandern in die besser bezahlende Industrie ab oder gehen in andere Bundesländer, wo sie sofort verbeamtet werden.