Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Haus hat in einer der vergangenen Sitzungen zu einer beeindruckenden Gemeinsamkeit der Demokraten im Kampf gegen den politischen Extremismus gefunden. Unter Zurückstellung parteipolitischer Interessen haben sich die demokratischen Kräfte dieses Hauses zusammengefunden. Ich glaube, das war eine große Stunde für unser Parlament. Das war eine große Stunde für die Demokratie in Schleswig-Holstein.
Anlass waren die rechtsradikalen Umtriebe und Straftaten in unserem Land, auch in SchleswigHolstein. Wir haben sie in den vergangenen Jahren erlebt. Sie, Frau Ministerpräsidentin, haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass wir alle beschämt waren, als gerade am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, ein heimtückischer Anschlag auf
Diese heimtückischen Anschläge, aber auch das, was in Neumünster rund um den unseligen Club 88 geschehen ist, zeigen: Wir müssen zusammenstehen. Wir müssen wachsam sein und wir müssen unsere Demokratie verteidigen.
Ich verstehe das ausdrücklich auch als einen Auftrag an meine Generation, an die jüngere Generation in Deutschland, die auch Politik macht. Nazis dürfen in Deutschland nie wieder eine Chance bekommen.
Das verlangt, dass wir mit allen rechtsstaatlichen Mitteln konsequent und hart gegen Extremismus vorgehen. Die zunehmende Radikalisierung der NPD, ihre extremistische und unseren Staat in seinen Grundfesten infrage stellende Programmatik und Propaganda haben mich schon im Sommer bewogen, einen Verbotsantrag für diese Partei zu fordern. Ich freue mich, dass die Landesregierung, nachdem die stellvertretende Ministerpräsidentin das zunächst abgelehnt hat, einen Kursschwenk vollzogen hat. Auch die sie tragenden Fraktionen standen dem zunächst ablehnend gegenüber. Das hat zwar wichtige Zeit gekostet. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass wir an dieser Stelle vorangehen.
Niemand gibt sich der Illusion hin - auch ich nicht -, dass das Problem des Rechtsradikalismus mit einem Verbot dieser rechtsradikalen Partei - dieses Verbot wünsche ich mir - erledigt wäre. Aber wir müssen die Kraft haben, die Grenzen unserer Toleranz aufzuzeigen und gegen eine Partei vorzugehen, die unsere Demokratie und Freiheit zerstören will.
Ich will auf einen unschätzbaren Erfolg allein der Debatte über ein mögliches Verbot der NPD aufmerksam machen. Der Bericht weist darauf hin, dass die NPD schon jetzt stark verunsichert ist, dass sie sich in einer Krise befindet. Das ist ein Erfolg, auf den wir stolz sein sollten.
Aber lassen Sie mich auch zu den rechtlichen Möglichkeiten unseres Vorgehens gegen den Rechtsextremismus drei kurze Bemerkungen machen.
Erstens. Wir müssen mit Härte und Konsequenz vorgehen, und dies geschieht auch. Jugendliche Gewalttäter, die gegenüber Ausländern straffällig geworden sind, sind gerade kürzlich völlig zu Recht zu empfindlichen Strafen verurteilt worden. Das Strafrecht bietet eine Fülle von Möglichkeiten, hart und schnell
Zweitens. Wir müssen unsere Möglichkeiten nutzen. Wir brauchen eine gut ausgerüstete Polizei und wir brauchen einen handlungsfähigen Verfassungsschutz auch in Schleswig-Holstein. Er ist hier empfindlich verkleinert worden, und manchmal wird er von dem einen oder anderen auf der linken Seite dieses hohen Hauses gar als eine Art dubioser Inlandsgeheimdienst dargestellt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können uns eine solche Diskreditierung nicht leisten. Wir brauchen einen leistungsfähigen Verfassungsschutz, sonst rächen sich hier die Fehler schon sehr bald.
Drittens. Wir müssen klug handeln beim Einsatz unserer rechtlichen Möglichkeiten. Die Art und Weise, Herr Minister Buß, wie das Innenministerium den Druck auf die Stadt Neumünster erhöht hat und wie das Innenministerium öffentlich erklärt hat, die Stadtverwaltung in Neumünster hätte alle rechtlichen Möglichkeiten, auf der Basis des Gaststättenrechts den Club 88 zu schließen, war kein professionelles Vorgehen; das fand ich dilettantisch. Wir dürfen den Rechtsradikalen nicht die Möglichkeit geben, vor Gericht Erfolg zu haben. Das ist völlig unnötig.
Wir haben uns darauf verständigt, uns gegen jeglichen politischen Radikalismus auszusprechen. Deshalb mahne ich die linke Seite dieses hohen Hauses mit großem Ernst: Seien Sie auf dem linken Auge nicht blind. Ich wünsche mir von Ihnen eine ebenso klare Abgrenzung gegenüber dem politischen Extremismus von links, wie die CDU das gegenüber den Rechtsradikalen praktiziert.
Deshalb war es unvertretbar, dass jedenfalls Teile der Grünen in Schleswig-Holstein anlässlich einer Demonstration bei einem öffentlichen Gelöbnis der Bundeswehr hier in Schleswig-Holstein gemeinsame Sache mit Autonomen gemacht haben.
Deshalb halte ich es auch nicht für sachdienlich, so genannte Bündnisse gegen Rechts - ich sage gleich noch etwas zu diesem Begriff - gemeinsam mit Verfassungsfeinden von links zu schmieden. Das erhöht nicht die Glaubwürdigkeit.
Zur Begrifflichkeit sage ich Ihnen Folgendes. Frau Simonis, Sie haben das an der Stelle korrigiert. Aber glauben Sie eigentlich, wir merken nicht, dass Sie zumindest versucht haben, mit der Wortwahl „Bündnis gegen Rechts“ uns hier in Schleswig-Holstein in eine ganz bestimmte politische Ecke zu stellen?
(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD: Quatsch! Was soll diese Anschuldigung! - Friedrich-Carl Wodarz [SPD]: Peinlich, peinlich!)
Die Gemeinsamkeit der Demokraten darf nicht aus parteitaktischen Gründen infrage gestellt werden und ich mahne Sie auch - auch wenn es unbequem ist -: Machen Sie nicht mit der linkssozialistischen PDS gemeinsame Sache!
Ich erinnere Sie: Sie haben mit Herrn Holter einen ehemaligen hohen Funktionär des verbrecherischen SED-Regimes zum stellvertretenden Ministerpräsidenten in Deutschland gemacht.
(Lebhafter Beifall bei CDU und F.D.P. - Konrad Nabel [SPD]: Hören Sie endlich mit so etwas auf! Das ist Ihre deutsche Leitkultur! - Zurufe von der SPD: Unerhört! - Anhalten- de Unruhe - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Ha- be ich richtig gehört: Unerhört?)
Ich mahne Sie: Denken Sie an Kurt Schumacher; er hat gesagt: Kommunisten sind rotlackierte Faschisten.
Der Bericht zeigt anschaulich, dass es einen deutlichen Anstieg der rechtsradikalen Gewalt und insbesondere auch der Gewaltbereitschaft und der Gewaltausübung unter Jugendlichen bei uns gibt. Ich habe selbst kürzlich miterlebt, wie 7-, 8-jährige Kinder auf einem Spielplatz ein fremdes Fahrrad ohne jedes Schuldbewusstsein zertrampelt haben. Hier müssen wir gemeinsam anfangen. Wir dürfen nicht bequem weggucken, sondern wir müssen unbequem hingucken. Das fängt bei den Kleinsten an. Gewalt darf weder im Kindergarten noch in der Schule ein Tabuthema sein, nur weil man ein schlechtes Image für die Einrichtung befürchtet. Eltern, Erzieher und Lehrer, wir alle müs
Aber bei aller notwendigen Härte des Staates: Der Bericht weist deutlich darauf hin, dass es die höchsten Zuwachsraten des Rechtsradikalismus dort gibt, wo Jugendarmut und soziale Ausgrenzung besonders deutlich zugenommen haben. Es sind insbesondere diejenigen gefährdet, die sich ausgeschlossen fühlen und die keine Lebensperspektive haben. Wir können also nicht nur mit der strafrechtlichen Härte des Staates reagieren, sondern ich bin dafür, dass wir auch auf junge, verirrte Menschen zugehen, mit ihnen sprechen und ihnen Perspektiven für eine sinnvolle Lebensgestaltung aufzeigen.
Das muss uns etwas wert sein und das müssen wir uns etwas kosten lassen. Deswegen frage ich Sie, Frau Simonis: Was geben Sie für die jungen Menschen in Schleswig-Holstein aus? Ich frage das gerade im Blick auf die Haushaltsberatungen. Wird nicht gerade im Bereich der Jugendförderung, der politischen Bildung und auch im Sportbereich, dort also, wo man sich um junge Menschen kümmert, empfindlich gekürzt? Ich halte das an dieser Stelle für falsch.
Ich weise auch darauf hin, dass der Bericht der Landesregierung ausdrücklich davon spricht, dass wir eine bewusste Erziehung zur Demokratie betreiben müssen. Sie kürzen gerade bei den politischen Jugendorganisationen, wo diese Erziehung stattfindet. Das finde ich unverantwortlich und ich finde es unverantwortlich, dass die Bildungsministerin diese praktische Arbeit für die Demokratie in der Art und Weise diskreditiert, dass sie von illegaler Parteienfinanzierung spricht. Das ist falsch. An dieser Stelle müssen wir Geld investieren.
(Lebhafter Beifall bei CDU und F.D.P. - Mi- nisterin Ute Erdsiek-Rave: Zitieren Sie mich doch einmal ordentlich! Was Sie da sagen, ist unerhört!)
Wenn wir über Ausländerfeindlichkeit miteinander reden, dann müssen wir auch darüber reden, wie wir tolerant und aufnahmebereit mit den Ausländern in
Deutschland zusammenleben wollen. Die CDU hat sich an dieser Stelle bewegt und ist sehr dafür, qualifizierte Arbeitnehmerinnen und qualifizierte Arbeitnehmer in unserem Land aufzunehmen. Aber wir sagen auch: Integration kann nur funktionieren, wenn - das gilt überall auf der Welt - diejenigen, die hierher kommen und hier bleiben wollen, bereit sind, die heimische Sprache zu erlernen, sie zu beherrschen und sich zu den Grundsätzen und Grundwerten unserer Gesellschaft und Verfassung zu bekennen, dass sie sich also zu unserer europäisch-abendländischen Kultur bekennen. Es darf keine parallelen Gesellschaften geben. Das hat selbst die Bundesvorsitzende der Grünen erkannt, die eine multikulturelle Gesellschaft ablehnt.