Protocol of the Session on October 18, 2000

„Selbstverständlich ist die Oberflächenwasserentnahmeabgabe ökologisch begründet."

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Liebe Frau Kollegin Heinold, glauben Sie eigentlich nach den jüngsten Äußerungen Ihres Fraktionsvorsitzenden selbst noch daran? Ich darf Sie weiter aus demselben Protokoll zitieren:

„Die neue Umweltabgabe soll die Unternehmen anhalten, sich darüber Gedanken zu machen, ob unter anderem die Kühlung von Kraftwerken nicht mit weniger ökologischen Beeinträchtigungen bewerkstelligt werden könnte."

(Heiterkeit bei F.D.P. und CDU - Martin Kayenburg [CDU]: Es gibt keine!)

Sie wissen doch selbst, dass gerade für die betroffenen Unternehmen das Oberflächenwasser ein notwendiger Produktionsfaktor ist, der kaum ersetzt werden kann. Die Kernkraftwerke, die den Löwenanteil bezahlen müssen, sollen sich ja gar keine Gedanken darüber machen, ob sie umweltfreundlicher produzieren können. Sie sollen nach den Vorstellungen der Grünen schlicht verschwinden.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Abgeschafft werden! - Martin Kayenburg [CDU]: So ist es !)

Auch das gibt Kollege Hentschel ganz unverhohlen zu, wenn er sagt:

„Wir sind uns bewusst, dass es sich um eine zeitlich begrenzte Einnahme handelt, die nur so lange funktioniert, wie die Kraftwerke laufen."

(Klaus Schlie [CDU]: Recht hat er! - Heiter- keit bei F.D.P. und CDU - Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist daran so lustig? Das ist ernst gemeint!)

Den Vogel schoss allerdings Umweltminister Klaus Müller mit seiner Argumentation ab. Für ihn bedeutete diese Abgabe - jedenfalls am 14. Juli - auch ein Mehr an Gerechtigkeit.

(Heiterkeit bei F.D.P. und CDU)

Die angeblich ökologische Komponente verliert er selbstverständlich auch nicht aus den Augen. Und schließlich will er die zusätzliche Landesabgabe damit rechtfertigen, dass die Unternehmen ja durch die große Berliner Steuerreform ohnehin entlastet würden.

(Heiterkeit bei F.D.P. und CDU)

Meine Damen und Herren auf der linken Seite des Hauses, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob das wohl im Sinne der Bemühungen Ihrer Parteifreunde in Berlin ist? Die Bundesregierung verkündet doch wohl nicht die größte Steuerreform in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, damit die Länder ihrerseits zusätzliche Belastungen erfinden!

Die Einführung einer Oberflächenwasserabgabe ist ökologisch nicht begründet, sie ist ökonomisch verfehlt und mit Sicherheit kein Zeichen solider Finanzpolitik.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Ja, das kann man sagen!)

Die Abgabe dient ausschließlich fiskalischen Zwekken. Sie soll dazu beitragen, die von der Landesregierung selbst verschuldeten Haushaltslöcher zu stopfen und die maroden Landesfinanzen zu sanieren. Selbst dazu wird sie nicht taugen.

(Anhaltender Beifall bei F.D.P. und CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Heinold das Wort.

(Klaus Schlie [CDU]: Jetzt kommt die ökolo- gische Begründung - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Jetzt kommt: Mehr durch Um- schichtung!)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich werde Ihnen die Begründung liefern. Sie werden Sie wieder nicht verstehen.

(Heiterkeit bei CDU und F.D.P.)

Aber das scheint das Spiel zu sein.

(Monika Heinold)

Immerhin hat sich seit unserer Diskussion im Juli bis zu unserer Diskussion heute etwas verändert: Ich bin von der „oberflächenwasserentnahmeabgabepolitischen Sprecherin“ zur „oberflächenwasserabgabepolitischen Sprecherin“ geworden. Die Entwicklung ist unverkennbar.

(Holger Astrup [SPD]: Immerhin! - Zuruf von der CDU: Entwicklung tut Not!)

Maßnahmen des Gewässerschutzes zur Erhaltung und Wiederherstellung einer guten Wasserqualität in Grundwasser, Flüssen und Seen erfordern einen schonenden und sparsamen Umgang mit dieser Ressource. Wenn einzelne Wirtschaftszweige für ihre Produktionsvorgänge im großen Maßstab Oberflächenwasser aus Flüssen oder Seen nutzen - wir reden hier nicht von Pfützen, es geht um einen Jahresverbrauch von über 300.000 m3 Wasser

(Klaus Schlie [CDU]: Verbrauch? - Martin Kayenburg [CDU]: Gebrauch!)

- Gebrauch; es wird erst einmal gebraucht und geht dann wieder zurück -, dann hat dieser Betrieb einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber anderen, weil er dieses Allgemeingut kostenlos verwendet. Das werden Sie nicht abstreiten können. Es ist nur recht und billig, wenn er sich mit einer Abgabe an den Kosten für Pflege und Sanierung unserer Gewässer beteiligt. Es geht dabei also um mehr als um Geld. Dieser Gesetzesentwurf dient einem sich ändernden Bewusstsein in der Bevölkerung, Naturressourcen als etwas Besonderes zu schätzen und zu achten.

Das werden Sie aber scheinbar nie verstehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer sie für sich nutzen will, muss dafür bezahlen. Diese Erkenntnis hat sich in anderen Bundesländern in Niedersachsen, Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen längst durchgesetzt. Schleswig-Holstein zieht hier also nur nach. In unserem Land gibt es Gebühren für die Entnahme von Grundwasser sowie für das Einleiten von Abwasser. Jeder private Haushalt ist davon betroffen. Die Entnahme von Oberflächenwasser ist bislang jedoch kostenlos.

Natürlich - das habe ich auch in meiner letzten Rede gesagt - ist diese Abgabe auch ein fiskalisches Mittel. Herr Jacobs hat ja auch sehr deutlich erklärt, dass wir den Umwelthaushalt mit dieser Abgabe finanzieren, den wir sonst kürzen müssten.

(Lachen bei der CDU)

Bei der CDU ist das Geld immer irgendwie unendlich. Es ist immer eher egal, ob das Geld da ist, das Sie ausgeben wollen.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das ist bei Ihnen ja auch so!)

Die Aufgaben im Bereich Gewässerschutz und Wiederherstellung gesunder Wasserqualitäten werden nicht weniger, sondern mehr. Die Landesregierung hat diese Abgabe sehr vorsichtig und konservativ ausgestaltet, mit niedrigen Sätzen - auch im Vergleich zu anderen Bundesländern - und mit hohen Freigrenzen. Eine Bagatellgrenze und ein geringer Kubikmeterpreis belegen dies. Schleswig-Holstein liegt damit an dem unteren Rand der Abgabenpflicht. Bei unseren Nachbarn in Niedersachsen zahlen diejenigen, die das Oberflächenwasser nutzen, fast dreimal so viel.

Einige von Ihnen sagen natürlich, dass diese Abgabe der Wirtschaft in Schleswig-Holstein schadet. Sie meinen, wir könnten sie ihr nicht zumuten. Das geplante Steuersenkungsgesetz - wir müssen Politik immer im Zusammenhang sehen - wird die privaten Haushalte und die Wirtschaft im kommenden Jahr bundesweit um über 62 Milliarden DM entlasten.

Wir haben uns mit den Zahlen und mit den Auswirkungen für Schleswig-Holstein befasst. Nach unseren Vorstellungen - darüber streiten wir uns gern mit der CDU; wir haben hier eine andere Position - müssen sich Investitionen in Renaturierungsprojekte, Altlastensanierung, Abwasseranlagen, Umweltbildung et cetera überwiegend durch Abgaben, Vorsorge der Betriebe und ökologische Steuern selbst rechnen. Dieser Gesetzentwurf deckt sich deshalb mit unseren Vorstellungen von einer ökologischen und ökonomischen Haushaltsplanung.

Die Oberflächenwasserentnahmeabgabe ist ökologisch zukunftweisend, denn sie ist ein weiterer gesetzlicher Baustein zum Schutz der Natur.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Martin Kayenburg [CDU]: Das ist doch Unsinn!)

- Sie werden das immer wieder bezweifeln; das ist einfach so. - Die Abgabe ist haushaltspolitisch sinnvoll, denn mit ihr können notwendige Umweltausgaben finanziert werden.

Frau Aschmoneit-Lücke, Sie stellen sich hier noch einmal hin und betonen, dass wir keine Atomkraftwerke wollten. Das wissen wir doch alle. Die Grünen

(Monika Heinold)

sind dafür, dass die Atomkraftwerke abgeschaltet werden.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Aber in den nächsten fünf Haushaltsjahren nicht! Sonst haben Sie keine Einnahmen!)

Insofern ist es nichts Neues, was Sie hier erzählen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß gar nicht, womit Sie jetzt ein Problem haben.