Meine Damen und Herren, der Minister stellt 30 Forderungen auf, denen wir uneingeschränkt zustimmen können. Aber er sagt nicht dazu, dass seine Landesregierung diese Forderungen in der Vergangenheit offensichtlich alle vernachlässigt hat.
Er hat mit diesem Strategiepapier, das wir uns alle genau ansehen sollten, mit allen seinen Forderungen, im Vorwege der anstehenden Wahlkämpfe genau aufgezeigt, wo die Landesregierung in der Vergangenheit bedauerlicherweise gefehlt hat.
Herr Minister Rohwer, ich danke Ihnen für diesen umfangreichen Beitrag zur Bewertung der Politik Ihrer Landesregierung.
Ich stimme der Selbstkritik des rot-grünen Wirtschaftsministers und seiner Kritik an der Politik der Landesregierung, seiner Regierung seit 1988, uneingeschränkt zu. Das Meiste von dem, was er feststellt und fordert, halte ich für richtig. Der Volksmund sagt: Einsicht ist der erste Weg zur Besserung. - Aber dafür ist es bei Rot-Grün zu spät;
denn schon am 28. Juni 1988 beschrieb Björn Engholm in seiner Regierungserklärung nahezu die gleichen Mängel, die sein ehemaliger Kopfarbeiter jetzt anprangert. Björn Engholm kündigte damals auch an, er wolle mit seiner Regierung eine langfristig ausgerichtete Wirtschaftspolitik betreiben, um SchleswigHolstein als Wirtschaftsstandort zu stärken, das Wachstum zu beschleunigen, die Beschäftigung zu steigern und die Arbeitslosigkeit zu senken. Außerdem wollte er hierzu mit seiner Regierung die unverantwortliche Politik immer höherer Haushaltsdefizite beenden. Dazu hatte er sich Heide Simonis als Finanzministerin ins Kabinett geholt - ausgerechnet!
Im Gegenteil: Im Vergleich zu den westdeutschen Flächenländern hat sich alles verschlechtert. Darüber können auch die drei positiv klingenden Absätze aus der Bertelsmann-Studie nicht hinwegtäuschen, die der Minister überall zitiert.
- Selbstverständlich. - Denn in dieser Studie landet Schleswig-Holstein im Ergebnis abgeschlagen auf dem vorletzten Platz der westdeutschen Flächenländer.
Herr Minister Rohwer, ist es Ihnen nicht ein bisschen peinlich, diese Misserfolge ständig als Lob Ihrer Politik zu zitieren?
Mein Fazit ist: Der Wirtschaftsminister beurteilt die Politik der Landesregierung als katastrophal und er hat Recht. Trotzdem ist auch er nur ein Teil des Problems und keine Lösung. Sie wissen doch selbst, Herr Minister, wie es in diesem Land nach 16 Jahren rotgrüner Politik aussieht. Ihre Agenda 2020 ist eine Bankrotterklärung. Das, was Sie uns heute als Strategie verkaufen wollen, ist nichts anderes als ein resigniertes, wenn auch - zugegebenermaßen - elegantes Die-Flinte-ins-Korn-Werfen. Sie wissen, im Jahre 2020 wird Sie niemand mehr an diesen Zielen messen. Sie hätten auch 2030 oder 2050 hinschreiben können. Ganz egal. Die politische Gegenwart in Ihrem Sinne zu gestalten, ist Ihnen nicht gelungen. Leider wurden Sie durch Ihre Genossen und den grünen Partner zu oft ausgebremst. Auch für Sie, Herr Minister, gilt - ich sage es einmal mit Frank Sinatra -. „It’s time to say good bye“. - Tröstlich ist allerdings, dass Ihnen die CDU heute noch einmal die Plattform gegeben hat, sich selbst und Ihre Fantasie bezüglich 2020 hier ausgiebig darzustellen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die grundsätzliche Aussage des Wirtschaftsministers in seinem Strategiepapier ist richtig: Schleswig-Holstein ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort und ein guter Lebensort für alle Generationen. Auch für das Jahr 2020 hat unser Land gute Chancen für seine Entwicklung. Wir müssen sie nutzen.
Es gibt durchaus positive Parameter. SchleswigHolstein gehört bei den Neugründungen von Unternehmen zur Spitzengruppe in Deutschland. Das müssen wir halten und ausbauen. Die Förderinstrumente sind weiter auf die kleinen und mittleren Unternehmen zu konzentrieren. Die in Schleswig-Holstein
existierenden Förderinstrumente sind bundesweit gelobt worden. Wir haben also durchaus eine Reihe von Anknüpfungspunkten, auf die wir stolz sein können und mit denen wir weiter Politik machen können.
Schleswig-Holstein ist im Umbruch. Dieser Umbruch weg von traditionellen Wirtschaftsstrukturen hin zu modernen Wirtschaftsstrukturen ist ein schwieriger Prozess. Niemand bestreitet, dass es nicht überall rosig aussieht. Aber es ist unsere Aufgabe, auf die Chancen und Möglichkeiten zu schauen und diese zu fördern. Es hilft überhaupt nichts, die Lage und die Schwierigkeiten zu bejammern, gerade was Standortentscheidungen von großen Konzernen angeht, die für Schleswig-Holstein nicht immer nur positiv sind.
Was die Zukunftsbranchen für unser Land betrifft, so stimme ich mit dem Minister überein. Zukunftstechnologien sind nachhaltige Technologien; sonst werden sie auf Sicht keine Chance haben. Es gibt keinen Gegensatz zwischen Ökonomie und Ökologie. Beides gehört für eine erfolgreiche Entwicklung zusammen. Das ist zukunftsgerecht.
In Schleswig-Holstein haben notwendige Weichenstellungen begonnen. Effizienztechnologie, regenerative Energien, Umwelttechnologien sind heute Wachstumszweige. Was vor 15 Jahren noch reine Vision war, ist heute bereits überall im Lande zu sehen. Das sieht nur der nicht, der es nicht sehen will, der die Betriebe nicht besucht und einfach nicht zur Kenntnis nimmt, wie viele Tausende von kleinen Betrieben wir im Lande haben, die in Zukunftstechnologien operieren, sei es im Softwarebereich, im Mikrotechnologiebereich, im Nanotechnologiebereich, im Bereich der Informationstechnik, der Medizintechnik, der Biotechnologie, im Bereich der Meerestechnik, im maritimen Verbund sowie in der Energie- und Umwelttechnik. Die vielen Tausend kleinen und mittleren Betriebe, die sich in diesen Bereichen in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren entwickelt haben, stellen natürlich noch nicht die Masse der Arbeitsplätze zur Verfügung; das ist richtig. Aber man schätzt, dass es dort heute bereits an die 100.000 Arbeitsplätze gibt. Das sind die Chancen für die Zukunft, auf denen wir aufbauen müssen. Dort werden neue Arbeitsplätze geschaffen.
Schleswig-Holstein hat auch gute Ausgangsbedingungen. Es gibt hoch qualifizierte Arbeitskräfte. Viele Menschen, selbst Spitzenkräfte der Wirtschaft, bleiben gern in Schleswig-Holstein, weil das Leben hier attraktiv ist.
Bildung und Wissenschaft sind die Basis des Wohlstands von morgen. Obwohl heute schon fast 60 % der Personalkosten des Landes in Bildung und Wissenschaft fließen, werden wir in Zukunft noch mehr investieren müssen. Zugleich müssen wir in der Bildungspolitik den Mut haben, auch die Effizienzpotenziale besser auszuschöpfen. Kürzere Schulzeiten, die Bildung von Oberstufenzentren mit mehr Angeboten zu geringeren Kosten und kürzere Studienzeiten dürfen kein Tabu sein.
Schleswig-Holstein hat überwiegend kleine und mittlere Betriebe. Diese haben, selbst wenn sie hoch innovativ sind, nur wenig Kapital und personelle Ressourcen für größere FuE-Projekte und für Kooperationen mit den Hochschulen. Sie lösen auch nur wenig Sekundäreffekte bei Zulieferern und hoch qualifizierten Dienstleistern aus. Deshalb sind die Bildung von technologischen Clustern, die Konzentration auf die strategischen Bereiche Effizienz-, Zukunfts- und Umwelttechnologien und die Kooperation mit Hamburg von so zentraler Bedeutung.
Mit relativ wenig Landesmitteln ausgestattet, schaffen sie es immer wieder, strategisch wichtige Initiativen zu starten, viele kleine Betriebe zu unterstützen und neue Entwicklungen voranzubringen. Ich kann jedem nur empfehlen, sich die Broschüren beziehungsweise Faltblätter der ttz anzuschauen und die Betriebe selbst zu besuchen, über die darin berichtet wird. Es lohnt sich wirklich. Es zeigt, wo die Zukunftsentwicklung stattfindet.
Gleichwohl stelle ich fest - das ist unser aller Problem; da ist die Opposition mit ihren Forderungen nicht gerade Vorreiter -, dass wir immer noch viel zu viel in die Erhaltung der alten Strukturen investieren,
dass wir zu viel in Straßenbau, Landwirtschaft, die Entwicklung der ländlichen Räume und die Werften investieren. Diese Bereiche verschlingen den Großteil der Fördermittel. Das sind die Bereiche, über die ununterbrochen diskutiert wird. Worüber sehr wenig diskutiert wird und worauf es meiner Ansicht nach zentral ankommt, sind doch gerade die Zukunftstechnologien. Das sind die Innovationen. Das ist die Verknüpfung von Bildung und kleinen Betrieben, von Universitäten und Technologiezentren. Das sind die
Knotenpunkte, an denen Neues geschaffen wird und die Arbeitsplätze der Zukunft entstehen. Dort müssen mehr Mittel mobilisiert werden.
Viele Debatten, die wir hier führen, die sich immer nur mit bestehenden, alten Strukturen beschäftigen, sind zwar wichtig, lösen aber nicht die Zukunftsprobleme. Deswegen finde ich es ausgesprochen wichtig, dass der Minister ein Visionspapier geschrieben hat, das auf 2020 zielt und das die Perspektiven beschreibt, das, wohin wir uns bewegen müssen.
Herr Kayenburg, es ist völlig sinnlos, wenn Sie nicht bereit sind, sich mit diesem Papier auseinander zu setzen, oder Frau Aschmoneit-Lücke, wenn Sie sagen, 2020, der Minister gucke zu sehr in die Zukunft, er solle sich heute kümmern. Wir können heute nur eine gute, effiziente Politik machen, wenn wir langfristig handeln und auch Schritte tun, die sich nicht von heute auf morgen direkt in Heller und Pfennig auswirken.
Natürlich, wenn ein Betrieb in die Krise kommt, ist es das Effizienteste, in diesen Betrieb erst einmal ein paar Millionen reinzustecken, damit er weiter arbeitet. Damit rettet man Arbeitsplätze. Aber es ist doch viel wichtiger, dass wir gucken, was die Betriebe sind, die 2010, 2020 vielleicht Tausende von Arbeitskräften beschäftigen können. Wenn wir das vor 15 Jahren gemacht hätten, was Sie gesagt haben, nämlich auf die Windenergie verzichtet hätten, hätten wir heute nicht die 4.000 Arbeitsplätze
und hätten wir nicht viele Arbeitsplätze, die mehr sind, als wir heute in der Werftindustrie haben. Das ist doch die Entwicklung! Sie gucken nicht nach vorn - das ist das, was ich Ihnen vorwerfe -, Sie gucken immer nach hinten, Sie gucken immer aufs Bestehende und sagen: Das ist alles nicht so toll und deswegen sind alle blöd.
Nein, so ist es nicht. Der Wirtschaftsminister macht eine Politik, die nach vorn guckt, die gerade viele kleine Ansätze unterstützt. Darauf kommt es an, kleine Ansätze zu unterstützen, wo sich neue Firmen gründen.
Ich denke immer an den kleinen Studenten von der Technischen Fakultät in Kiel, den ich getroffen habe, der damals auf der Hannover-Messe stand und die Trockenbatterie erfunden hat. Ich habe mir damals überlegt, was es bedeutet, wenn eines Tages in jedem Handy eine Trockenbatterie eingebaut ist. Das bedeutet, dass die Handys nur noch die Hälfte wiegen, weil
das größte Gewicht heutzutage die Batterie ist. Das betrifft viele kleine elektrische Geräte. Wenn die Trockenbatterie eines Tages zum Durchbruch kommt, kann das bedeuten, dass dieser Mensch ein Milliardär wird. Das wurde mir klar, als ich überlegt habe, was das für eine Erfindung ist.
Daraufhin hat die Landesregierung diesem Menschen Geld gegeben, damit er eine Fabrik in Itzehoe bauen kann. Dort findet zurzeit die erste Entwicklung und Produktion statt und er fängt langsam an, in den Markt reinzugehen. Niemand weiß, ob das erfolgreich ist, niemand weiß, ob daraus Tausende Arbeitsplätze entstehen werden, aber es können Tausende Arbeitsplätze entstehen und das ist das Entscheidende. So etwas aufzuspüren, so eine Wirtschaftspolitik zu machen, darauf kommt es an.