Protocol of the Session on February 20, 2004

in den vordringlichen Bedarf wäre nicht finanzierbar. Im Klartext heißt das: andere Prioritäten.

Seitdem hat es zahlreiche Gespräche gegeben. Es gab in Hannover keinerlei Bewegung. Schließlich gab es die Bereitschaft zu einer neuen Verkehrsstudie, die jetzt vorliegt. Was ebenso schlimm ist: Trotz mehrfacher intensiver Bitten auf mehreren Ebenen gab es über das gesamte Jahr 2003 hinweg keine Bereitschaft aus Hannover, wenigstens sofort die anteiligen Mittel für die gemeinsame Planung der Elbquerung bei Glücksstadt bereitzustellen; wohlgemerkt für die Elbquerung, die ja ohnehin vorgesehen ist, für die es also überhaupt keinen Anlass gab, sie in der Planung zu verzögern.

(Joachim Wagner [CDU]: Was war in den Jahren davor?)

- Dazu kann ich eine Menge sagen. Dazu kann ich im Ausschuss noch viel erzählen. Das mache ich auch gern. Ich habe das Thema nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Sie wollten es offensichtlich haben. Sie wollten hier über Spielereien sprechen. Ich sage Ihnen, wo sie stattgefunden haben.

(Beifall bei SPD und SSW) Endlich, bei der Nord-Konferenz am 3. Dezember des letzten Jahres, hat der Ministerpräsident Niedersachsens zugesagt, diese Planungsmittel bereitzustellen. Aber auch das scheint bisher nicht belastbar zu sein. Trotz mehrfacher Nachfragen im FDPVerkehrsministerium Niedersachsens gibt es von dort noch immer kein grünes Licht. Offenbar werden dort Ministerpräsidentenvorgaben nicht ernst genommen. Oder sollte das ein politisches Spielchen sein, Frau Aschmoneit-Lücke? Mehr als ein Jahr haben wir so bei der Planung der Elbquerung verloren. Ich finde das unerträglich! (Beifall bei SPD und SSW)

Ich sage: Schluss mit diesen Spielchen in Niedersachsen! Wir können uns keine weitere Verzögerung leisten. Die direkte A 1-Anbindung hat zwar das niedrigere Kosten-Nutzen-Verhältnis, es ist aber um den Faktor zweieinhalb bis drei kürzer, schneller und billiger. Ich habe es in den letzten Tagen deutlich gemacht: Wenn Niedersachsen aber auf der A 22 besteht, dann müssen wir möglicherweise auf dieser Basis eine Lösung finden. Wir brauchen natürlich eine norddeutsche Lösung. Es bringt nichts, wenn wir uns an dieser Stelle allein verkämpfen. Aber auch das habe ich deutlich gemacht: Diese Lösung muss schnell kommen und sie muss verlässlich sein.

Mein Vorschlag dazu liegt auf dem Tisch: Beide Linien bleiben im Bundesverkehrswegeplan. Die A 22

kommt in den vordringlichen Bedarf. Es wird sofort mit der Planung begonnen. Die Realisierung erfolgt in Abschnitten von Ost nach West; mindestens von der A 26 bis zur A 27. Der Bund sichert die höhere Anschubfinanzierung für die Elbquerung, die trotz etwa gleicher Verkehrswerte für die A 1-Anbindung und die A 22 in der Nähe der A 26 höher ist, weil die A 22 nun später fertig wird als die von uns präferierte A 1-Anbindung. Der Bund sichert dies außerhalb der Schleswig-Holstein-Quote zu.

Dieser Vorschlag bedeutet für den Zeitplan: Ziel bleibt, die A 20 in Schleswig-Holstein mit Elbquerung und den wichtigsten Abschnitten bis 2011 fertig zu stellen. Sie haben danach gefragt, das sollten wir im Ausschuss weiter diskutieren. Das geht aber nur, wenn Niedersachsen jetzt die Planung nicht länger behindert. Die Fortführung der A 20 zur A 1 könnte ebenfalls bis 2011 fertig werden. Das lehnen die Niedersachsen aber ab. Die komplette Realisierung der A 22 in Niedersachsen ist natürlich nicht bis 2011 möglich. Wichtige Teilabschnitte von Ost nach West könnten aber realisiert werden, wenn der gute Wille da ist. Das aber auch nur dann, wenn die Einstufung in den vordinglichen Bedarf gelingt und Niedersachsen hier sofort mit der Planung beginnt.

Auch dieses Ergebnis wird nicht leicht erreichbar sein; auch in Niedersachsen nicht. Ich sage das deutlich. Auch da gibt es immer noch Zweifel, ob das in den vordringlichen Bedarf kommt. Ich finde, da sollten wir alle zusammenstehen. Alle sollten an ihrer Stelle tätig werden, damit es nicht passiert, dass die A 22 zwar hochgeredet wird, aber von Niedersachsen nicht in den vordringlichen Bedarf gestellt wird. Das darf nicht passieren. Das wäre der letzte Belastungstest, an dem wir uns messen können.

Auch wenn ich meinen Bericht um eine Minute überziehe, möchte ich noch eine Anmerkung machen. Das eine habe ich deutlich gemacht: Ich bitte Sie, dass Sie Ihre Parteifreunde in Niedersachsen weiterhin auf Ihrem Wege dazu bringen. Ich sage an dieser Stelle aber auch, dass andere Nebelkerzen ebenfalls nicht hilfreich sind. Wenn der Bundestagsabgeordnete Steenblock immer wieder alte Hüte herausholt und sich zum wiederholten Male aus dem schleswigholsteinischen Konsens zur A 20, den ich hier wahrnehme, verabschiedet, dann erweist er nicht nur seiner Region einen Bärendienst.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und SSW)

Ich bin der Meinung: Gerade für einen Bundestagsabgeordneten sollte es gelten, sich für das Land insgesamt einzusetzen und nicht Einzelinteressen zu vertreten. Insofern halte ich dieses Verfahren für un

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

angemessen. Das wollte ich gern angemerkt haben. Ansonsten hoffe ich sehr, dass wir in der Sache weiter auf einem Konsenswege sind. Meinen Vorschlag habe ich gemacht, um die Diskussion in Niedersachsen zu beschleunigen. Ich hoffe, dass dieser Vorschlag dort richtig ankommt.

(Beifall bei SPD, SSW und des Abgeordne- ten Hans-Jörn Arp [CDU])

Bevor wir in die Aussprache eintreten, muss ich auf § 56 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung hinweisen. Dieser lautet wie folgt: Überschreitet die Landesregierung die von ihr angemeldeten Redezeiten, so verlängert sich die Redezeit jeder Fraktion um die Dauer der Überschreitung. Die vermutete Minute sind nach unserer Zeitmessung drei Minuten und 50 Sekunden. Insofern haben alle Fraktionen, sofern sie es mögen, eine Redezeit von acht Minuten und 50 Sekunden, also knapp neun Minuten. Ich will das nur gesagt haben. Das ist keine Aufforderung, das auszufüllen. Das Recht besteht aber. Die Redezeit ist insofern für jede Fraktion von vornherein verlängert.

Für die antragstellende Fraktion erteile ich Frau Abgeordneter Christel Aschmoneit-Lücke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die A 20 soll Nordosteuropa mit Westeuropa verbinden. Hierzu soll sie westlich Hamburgs über die Elbe geführt und in Niedersachsen an das westeuropäische Autobahnnetz angeschlossen werden. Ein flüchtiger Blick auf die Landkarte zeigt, dass dies am schnellsten erreicht wird, wenn die A 20 bei Sittensen an die A 1 angeschlossen wird. Insoweit hat in diesem Land immer Einigkeit bestanden. Die Einigkeit besteht nach wie vor.

(Beifall bei der FDP)

Das Land Niedersachsen hingegen will die A 20 als A 22 in Richtung Bremen weiterführen, um den Nordwesten Niedersachsen besser zu erschließen - ähnlich wollen wir die schleswig-holsteinische Westküste mit der A 20 besser erschließen. Der JadeWeserPort spielt dabei in Niedersachsen mit Sicherheit auch eine Rolle, und zwar nicht erst seit gestern.

Verkehrsminister Rohwer hat deshalb den Anschluss der A 20 an die A 1 aufgegeben; plötzlich und unerwartet. Selbstverständlich teilte er die Kehrtwendung der Presse mit, nicht etwa dem Parlament. So kennen wir das. Herr Minister, ich habe am 10. Februar - wie viele andere auch - mit Erstaunen in der Zeitung gele

sen, dass Sie diese Kehrtwendung vollzogen haben. Das staunende Publikum hat im Übrigen auch gelesen: „Die Zeit für politische Spielchen ist vorbei!“

Herzlichen Glückwunsch! Wir haben alle den Bau der westlichen Elbquerung schon immer sehr ernst genommen. Politische Spielchen haben wir in diesem Zusammenhang nie gemacht!

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich weiß nicht, wann die politische Absicht in Schleswig-Holstein das erste Mal auftauchte, westlich Hamburgs eine Autobahn über die Elbe zu bauen, aber bereits 1986 stand es in dem damaligen Bericht zur Gemeinschaftsaufgabe Wirtschaftsstruktur. Es sind 18 Jahre vergangen. Noch immer sind wir über die Absicht nicht weit hinausgekommen. Dies der 2003 neu gewählten Landesregierung in Hannover vorwerfen zu wollen ist absurd.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die SPD in Schleswig-Holstein hatte 17 Jahre Zeit, das Projekt voranzubringen - und von 1990 bis 2003 sogar zusammen mit SPD-geführten Landesregierungen in Niedersachsen. Es scheint, dass Sie den zukünftigen Ex-SPD-Vorsitzenden und seine beiden Nachfolger nicht im Sinne des norddeutschen Gemeinwohls überzeugt haben.

Jetzt erklärt der Verkehrsminister, die Zeit seiner politischen Spielchen sei vorbei. Er hat seine Aussagen heute ein wenig modifiziert, aber ich muss Ihnen Folgendes sagen, Meine Damen und Herren: Am 10. dieses Monats hörte sich das ganz anders an.

(Beifall bei der FDP)

Ab jetzt werde er sich wirklich darum kümmern, dass die Elbquerung doch noch gebaut werde. Der Verkehrsminister gesteht, bis jetzt habe er gespielt, verloren und versagt, ab jetzt wolle er arbeiten. Ab jetzt mache er Ernst - und, meine Damen und Herren, gibt nach.

Heute hat sich der Minister wieder hier hingestellt und die Gemeinsamkeit in diesem Hause beschworen. Meine Damen und Herren, wir kennen das: Immer dann, wenn der Minister am Ende ist, ruft er zur Gemeinsamkeit auf.

(Beifall bei FDP und CDU)

Er kleidet das Geständnis seines Versagens in die alte Erkenntnis und gern genommene Ausrede, dass Politik die Kunst des Möglichen sei. Diese Landesregierung hat nur die Kunst perfektioniert, sinnvolle Pro

(Christel Aschmoneit-Lücke)

jekte so lange zu zerreden, bis Sinnvolles unmöglich wird.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

In Wirklichkeit ist der schwarze Peter in diesem Spiel nicht schwarz-gelb, sondern rot-grün und er liegt nicht in Hannover, sondern in Kiel.

17 Jahre rote Ankündigungspropaganda reichen für erfolgreiche Politik eben nicht aus. Wichtig ist das, was getan wird und dabei herauskommt.

(Beifall bei der FDP)

Erinnern wir uns bitte einmal an den 3. April 2003. Damals stand unser Antrag zur Abstimmung, die Bundesregierung aufzufordern, die A 20 inklusive des Anschlusses an die A 1 bei Sittensen uneingeschränkt in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes aufzunehmen. SPD und Grüne in diesem Hause lehnten das ab. Bei den Grünen war das nicht verwunderlich. Bei der SPD war es das schon. Hier beschweren Sie sich, die neue Landesregierung in Hannover würde den Fortschritt behindern, aber wenn Sie selbst etwas leisten könnten, verweigern Sie sich.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Große Klappe und absolut nichts dahinter!

Was bedeutet das alles für die A 20 und die Elbquerung? - Sie rücken in immer weitere Ferne. Der Minister hat eben gesagt, das Jahr 2011 sei nach wie vor sein Ziel. Herr Minister, ich habe doch auch das Schreiben gelesen, das Sie nach Berlin geschickt haben. Sie wissen doch selbst, dass das gesteckte Jahr 2011 überhaupt nicht zu halten ist. So ehrlich sollten Sie heute hier auch sein.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Die A 20 und die Elbquerung rücken in immer weitere Ferne. Die A 22 ist noch nicht einmal geplant und sie steht nicht im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes. Das könnte im schlimmsten Fall bedeuten, dass frühestens - ich betone: frühestens - ab 2015 Geld für ihren Bau da ist. Dies gilt insbesondere, nachdem die Bundesregierung ihre Spekulationsblase der LKW-Maut hat platzen lassen. Damit würde die A 20 im verkehrspolitischen Nirgendwo enden und die Bereitschaft Privater, in die Elbquerung zu investieren, würde erheblich gemindert.

Ohne die Elbquerung gerät auch die A 20 in Schleswig-Holstein in Gefahr - denn wer braucht schon eine Autobahn zum Elbufer? - und die positiven Effekte für die Westküste entfielen ebenfalls.

Nur die Grünen dürfte das freuen: Sie sind schon immer gegen die A 20 gewesen, aber stattdessen für ein arbeitsfreies Naturschutzgebiet an der Westküste.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Alleine würden das die Grünen selbstverständlich nicht schaffen. Aber Verkehrsminister Rohwer und die schleswig-holsteinische SPD machen es möglich.

Meine Damen und Herren, obwohl sich Herr Minister Rohwer hier bereits mehrfach ausdrücklich über Herrn Steenblock beschwert hat, hat es den Anschein - ich habe das bereits mehrfach gesagt und wiederhole es hier -, dass die SPD in diesem Land nicht in der Lage ist, Herrn Steenblock zu stoppen. Das bedauern wir.