Protocol of the Session on February 19, 2004

Meine Damen und Herren, umso mehr stellt sich deshalb für mich die Frage, ob durch die Einführung einer neuen zweckgebundenen Abgabe dieser Alkoholkonsum verringert oder gar verhindert werden kann.

(Frauke Tengler [CDU]: Das hat Frankreich gezeigt!)

Ist es tatsächlich so, dass durch eine Verteuerung bestimmter Getränkegruppen die Steuerung des Alkoholkonsums gerade bei Jugendlichen möglich ist? - Ich habe da meine Zweifel.

Natürlich spielen - das wissen wir - Werbung und Image eines bestimmten Getränkes gerade bei Jugendlichen eine ausgesprochen große Rolle. Inwieweit hier von politischer Seite Vorgaben gemacht werden können, sollten wir deshalb noch näher erörtern.

In der genannten Studie zu den Alcopops stellt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aber fest, dass - obwohl rund 80 % der Minderjährigen selbst wissen, dass Bier und Weinmixgetränke nicht an Jugendliche unter 16 Jahre und Spirituosenmixgetränke nicht an unter 18-Jährige abgegeben werden dürfen - diese Erkenntnis die Jugendlichen nicht am Alkoholkonsum hindert.

Es ist zutreffend - Frau Tengler nimmt gerade neue Getränke entgegen; wir freuen uns darauf -,

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Die Flaschen sind schwarz-gelb!)

dass etwas getan werden muss. Da stimme ich Ihnen zu.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

- Herr Kollege Baasch, Sie bekommen sicherlich gleich auch ein Getränk.

Ich befürchte aber, dass diese Forderung nach einer Verteuerung von Alcopops, wie sie jetzt vorgesehen ist, lediglich Symptome, aber nicht die Ursachen bekämpft.

Wenn wir zu einer Verteuerung kommen, Frau Tengler, dann müssen wir sie wie in anderen europäischen Ländern wie beispielsweise Frankreich gestalten. Dann müssten wir diese Getränke so drastisch verteuern, dass der Markt praktisch stirbt.

Dann müssen wir aber auch untersuchen lassen, ob sich das Verhalten ändert und Getränke wieder selbst gemixt werden.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Darüber kann man ja Studien erstellen.

Deshalb appelliere ich an Sie, Frau Tengler, dass Sie sich darauf einlassen, dass wir diesen Antrag in den Sozialausschuss überweisen und ihn dort wirklich eingehend, zeitnah und kritisch diskutieren.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Markt für alkoholische Mixgetränke boomt. Wurden im Jahr 2002 allein von den harten Spirituosenmischgetränken 80 Millionen Flaschen verkauft, so verdreifachte sich diese Zahl in den ersten zehn Monaten des Jahres 2003 - für die Hersteller ein lukratives Geschäft.

Limonade mit hochprozentigem Wodka, Rum oder Whiskey gemischt, wird wegen des fruchtig-süßen Geschmacks gerade von jungen Menschen gerne getrunken und dabei in ihrer Wirkung unterschätzt.

Den wenigsten Jugendlichen ist klar, dass sie mit einer Flasche dieses Getränkes bis zu zwei Gläschen Schnaps trinken, eingebettet in ein chemikalisches Sammelsurium - Sie müssen einmal lesen, was alles in diesen Getränken ist -, das zumindest mich schon beim Lesen der Inhaltsangabe davon überzeugt hat, dass nichts über ein gutes Bier mit seinem Reinheitsgebot geht.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Alcopops gelten deshalb zu Recht als Einstiegsdroge.

Schon heute haben 9 Millionen Menschen in Deutschland ein gravierendes Alkoholproblem. Etwa 1,6 Millionen Menschen sind alkoholabhängig. 42.000 Menschen sterben jedes Jahr an den Folgen des Alkoholkonsums.

Angesichts dieser Situation und Zahlen ist es grob fahrlässig, wenn Kindern und Jugendlichen durch diese Drinks und deren verlockende Werbung der Weg in den Alkoholkonsum noch schmackhafter gemacht wird.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und genau darum geht es. Es geht nicht darum, ob wir es durch eine Verteuerung der Getränke schaffen, Jugendliche, die den Weg der Sucht wählen,

(Monika Heinold)

aufhalten. Es geht vielmehr darum, dass wir ihnen den Weg in den Alkohol nicht noch einfacher und noch schmackhafter machen dürfen. Das ist unser zentrales Anliegen.

Im Januar war in einer großen deutschen Wochenzeitschrift zu lesen, dass bei einer Befragung unter 1000 Jugendlichen 48 % der 14 bis 17-Jährigen angaben, mindestens einmal pro Monat Alcopops zu trinken. Je älter die befragten Personen waren, desto geringer wurde der Anteil der Alcopops-Konsumenten.

Vor diesem Hintergrund kritisieren Verbraucherschutzverbände zu Recht, dass die Produzenten der Mixgetränke mit ihrer Werbung in Sprache und Gestaltung gezielt junge Konsumenten ansprechen.

Die Politik hat auf diese Entwicklung bereits reagiert. Am 25. Juni 2003 billigte das Bundeskabinett den Aktionsplan „Drogen und Sucht“, der den nationalen Rauschgiftbekämpfungsplan aus dem Jahre 1990 ablöst. Während früher das Schwergewicht auf der Repression lag, sind heute Prävention, Beratung und Angebotsreduzierung drei Säulen der neuen Gesundheitspolitik, die hier zur Anwendung kommen.

Der Aktionsplan macht deutlich, dass neben der Aufklärung in Schule und Elternhaus auch Handel und Gewerbetreibende ihrer Verantwortung für die Einhaltung der Jugendschutzvorschriften nachkommen müssen.

(Beifall der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Denn Getränke, die erst ab einem Alter von 18 Jahren zu erwerben sind, dürfen auch erst an 18-Jähriger verkauft werden. Aber offensichtlich ist vielen Jugendlichen, Eltern und sogar Verkäuferinnen und Verkäufern nicht klar, dass zu dieser Sorte Getränke auch Alcopops gehören.

Die verantwortlichen Politiker in Berlin planen außerdem eine neue Sonderabgabe oder zusätzliche Steuern für die neuen Designerdrinks. Ziel ist es, den Preis dieser Mixgetränke so zu verteuern, dass sich Kinder und Jugendliche diese schlichtweg nicht mehr leisten können; Frankreich ist mit seinem Erfolg in der Verdrängung dieser Produkte erwähnt worden.

Ich begrüße ausdrücklich diese Diskussion über die Verteuerung der Alcopops, wobei genau diskutiert werden muss, ob es Abgaben oder Steuern sein sollen. Meine Recherche in Berlin hat ergeben, dass dort zurzeit sehr differenziert diskutiert wird. Dort wird abgewogen. Dort werden EU-rechtliche Aspekte berücksichtigt. Und sollte sich der Bundestag für eine Abgabe entscheiden, dann können diese Einnahmen

natürlich so, wie es in Ihrem Antrag steht, Frau Tengler, spezifisch für die Suchprävention ausgegeben werden.

Sollte es aber eine Steuer werden, so fließen diese Mehreinnahmen in den allgemeinen Haushalt. Aber auch dann gibt es eine moralische Pflicht des Gesetzgebers, dass für Präventionsmaßnahmen in unserem Land ausreichend Mittel zur Verfügung stehen.

Die Diskussion ist also in vollem Gange. Hier ist nichts verschlafen worden. Es ist nichts angekündigt worden, was nicht auch eingehalten worden ist. Wir werden das Gesetz nicht in Schleswig-Holstein machen, aber in einer Ausschussberatung können und müssen wir uns einmischen und den Berliner Kurs unterstützen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Hinrichsen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es kommt selten vor, dass sich der SSW in drogenpolitischen Fragen mit der CDU einig ist. Zu unterschiedlich sind in den meisten Fällen unsere politischen Lösungsansätze gewesen; dies betrifft insbesondere die Problematik von weichen Drogen.

Deshalb gibt es für uns heute eine landespolitische Premiere. Denn der SSW kann den vorliegenden Antrag der CDU zu den so genannten Alcopops ohne Wenn und Aber unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist unserer Meinung nach offensichtlich, dass der Verzehr der so genannten Alcopops, den Mixgetränke mit Spirituosen, äußerst problematisch ist. Die Ursache ist eindeutig darin zu suchen, dass die Alkoholmenge in diesen Mixgetränken nicht klar ersichtlich ist - außer man liest das Kleingedruckte auf dem Etikett. Darüber hinaus verdeckt das fruchtig-süße Aroma dieser Mixgetränke den Alkoholgehalt von bis zu sechs Prozent.

Als Folge davon gibt es leider noch weitere Beispiele von starkem Alkoholmissbrauch Jugendlicher. Klar ist also: Es muss etwas geschehen, um diesen Missbrauch zu bekämpfen.

Die Entwicklung des erweiterten Alkoholmissbrauchs

(Silke Hinrichsen)

bei Jugendlichen ist das Ergebnis einer gezielten Marketingstrategie der Alkoholindustrie,

(Beifall der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])