Protocol of the Session on January 22, 2004

Bei Heide/Meldorf beträgt das wirtschaftliche Ergebnis dann nicht 825.000 € plus, sondern 160.000 € minus. Für das, was Sie in Ihrem Bericht geschrieben haben, haben Sie wahrscheinlich ein sehr gutes Informationssystem, das immer wiederkehrende Texte schreiben kann. Im Bericht steht, die wirtschaftlichen Vorteile wiegen schwerer als die Nachteile für die Betroffenen und die organisatorischen Nachteile. Es gibt keine wirtschaftlichen Vorteile, aber die Nachteile für die Betroffenen und die organisatorischen Nachteile bleiben. Das ist die Konsequenz aus diesem Bericht.

Ich stelle fest: Bei objektiver Anwendung der vier Grundrechenarten gibt es keine wirtschaftlichen Vorteile. Deshalb ist diese Struktur wirklich absoluter Murks. Ich beantrage die Überweisung des Berichts an den Finanzausschuss. Gleiches gilt für die beiden Anträge, die dazu gestellt worden sind.

Herr Minister, ich würde mir wünschen, dass Sie noch einmal zu einer neuen Überlegung hinsichtlich dieser Struktur kommen und dass wir vielleicht gemeinsam die Einnahmemaßnahmen vollziehen, weil

(Rainer Wiegard)

sie sinnvoll, gut und richtig sind. Ich würde mir wünschen, dass wir die Ausgaben so lange strecken, bis wir zu einem wirklichen neuen einfacheren Steuersystem kommen. Wir beide haben uns lange darüber unterhalten und sind uns im Grundsatz einig. Wir sind uns einig, dass es möglich sein muss, im Jahre 2004 zu diesen Ergebnissen zu kommen. Dann können wir auf der Basis eines neuen einfacheren und transparenteren Steuerrechts eine neue Steuerverwaltung in unserem Land organisieren, die mit deutlich weniger Personal an deutlich weniger Standorten auskommt. Das muss unser gemeinsames Ziel sein!

(Anhaltender Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile Frau Abgeordneter Kähler das Wort.

Herzlichen Dank Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man dem Redebeitrag des Kollegen Wiegard zugehört hat, dann kann man nur sagen, er hatte zwar keine Zähne im Maul, aber er wollte auf jeden Fall versuchen, „La Paloma“ zu pfeifen.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Das ist unglaublich!)

Ich muss ganz ehrlich sagen: Das ist ein ungerechtfertigter Redebeitrag, der sich nicht ein einziges Mal mit eigenständigen Vorschlägen, wie man die Alternative haben will, befasst.

(Zuruf des Abgeordneten Rainer Wiegard [CDU])

- Ja, darauf komme ich. Das ist schon bemerkenswert. Ich möchte mich jetzt ausschließlich sachlich mit dem eigentlichen Thema der Strukturreform der Finanzämter beschäftigen. Wir hatten bereits am 27. November vergangenen Jahres durch den Herrn Minister im Finanzausschuss zur Situation der Verwaltungsstrukturreform - insbesondere zur Reform zur Struktur der Finanzämter - einen mündlichen Bericht bekommen, den wir als Finanzausschuss noch einmal in schriftlicher Form erbeten hatten. Darüber hinaus hatte ich erbeten, dass wir zeitgleich eine schriftliche Beantwortung der Fragen erhalten, die der örtliche Personalrat des Finanzamts Eutin an den Finanzminister gestellt hatte.

Mit dem Umdruck 15/4016 ist dieser Bitte per 3. Dezember 2003 nachgekommen worden und dieser Bericht enthält bereits sowohl die Entscheidungskriterien als auch die Grundsätze zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, Synergieeffekte, finanzielle Auswirkungen bei Zusammenlegung, die Begründung der Maß

nahmen im Einzelnen sowie die Beantwortung der Fragen des Eutiner Personalrats. Also hätte man davon ausgehen können, dass es zunächst einmal alles in allem ein sehr konkreter Informationsbericht ist.

Nun kann ich sehr wohl die Enttäuschung einiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstehen, dass nun ausgerechnet ihr Finanzamt im Gegensatz zu Husum und Schleswig in andere Finanzämter übergeleitet werden soll. Aber man muss zur Kenntnis nehmen, dass eine Fortsetzung des Betriebes dieser Ämter in unmittelbarer Nachbarschaft zum nächsten Finanzamt dem Ziel einer landesweit gleichmäßigen Verteilung der Standorte entgegenstünde.

Gleichwohl kommt hinzu, dass sich aus der Unterlage, die uns bereits im Dezember zugegangen ist, für die Beschäftigten, insbesondere für die Teilzeitbeschäftigten die Möglichkeit einer sozial verträglichen Lösung ergibt.

Wir waren uns im Finanzausschuss eigentlich auch darüber einig, dass der Umdruck 15/4016 im Januar noch einmal im Finanzausschuss aufgerufen werden sollte, um die Nachfragen beantwortet zu bekommen, da es zwischenzeitlich auch Schreiben diverser Art von Betroffenen vor Ort gegeben hat

Ich muss jetzt allerdings sagen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition: Wir alle haben doch für unsere Fraktionen formuliert, dass es bei der Verwaltungsstrukturreform keine Tabus geben darf

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und dass alles auf den Prüfstand kommen muss.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das gilt aber nicht für die CDU!)

Deshalb habe ich eine Frage insbesondere aufgrund des Redebeitrages von Kollege Wiegard: Könnte es vielleicht sein, dass Sie wieder einmal einen verbal geäußerten Anspruch geäußert haben, sich dann aber in die Büsche schlagen, wenn dieser umgesetzt werden soll?

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das würde mich - offen gestanden - persönlich sehr enttäuschen.

Im Laufe der letzten Wochen haben wir alle zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Aufgabe bestimmter Standorte in die Kritik geraten ist. Ja, das ist so. Das reicht bis hin zu Unterstellungen gegenüber dem Finanzminister. Wir sollten hier zumindest als Kolle

(Ursula Kähler)

gen im Parlament dazu beitragen, den Ball flach zu halten, und uns gerade bei Strukturreformen, die beileibe nicht einfach sind, ausschließlich an Fakten halten.

Der Heider Bürgermeister fährt schwere Geschütze gegen den Minister auf und unterstellt ihm ausschließlich persönliche Gründe für die Entscheidung, Meldorf als Standort zu stärken. Er spricht in diesem Zusammenhang von der Arroganz der Macht. Ich halte das wirklich für einen unglaublichen Vorgang.

Der Personalrates des Finanzamtes Eutin sagt in seinem Schreiben dem Minister ein unseriöses Zahlenwerk nach und stellt ein anderes Ergebnis seiner Wirtschaftlichkeitsberechnung an. Ich finde, Herr Minister, dass wir dieses Zahlenwerk mit unseren Unterlagen im Finanzausschuss gegenchecken sollten und dass wir prüfen sollten, wie diese unterschiedliche Kostenberechnungsgrundlage zustande kommt.

Wiederum andere argumentieren mit den Worten „nicht bürgerfreundlich“.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sollten uns im Finanzausschuss über die unterschiedlichen Berechnungen ein Bild machen und unsere Empfehlung dann formulieren und dazu gehört dann auch Ihre, Herr Kollege Steincke, sehr umfangreiche Vorlage mit den alternativen Vorschlägen, die Sie für Heide beziehungsweise Meldorf gemacht haben.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW])

Aber jeder von uns, der glaubt, er müsse sich aus welchen Gründen auch immer vor einer Entscheidung drücken, muss erklären, wie er denn Strukturen überhaupt verändern und modernisieren will, wenn er dann noch sagt, es dürfe keine Tabus geben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist mir unverständlich, dass man genau in dem Moment, in dem gehandelt werden soll, genau das Gegenteil von dem tut, was man vorher gesagt hat. Ich habe es schon einmal hier gesagt: Man kann hier nicht die frei Liebe predigen, gleichzeitig aber sagen: Das darf aber nicht für meine Familie gelten.

(Zuruf von der CDU: Wie war das denn ge- meint?)

Für unsere Fraktion ist es auf jeden Fall selbstverständlich, dass die unterschiedlichen Kostenberechnungen bei er Entscheidung einzubeziehen sind. Aber ich betone auch, dass wir im Rahmen der Fortentwicklung der Verwaltungsstrukturreform nach Auflösung der OFD auch die Reform der Struktur der

Finanzämter ausdrücklich begrüßen, um die Steuerverwaltung zu optimieren; das haben wir in unserem Antrag formuliert.

Zu dem Antrag der CDU möchte ich gerne Folgendes sagen; er ist uns ja erst nach der Mittagspause zugeleitet worden: Sie schreiben in Ziffer 1 Ihres Antrages, die kostenwirksamen Maßnahmen der derzeit vorgesehenen Strukturreform der Finanzämter in Schleswig-Holstein sollten ausgesetzt werden und insbesondere sollten keine neuen Standortbindungen eingegangen werden.

Herrgott sakra! Wollen Sie denn immer nur alles aussitzen und abwarten? - Beim Ministergesetz wollten Sie abwarten, bis der Bund irgendwelche Entscheidungen getroffen hat. Dann hat es Ihnen zu lange gedauert und Sie haben gesagt, der Minister habe nicht agiert und nicht früh genug gearbeitet.

Diesen Punkt werden wir auf keinen Fall mittragen. Daher bitte ich, dass wir über diese Ziffer 1 hier abstimmen.

(Beifall der Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD] und Silke Hinrichsen [SSW])

Bezüglich Ziffer 2 rennen Sie bei uns offene Scheunentore ein, weil dieses Anliegen - diese personelle Verstärkung - auch von uns im Finanzausschuss immer so formuliert worden ist.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD])

Da sind wir uns einig. Da sagen wir: Da muss mehr getan werden. - Dem stimmen wir zu.

Nun kommen wir zu Ziffer 3. Da formulieren Sie, dass man nach Abschluss einer erfolgreichen Umsetzung eine künftige Steuerverwaltung mit weniger Personal und weniger Standorten haben werde. - Wat nu? Das ist jetzt etwas schwierig zu verstehen. Denn im Absatz davor wollen Sie das Personal verstärken. Dann wollen Sie es aber mit weniger Personal machen.

Okay, ich schlage ich Ihnen jetzt Folgendes vor: Den dritten Absatz überweisen wir in den Finanzausschuss. Dem zweiten Absatz stimmen wir jetzt zu und den ersten Absatz lehnen wir ab.

Lassen Sie mich abschließend noch etwas sagen: Haben Sie doch mit uns allen den Mut, Entscheidungen mitzutragen - Strukturreformen sind immer schwierig und immer sind Menschen davon betroffen; das weiß ich auch -, bei denen es darum geht, zur Verschlankung beziehungsweise zur Strukturveränderung im öffentlichen Sektor beizutragen. Lassen sie uns gemeinsam im Ausschuss dieses sehr genau dis

(Ursula Kähler)

kutieren und uns dann unsere Entscheidung der Landesregierung klarmachen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)