Nun zur Situation, Herr Minister. Ich kann nur sagen: So schnell, wie Sie Ihre Pirouetten drehen, so schnell können wir alle überhaupt gar nicht gucken. So schnell, wie Sie Ihre inhaltlichen Aussagen ändern, in den letzten Wochen, Tagen, Stunden - das ist ein unglaublicher Vorgang.
Meine Damen und Herren, ein Motto haben Sie: Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt! - Das, Herr Minister, war Ihre Ansage an die Menschen auf Eiderstedt. Das war Ihre zentrale Botschaft auf der Veranstaltung in Garding in der Dreilandenhalle am 26. November.
Das ist letztlich auch ursächlich dafür, dass die Menschen heute gesagt haben: Wir lassen es uns nicht mehr gefallen. Wir lassen nicht mehr so mit uns umgehen. Wir nehmen uns die Zeit und machen uns die Mühe und fahren nach Kiel, um deutlich zu machen, dass es im Land so nicht weitergehen kann.
Ich sage Ihnen noch eines an dieser Stelle: Sie meinen, die Kollegin Sassen an dieser Stelle angreifen zu können. Das war mehr als primitiv.
Ihr Auftritt in Garding war wirklich peinlich. Sie mussten bezüglich fachlicher Dinge öffentlich durch Ihre Abteilungsleiterin korrigiert werden. Das muss hier noch einmal gesagt werden, obwohl es ursprünglich gar nicht in meiner Rede gestanden hat.
Kurz zusammengefasst zu Ihren Alternativen. Herr Minister, wenn wir heute zu einer Korrektur kommen, können wir im Weiteren darüber reden.
Bis heute Vormittag lautete Ihre Meinung aber: Entweder flächendeckend, also von allen Landwirten unterzeichnete langfristige Verträge, sonst - ich zitiere wörtlich aus dem „Bauernblatt“ vom 6. Dezember - „sind wir verpflichtet, Eiderstedt als Schutzgebiet auszuweisen“.
Ihr heutiges Angebot, Herr Minister, werden wir sicherlich prüfen - ich komme gleich darauf zurück -, weil ein grundsätzlicher Unterschied weiterhin bestehen bleibt.
Lieber Herr von Hielmcrone, Sie sagten eben: Der Minister kann nun plötzlich in Brüssel etwas ausrichten. - Wir haben das in den letzten Sitzungen im Ausschuss und hier im Parlament ganz anders gehört, auch vom Herrn Kollegen Nabel. Da gab es keinen Ermessensspielraum. Wir wurden für dumm hingestellt, als wir das gesagt haben. Heute soll das plötzlich ganz anders sein?
Das, was Sie mit den Eiderstedterinnen und Eiderstedtern gemacht haben, nenne ich schlicht Erpressung. Der Fall Eiderstedt steht letzten Endes nur stellvertretend für viele andere Fehler bei der Umsetzung von NATURA 2000 in Schleswig-Holstein.
Jetzt komme ich zum grundsätzlichen Unterschied und der bezieht sich, lieber Lars Harms, auch auf den Antrag des SSW.
Sie haben deutlich gemacht, dass Sie im Grundsatz gar nicht mehr bereit sind, über die Frage zu diskutieren, ob Eiderstedt überhaupt ausgewiesen werden muss. Das ist es aber genau, was gefordert wird und dafür gibt es gute Gründe. Ich komme noch darauf zurück.
Warum haben Sie den Menschen auf Eiderstedt das Angebot nicht schon am 26. November und eigentlich schon viel früher gemacht, das für die Eiderstedter auch annehmbar wäre? - Das war ein nicht wieder gutzumachender Fehler! Sie haben einmal wieder so viel Porzellan zerschlagen, dass es in Jahren nicht wieder zu kitten ist.
Kernfrage ist und bleibt - auch wenn Sie anderer Meinung sind -, ob Eiderstedt tatsächlich die Kriterien so erfüllt, dass es flächendeckend als Vogelschutzgebiet gemäß Artikel 4 der Vogelschutzrichtlinie zwingend gemeldet werden muss.
Kernfrage ist auch, aufgrund welcher Daten und Fakten sowie nach welchen rechtlichen und fachlichen Bewertungen Sie zu der Entscheidung gekommen sind, ganz Eiderstedt als Vogelschutzgebiet melden zu müssen. Leider sind beide Kernfragen auch durch die beiden dünnen Berichte, die Sie hier vorgelegt haben, nicht ausreichend beantwortet worden. Stattdessen wird in immer erschreckenderer Weise deutlich, wie unverantwortlich schlampig Sie bisher gearbeitet und argumentiert haben.
Hier drängt sich der Verdacht auf, dass Sie schon lange - noch bevor Sie sich über die naturschutzfachlichen und juristischen Bewertungen Klarheit verschafft haben - im Kopf hatten: Eiderstedt muss Vogelschutzgebiet werden!
Offensichtlich hat Sie das Schreiben der EUUmweltkommissarin Wallström vom April 2003 so in Panik versetzt, dass Sie Ihren sonst doch durchaus vorhandenen Verstand verloren haben.
Zutreffend ist, dass die Kommissarin in diesem Schreiben harsche Kritik an der mangelhaften Umsetzung der EU-Richtlinie - insbesondere auch in Schleswig-Holstein - übt. Ich zitiere:
„Die Kommission kann daher heute - mehr als 20 Jahre nach Erlass der Vogelschutzrichtlinie - nicht akzeptieren, wenn Mitgliedstaaten eine unzureichende Ausweisung von
besonderen Schutzgebieten mit dem Hinweis auf Erkenntnisdefizite rechtfertigen. Sollten den zuständigen Stellen trotzdem entsprechende Kenntnisse über Vogelvorkommen zur Umsetzung wissenschaftlicher Konzepte fehlen, so können entsprechende Daten zumindest den IBA-Listen entnommen werden.“
Deutlich wird hier Ihrer Regierung, Frau Ministerpräsidentin, ins Stammbuch geschrieben, dass die bisherigen Meldungen Schleswig-Holsteins keineswegs auf einem systematischen wissenschaftlichen Konzept beruhen,
Herr Minister, kommen Sie hier nach vorne und schildern Sie im Detail Ihr Fachkonzept. Das, was Sie hier gestern vorgelegt haben - -
- Dass Sie das hier noch hochhalten mögen, ist wirklich eine Lachnummer. Dass Ihnen das nicht peinlich ist!
Dieses wird noch von der Auffassung der Kommission getoppt, wonach - so sagt es auch die Kommission - „in Schleswig-Holstein noch nicht einmal die eigenen Prüfkriterien angemessen umgesetzt" wurden. Noch nicht einmal das haben Sie geschafft!
Keineswegs gibt das Schreiben von Wallström her, dass für die Trauerseeschwalbe auf Eiderstedt ein umfassendes Vogelschutzgebiet zwingend ausgewiesen werden müsse.