Protocol of the Session on December 11, 2003

Jede Verbesserung unserer Finanzsituation setzt Wirtschaftswachstum voraus. Ich möchte an ganz wenigen Beispielen erläutern, welche Impulse wir ohne viel Geld setzen können, um wieder Wirtschaftswachstum zu erreichen. Dazu müssen insbesondere die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung verbessert werden. Ich nenne einige wenige Punkt.

Die wirtschaftlichen Studiengänge sind viel stärker als bisher auf zukünftige Selbstständigkeit auszurichten. Noch immer sind erfolgreiche Unternehmer als absolute Ausnahme als Hochschullehrer in Kiel oder anderen Städten tätig. Die Hochschulen müssen sich stärker als bisher auf die zukünftigen Berufsbilder ausrichten.

(Zurufe von der SPD)

- Es geschieht aber leider nicht. Sie tun es doch nicht! Sie reden doch nur!

(Klaus-Dieter Müller [SPD]: Selbstverständ- lich tun wir es!)

Will ein Ingenieur zum Beispiel Spezialist werden, so muss er eine ganz intensive Ausbildung in seinem Fach erhalten, und will er in den managementorientierten Ingenieurbereich gehen, dann muss er eben kulturelle und geistige Hintergründe besser lernen. Das geschieht zu wenig. Die Kluft zwischen Erfindern und produzierenden Unternehmern ist nach wie vor viel zu groß. Trotz aller Technologiebörsen sind die Erfinder in dem Gestrüpp von Bürokratie oft hilflos. Ich kann das aus eigener Erfahrung als Innovationsberater an vielen Beispielen belegen, die ich jetzt leider nicht nennen kann.

Die Erfinder müssen besser geschützt werden. Das Anmeldeprozedere muss entscheidend entschlackt werden. Es muss auch für den Außenseitertüftler bezahlbar sein. Im Erfolgsfall muss der Erfinder steuerlich bevorzugt behandelt werden. Dies sind alles Dinge, die neue Impulse für die Wirtschaft bringen können.

Die geistigen und gesetzlichen Rahmenbedingungen für neue Technologien müssen so gestaltet werden, dass die Innovationsfeindlichkeit zunehmend durch Innovationswillen und Innovationsfreundlichkeit ersetzt wird. Auch das ist ein Prozess. Ich nenne nur das Stichwort Transrapid, könnte aber Dutzende von

Beispielen danebenstellen, bei denen Innovation von unserer Regierung einfach zu wenig gefördert wird.

(Beifall bei CDU und FDP - Zurufe von der SPD)

Wir brauchen mehr privates und auch staatliches Chancenkapital. Ich betone dieses Wort. Immer wieder reden wir von Risikokapital. Das ist schon von der Einstellung her ein falscher Begriff. Wer in der Förderung irgendeiner politischen, wirtschaftlichen, sozialen oder auch industriellen Idee keine Chance, sonder ein Risiko sieht, der wird von vornherein keinen Erfolg haben können. Deswegen müssen wir die Begriffe auf diesem Feld richtig stellen.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich bin gleich fertig. - Wir müssen nicht zuletzt auch den Begriff der Elite endlich wieder positiv besetzen. Denn ohne Eliten wird es keine positive wirtschaftliche und damit keine positive finanzielle Entwicklung unseres Landes geben.

(Lebhafter Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat die Frau Abgeordnete Eisenberg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Mich wundert es immer, wenn Rot-Grün die eigene Bildungspolitik lobt. Ich frage mich dann, ob die Regierungsfraktionen möglicherweise an Wahrnehmungsstörungen leiden oder wann Sie wohl das letzte Mal im Bereich der Schule tätig gewesen sind.

Meine Damen und Herren, ich will Sie auf etwas hinweisen. Manchmal ist es ganz sinnvoll, sich ein paar Zahlen anzuhören. Die Ausgangslage sieht wie folgt aus: Wir alle hier haben vor eineinhalb Jahren gesagt, die Grundschule sei die Basis dessen, was wir im Bildungssystem wollten. In der Grundschule wird Unterricht nur noch zu 90,4 % gegeben. In der Hauptschule wird der Unterricht nur noch zu 86,8 % gegeben. 14 % Unterricht werden also grundsätzlich schon nicht gegeben. Hinzu kommen die berühmten 5,2 % Unterrichtsausfall, die jetzt auf Veranlassung von Frau Simonis über die Initiative „Jede Stunde zählt“ behoben werden soll. Es bleibt aber die Fehl

(Sylvia Eisenberg)

versorgung in dem Grundbereich. An sie müssen wir herangehen. Diese Fehlversorgung im Grundbereich ist wesentlich größer als der Unterrichtsausfall über Krankheit oder Sonstiges. Das ist unser Problem.

Frau Simonis, wir haben sehr wohl gesagt, wie wir möglicherweise an die Lehrerstellen kommen. Wir als CDU sind pragmatisch vorgegangen. Wir sind so vorgegangen, wie Sie, Frau Simonis, bei der Initiative „Jede Stunde zählt“ vorgegangen sind. Sie haben sich nämlich den Bericht des Landesrechnungshofs vorgenommen und gefragt: Was sagt der Landesrechnungshof? Wie kann ich möglicherweise zu einer Verringerung des Unterrichtsausfalls kommen? Wir sind ähnlich wie Sie vorgegangen und haben gefragt: Wie kommen wir zu einer Verbesserung der Unterrichtsversorgung? Wie kommen wir dazu, die Grundversorgung wirklich zu verbessern und zu erhöhen?

Wir haben überhaupt nichts dagegen, wenn - wie der Landesrechnungshof vorgeschlagen hat - Oberstufen von Gesamtschulen, die weniger als die Mindestschülerzahl aufweisen, um überhaupt eine Wahlfreiheit garantieren zu können, den entsprechenden Gymnasien angegliedert werden.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Spoorendonk?

Nein, ich gestatte keine. - Ich habe nur drei Minuten. Außerdem bin ich gleich am Ende meiner Rede.

Das ist für uns der Ansatz, aus dem wir pragmatisch sagen: Wir können nicht alle Stellen, die wir unbedingt haben müssen, neu schaffen. Wir brauchen im Grundschulbereich 250 Stellen. Wir brauchen im Hauptschulbereich 250 Stellen. Wir brauchen für Ganztagsschulen mindestens 150 Stellen. Wir brauchen mindestens 100 Stellen für berufliche Schulen. Ich kann Ihnen das aufzählen. - Wir brauchen insgesamt 1.000 Stellen. Das ist berechnet. Wenn Sie sagen, wir bräuchten diese nicht, leiden Sie an einer Wahrnehmungsstörung. Sie wissen wie wir, dass diese Lehrerinnen und Lehrer nicht auf dem Markt sind, weil diese Landesregierung es versäumt hat, rechtzeitig für Nachwuchs zu sorgen.

(Lachen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Aber natürlich! Seit eineinhalb Jahren,

(Glocke der Präsidentin)

meine Kollegen von der linken Seite, seit zwei Jahren sitzen wir hier und sagen: Wir brauchen Nachwuchs im Berufsschulbereich.

(Glocke der Präsidentin)

- Ja, ich komme zum Ende.

Frau Abgeordnete, Entschuldigung. Wenn die Glocke klingelt, bitte ich um einen Moment Unterbrechung. - Ich bitte Sie jetzt, zum Schluss zu kommen und Ihren letzten Satz zu formulieren.

So ist es. - Wir brauchen Nachwuchs im Grund- und Hauptschulbereich und im Berufsschulbereich. Sie haben das ständig geleugnet. Jetzt stehen wir da und haben diese Lehrer bei weitem nicht. Auf diese Art und Weise könnten wir einen Teil der von uns geforderten 1.000 Lehrer durchaus erwirtschaften. Ich stehe auch hinter dieser Forderung in dem Rahmen, den ich genannt habe. Das ist ein pragmatischer Ansatz.

(Beifall bei der CDU)

Ich weise noch einmal daraufhin, dass die Glocke des Präsidenten oder der Präsidentin keine Hintergrundmusik ist. Ich bitte doch sehr um etwas mehr Disziplin.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Schröder.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem Theater, das wir heute hier in diesem hohen Haus erlebt haben - das ging heute Morgen schon los -, bleibt im Prinzip nur, ein Fazit zu ziehen: Lieber 20 Jahre und mehr eine Ministerpräsidentin Heide Simonis als auch nur einen Tag HarryPeter Carstensen und diese Truppe, die wir heute hier erlebt haben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Unglaub- lich! - Weitere Zurufe von der CDU)

(Bernd Schröder)

Wir erleben in Berlin eine Diskussion um die größten Reformen der Nachkriegsgeschichte.

(Zuruf des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

- Herr Kollege, manchmal sind Sie nicht hier, wenn es um Autobahnprojekte geht. Darum sollten Sie sich in Ihrem Wahlkreis auch einmal kümmern.

Wir erleben in Berlin große Reformprojekte. Wir sehen die Rollen, die dort alle spielen. Wir erleben, wie alle um eine Lösung ringen. Ich finde es nicht in Ordnung, wenn sich Vertreter der Opposition hier hinstellen und diesen Anstrengungen der Regierung, der Mehrheitsfraktion in diesem Land, die Wirkung absprechen, die wir zum Beispiel bei „ZIP“, aber auch beim Regionalprogramm anstreben und sehen.

(Zurufe von der CDU)

Die Fachleute - sie alle wissen das; darüber reden wir auf Bundesebene - fordern, eine größere Neuverschuldung einzugehen, um die Konjunktur anzukurbeln. Das tun wir sogar.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD])

Wenn wir trotz schwieriger Bedingungen 100 Millionen € in das Zukunftsinvestitionsprogramm packen und erwarten, dass bis zu 800 Millionen € an Auftragsvolumen in die Wirtschaft fließt, und zwar bei einer Auftragslage, die Arbeitsplätze sichert, die neue Arbeitsplätze schafft und die ein Stück Hoffnung in dieses Land bringt, dann ist das eine politische Aussage in diesem Haus und die Grundlage für dieses Programm.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Wenn Sie sich das Regionalprogramm mit seinen Veränderungen, mit dem Schwerpunkt im Tourismus, mit weiteren 130 Millionen € und mit über 200 Infrastrukturmaßnahmen angucken, stellen Sie fest, das auch dies ein Stück Zukunft und ein Stück Hoffnung ist. Das ist die Basis für eine erfolgreiche Politik in diesem Land. Davon lassen wir uns nichts wegreden.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)