Protocol of the Session on November 14, 2003

Erstens: Landesbauordnung. Wir haben die Landesbauordnung so geändert, dass die Überprüfung der Bauanträge nicht mehr von der Behörde gemacht wird. Das ist eine ganz gravierende Entbürokratisierung. Obwohl die Kommunen dadurch erheblich Geld gespart haben, haben wir nicht gesagt, wir wollen Geld von ihnen haben, sondern wir haben ihnen das sozusagen „geschenkt“. Das hat natürlich dazu geführt, dass jetzt die Architekten verantwortlich sind und im Zweifelsfall die Architekten beklagt werden können, wenn die Bauanträge nicht in Ordnung sind. Das war eine große Entbürokratisierung, die wir übri

gens unter einer grünen Bauministerin eingeleitet haben.

Zweitens: Statistiken. Wir haben uns in den letzten Jahren massiv dafür eingesetzt, die Zahl der Statistiken und die Frequenzen der Statistiken zu reduzieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau das haben wir gemacht und das war auch ein Grund dafür, dass beim Statistischen Landesamt gespart werden konnte. Auch die vielen Beispiele im Bereich der Justiz, von denen ich vorhin geredet habe, haben mit der Änderung der Arbeitsorganisation, dem Wegfall von Aufgaben, dem Ersetzen von Aufgaben durch elektronische Datenverarbeitung und dergleichen zu tun. Glauben Sie denn, wir hätten Hunderte und Tausende von Leuten nur dadurch eingespart, dass wir einfach sagen, wir nehmen die Leute weg? Nein, hinter jeder eingesparten Arbeitskraft stehen komplexe Arbeitsabläufe, die geändert werden müssen, wo Aufgaben eingespart werden, Analysen durchgeführt werden und so weiter.

Drittens: Agrarsubventionen. Bei den Agrarsubventionen sind zurzeit Hunderte Menschen damit beschäftigt, die Abrechnungen zu machen. Das neue Konzept, das Minister Müller vorgelegt hat, bedeutet eine gravierende Reduzierung dieser Arbeit, weil in Zukunft nur noch nach der Fläche gefördert wird. Damit würde wahrscheinlich über die Hälfte der Arbeit, die zurzeit zur Verteilung dieser Subventionen anliegt, wegfallen. Der Minister hat das auf dem Bauerntag vorgestellt.

Was ist passiert? - Die Union war wiederum die, die das Ganze blockiert,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei SPD und SSW)

und das, obwohl selbst in Bayern genau das Gleiche gemacht wird, das wir hier vorgeschlagen haben, weil auch die Bayern erkannt haben, dass sie Hunderte von Beamten einsparen können.

Herr Greve, das ist das dritte Beispiel dafür, dass inhaltliche Arbeit und Verwaltungsstrukturreform eng zusammenhängen und in der Regel zu einer Verbesserung der Qualität führen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Abschließend noch etwas zu den Kommunen und zur Zahl der Standorte! Sie haben gesagt, die Grünen haben eine Demonstrationsvergangenheit. Ja, das haben wir. Aber der Unterschied besteht darin: Wir demonstrieren für Kindergärten, wir demonstrieren für Schulen, wir demonstrieren für die Umwelt, aber

(Karl-Martin Hentschel)

wir demonstrieren nicht für verkrustete Strukturen in der Verwaltung. Das tut nur die CDU.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei SPD und SSW)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Genosse Nabel, wenn das die Argumentationslinie ist, dass meine Position die zwischen Haider und Schill ist, dann weiß ich genau: Du weißt gar nicht, was Schill ist, und du weißt auch gar nicht, was Haider ist, du redest einfach nur dummes Zeug.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das ist das Niveau, mit dem wir uns hier demnächst weiter beschäftigen werden.

(Ursula Kähler [SPD]: Das Niveau gibst du doch vor! - Zurufe)

Zur Sache selbst! Frau Heinold, ich kann mich noch daran erinnern, dass, als wir die Privatisierungsdiskussion geführt haben, die Roten und die Grünen vor der Tür gestanden und gesagt haben: Privatisierung ist Verelendung der werktätigen Bevölkerung.

(Beifall bei der FDP)

Das sei ganz schlimm, wir Liberalen wollten die Ellenbogengesellschaft, Massenentlassungen, Lohndumping, was auch immer. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Ich stand hier vorm Landeshaus und bin von der Deutschen Postgewerkschaft ausgepfiffen worden, weil ich der Einzige war, der gesagt hat: Wir brauchen Privatisierung und Flexibilisierung.

Wir machen dauernd Vorschläge, zu denen ich von den Grünen höre, sie seien frauenfeindlich, unsozial, umweltschädlich, was auch immer. Das mag ja alles sein, aber wir machen jedenfalls Vorschläge, von denen wir glauben, dass Verwaltungsarbeit dadurch effizienter gestaltet oder Aufgaben abgebaut werden können.

Ich habe auch heute wieder die Frage mit den Frauenförderplänen konkret angesprochen. Wir wollen einmal fragen, wie das von den Landesbehörden oder den nachgelagerten Einrichtungen eingehalten wird. Wir wollen einmal fragen, was das für ein zusätzli

cher bürokratischer Aufwand ist und was es eigentlich bringt.

Und was ist denn mit der Standardfreigabe, der Flexibilisierung der Standards bei den Kindertagesstätten? Ich will das jetzt von den Grünen hier wissen. Sie sollen sich hier hinstellen und uns sagen, ob sie dafür oder dagegen sind, und nicht so dicke Backen machen.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Ich möchte von Frau Heinold, von Herrn Hentschel hier und heute wissen, ob sie die Vorschläge, die Frau Erdsiek-Rave in den Raum gestellt hat, mittragen oder nicht.

Ich möchte Weiteres wissen. Ich will wissen, ob es die Position von Rot-Grün und der Regierung ist, dass das Landesamt für Verfassungsschutz aufgelöst und nach Berlin verlagert werden soll. Das ist ja richtig toll im Kampf gegen Rechts, wie ich überall gehört habe. Ich will wissen, ob das die Position der Regierung ist, ob wir uns darauf einstellen müssen, dass sich die Grünen hier durchsetzen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich will wissen, ob wir künftig Verfassungsschutzzusammenarbeit mit Hamburg machen wollen.

(Zuruf der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich finde es in diesem Hause mittlerweile ziemlich komisch, dass Sie CDU und FDP vorwerfen, dass sie in Hamburg mit Herrn Schill in einer Koalition sitzen, während Sie dauernd mit ihm Verträge schließen. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich - kann man da nur sagen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Sie müssen endlich aufhören mit dieser Form der Denunzierung, weil Sie da nicht weiter gehört werden.

Ich will wissen, ob es die Position der Sozialdemokratie ist - von Herrn Hentschel vorgeschlagen, er hat gesagt: das wollen wir als Regierungsfraktion machen -, dass wir künftig nur noch vier Großkreise haben sollen. Ich will wissen, ob das die Position der Sozialdemokraten ist.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

(Wolfgang Kubicki)

Da kann man sich nicht rausmogeln. Hier ist der Ort, an dem wir klären können, ob wir das, was der Kollege Hentschel gesagt hat, tragen oder nicht tragen. Das wollen wir jetzt wissen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen dem Präsidium nicht vor.

(Zurufe von CDU und FDP)

Doch, ein Dreiminutenbeitrag wird vom Herrn Kollegen Puls angemeldet. - Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage von Herrn Kubicki ist dahin gehend zu beantworten, dass ein Großteil der vom Kollegen Hentschel vorgetragenen Forderungen Einzelmeinung des grünen Teils der Koalitionsfraktionen ist. Das betrifft insbesondere die Auflösung des Amtes für Verfassungsschutz. Dafür gibt es keine einvernehmliche Koalitionsmeinung.

Das betrifft aber auch die Frage der Kommunalisierung der Schulen und das betrifft schließlich auch die von Herrn Hentschel schon mehrfach in den öffentlichen Raum gestellte große Kreisgebietsreform.

(Beifall bei SPD und FDP - Anhaltende Zu- rufe des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU]: Hentschel!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist guter Brauch des Hauses, dass sich diejenigen, die etwas sagen wollen, melden können. Ich stelle fest: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir haben die Tagesordnungspunkte 27 und 34 zur gemeinsamen Beratung aufgerufen. Wir stimmen zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU „Weniger Bürokratie, mehr Bürgernähe“, Drucksache 15/2993, ab. Es ist beantragt worden, diesen Antrag an den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem seine Zustimmung geben will, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist vom Haus einstimmig so beschlossen worden.

Dem von der Landesregierung abgegebenen Bericht über die aktuellen Entscheidungen zur Umorganisierung der Verwaltung lag ein Berichtsantrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN