Protocol of the Session on September 27, 2000

Ich sage Ihnen: Es ist richtig, dass man, nachdem man bestimmte stille Reserven aufgedeckt hat, über den Zeitpunkt des Verkaufs noch einmal nachdenkt. Der Zeitpunkt ist jetzt da, nachdem wir den Konzern bereinigt haben, einschließlich der Schleswig-Holsteinischen Landgesellschaft.

(Reinhard Sager [CDU]: Bereinigung! Das ist keine Bereinigung!)

Wir brauchen uns gar nicht darüber zu streiten. Bis zur Verabschiedung des Haushalts wird das Verfahren so weit vorangetrieben sein, dass wir so viele Bewerber haben, dass wir eine so genannte short-list aufstellen. Das werden alles Bewerber außerhalb des öffentlich-rechtlichen Dunstkreises sein.

(Thomas Stritzl [CDU]: Das wird eine ganz „shorte“ Liste!)

- Das werden wir dann ja sehen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das werden wir ja sehen!)

- Ja, das werden wir dann ja sehen.

Zum Haftkapital!

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Die WestLB kommt wieder!)

Ich habe hier ausdrücklich gesagt, es gehe um zwei Tatbestände. Beim laufenden Verfahren ist der Vergleich gescheitert. Daraus hätten wir auch Geld bekommen können. Es geht jetzt nicht um die Höhe der Vergütung für das Haftkapital, sondern darum, wie wir einem möglichen Verfahren gegen die Landesbank im Interesse der Landesbank präventiv entgegenwirken können.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Da fließen Ih- nen keine 200 Millionen DM zu! Machen Sie keinen solchen Unsinn! - Thomas Stritzl [CDU]: Als Präventionsabgabe!)

- Ich muss hier sagen: Sie sind vielleicht ein Schlauberger, Herr Kubicki. Entschuldigung!

Es geht um die Umwandlung des Haftkapitals in stimmberechtigtes Kapital, übrigens eine Anregung, die die EU gemacht hat.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Des Landes- eigentums!)

Auf diesen Weg begeben wir uns. Dass das geht, ist grundsätzlich geklärt.

(Martin Kayenburg [CDU]: Nur, Sie haben keinen, der das übernimmt!)

Wir sollten uns jetzt nicht im Plenum darüber streiten. Ich biete Ihnen an, gemeinsam mit Herrn Rümker noch vor der Sitzung des Finanzausschusses, in der wir den Einzelplan beraten, ein ausführliches Informationsgespräch über den Sachverhalt, über den Stand der Verhandlungen, die wir geführt haben, zu führen.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Aber nicht unter sechs Augen! Ein bisschen größer!)

Ich gebe zu: Es gibt die Möglichkeit, dass wir uns mit den Anteilseignern nicht verständigen. Für den Fall bin ich in der Pflicht, andere Deckungsvorschläge zu machen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Genauso!)

Aber bitte unterstellen Sie nicht, wir hätten hier nicht verfassungkonforme Vorschläge gemacht.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Selbstverständlich kann man in einen Haushalt erwartete Einnahmen einstellen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Aber wenn Sie wahrscheinlich nicht kommen, nicht!)

Auch Steuerschätzungen sind erwartete Einnahmen. Man weiß nicht genau, ob sie eintreten.

(Martin Kayenburg [CDU]: Haben Sie schon mal was von Wahrscheinlichkeit gehört?)

Da haben wir auch schon Überraschungen erlebt. Deshalb sollten Sie hier nicht mit Verbalinjurien um sich werfen. Ich biete Ihnen noch vor der Finanzausschusssitzung ein umfassendes Informationsgespräch gemeinsam mit Herrn Rümker an.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf und den Bericht der Landesregierung federführend dem Finanzausschuss und mitberatend den übrigen Fachausschüsse zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so angenommen.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Kötschau)

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung rundfunkrechtlicher Vorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/374

Ich erteile der Frau Ministerpräsidentin das Wort zur Begründung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat Ihnen einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die rundfunkrechtlichen Vorschriften geändert werden sollen. Es geht um den so genannten Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, den alle Länder gemeinsam ohne Aufgeregtheiten vereinbart und gemeinsam paraphiert haben. Ich bitte jetzt um Ihre Zustimmung, damit der Staatsvertrag Landesrecht werden kann.

Der Fünfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag veranlasst uns ferner, einige kleinere Anpassungen und Änderungen im Landesrundfunkgesetz vorzunehmen. Der Schwerpunkt des Ihnen vorliegenden Staatsvertrages betrifft dieses Mal den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Durch Anpassung der Rundfunkgebühr sollen sein Bestand und seine Entwicklung gesichert werden, so wie es das Bundesverfassungsgericht mehrfach gefordert hat. Die neue Gebührenhöhe ist ganz nach den Spielregeln festgelegt worden, die uns das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat. Die Länder des zu unterzeichnenden Staatsvertrages haben da keine politischen Spielräume. Das ist von uns in der Zwischenzeit akzeptiert und als gut befunden.

Eine unabhängige Expertengruppe, die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten - kurz KEF -, hat angehört, ermittelt und errechnet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass 3,33 DM monatlich mehr notwendig und somit auch zumutbar sind. Wie man auf eine solche Zahl kommen kann, weiß ich nicht. Ich hätte nicht gewagt, eine solche Schnapszahl vorzuschlagen, aber es ist das Ergebnis der langen Diskussion der KEF mit den Rundfunkanstalten.

Die Gebühr für den Rundfunkempfang beträgt dann monatlich 31,58 DM. Sie bleibt - obgleich sie nicht gerade niedrig ist - im Vergleich zu Zeitungsabonnements, Kinokarten, Internet-Surfen und VideoAusleihe für das Gebotene noch recht erträglich.

In einer Protokollerklärung haben die Regierungschefin und die Regierungschefs der Länder festgehalten, dass diese neue Gebühr für ARD und ZDF unbedingt bis Ende 2004 Bestand haben muss - keine zusätzlichen Kredite in dieser Zeit, keine Vorbelastung der

nächsten Gebührenperiode. Das dürfte für die beiden großen Anstalten der schwierigste Punkt des Vertrages sein. Denn wir wissen, dass einige Anstalten ihren Geldbedarf in der Zwischenzeit durch Kreditaufnahme zu decken versuchen. Ebenfalls durch Protokollerklärung ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk aufgefordert worden, seine Sparanstrengungen fortzusetzen, Rationalisierungsbemühungen und die Zusammenarbeit auf der Tagesordnung zu lassen, um Kosten zu sparen.

Im Landesrundfunkgesetz hat die bedeutsamste Änderung ebenfalls mit der Rundfunkgebühr zu tun. Durch die Gebührenerhöhung kommt ein Mehrbetrag von rund 1 Million DM in die Kassen von NDR und ULR, der im Rundfunkstaatsvertrag besonderen landesspezifischen Aufgaben gewidmet ist.

Mit dem Gesetzentwurf schlägt Ihnen die Landesregierung vor, diese Mehreinnahmen für NDR und ULR mit einem besonderen Auftrag zu verbinden, damit sie nicht einfach versickern. Ziel ist eine Verwendung des Geldes zur nachhaltigen Förderung des Medienstandorts Schleswig-Holstein im Interesse der Angebotsvielfalt und auch der beruflichen Möglichkeiten von jungen Künstlerinnen und Künstlern oder Medienschaffenden, die hier bei uns im Lande eine Möglichkeit finden. Wir können diesen Vorschlag machen, weil alle übrigen Aufgaben bei NDR und ULR ordentlich und voll finanziert sind und bleiben. Der einzelne Bürger spürt also faktisch nicht, dass er indirekt an der Förderung des Filmgeschehens beteiligt ist.

NDR und ULR sollen mit diesem Geld eine Beratungsstelle einrichten, die unter dem Dach der MSH Gesellschaft zur Förderung audiovisueller Werke in Schleswig-Holstein - angesiedelt werden kann und sollte. Die Beratungsstelle soll mit entsprechenden Einrichtungen der norddeutschen Länder zusammenarbeiten. Schleswig-Holstein ist schon öfter - darüber war in den „Kieler Nachrichten“ heute ein kurzer Hinweis zu finden - Dreh- und Produktionsort für Filme gewesen. Dieser Markt lässt sich noch stark ausbauen. Man muss nur eine gewisse Infrastruktur zur Verfügung stellen.

Die Beratungsstelle soll deshalb Produktionsunternehmen bei Standortfindungen beratend zur Seite stehen. Sie soll das Land Schleswig-Holstein als Drehort dort präsentieren, wo Film- und Fernsehschaffende zusammenkommen. Die Beratungsstelle ist für alle da, die in unserem Land Filmproduktionen herstellen wollen. Sie wird in diesem Bereich Schleswig-Holstein auf internationalen und nationalen Messen und Konferenzen vertreten. Die Beratungsstelle soll auch den privaten Rundfunkveranstaltern nutzen. Sie soll über neue Techniken und ihre programmlichen Nutzungs

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

möglichkeiten informieren und Innovationsberater sein.

Der Rundfunkänderungsvertrag wurde zwischen den Ländern zügig verhandelt. Das lässt mich hoffen, dass auch die bevorstehende Diskussion über eine grundlegendere Reform der Medienordnung erfolgreich verläuft. Das gemeinsame Rundfunkrecht muss an mehreren Stellen total überprüft und an die neuen modernen Möglichkeiten angepasst - also modernisiert - werden, damit es für die Zukunft weiter taugt. Dabei stehen auf der Tagesordnung: Medienkonzentrationsprüfung, die Struktur der Medienaufsicht insgesamt und die Frage, ob sie verändert werden muss, sowie die Frage, ob es eine Medienanstalt geben soll, die dezentral arbeitet oder sich die Aufgaben zentral stellt. Zu fragen ist auch, ob die Zulassung bundesweiter Medienangebote von einer Stelle oder - wie jetzt - regional von einem Land vergeben werden soll. Dabei blieben die Außenstellen in den Regionen für landesweite Programme zuständig. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

Die letzte Frage lautet, ob die Rundfunkgebühr angesichts der Gerätekonvergenz zu einem „Kommunikationsbeitrag“ modernisiert werden soll. Es ist langfristig nicht mehr aufrechtzuerhalten, dass ein PC, der Radiosendungen empfangen kann, nicht mit einer Rundfunkgebühr belegt wird, während für einen Radioempfänger - egal ob er gehört wird oder nicht - auf jeden Fall Gebühren bezahlt werden müssen.

Weitere Deregulierungen müssen diskutiert werden. Die Selbstverantwortung und Selbstkontrolle der Medienunternehmen müssen verstärkt werden. Wir müssen im Zeitalter des Internet ferner verhindern, dass beim Jugendschutz nachgegeben wird und die Jugendlichen Programme sehen oder empfangen können, die für sie nicht geeignet sind. Wir brauchen gewaltfreie Programme und wir brauchen Programme, die frei von Pornografie sind.

Diese Fragen waren Gegenstand eines Forderungskataloges, den ich im Frühjahr dieses Jahres an die Regierungschefs der Länder gerichtet habe. Letzte Woche Freitag sind alle Länder übereingekommen, zu all diesen Fragen Prüfaufträge, teilweise unter dem Vorsitz von Schleswig-Holstein, an die Rundfunkkommission zu vergeben. Wir scheinen mit diesem Fragenkatalog offensichtlich den richtigen Nerv getroffen zu haben und wünschen uns, dass wir schnell vernünftige Antworten finden.