Protocol of the Session on September 27, 2000

Kollege Kubicki, wenn Sie sich als finanzpolitische Alternative bezeichnen,

(Holger Astrup [SPD]: Das war Sager!)

wollen wir doch wenigstens in diesem Hause daran erinnern, wer uns die Erblast von 1.500 Milliarden DM Schulden mit einer jährlichen Zinsbelastung von 82 Milliarden DM auf Bundesebene hinterlassen hat.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Wieder die alte Leier! Fällt Ihnen nicht mal etwas Neues ein? - Klaus Schlie [CDU]: Dem nie! - Unru- he bei CDU und F.D.P.)

Wer das zu verantworten hat wie die CDU und F.D.P., der sollte sich vielleicht nicht jetzt, aber heute Abend Asche aufs Haupt streuen und sich in Demut und Schweigsamkeit üben.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Ich möchte mich nicht nur mit dem Kollegen Kubicki auseinander setzen, sondern mit dem Kollegen Sager.

(Klaus Schlie [CDU]: Ich dachte, Sie sagen etwas zum Haushalt!)

Der Kollege Sager hat eben eine große Chance gehabt, aber er hat sie, wie ich vermutet hatte, vertan. Kollege Sager, wir hatten von Ihnen - wenn auch mit Zweifeln versehen - eigentlich erwartet, dass Sie endlich einmal das Geheimnis lüften, wie Sie Ihre Forderungen einlösen wollen: möglichst keine Kürzungen bei freiwilligen Leistungen des Landes, Sparen und Schulden abbauen, Steuern senken und möglichst noch mehr Geld für fast alle Politikbereiche des Landes zur Verfügung stellen. Sie müssen uns in diesem Hause und den Bürgern draußen endlich sagen, was Sie wirklich wollen. Alles auf einmal geht nicht. Auch wenn das kurzfristig - weil populistisch - von Erfolg gekrönt sein mag, werden Sie letzten Endes scheitern, weil es Ihnen die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Medien einfach nicht mehr abnehmen,

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das werden wir ja sehen!)

wenn Sie, wie wir es heute Morgen wieder von Herrn Kayenburg und Herrn Sager gehört haben, abstrakt ständig mehr Kraftanstrengung beim Sparen und bei der Kürzung von Förderprogrammen fordern, aber

wie es eben auch die Ministerpräsidentin zu Recht festgestellt hat - sich immer dann verdrücken und ausschweigen, wenn es konkret darum geht, welches Förderprogramm gestrichen werden soll oder welchem Verband Eingriffe zugemutet werden sollen.

(Beifall des Abgeordneten Friedrich-Carl Wodarz [SPD] - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Nein, meine Damen und Herren, Sie müssen endlich sagen, wo und in welchem Umfang Sie mit uns gemeinsam in diesem Landeshaushalt sparen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Von Herrn Kayenburg haben wir heute Morgen gehört, wo überall mehr Finanzmittel des Landes gefordert werden. Ich möchte das breite Spektrum der Landespolitik hier nicht aufführen, Kollege Kayenburg. Wir haben das ja gehört.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Hast du Kollege Hentschel gehört?)

Sie haben nicht einen konkreten Vorschlag zur Gegenfinanzierung unterbreitet.

(Martin Kayenburg [CDU]: Ich habe keine einzige Forderung aufgestellt! Sie haben ge- pennt!)

- Nicht einen Vorschlag! Ich prognostiziere Ihnen persönlich: Wir werden im Dezember dieses Jahres genau das erleben, was wir auch im letzten Jahr beim Aufstellen des Haushaltes 2000 erlebt haben, dass Sie nämlich dem Haus keinen einzigen konkreten Änderungsvorschlag vorlegen werden, weil Ihnen der Mut zum Sparen fehlt.

(Beifall bei der SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Wo waren Sie denn in den letzten Jahren? - Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Sie haben doch unsere Anträge inzwischen über- nommen! - Martin Kayenburg [CDU]: Sie übernehmen doch unsere Anträge! Sie haben ein verdammt kurzes Gedächtnis!)

Es ist unstrittig, dass es das oberste Ziel sein muss, noch in diesem Jahrzehnt einen ausgeglichenen Haushalt ohne zusätzliche Neuverschuldung vorzulegen.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Schade, dass ich dann nicht mehr im Landtag bin! Aber Sie werden das auch nicht mehr erleben!)

Dieses Ziel - das sage ich an die Adresse aller in die

(Günter Neugebauer)

sem Hause - kann nur mit großem politischen Mut und mit Haushaltsdisziplin erreicht werden.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Alles heiße Luft! - Martin Kayenburg [CDU]: Sagen Sie doch endlich mal etwas Konkretes!)

Kollege Kayenburg, Zweiflern sage ich: Wer dieses Ziel nicht vor Augen hat,

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie doch nicht!)

wird den Weg nicht finden. Wir haben dieses Ziel vor Augen, aber angesichts Ihrer Versprechungen und Forderungen habe ich den Eindruck, dass hinter Ihren konkreten Darstellungen nicht mehr als die verbale Luft steht.

(Martin Kayenburg [CDU]: Ach, wer macht denn hier die Politik? Wir doch nicht!)

Meine Damen und Herren, die Haushaltskonsolidierung ist schon deswegen erforderlich, weil wir den künftigen Generationen mit der sozialen Sicherung als Folge der demographischen Entwicklung schon hohe Belastungen überlassen. Wir sollten Ihnen nicht noch über Gebühr hinaus Schuldenberge hinterlassen, die Steuereinnahmen binden, Investitionen behindern und damit auch in der Zukunft Arbeitsplätze gefährden.

(Martin Kayenburg [CDU]: Wer fährt denn die Investitionsquote herunter? Sie doch!)

- Herr Kollege, darüber können wir gern streiten. Der Entwurf des Haushaltes 2001 sieht eine Investitionsquote von 10,1 % vor.

(Martin Kayenburg [CDU]: „Peinlich“ kann ich da nur sagen!)

Sie rühmen sich ja immer Ihrer Parteifreunde im Süden Deutschlands. Ich war letzte Woche in Bayern, im Landtag. Da habe ich mir einmal den Finanzplan, den Haushalt des Freistaates Bayern angeguckt.

(Martin Kayenburg [CDU]: Höchste Wachstumsraten, weniger Arbeitslosigkeit und so weiter!)

Wenn Sie da hineinschauen, werden Sie feststellen, dass die Investitionsquote in Bayern bei 10,0 % liegt.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: 16 %! - Rein- hard Sager [CDU]: Sie waren wohl auf dem Oktoberfest!)

- 10,0 %! Sie können das gern nachprüfen, meine Damen und Herren.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wenn Sie nicht mehr gefunden haben, tun Sie mir Leid! 16 %! - Zuruf des Abgeordneten Martin Kay- enburg [CDU])

Weil Sie ja auch immer gern die Personalkosten ansprechen - wir nähern uns einer Personalkostenquote -

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

- Lassen Sie mich doch einmal ausreden! Ich habe Ihnen heute Morgen auch zugehört. Wenn Sie nicht zuhören, können Sie doch nicht aufnehmen, was ich sage.

(Heiterkeit - Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weil ich gerade dabei bin und Sie sich immer gern mit Ihren südlichen Freunden vergleichen - auch bei der Personalkostenquote ist Kritik angebracht. Sie kritisieren unsere 37,8 %, die wir - glaube ich - haben.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Schöne Zahl!)

In Bayern liegt die Personalkostenquote im Haushalt bei 42,3 %. Das können Sie nachprüfen. Ich gebe Ihnen eine Flasche Sekt aus, wenn das nicht stimmt. Wenn ich so etwas verspreche - das wissen Sie -, dann meine ich das sehr ernst.

(Unruhe bei CDU und F.D.P.)

Meine Damen und Herren, Sie verschweigen auch, welche großen Probleme wir mit dem Haushalt 2001 als Folge der Steuerreform haben, die zum 1. Januar nächsten Jahres in Kraft treten wird. Finanzminister Möller hat schon darauf hingewiesen, dass sich dieses Land mit 488 Millionen DM an der Finanzierung der Steuerreform beteiligen muss, der wir ja im Gegensatz zu Ihnen zugestimmt haben. Wenn man den Bürger und die Bürgerin einerseits steuerlich entlasten will, dann kommt man andererseits nicht umhin, mindestens einen Teil dieser Defizite dadurch aufzufangen, dass man einen Teil der Leistungen an die Bürger kürzt. Bei dieser Gelegenheit möchte ich gern an die vom ehemaligen Präsidenten der USA formulierte Tugend erinnern, auch im Zusammenhang mit der Förderung des Ehrenamtes, dass man nicht nur fragen darf, was der Staat für einen tun kann, sondern dass wir uns hin und wieder auch daran erinnern sollten, was der Einzelne für den Staat tun kann. Auf diesem Gebiet können - glaube ich - auch Teile dessen aufgefangen werden, was wir vielen Bürgern und Verbänden an schmerzhaften Eingriffen zumuten müssen.

Der Haushaltsentwurf ist auf dem richtigen Weg, auch wenn wir natürlich nicht umhin kommen festzustellen, dass noch viele Hindernisse vor uns liegen. Sie wissen, dass wir in der mittelfristigen Finanzplanung einen