Protocol of the Session on January 30, 2020

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ich reagiere nur auf Ihren Fraktionsvorsitzenden! – Unruhe im Hause)

Frau Abgeordnete Schneid hat das Wort.

Schwierig sind in dem Zusammenhang nämlich die länger laufenden Projekte. Das heißt, die Künstler bekommen sehr spät ihr Geld. Sie müssen schauen, dass sie mit dem Material, mit der Beschaffung usw. in Vorleistung treten. Theateraufführungen brauchen Vorlauf. Probenräume werden gebraucht. All das lässt sich nicht kurzfristig machen, und dabei ist eine Projektförderung überhaupt nicht dienlich.

(Beifall der CDU)

Sich vorwiegend auf Projektbewilligungen zu konzentrieren, birgt auch die Gefahr der Einflussnahme. Schließlich muss einer eine Auswahl treffen und bewerten, welches Projekt gefördert wird, mit wie viel Geld gefördert wird oder welches Projekt ganz hinten herunterfällt.

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Dann möchte ich die Freiheit der Kunst doch einmal in den Vordergrund stellen. Das geht mit Projektförderung nur schwer.

Ich darf aus dem Vorwort des Berichts zitieren: „Diese Künstlerinnen und Künstler zu fördern – und neben ihnen Kultureinrichtungen und -anbieter – ist die Aufgabe der Kulturpolitik.“ – Ja. „Weder gestaltet sie selbst künstlerische Inhalte noch gibt sie diese vor. Sie schafft jedoch in vielfältiger Weise die Voraussetzungen und Strukturen dafür, dass künstlerische Inhalte realisiert werden können.“ Genau das muss unser Anspruch sein.

Die Realität sieht aber anders aus. Genau deshalb brauchen wir transparente Strukturförderung.

(Beifall bei der CDU)

Die Kulturverbände arbeiten seit vielen Jahren zusammen, wenn es darum geht, Verbesserungen der Fördermöglichkeiten darzustellen. Es ist ein starkes Zeichen, wenn diese Kulturverbände das auch in gemeinsamen Papieren immer wieder fordern.

Vor zwei Jahren haben wir die Kulturförderrichtlinie verabschiedet. Die bringt Erleichterung, klar. Aber auch nur in der Antragstellung für eine Projektbezuschussung. Unsere Richtung muss doch sein: weniger Projektcharakter und dafür mehr nachhaltig angelegte Kulturförderung.

In den vergangenen Jahren wurden an verschiedenen Stellen verschiedene Zuschüsse erhöht, allerdings bei Weitem nicht flächendeckend und in vielen Fällen überhaupt nicht nachvollziehbar, ganz davon abgesehen, dass die

tariflichen Personalkostensteigerungen nur stellenweise abgedeckt oder aufgefangen werden konnten.

Wir müssen die Arbeit der Künstlerinnen und Künstler, der Kulturverbände, der Vereine und aller, die sich für die Kultur einsetzen, mehr wertschätzen. Die Wertschätzung schlägt sich auch in der Zurverfügungstellung von Mitteln nieder.

(Beifall bei der CDU)

In keinem anderen gesellschaftlichen Bereich neben dem Sport wird mehr Ehrenamt eingebracht als in der Kultur. Es ist uns als CDU wichtig, diese herausragenden ehrenamtlichen Leistungen wertzuschätzen und zu fördern. Um weiterhin auf so ein tolles Angebot und Ehrenamt zurückgreifen zu können, müssen doch die Voraussetzungen stimmen.

Viele Kommunen haben aufgrund ihrer finanziellen Situation im Bereich der freiwilligen Leistungen keine Spielräume mehr. Hier besteht die Gefahr, dass die vielen tollen, hervorragenden Kulturangebote trotz ehrenamtlichen Engagements irgendwann nicht mehr aufrechterhalten werden können. Das wollen wir nicht. Eine klare Förderstruktur wirkt dem entgegen.

(Beifall der CDU)

Gebetsmühlenartig muss ich es jetzt noch einmal sagen: Rheinland-Pfalz ist Schlusslicht im bundesweiten Vergleich der Pro-Kopf-Förderung im Bereich Kultur. Daran hat auch die Erhöhung um 10 % aus den letzten Haushaltsberatungen nicht viel geändert. Das ist mit Zahlen aus dem Berichtsjahr 2018, auf das sich der Bericht bezieht, zu hinterlegen: 122,5 Millionen Euro für die Kultur in RheinlandPfalz klingen viel. Das relativiert sich bei einem Gesamthaushaltsvolumen von rund 17 Milliarden Euro jedoch sehr, sehr schnell.

Wir können uns mit diesem Kulturförderanteil nicht zufriedengeben. Wir dürfen auch nicht hinnehmen, dass die Angebotsvielfalt unter dem größeren finanziellen Druck und den steigenden Personalkosten reduziert wird. Wir wollen, dass jeder und jede sowohl in der Stadt als auch im ländlichen Raum die Möglichkeit hat, Kulturangebote anzunehmen oder sich selbst einzubringen. Dafür braucht es eine ordentliche Förderung.

Der vorliegende Kulturförderbericht bildet den Sachstand des Jahres 2018 ab. Er zeigt auf, dass es sich, abgesehen von institutionellen Förderungen, hauptsächlich um Projektförderungen handelt. Die lange Liste der Projekte gibt eventuell an der einen oder anderen Stelle noch einmal die Möglichkeit oder den Anlass, nachzufragen, aber hauptsächlich macht sie deutlich, dass eine transparente Strukturförderung, die auskömmlich und nachhaltig angelegt ist, vonnöten ist. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen.

(Beifall der CDU und der Abg. Michael Frisch und Jürgen Klein, AfD)

Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Schmidt für die Fraktion der AfD.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kollegen! In der Einleitung des Kulturförderberichts des Ministeriums für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur heißt es – ich zitiere –: „Rheinland-Pfalz ist ein Kulturland. (...) Das Land ist reich an Geschichte und verfügt über ein ebenso reiches kulturelles Erbe. Die Römer, deutsche Könige und Kaiser, Erzbischöfe und Kurfürsten – sie alle hinterließen bedeutende Bauten und eine Vielzahl archäologischer Relikte.“

Die AfD-Fraktion kann diese Aussagen nur bekräftigen. Daher sollte der Kultur in unserem Bundesland ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt werden. Doch leider ist das nicht der Fall.

Der nationale Kulturfinanzbericht 2018 fördert nämlich Folgendes zutage: Legt man die öffentlichen Ausgaben für Kultur je Einwohner zugrunde, landet Rheinland-Pfalz mit 64 Euro auf dem letzten Platz unter den deutschen Bundesländern.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Ach!)

Der Durchschnitt liegt übrigens bei 108 Euro. Der Kulturfinanzbericht offenbart zudem, dass Rheinland-Pfalz bei den öffentlichen Ausgaben für Museen, Sammlungen und Ausstellungen mit 12 Euro je Einwohner weit unter dem Bundesschnitt von 19 Euro liegt.

Gewiss, die Zahlen stammen aus dem Jahr 2015, und die Mittel für die Kultur wurden im Doppelhaushalt 2019/2020 erhöht. Trotzdem bleiben Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Frau Schneid hat recht: Wir brauchen bessere, nachhaltige Strukturen und weniger Projektförderung, und natürlich brauchen wir mehr Mittel.

(Beifall der AfD)

Auch sonst gibt der Kulturförderbericht durchaus Anlass zur Kritik. So umfasst das Kapitel zur auch so benannten „Heimatpflege“ gerade einmal drei Sätze. Im Kulturförderbericht werden folgende Bereiche genannt, die dieser Titel umfasst – ich zitiere –: „Maßnahmen, die zur Pflege und Erhaltung der geschichtlichen und volkskundlichen Eigenart unseres Landes beitragen, insbesondere der Heimatkunde, des Volkstums und Brauchtums, der Mundarten, des heimatlichen Schrifttums und des Volksliedes dienen.“

Die Fördersumme von 18.300 Euro ist angesichts der Breite dieses Themenfelds ein Witz. Das geringe Finanzvolumen der Heimatpflege zeigt die mangelnde Wertschätzung für das Eigene, die sich wie ein roter Faden durch die Politik der Landesregierung zieht.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Apropos roter Faden: Für den 200. Geburtstag

(Zuruf der Abg. Katharina Binz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

von Karl Marx machte man allein im Jahr 2018 eine vergleichsweise stattliche Summe von 1,2 Millionen Euro locker. Der geistige Vater des Kommunismus wurde in einer Art und Weise verherrlicht, dass sich viele Diktaturopfer in die Zeit der DDR zurückversetzt fühlten.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Proteste der Opferverbände hielten die Vertreter der Landesregierung nicht davon ab, in Trier an der Enthüllung der riesigen Marx-Statue – ein Geschenk der Volksrepublik China – teilzunehmen.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP)

Im Anschluss hissten begeisterte Kommunisten übrigens eine Stalin-Fahne. Das ist ein Schlag ins Gesicht der vielen Millionen Opfer des Kommunismus, ein Trauerspiel.

Im Kulturförderbericht rühmt sich die Landesregierung nun, den 200. Geburtstag von Karl Marx – ich zitiere – „mit einer nie dagewesenen Fülle an Ausstellungen und Veranstaltungen“ gefeiert zu haben.

(Abg. Helga Lerch, FDP: Das hatten wir doch alles schon!)

Es ist vom „großen Gelehrten“ die Rede.

Ich sage dazu ganz deutlich: Wer so eine undifferenzierte Gesinnung vertritt, hat aus den Verbrechen des Kommunismus nichts gelernt.

(Beifall der AfD)

Er ist schlimmstenfalls anfällig für totalitäre Ideologien und Bestrebungen der linksextremen Antifa.

(Abg. Hans Jürgen Noss, SPD: Es reicht jetzt! – Abg. Alexander Fuhr, SPD: Ach! – Abg. Marco Weber, FDP: Ui, ui, ui!)

Überhaupt nicht schlüssig ist die Theaterförderung. Die Stadt Trier erhält 6,3 Millionen Euro, die Stadt Koblenz 5,8 Millionen Euro, das Pfalztheater Kaiserslautern 7,5 Millionen Euro, und – jetzt bitte festhalten – die Stadt Lahnstein bekommt für ihr Theater 40.000 Euro. Sie wird mit 40.000 Euro abgespeist. Das mit einer fadenscheinigen Begründung, die in Lahnstein zu großer Verärgerung und einem offenen Brief an den zuständigen Minister geführt hat.